Der Ernst des Lebens

Der Ernst des Lebens

mm106_kultur_38_gemäldeEin Artikel des Los Angeles Time Magazine aus dem Jahre 1988 gibt Aufschluss darüber, welche Zukunftsvisionen damals über das Jahr 2013 herrschten. moritz gibt einen Einblick in den heutigen Alltag, wie er sich vor 25 Jahren ausgemalt wurde.

Das Klingeln meines Weckers reißt mich unsanft aus dem Schlaf. Es klopft an der Tür, doch bevor ich überhaupt Gelegenheit erhalte, den Gast hereinzubitten, steht mein Mitbewohner schon im Zimmer. Hierbei handelt es sich nicht um die Art Mitbewohner, die um 8 Uhr morgens dein Zimmer aufsuchen, um nach einer durchzechten Nacht von den jüngsten Mensaereignissen zu berichten. Es handelt sich vielmehr um einen ordnungsfanatischen Roboter namens Ernst, der keine Abweichung vom täglichen Zeitplan zulässt: „Guten Morgen. Höchste Zeit aufzustehen. In 57 Minuten beginnt Ihre Vorlesung. Das Frühstück steht zubereitet in der Küche. Außerdem wäre eine Dusche für Sie äußerst empfehlenswert.“ Widerwillig starte ich in den Tag, bevor Ernst mit dem nächsten Schritt des Weckprogrammes beginnt und einen Eimer kaltes Wasser holt. Schon das erste Nippen am Kaffee zeigt, dass Ernsts Barista-Qualitäten deutliches Steigerungspotential besitzen.  Mit diesem Gebräu könnte man Tote zum Leben erwecken – wobei es laut Zeitungstitelblatt nur noch eine Frage der Zeit sei, bis dies der Wissenschaft gelinge. Der herzhafte Schrei aus dem Zimmer meiner Mitbewohnerin verrät, dass Ernst doch auf den Wassereimer zurückgreifen durfte. An der Haustür halte ich Ausschau nach meinem e-Bike. Das aufgebrochene Schloss auf seinem Stellplatz gibt Aufschluss über sein tragisches Schicksal. Ein Glück, dass Ernst mit dem Aufwischen der Wasserpfütze beschäftigt ist, denn für eine Standpauke über akkurate Radsicherung fehlt mir dank des bevorstehenden Fußmarsches die Zeit.

Professor im Schlafrock

Knallrot erreiche ich den Vorlesungssaal. Bei all dem Ärger habe ich vergessen, die Sonnencreme LSF 50+ aufzutragen. Die 3D-Projektion meines Professors bittet darum, die Tablet-PCs schon einmal herauszuholen, während er sich einen Bademantel um seine mit Herzchen bestickte Unterhose zieht. Er bittet um Entschuldigung: Sein Roboter sei noch auf die Semesterferien programmiert. Auch seine Frau scheint in seliger Ruhe verschlafen zu haben und serviert ihm seinen Kaffee. Ich bin verwundert, dass ein Professor des Grades Alpha mit einem Beta verheiratet sein darf. In Huxleys Roman „brave new world“ wäre dies nicht möglich. Während mein Professor nun über das eigentliche Thema „Atommolekularbiologie für den Einsatz von Knochenmarkttransplantationen“ referiert, schalte ich den Kopf aus und mein Tablet an. Fred, ein Kommilitone, sitzt seit bereits acht Monaten in Amerika fest, da Smogwolken aus Asien den Flugverkehr lahm legen. Man wüsste nicht, wie sich das Ganze noch entwickeln würde, schreibt Fred. Daher muss er vorerst in Amerika bleiben, obwohl er für nur ein Semester verschwinden wollte.

Mensaessen 2.0

Der verkorkste Start in den Tag löst fast so etwas wie Vorfreude auf das Mensaessen aus. Die Auswahl der Gerichte ist aber seit den Nahrungsengpässen auf einen Einheitsbrei beschränkt. Endlich Platz genommen, verrät das Transparent meines Sitznachbarn, dass er an der Demonstration zur Herabsetzung des Rentenalters auf 84 teilnahm. Da fällt mir ein, dass ich meiner Oma am Wochenende einen Besuch in ihrer WG abstatten wollte. Glücklicherweise lassen sich keine Ersatzteile für den kaputten Kassettenspieler ihrer Mitbewohnerin finden, sodass mir eine Dauerbeschallung durch die Wildecker Herzbuben erspart bleibt. Eigentlich sollte Ernst in Omas Haushalt arbeiten, doch ihr Misstrauen gegenüber den maschinellen Zeitgenossen führte ihn in meine Studentenbude. Wenn er wüsste, welch Unheil ihm erspart bleibt, würde er seltener auf den Wassereimer zurückgreifen. Nun muss ich mich aber beeilen, um pünktlich zu meinem ersten Arbeitstag als studentische Hilfskraft zu erscheinen.

