Die Angst allein zu sein

Die Tagesstätte und das Obdachlosenhaus in Greifswald unterstützen Menschen bei der Bewerkstelligung ihrer schwierigen Lebenssituation. moritz berichtet über die Einrichtungen und gibt einen Einblick in das Leben der Betroffenen.

Zum elften Todesstag des in Greifswald ermordeten Obdachlosen Eckhard Rütz fand am 25. November vergangenen Jahres eine Gedenkveranstaltung vor der Mensa statt. Vordergründig ging es um die rechtsextreme Problematik, hintergründig schwingt jedoch auch die in Greifswald öffentlich wenig präsente Obdachlosigkeit mit. Im Vergleich zu Großstädten, in denen Obdachlose Teil des Stadtbilds sind, rücken sie in der Universitätsstadt anscheinend aus dem Blickfeld der Bürger. Um die Belange der obdachlosen Menschen in Greifswald kümmern sich Mitarbeiter verschiedener Einrichtungen. Neben Unterkünften bieten sie Hilfestellungen, die die Selbstständigkeit fördern und somit aus der Obdachlosigkeit führen sollen.

Petra Werner arbeitet seit sechs Jahren in der Greifswalder Tagesstätte des Kreisdiakonischen Werks (KDW). Täglich treffen hier Menschen mit und ohne Wohnraum aufeinander. Verurteilt wird keiner. Das Ziel der Tagesstätte sei es, Beratungsmöglichkeiten für Betroffene zu schaffen und ihnen zugleich Ansprechpartner für Behördengänge zur Seite zu stellen. „Wenn man an den Rand dieser Gesellschaft gerutscht ist, fällt es schwer diese Wege alleine zu gehen oder man hat Angst davor es nicht zu schaffen und Ablehnung zu erfahren“, berichtet die stellvertretende Leiterin der Einrichtung. (mehr …)

An der Leitung

Die Nightline ist eine von Studenten geführte Telefonhotline, die in den nächsten Monaten den Greifswalder Studenten bereitgestellt wird. Neben dem Zuhörtelefon gibt es weitere Anlaufstellen, die psychologische Beratung anbieten.

Laut dem Studentenwerk wurden zu Beginn des Jahres 2010 über 60 der Studenten in Greifswald psychologisch und sozial beraten. Ende 2011 waren es bereits über 300, die die Beratung aufsuchten. Immer mehr Studenten nehmen psychologische Hilfe in Anspruch und holen sich bei Bewältigung von Leistungsdruck, Prüfungsstress und Motivationsproblemen Unterstützung von außen. Ein Grund könnte unter anderem die Umstellung der Diplom- und Magister-Studiengänge auf das Bachelor- und Master-System sein. Der daraus resultierende Druck auf die Studenten, aber auch private Anliegen machen die psychologische Beratung unabdingbar. Zwei Greifswalder Studentinnen kamen daraufhin auf die Idee, eine „Nightline“ in Greifswald aufzubauen.

Die Idee der „Nightline“ stammt aus dem Vereinigten Königreich und kam 1994 nach Deutschland. Dabei handelt es sich um ein Zuhörtelefon von Studenten für Studenten und soll vor allem nachts die Möglichkeit bieten, seine Sorgen mit jemandem zu besprechen. Die Universität Heidelberg war die erste Universität in Deutschland, die eine „Nightline“ aufbaute und in Betrieb nahm. Nun brachte die Medizinstudentin Julia, Vorstandsvorsitzende der neugegründeten „Nightline“ Greifswald, diese Idee zu uns. Seit Oktober 2011 ist sie zusammen mit Anne, ebenfalls Vorstandsmitglied, mit dem Aufbau beschäftigt. Den Wunsch dazu bekam Julia, weil sie selbst während ihres Studiums eine Phase hatte, in der es ihr nicht gut ging. (mehr …)

Clash of the titans

Hollywood – Zentrum der Filmindustrie, Wahrzeichen für Filmgeschichte, Heimat großer Filmtitanen. Doch kommt es immer öfter vor, dass wir im Kino merken: Das kenne ich doch! Woran liegt es, dass Filme immer wieder neu verfilmt werden?

Die meisten Menschen schauen gerne Filme: gruselige, abenteuerreiche, lustige, phantasievolle. Immer wieder gibt es neue Ideen. Oft passiert es allerdings, dass sich Filmemacher für altbekannte Geschichten entscheiden und diese neu verfilmen. Meist merkt der Otto-Normal-Filmgucker nicht, dass es sich um Neuverfilmungen handelt, doch beschäftigt man sich mit dem Thema genauer, stellt man fest, dass sich viele Drehbuchautoren an bestehenden Filmen festkrallen und höchstens ihre Schwerpunkte verschieben. Plot, Charaktere und Szenerie bleiben dabei oft gleich. Durch neue Möglichkeiten gerade im Bereich der Technik, wie zum Beispiel die Computeranimation, kommen viele Regisseure in Versuchung einen Film neu aufzulegen. „Remakes sind eine generelle Praxis in Hollywood“, sagt Dr. Martin Holtz vom Institut für Anglistik/Amerikanistik, der zu einem Filmthema promovierte. Doch wann macht das Sinn und wann ist es Unsinn? Stellt sich Hollywood und die restliche Filmwelt damit neuen Herausforderungen oder ist es ideenlos? (mehr …)

moritz 95 – Dezember 2011 – Alles schwul oder wie?

moritz 95 – Dezember 2011 – Alles schwul oder wie?

Jetzt aber schnell!

Lieber moritz-Leser, liebe moritz-Leserin.

