» Nicht mit Technik im Bett liegen « – Ernst-Jürgen Walberg im Interview

Am 13. April besuchte der Journalist Ernst-Jürgen Walberg das Koeppenhaus, um Bücher aus dem Fokus der diesjährigen Leipziger Buchmesse vorzustellen.
moritz sprach mit ihm über die Messe, seine Arbeit und die Lust am Lesen.

Was sind Ihre Eindrücke der diesjährigen Leipziger Buchmesse?
Das ist eine gewaltige Lesemesse. Es ist keine Geschäftsmesse, sondern eine Lesemesse und das ist einfach eindrucksvoll. Man läuft Autoren über den Weg, man sieht, wie Leute am Stand, neben dem Stand und auf irgendwelchen Gängen lesen – es macht einfach Spaß, da zu sein, wenn man ein bisschen Zeit hat.

Wie beurteilen Sie denn die Verlagslandschaft und die Veränderungen der letzten Jahre?
Das ist ja ein schleichender Prozess. Es gibt eine ganze Reihe von sogenannten unabhängigen, kleinen Verlagen. Diese sind eigentlich die interessantesten für mich, weil das die sind, die gute Autoren, gute Autorinnen weltweit ausgraben. Die dann ihre erste, zweite Veröffentlichung machen. Wenn es ein Erfolg wird, dann greifen die großen Verlage zu und machen das große Geschäft. Random House und ähnliche haben so viele Verlage inzwischen, dass man den Überblick verliert, wohin wer jetzt gehört. Das kriegt man manchmal durch eine Pressemitteilung mit, aber so ganz genau weiß man das auch nicht. Und die Konzentration nimmt weiter zu. Trotzdem gibt es immer wieder neue Kleinverlage und das macht eigentlich Mut. Die kleinen Verlage halten sich manchmal wirklich sehr lange, zum Beispiel der Wagenbach-Verlag, der hat viele Jahre überlebt. (mehr …)

Kultur Ahoi

Frühlingsluft um die Nase, Wind in den Ohren, Wellen kabbeln gegen Schiffe. Menschen arbeiten emsig oder sitzen vor Kaffetassen, Kinder spielen. Es riecht nach Leim, Holz und Aufbruchstimmung. Zu Besuch auf der Greifswalder Museumswerft.

Der Greifswalder Museumshafen. Im Sommer ein Ort des lebendigen Umtrunks und der Entspannung. Zwei Restaurantschiffe, ein Ruderbootshaus, Fluten von glitzernden Yachten aus örtlicher Produktion, dahinter ein heimeliges Üferchen voll skandinavischer Ferienbuden. Und doch versteckt sich, zwischen dem Ruderclub Hilda und dem wirtschaftlichen Zugpferd „Hanse-Yachten“ ein wahrhaftes Greifswalder Kleinod, oft in Bewegung, doch hinter alten Masten und Bordwänden gut getarnt.

„Werft mit Kultur“ schallt es daher nun auf Postkarten aus der Greifswalder Museumwerft e.V.; Sommer, Sonne und maritime Aktivität stehen an und man hofft auf zahlreiche Zuflüsse, auch aus ryckfernen Gegenden der Stadt.

Die Aktivitäten des seit 2001 bestehenden Vereins sind mindestens so abwechslungsreich wie die Geschichte seines Geländes typisch für Vorpommern, hat doch der Schiffsbau und Werftbetrieb in der Greifswalder Salinenstraße eine lange Tradition. Einst war das nördliche Ryckufer gesäumt von Holzschiffwerften, jedoch der Niedergang der Segelschiffahrt machte vielen Betrieben den Garaus. Verschont blieb lediglich das jetzt noch genutzte Grundstück, im Volksmund alte Buchholz‘sche Werft genannt. Im Jahre 1911 hatte Richard Buchholz das Grundstück erhalten und den Betrieb in den Folgejahren stetig ausgebaut. Übrig geblieben sind aus dieser Blütezeit einige Gebäude sowie Maschinen. (mehr …)

Der Traum vom Verlag

Seit Gutenberg Mitte des 15. Jahrhunderts den Buchdruck in Europa revolutionierte, boomt das Verlagswesen. Neben Berlin und Leipzig darf sich nun auch Greifswald aufgrund eines studentischen Traums über einen stadteigenen Verlag freuen.

Erik Münnich

Viele Kinder wollen in ihren ersten Lebensjahren Pilot, Astronaut oder Polizist werden. Auch Erik Münnich hatte einen Traum, aber nicht mit fünf Jahren, sondern während seiner Studienzeit. Vor gut anderthalb Jahren entstand der Wunsch des Germanistikstudenten einen eigenen Verlag zu gründen um bekannten wie unbekannten Autoren die Möglichkeit zu geben von ihrer Arbeit zu leben und unabhängig von großen Verlagshäusern arbeiten zu können.