Als ich das Institut betrete, wundere ich mich schon nicht mehr über die Hightech-Schiebetüren, die sich mir über fünf Korridore bis hin zum Büro von Master Professor Alpha 42 öffnen. Er hat auf alles eine Antwort. Zumindest könnte man diese Vermutung als Fan von „Per Anhalter durch die Galaxis“ haben. Jedoch erhalte ich auf meine Frage, worin meine Aufgabe für heute bestehe, nur die Antwort  „42“. Dann werde ich in ein Zimmer mit überdimensionalen Flachbildschirmen geleitet. Ein kleines Deltamädchen versucht mühsam zu erklären, dass ich eine Videokonferenz mit japanischen Wissenschaftlern abhalten werde. JAPANISCH? Aber ich kann doch gar kein japanisch. Das junge Team der Tokyo University of Modern Medicine berichtet von einer Testreihe namens „I am legend“. Das Lachen, welches ich mir bei diesem merkwürdigen Namen nicht verkneifen kann und der mich eher an Will Smith erinnert, vergeht mir bereits im nächsten Atemzug. Die Wissenschaftler erklären, dass in Japan ein Virus ausgebrochen sei. Erkrankte ziehen sich zurück, essen wenig, meiden die Sonneneinstrahlung und entwickeln eine blasse Haut, die teilweise sogar verfaule. In meinem Magen dreht sich der Mensabrei. Die Wissenschaftler berichten von sogenannten I.L.-Tabletten und manövrieren diese über einen Scanner in den Raum. Ich muss hier raus, ehe ich noch aufgefordert werde, diese Dinger zu probieren.

Nah und Frisch

Langsam wird mir die Umgebung immer grotesker. Seit wann sind Supermärkte in Hierarchieklassen unterteilt? Ganz links dürfen die Alphas schmackhafte Delikatessen einkaufen. Ich traue meinen Augen nicht, dass ich richtige Lebensmittel erwerben kann, nachdem es in der Mensa nur diesen Einheitsbrei für uns Studenten gab. Doch sobald ich den Supermarkt betrete, stellt sich die übliche Frage: Was wollte ich einkaufen? Ich zücke mein Smartphone. Ein einziger Klick auf das kleine Kühlschranksymbol gewährt mir Einblick in den WG-Kühlschrank. Er scheint nur noch von Licht gefüllt zu sein. „Vielen Dank für Ihren Einkauf. Auf Wiedersehen“, schallt es nach dem Großeinkauf aus dem Kassenautomaten. Auch, wenn die Roboter weitaus mehr Höflichkeit als ihre menschlichen Vorgänger an den Tag legen, ersehne ich mir doch eine unfreundliche Kassiererin anstelle der kalten Maschine. Wie viele Arbeitsplätze hier wohl verloren gingen? Ich sollte nicht darüber nachdenken.

Umso mehr freue ich mich nun darauf, endlich zu Hause anzukommen. Natürlich koche ich nicht. „Wieso auch?“, schaut mich meine Mitbewohnerin verwundert an, als ich sie frage wo die Kochtöpfe sind,„Ernst macht das schon.“

Doch als Import aus Indien gelingt es Ernst und seinen scharfen Kochkünsten wieder einmal, mir die Speiseröhre zu verätzen. Mir reicht es endgültig. Was für ein Tag. Fluchend verziehe ich mich in mein Zimmer und setze mich vor den Fernseher. Gerade als ich mich zurücklehne um die DVD „Der Aufstand der Alten“ dort weiterzuschauen, wo ich gestern Abend aufgehört hatte, wird meine Aufmerksamkeit zum Fenster gelenkt. Auf der Straße demonstrieren hunderte Menschen gegen die hohe Arbeitslosigkeit. Ein Anlass für die Polizei, sich in bedrohlicher Angriffshaltung zu formatieren. Der Fernseher vermag wohl die Schreie der Demonstranten zu übertönen, doch finden meine Gedanken keine Ruhe, demn der Film zeigt mir kein wirklich anderes Bild. In der Hoffnung, dass der morgige Tag mehr Raum für Optimismus lässt, lösche ich das Licht.

