Hollywood – Zentrum der Filmindustrie, Wahrzeichen für Filmgeschichte, Heimat großer Filmtitanen. Doch kommt es immer öfter vor, dass wir im Kino merken: Das kenne ich doch! Woran liegt es, dass Filme immer wieder neu verfilmt werden?

Die meisten Menschen schauen gerne Filme: gruselige, abenteuerreiche, lustige, phantasievolle. Immer wieder gibt es neue Ideen. Oft passiert es allerdings, dass sich Filmemacher für altbekannte Geschichten entscheiden und diese neu verfilmen. Meist merkt der Otto-Normal-Filmgucker nicht, dass es sich um Neuverfilmungen handelt, doch beschäftigt man sich mit dem Thema genauer, stellt man fest, dass sich viele Drehbuchautoren an bestehenden Filmen festkrallen und höchstens ihre Schwerpunkte verschieben. Plot, Charaktere und Szenerie bleiben dabei oft gleich. Durch neue Möglichkeiten gerade im Bereich der Technik, wie zum Beispiel die Computeranimation, kommen viele Regisseure in Versuchung einen Film neu aufzulegen. „Remakes sind eine generelle Praxis in Hollywood“, sagt Dr. Martin Holtz vom Institut für Anglistik/Amerikanistik, der zu einem Filmthema promovierte. Doch wann macht das Sinn und wann ist es Unsinn? Stellt sich Hollywood und die restliche Filmwelt damit neuen Herausforderungen oder ist es ideenlos?

Es war einmal ein kleiner Junge namens Charlie, der liebte Schokolade. Eines Tages darf er das Reich des Schokoladenkönigs Willy Wonka betreten. Jeder kennt den Kinder-Fantasy-Film „Charlie und die Schokoladenfabrik“ aus dem Jahr 2005 mit Johnny Depp. Dabei gab es den Film „Willy Wonka und die Schokoladenfabrik“ bereits 1971 mit Gene Wilder in der Hauptrolle. Im Gegensatz zum Remake war das Original bei weitem kein Kassenschlager, avancierte aber einige Jahre später durch wiederholte Ausstrahlung im Fernsehen zu einem Kultfilm. Aufgrund des Kultstatus des Originals traute sich viele Jahre keiner eine Neuverfilmung zu wagen, bis sich Tim Burton der Herausforderung stellte. Dabei versuchte er den neuen Film näher an der Vorlage, dem Buchklassiker von Roald Dahl, entstehen zu lassen. Mit einer Top-Besetzung schaffte er es, das Reich Willy Wonkas imposanter und verrückter wieder aufleben zu lassen. Als man den Wonka Darsteller Gene Wilder auf die Neuverfilmung ansprach äußerte er sich enttäuscht: “It‘s all about money. I don‘t see the point of going back and doing it all over again.”

Man mag über Remakes denken was man will, doch oft stellt man sich die Frage: WARUM? Einer dieser Filme ist die Neuverfilmung des 80er Jahre Tanzfilms „Footloose“ mit Kevin Bacon. Die Frage, warum gerade Tanzfilme wieder aufgegriffen werden, lässt sich mit der Profitorientierung Hollywoods erklären. Da in letzter Zeit Filme des Musicalgenres einen ziemlichen Hype auslösten – denkt man nur an „High School Musical“, „Hairspray“ oder „Glee“ – scheint das Neuverfilmen alter Tanzfilme erfolgversprechend zu sein.

Doch wenn man sich das Remake von 2011 anguckt, wird schnell klar, dass Hollywood sich die Produktionskosten hätte sparen können. Neben einigen Schauspielern, die nicht wirklich schauspielern können, sind die Fußstapfen Kevin Bacons viel zu groß, als dass Kenny Wormald darin tanzen könnte. Der einzige Unterschied zum Original besteht vor allem in der Wahl der Musik, etwas mehr Action und kürzeren Klamotten der Mädchen. Alle, die Tanzfilme mögen und „Footloose“ sehen wollen, sollten immer auf das Original zurückgreifen, da der Auftritt des Möchtegern-Kevin Bacons eher zum Gruseln ist.