Am 1. Januar 2012 war es dann soweit: der freiraum-verlag erblickte hier in Greifswald das Licht der Welt. Mittlerweile hat das Unternehmen seine ersten Schritte gemacht und zwei Bücher herausgebracht, fünf weitere sollen im Laufe des Jahres folgen. Bisher können sich die Kunden des Verlags über die „Memoiren eines Münsterländer Mastschweins“ von Jürgen Buchmann und Kurzgeschichten von Jürgen Landt mit dem Titel „Alles ist noch zu begreifen“ erfreuen (Rezensionen findet ihr in diesem und dem nächsten moritz).

Doch neben den gängigen Verlagstätigkeiten des Vervielfältigens und Verbreitens von Literatur haben sich Erik und seine zwei Gesellschafter Raimund Nitzsche und Andreas Kaufeldt ein besonderes Verlagsprofil in den Kopf gesetzt. Das Unternehmen möchte „die Interessen und Vorlieben des Publikums komplett abbilden“ und sich so von dem tendenziell elitären Kreis der großen Verlagshäuser abwenden. Die Publikationen sollen in den Formaten vom klassischen Buch über das E-Book bis hin zum Hörbuch für jeden attraktiv sein. (mehr …)

moritz 97 – April 2012 – Die Wächter des Waldes

moritz 97 – April 2012 – Die Wächter des Waldes

Der Arndt ist tot!

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Trauernde,
Das Sommersemester steht vor der Tür. Das allseits bekannte Spektakel in der Stadt beginnt wieder mit der Rückkehr der Studenten.
Auch moritz ist zurück und berichtet pünktlich zum Semesterbeginn über die finanziellen Probleme des Hochschulsports. Dabei nehmen wir das Bootshaus und dessen Zustand besonders unter die Lupe. Ferner erwartet euch Leser eine aufdeckende Reise durch die Historie der bisher eher unbekannten Ländereien der Universität. Zudem zeigen wir euch, wie und wo ihr die letzten Paar Handschuhe nähen oder euch bereits mit sommerlicher Kleidung eindecken könnt.

Daraus folgt: In Greifswald ist alles beim Alten!
Doch der Schein trügt. Obschon bekannter und stets wiederkehrender Phänomene, hat moritz eine tragische und demnach folgenreiche Nachricht zu verkünden: Der Arndt des Monats ist tot! Im Mai 2006 geboren, begleitete er uns über sechs Jahre hinweg und gewährte uns einen tiefgehenden und oftmals erschreckenden Einblick in die Gedankenwelt. Eingeleitet wurde er damals mit den Worten: „Der Name ‚Ernst-Moritz-Arndt-Universität‘ ist den einen ein Dorn im Auge, den anderen eine Ehre. Als großer Staatsmann, der die Freiheit von der Leibeigenschaft bedeutend vorangebracht habe, sei er ein ehrenvoller Namensgeber für unsere Universität. da es jedoch auch eine andere Seite von Herrn Arndt gibt, die selbst über das hinausgeht, was in national gesinnten Kreisen jener Zeit üblich war, wollen wir das Thema ein weiteres Mal aufgreifen.“

Ein unbeschriebenes Blatt war er nun wirklich nicht. Der Eindruck, er habe es faustdick hinter den Ohren, entstand bereits als er noch in den Kinderschuhen steckte. Der demzufolge oftmals und durchaus berechtigt kritisierte Arndt des Monats offenbarte sich innerhalb der letzten Jahre als wahrer Überlebenskünstler. Von klein auf unterhielt und schockierte er ein jeden mit seinen Meinungsäußerungen. Ebenso die Debatte um den Namenspatron der Universität Greifswald im Jahr 2010 konnte ihm nicht zu Leibe rücken. Nun ist der Arndt des Monats an Altersschwäche verstorben. Es ist an der Zeit Abschied zu nehmen und ihn zu Grabe zu tragen. Unser Mitgefühl gilt all seinen Angehörigen.

Folglich lässt sich sagen: In Greifswald ist doch nicht alles beim Alten! moritz reicht allen Trauernden ein Taschentuch und bedankt sich sowohl für die Anteilnahme als auch für die herzlichen Beileidsbekundungen eurerseits.

Wir wünschen euch einen guten Start in das neue Semester.

Natascha Gieseler

Das komplette Heft als pdf könnt ihr hier herunterladen, ausgewählte Artikel auch direkt online lesen und kommentieren.

TITEL Der Notgroschen unserer Universität

Eine der reichsten Universitäten Deutschlands. Auf den ersten Blick eine Beschreibung, die man unserer Alma Mater gar nicht zutraut. Doch die Ländereien und der gleichzeitige Notgroschen haben zahlreiche Bauprojekte ermöglicht.

Wolfgang von Diest

Die Universität Greifswald verlor im Laufe der Geschichte viele ihrer Besitztümer, doch noch heute kann sie 8 700 Hektar Wald- und Ackerflächen, sowie zahlreiche Immobilien ihr Eigen nennen. Genug um mit dem erwirtschafteten Gewinn, neben dem steuerfinanzierten Haushalt, einen zweiten sogenannten Körperschaftshaushalt aufzustellen.