Das Klingeln meines Weckers reißt mich unsanft aus dem Schlaf. Mit verschwommenem Blick erkenne ich, dass ich das Läuten seit bereits zwanzig Minuten erfolgreich ignoriere. Zu tief war ich in meinen Träumen um das Jahr 2013, wie es hätte sein können, versunken. Auch, wenn es bedeutet, dass ich mein Frühstück selbst zubereiten muss, bin ich doch froh, in dieser Gegenwart zu erwachen.

Ein Blick in eine alternative Realität von Ulrike Günther & Marie Wieschmann

Titelbild: Ausschnitt aus einem Gemälde von Albert Robida

 

Lohmanns Lunch #7 –

Lohmanns Lunch #7 –

Wie kommt man eigentlich auf die Idee, eine Kochserie in einem Studentenmagazin zu veröffentlichen? Man nehme zehn  Redakteure, etwas Bier und Wein und selbst eingelegtes Grillgut – voila, fertig ist die Idee. Nur noch fix ein paar leckere Gerichte gezaubert und schon habt ihr euer kleines moritz-Kochbuch.

Jetzt ist endlich wieder Grillsaison und somit der richtige Zeitpunkt, um euch ein paar leckere Ideen mitzugeben. Diesmal gibt es gleich drei Rezepte, die einfach vorzubereiten sind.

mm106_kultur_34_LL3mm106_kultur_34_LL2mm106_kultur_34_LL1Für alle, die ihr Fleisch mal selber marinieren wollen, gibt es zwei Vorschläge für jeweils 300 g Fleisch. Die Chili-Ingwer-Marinade kann recht scharf werden, harmoniert aber gut mit saftig gegrilltem Geflügel. Am besten ist es, ihr bereitet sie morgens vor, denn die Marinade muss mindestens drei Stunden einziehen. Einfach Reiswein, Ingwer- und Sesamöl und Sojasauce in einer gut verschließbaren Dose mischen, dann die kleingeschnittene Chili und etwas Pfeffer dazugeben. Legt das Fleisch in die Dose, macht den Deckel drauf und schüttelt gut, damit das Fleisch komplett von der Marinade bedeckt ist. Bis zum Grillen kalt stellen und stündlich schütteln.

Die Alternative ist eine Marinade mit Honig, Senf und Thymian, mit der sowohl Geflügel als auch Schweinefilet süß und saftig werden. Auch hier braucht ihr Reiswein, dazu kommen Olivenöl, Honig (am besten Thymianhonig) und Senf. Alles gut durchmischen und mit Thymian würzen. Das Fleisch einlegen und wie oben verfahren.

Die Schafskäsepäckchen könnt ihr auch direkt vor dem Grillen vorbereiten. Die Zwiebel wird kleingehackt, die Pilze geputzt und in dünne Stifte geschnitten. Bröselt den Käse in eine Schüssel, gebt das Olivenöl, die Zwiebel und die Pilze dazu. Mit den Kräutern und Pfeffer würzen und gut durchmischen. Reißt von der Alufolie quadratische Stücke ab und gebt auf jedes zwei bis drei Esslöffel der Schafskäsemischung. Die Ecken hochklappen, oben etwas zusammendrehen und ab auf den Grill damit. Der Käse braucht eine Weile, bis er gar ist.

Dazu passt am besten ein kühles Bierchen, Sonne und 20 Grad Celsius im Schatten. Lasst es euch schmecken und genießt den Sommer.

 

Reicht für 2, wenn es noch Salat oder Brot gibt:

Chili-Ingwer-Marinade:

50 ml Reiswein (oder Kochsherry)

3 EL Ingweröl oder  Sonnenblumenöl

1 EL geriebener Ingwer

3 EL Sesamöl

1 Chilischote

5 EL helle Sojasauce

Pfeffer

Honig-Senf-Thymian-Marinade:

50 ml Reiswein (oder Kochsherry)

5 EL Olivenöl

2 EL flüssiger Honig

2 TL mittelscharfer Senf

1 TL Thymian, kleingeschnitten

 

Schafskäsepäckchen:

250 g Schafskäse

50 g Champignons

½ rote Zwiebel

1 EL Olivenöl

Pfeffer

Italienische Kräuter

Alufolie zum Einpacken

 

Grillrezepte von Erik Lohmann, mit Fotos von Milan Salje

Lohmanns Lunch #6 – Tagliatelle mit Orangen-Chili-Soße

Es gibt einige Sorten von Gemüse, die immer stiefmütterlich behandelt werden. Niemand kann etwas mit ihnen anfangen, niemand kennt sie, und wenn es sie mal zu kaufen gibt, übersieht man sie oft. Mangold ist eine dieser Sorten. Mang… was? Genau, habe ich mir auch gedacht, als ich zum ersten Mal einen Bund in den Händen hielt. Mangold sieht aus wie eine Mischung aus Chicorée und Spinat, ist ein Verwandter der Zuckerrübe und schmeckt wie süßer Spitzkohl. Richtig zur Geltung kommt er kurz gegart mit einer frisch-fruchtigen Soße.