Apropos Gruseln: Horrorfilme stellen ein beliebtes Genre für Remakes dar. „Oftmals wird dem gleichen Stoff eine andere Facette abgewonnen, wenn man ihn in einen neuen historischen Kontext verpflanzt“, so Dr. Holtz. Ein Bespiel dafür ist der Horror-Scifi-Film „The Thing“, in dem das Misstrauen der Menschen untereinander beleuchtet wird. Dieses Motiv findet sich in jedem der drei Verfilmungen wieder und lässt Bezüge zur Realität zu. Als „The Thing“ 1951 in die Kinos kam, reflektierte es die Angst vor dem Kommunismus. Das Remake 1982 von John Carpenter könnte man als AIDS-Metapher sehen, wobei im dritten Remake (2011) die Angst vor Terrorismus thematisiert wird, erklärt Dr. Holtz weiter. So bieten Horrorfilme ein gutes Genre die Ängste der Bevölkerung filmisch umzusetzen und zu verarbeiten.

Doch nicht nur Horrorfilme spielen mit den Ängsten der Menschen und bieten schaurig-schöne Unterhaltung. Auch märchenhafte Abenteuerfilme schaffen es das Publikum zugleich in Staunen und Schrecken zu versetzen. Die Schöne und das Biest: Ein Märchenmotiv, das in Hollywood auf eine vollkommen neue Art aufgegriffen wurde. 1933 zum Beispiel, als „King Kong und die weiße Frau“ auf die Kinoleinwände kam. 72 Jahre später versucht sich Peter Jackson an dem Material und bringt einen neuen King Kong in die Kinos. Vor allem fällt auf, dass die Technik den großen Unterschied ausmacht. Heutzutage wird alles digitalisiert. Keine schwarz-weiß Verfilmung, keine Gorilla-Puppe, kein Discoflackern auf dem Bildschirm – 21. Jahrhundert halt. Nicht nur der einprägsame Schrei Fay Wrays macht das Original zu einem Klassiker unserer Filmkultur.

So scheint das Schiff „Qualität Hollywood“ immer weiter zu sinken. Wo wir gerade bei sinkenden Schiffen sind: Das Titanic-Remake schien lange Zeit unübertroffen zu sein, bis es von „Avatar“ von der Spitze des Eisbergs gestoßen wurde. Die Idee für seinen Film nahm Regisseur James Cameron vom Titanic-Original von 1953. Zwar teilen beide Filme Schauplatz und katastrophales Ende, aber die Handlung ist eine andere. Wem das Remake von Cameron zu dramatisch und schnulzig ist, könnte Gefallen am Original finden. Nichts vom ständigen Wortwechsel zwischen DiCaprio und Winslet à la „Jake! Rose! Jake! Rose! Jake!“ und wenn sie nicht gestorben sind, dann rufen sie noch heute. Keine tragische Liebesgeschichte, eher eine tragische Familiengeschichte. Dennoch schuf Cameron mit neuen Techniken und einer gigantischen Kulisse einen Film, der auf eigenen Füßen steht. Kein Versuch den alten Film nachzuahmen, eher ein Versuch die Geschichte der Titanic und ihrer Passagiere neu aufleben zu lassen. Hier und da eine traurige Passage, etwas mehr Explosion und Erotik – schon entsteht ein Kassenschlager, wie wir ihn bis dahin noch nicht erlebt hatten.

Nun ja, die Titanic ist gesunken – dumm gelaufen, da kann man nichts mehr machen, aber das Schiff aus dem Hollywoodhafen kann noch gerettet werden. Das beweisen Filmemacher wie die Coen-Brüder mit ihrem mehrfach Oscar nominierten Film „True Grit“. Dieser sorgte bereits 1969 dafür, dass John Wayne seinen ersten und einzigen Oscar bekam. Die Neuverfilmung (2010) weist natürlich Parallelen zum Original auf. Dennoch orientierten sich die Coen-Brüder mehr an dem Roman von Charles Portis. So sollte man diese Verfilmung nicht als Remake, eher als eine neue Adaption des Buches sehen. „Es ist zweimal dieselbe Geschichte, doch durch unterschiedliche Bilder werden andere Effekte erzeugt, sodass beide in ihrem historischem Kontext als eigenständige Filme gesehen werden sollten“, bestätigt Dr. Holtz. So steht das Remake dem Original in nichts nach, mit Ausnahme des dauer-nuschelnden Jeff Bridges, den man ruhig deutlicher hätte sprechen lassen können.

Es bleibt festzustellen, dass Remakes aus Profitgier und Ideenlosigkeit eher zum Scheitern verurteilt sind. Neuverfilmungen, die aus einer Motivation heraus entstanden sind, aufgrund technischer Neuerungen oder mit neuen Ideen, zeigen oftmals das Herzblut, was in die Arbeit geflossen ist, und lassen den Zuschauer dies spüren. So hängt die Wirkung eines jeden Remakes nicht nur am persönlichen Geschmack des Zuschauers, sondern auch am Grund dessen Entstehung.

Ein Essay von Melanie Fuchs und Luna Kovac