Besinnlichkeit ist ein Begriff, der gerne mit der Weihnachtszeit in Verbindung gebracht wird. Auch Postkarten und Werbespots erinnern häufig an diese Verknüpfung. Anscheinend hat man pünktlich zum ersten Advent in besinnlicher Stimmung zu sein – und wehe wenn nicht. Wer jetzt, kurz vor dem großem Tag, noch nicht von sich behaupten kann diesem Zustand anzugehören, sieht zu „noch schnell in Weihnachtsstimmung zu kommen“. Mir persönlich hilft da immer ein Spaziergang über den Weihnachtsmarkt.

Aber wie kommt es, dass so viele eben noch nicht „Jingle Bells“ pfeifend durch die Stadt laufen? Man könnte natürlich meinen, es lege an den Dingen, die noch für die Uni erledigt werden müssen oder am alljährlichen Geschenkestress. Doch ich habe da eine andere Erklärung. Meiner Meinung nach liegt es ganz eindeutig an den miesen Machenschaften jener Leute, die bereits drei Tage nach Beendigung des Sommers Lebkuchenherzen und Schoko-Männer in die Supermärkte infiltrieren. Die netten Figuren aus Vollmilch sind halt nicht mehr so spannend, wenn man sie seit drei Monaten beim Einkaufen antrifft. Ginge es nach mir, hätten wir da auch schon längst ein Gesetz gegen. So bleibt einem nichts anderes übrig, als zu versuchen, die Weihnachtszeit trotz alledem in vollen Zügen zu genießen.

Was gibt es auch Schöneres als ein Stück Lebkuchen zum Glühwein, wenn es draußen so richtig kalt ist. Besonders in dieser Zeit tun mir diejenigen immer ein bisschen Leid, die diese ganze vegane oder frutarische Ernährungssache mitmachen. Mir drängt sich dann oft die Frage auf: Machen die das freiwillig? Wer will schon darüber nachdenken, ob die Trauben in seinem Glühwein gesammelt wurden, nachdem sie friedlich von den Reben gefallen sind, oder ob sie brutal aus dem Leben gepflückt wurden. Tatsächlich haben sich einige moritz-Redakteure mit diesem Thema beschäftigt. Die Idee, sich im Winter frutarisch zu ernähren, wurde allerdings wieder verworfen. Zum Glück, wie ich finde. Für einen Artikel muss auch bei uns keiner verhungern. Allerdings wagten sie sich an den veganen Selbstversuch heran und stellten dafür mitten in der süßesten Jahreszeit ihre Essgewohnheiten um. Ob dies den Redakteuren schwer gefallen ist und auf welche Dinge sie im Besonderen achten mussten, könnt ihr in diesem Heft nachlesen.

Möglicherweise wäre es auch eine Aufgabe für unseren Rektor dies zu untersuchen. Der studierte Psychologe möchte sich nämlich demnächst wieder verstärkt der Forschung widmen. Vielleicht können wir uns ab 2013 auf eine Studie zur Kompatibilität von Frutariern und Weihnachten freuen. Warum er für so etwas bald Zeit haben wird, könnt ihr im Interview mit ihm auf den kommenden Seiten genauer nachlesen.

Laura-Ann Treffenfeld

Das komplette Heft als pdf könnt ihr hier herunterladen, ausgewählte Artikel wie immer direkt online lesen und kommentieren.

TITEL Colour up your life

Die Gender Trouble AG hat durch ihre gleichnamige Schwulen- und Lesbenpartys einen hohen Bekanntheitsgrad in Greifswald erlangt. In den letzten Monaten wandelte sich das Angebot in der Hansestadt und neue Initiativen bereichern die Szene.

Pauline Kagels & Sebastian Dahm, sind die Gründer des Treff MalAnders

Laut einer Meldung der Bundeszentrale für politische Bildung von 2010 sind fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung homosexuell. Trotz dieser relativ hohen Anzahl sind viele von ihnen immer noch einer stetigen Diskriminierung ausgesetzt. Erst 1992 wurde Homosexualität von der Liste ansteckender Krankheiten der International Statistical Classification of Diseases der Weltgesundheitsorganisation gestrichen. Auch noch fast 20 Jahre später wird Homosexualität immer noch nicht vollständig toleriert, wie eine ältere Umfrage von MoritzTV aus dem Jahr 2007 ergeben hat. Aussagen wie „Sowas kann ich nicht begreifen und auch nicht tolerieren“ oder „Homosexualität muss genauso bekämpft werden wie das Trinken“ zeigten eindeutig die intolerante Haltung zur gleichgeschlechtlichen Liebe.

Eine weitere Umfrage, die letztes Jahr von MoritzTV durchgeführt worden ist, ergab das erfreuliche Ergebnis, dass mittlerweile mehr Befragte Homosexualität akzeptieren und auch unterstützen: „Jeder soll lieben, wen er will“. Es hat sich also etwas getan, doch wie sieht es genau in der Szene in Greifswald aus? In Greifswald gab es schon vorher Initiativen, die sich für Belange der Homosexuellen einsetzten, doch die bekannteste entwickelte sich Anfang der 1990er mit der Gender Trouble Arbeitsgemeinschaft (AG). Sie ist eine von der Greifswalder Studierendenschaft gegründete AG. Ihre Ziele sind vor allem die Erhaltung und die Weiterentwicklung der homosexuellen Szene in der Hansestadt, auch unter „Queerszene“ bekannt. Neben den sehr beliebten monatlichen Partys gehört zu den wichtigsten Tätigkeiten der AG auch Aufklärungsarbeit, welche die Mitglieder leisten. Lange war sie die einzige Anlaufstelle für Homosexuelle, doch im Laufe der letzten zwei Jahre gründeten sich neue Vereine und Initiativen, welche das Spektrum in Greifswald erweitern und versuchen zu entwickeln. (mehr …)