Als erstes schneidet ihr das Fleisch in schmale Streifen, so dass es schnell gar wird. Frühlingszwiebeln und Paprika in Rauten schneiden, den Mangold quer in Streifen zerteilen. Die Orangen abwaschen, die Schale abreiben und den Saft auspressen. Dann noch die halbe Chilischote zerkleinert, schon sind die Vorbereitungen erledigt.

Sobald das Wasser für die Nudeln kocht, lasst ihr sie baden gehen. Zwischendurch immer fleißig rühren, sonst klumpen sie zusammen und garen nicht gleichmäßig. Zeitgleich erhitzt ihr reichlich Öl in einer großen Pfanne und bratet das Fleisch ordentlich an. Etwas Salz und reichlich Pfeffer dazu, sowie die Orangenhaut und die Chili. Wenn das Fleisch fast durch ist, gebt ihr die Paprika, den Mangold und die Frühlingszwiebeln dazu. Rührt ordentlich um und gart alles auf mittlerer Stufe so lange, bis der Mangold etwas zusammenfällt. Dann noch den Orangensaft dazu und noch einmal auf höchster Stufe aufkochen. Nudeln abgießen, alles auf einem tiefen Teller anrichten und schmecken lassen. Passt auf, dass ihr wirklich nur eine halbe Chili nehmt, sonst überdeckt deren Schärfe den frischen Orangengeschmack!

Dazu passt ein fruchtiger Rotwein, ein warmer Sommer und ein strahlend blauer Himmel.

 

Um vier satt zu kriegen braucht ihr:

3 Bio-Orangen

2 rote Paprika

400g Mangold

1 Bund Frühlingszwiebeln

½ Chili

500g Tagliatelle

300g Geflügel

Öl, Pfeffer

Ein Rezept von Erik Lohmann mit Fotos von Milan Salje

Lohmanns Lunch #5 – Tomatensuppe mit Limette

Juhu, das Sommersemester steht vor der Tür: Frühstücken auf dem Balkon, Kaffee im Freien, Lernen am Hafen statt in der UB, im Anschluss lecker Grillen – wenn es nur nicht so warm wäre, dass man eigentlich gar keinen Hunger hat. Also bleibt nur der Griff zum Salat, wenn man schon nach einem Snack nicht gleich gefühlte drei Tonnen wiegen will.

Oder aber ihr macht euch eine leichte und erfrischende Tomatensuppe; Bringt Abwechslung und wird nicht so schnell matschig wie ein Salat. Das Rezept ist denkbar einfach: Knoblauch, Zwiebel und Chili/Jalapeno werden kleingehackt, die  Tomaten gewürfelt, wobei ihr die Stielansätze entfernt. In einen großen Topf, der 2,5 Liter oder mehr fasst, gebt ihr so viel Olivenöl, dass der Boden leicht bedeckt ist. Sobald das Öl heiß ist, kommen Knoblauch, Zwiebel und Chili/Jalapeno dazu. Dreht die Kochplatte etwas runter und dünstet so lange, bis die Zwiebel leicht glasig wird, würzt mit den Kräutern und Kummin.

Dann kommen die  gewürfelten Tomaten dazu und werden aufgekocht, bis sie ihren Saft freigeben. Gießt die Gemüsebrühe dazu, würzt mit etwas Pfeffer und Salz nach und dann lasst die Suppe etwas mehr als eine Viertelstunde köcheln. Kurz vor dem Servieren presst ihr noch den Limettensaft hinein, damit die Suppe ein bisschen sauer und damit wunderbar erfrischend wird. Jetzt könnt ihr euch sattessen, ohne gleich dieses Völlegefühl zu kriegen.

Falls ihr mal mehr Hunger habt oder es einfach noch nicht wirklich sommerlich ist, passt ein ofenwarmes Ciabatta zur Suppe sowie ein Tee aus frischen Minzblättern mit reichlich Zucker. Insgesamt seid ihr mit vier Euro dabei, im Winter etwas mehr.