Doch wie wurde unsere Universität zur Gutsherrin? Mit Gründung der Alma Mater Gryphiswaldensis im Jahre 1456 wurden ihr bereits großzügige Ländereien zu eigen. Der Großteil ihres Besitzes war jedoch Teil einer Schenkung des Pommernherzogs Bogislaw XIV. Dieser war Patron der hohen Schule und damit der Universität finanziell verpflichtet. So war er nicht nur zuständig für die Einberufung von Rektoren, sondern auch maßgeblich für ihre Bezahlung.

In der Zeit um den 30-jährigen Krieg kamen die Herzöge ihren Verpflichtungen jedoch nur schleppend nach. So wuchsen die Forderungen der Universität auf 4 000 Gulden an. Den angehäuften Schuldenberg vor Augen, erinnerte man sich der Säkularisierung des Klosters Eldena, dessen Ländereien sich die Fürsten nach der Reformation einverleibten. Am 28. März 1634 überließ man das fürstliche Amt Eldena der Universität per Schenkungsurkunde. Der Herzog behielt sich allerdings Rechte, wie die Steuererhebung für die Ländereien, vor. Denn neben Wäldern, Äckern und Wiesen erhielt die Universität zahlreiche Dörfer wie Schönenwalde, Newenkirchen oder Wyke. Insgesamt besaß die Universität 14 500 Hektar, eine Fläche fast dreimal so groß wie das damalige Greifswald. Ziel der Schenkung war, dass die Universität sich aus den Liegenschaften selbst finanzieren kann, was nach Tilgung aller Schulden bis Ende des 19. Jahrhunderts der Fall war.

Mit der Bodenreform in der ehemaligen DDR wurde das Land Volkseigentum und im Zuge der Flüchtlingswelle großflächig aufgesiedelt. Während private Großgrundbesitzer und Kriegsverbrecher enteignet wurden, stellten Gemeinden, Kirchen und die Universität das Land entschädigungslos zur Verfügung. Durch diesen rechtlichen Unterschied war es nach der Wende möglich, Rückübertragungsanträge zu stellen. (mehr …)

»Wasser marsch!« in Greifswald – Viva con Agua

Weltweit haben fast eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser. Seit sieben Jahren setzt sich Viva con Agua im Rahmen der Welthungerhilfe für diese Problematik ein. Nun haben auch einige Greifswalder Wasser geleckt.

Die Flaschen von VcA

Zu dem Buchstabendschungel der Abkürzungen in unserer Hansestadt ist eine neue hinzugekommen. Neben GreiMUN, HKS und AStA gesellt sich nun auch VcA. Viva con Agua (VcA) ist eine Bewegung des Hamburger Fußballvereins St. Pauli, die durch lustige Aktionen versucht, Geld zu sammeln um in Entwicklungsländern Wasser- und Hygieneprojekte verwirklichen zu können. Zusätzlich wollen die Mitglieder ein Bewusstsein für die steigende Wasserproblematik schaffen.

VcA setzt sich seit Mai 2005 für alle Wasserprojekte der Welthungerhilfe ein und lässt sämtliche Einnahmen dem großen Partner als Spende zukommen. Der 28-jährige Medizinstudent und Begründer der Greifswalder Regionalcrew Hannes Schuler, kam auf die Idee, dieses innovative Projekt nun auch bei uns zu verwirklichen. Regionalcrew bedeutet, dass die Greifswalder weitestgehend unabhängig von der Kopforganisation arbeiten und eigenständig Aktionen rund um das Thema Wasserarmut organisieren. Es begann 2011 mit einem Flohmarktstand in der Fleischervorstadt unter dem Motto „Krempel und Co für H₂O“ und hat sich mittlerweile zu einer Gruppe von ungefähr zehn festen Mitgliedern entwickelt. Hannes erklärt: „Ich hab an dem Tag zig E-Mail-Adressen gesammelt und aufgrund dieses E-Mail-Verteilers kam es dann zum ersten Plenum.“ Mitmachen kann jeder, der Lust hat. Ob jung, ob alt, Zugezogener oder Original-Greifswalder, es sind alle herzlich willkommen.

Jährlich begeht die UN-Water als Sonderausschuss der Vereinten Nationen für das Erreichen der Millennium-Entwicklungsziele am 22. März den Weltwassertag, um auf die steigende Wasserarmut der Weltbevölkerung aufmerksam zu machen. In diesem Jahr gibt es überall auf der Erde große Aktionen zu dem Thema: „Die Welt ist durstig, weil wir hungrig sind“. Im Rahmen dieses Tages wird die ganze Welt und vor allem die Industrienationen dafür sensibilisiert, dass täglich Menschen an Wasserarmut sterben, während die großen Fabriken mehrere Millionen Kubikmeter von dem kühlen Nass verwenden um die stetig wachsende Nahrungsmittelindustrie zu sättigen. (mehr …)