Für 4 Personen braucht ihr:

1,5 kg Tomaten

500 ml Gemüsebrühe

1 Chili oder Jalapeno

1 große Zwiebel

1 Knoblauchzehe

2 TL gemahlenes Kummin (Kreuzkümmel)

Italienische Kräuter, am besten frisch

Saft von 4 Limetten

Olivenöl

Salz

Pfeffer

ein Rezept von Erik Lohmann; mit  Fotos von Milan Salje

Ein GreifsWald voller Bücherbäume

Seit einem halben Jahr lädt ein öffentliches Tauschregal in der Innenstadt zum unkomplizierten Bücherhandel ein. moritz ist auf der Suche nach den Wurzeln des ersten Greifswalder Bücherbaums und den Früchten, die er trägt.

Winter in Greifswald – ein leidiges Thema. Die Straßen der Stadt sind vereist, der Himmel grau und die Bäume kahl. Bis auf einer.

Am Platz der Freiheit – den meisten besser als Europakreuzung bekannt – wurzelt seit Juli vergangenen Jahres ein besonders prächtiges Exemplar. Aus seinem Stamm wachsen Bücher der verschiedensten Genres und Farben. Ein bunt gefüllter Bücherbaum ist das.

Die Idee zu dem Projekt ist von der Spree zu uns herübergeschwappt. Wie so vieles in Greifswald, könnte man meinen. Mode, Mate und Musik, … jetzt eben auch Bücherbäume. Vielleicht kennen einige von euch sogar die Rotbuche in Berlin Köpenick/Grünau oder die fünf Baumstämme an der Ecke Kollwitzstraße/Sredzkistraße in Prenzlauer Berg, nach deren Vorbild das Greifswalder Projekt entstanden ist. Vertreter des Kulturamts, der Jugendkunstschule, der Stadtwerke Greifswald und des Vereins Bücherfreunde e.V. setzten sich vergangenen Jahres in einer Arbeitsgruppe zusammen und diskutierten lange über eine mögliche Umsetzung. Das Ergebnis: Im Sommer wurde die Skulptur des Stralsunder Bildhauers Raik Vicent an der Bushaltestelle in der Anklamer Straße aufgebaut. Die Finanzierung haben die Stadtwerke übernommen und auch die Sparkasse Vorpommern ist mit einem Metallschild am Baum als Sponsor vermerkt. Mitglieder der Bücherfreunde betreuen das öffentliche Tauschregal. Fast täglich füllen sie die Fächer mit Büchern aus ihrem Bestand auf und kontrollieren, was von den Passanten hineingestellt wurde. Dabei kann es allerdings auch vorkommen, dass „fremde“ Bücher mal eben entfernt werden, wenn sie dem Sinn der Bücherfreunde nicht entsprechen.

Buchdeckel mit dem Aufruf, sich beim moritz zu melden.

Diesem Eifer fiel wohl auch moritz zum Opfer. Anfang Dezember hatten unsere Redakteure einige Bücher mit einem kleinen Text  und der Bitte, sich bei „Fund“ zu melden, präpariert und in den Bücherbaum gestellt.  Auf eine Antwort warteten wir vergeblich. Dabei war durchaus ansprechende Literatur darunter: zwei Krimis, ein Kinderbuch, ein paar Romane. Aber wie Paul Kroll vom Verein deren Interessen und Bestand beschrieb: „Der Grundstock sind eben die guten DDR-Verlage.“

Von eben diesen finden sich hunderte, ja tausende wahre Klassiker und Raritäten in den Vereinsräumen in der Spiegelsdorfer Wende. Ein echtes Erlebnis, sich dort durch das Labyrinth aus Lesestoff zu forsten – wie in einem richtigen Bücherwald eben!

Weitere Bücherbäume geplant

Doch zurück zu dem einzelnen Baum an der Europakreuzung. Auch hier trifft man nicht selten Neugierige, die einen Blick in die Regalfächer werfen. Natalia Okuń ist eine von ihnen. „Immer wenn ich auf den Bus warte, schaue ich, ob etwas Interessantes für mich dabei ist“, verrät sie. Der Bücherbaum ist ein absolutes Novum für die polnische Austauschstudentin. „Am Anfang wusste ich nicht, wie das funktioniert, aber jetzt nutze ich das Angebot oft, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern.“ Im Gegenzug hat Natalia einige polnische Bücher in den Baum gesteckt für die Studenten, die hier in Greifswald ihre Sprache lernen.

Der Bücherbaum an der Europakreuzung.

Es scheint, als wäre dieser neue Trend ein voller Erfolg. Und die Akzeptanz der Bürger zahlt sich aus: Schon jetzt plant die Arbeitsgruppe um den Bücherbaum, weitere Exemplare in der Hansestadt zu etablieren. Nur wenige Meter entfernt vor den Kunstwerkstätten wäre so ein Standort. Und auch Schönwalde soll mit einem Bücherbaum aufgeforstet werden. Nur das liebe Geld verzögert wie gewöhnlich jegliches Vorhaben. Zumindest der Baum an der Europakreuzung bleibt vorerst bestehen. Die Bücherfreunde geben ihr Bestes, sein Inneres trocken zu halten, doch das raue Klima macht auch vor Bücherbäumen nicht Halt. Im Laufe der Monate hat sich das Holz mal zusammengezogen, mal ausgedehnt, schließlich hier und da gespalten. Ihn als mobile Tauschbörse zeitweilig in anderen Teilen der Stadt aufzustellen, wie ursprünglich angedacht, ist daher nicht mehr möglich. Allerdings gibt es zumindest in der Innenstadt auch noch andere Orte, die zum „Bookcrossing“ einladen. So befindet sich neben dem Jugendhaus Pariser seit Längerem ein in die Wand eingelassenes Tauschregal, ebenso in der Gützkower Straße am Waschsalon. Eine ältere Passantin begrüßt die Idee: „Es ist doch so: Man sammelt und sammelt, und irgendwann landet es im Keller. Hier haben die Bücher wenigstens noch Verwendung.“

Natalia ist von dem Prinzip sogar so begeistert, dass sie die Bücherbäume nun auch in ihrer Heimat vorschlagen will, zuerst an der Universität und später vielleicht im Stadtzentrum. Schon bald könnte es in Polen dann heißen: „Das haben wir uns aus Greifswald abgeguckt.“ Wer braucht schon noch Berlin als Trendsetter?

Ein Feature von Laura Hassinger; Bilder von Laura Hassinger

Lohmanns Lunch #4 – Vegetarische Burger

Na, seid ihr gut im neuen Jahr angekommen? Habt ihr die Schlemmereien überlebt und auch beschlossen „Ab jetzt lebe ich gesünder“? Ich für meinen Teil habe mich nach den weihnachtlichen Fressorgien zu zwei Wochen vegetarischem Dasein entschlossen, da ich kein Fleisch mehr sehen kann. Glücklicherweise gibt es eine Menge sehr leckerer, vegetarischer Gerichte, sodass keine Langeweile aufkommt, wie manche eingefleischte Fleischesser gerne behaupten. Vieles Asiatische, einiges Mediterrane und auch manches Deutsche ist fleischlos. Und selbst eines der klassischen Fleischgerichte – der Burger – ist ziemlich einfach vegetarisch zuzubereiten. Der Clou dabei sind natürlich die Bestandteile der Bratlinge, und ich zeige euch, wie ihr sie richtig schmackhaft hinkriegt.

Der Vorteil von Burgern ist, dass sie leicht zu variieren sind; mal mit Tomate und Zwiebel, mal mit Gurke, Salat und Zucchini, und jedes Mal eine andere Sauce. Dazu kommt, dass die vegetarischen Bratlinge nicht schwer im Magen liegen, im Gegensatz zum klassischen Hackfleischburger. Also ein gesunder, leichter Ausgleich zum Geschlemme über die Feiertage.

Ein bisschen Vorbereitung solltet ihr allerdings einplanen, denn die Linsen und der Reis müssen abkühlen, bevor ihr daraus die Bratlinge formen könnt. Also am besten morgens oder bereits am Vortag aufkochen. Dann geht alles fix: Sellerie, Zwiebeln und Knoblauch kleinschneiden, Möhren reiben, in einer Schüssel mit Reis, Linsen, Eiern und Kumin (Kreuzkümmel) mischen. Etwas Pfeffer und Salz dazu, eventuell auch Mehl, damit die Bratlinge nicht auseinanderfließen, sondern halbwegs formstabil sind.

In einer Pfanne bratet ihr die etwa handtellergroßen Bratlinge in Öl an, bis sie hellbraun sind, was eine Weile dauern kann (nicht auf höchster Stufe, sonst sind sie schnell schwarz). In der Zwischenzeit halbiert ihr die Brötchen und toastet sie. Das geht auch im Backofen, dauert nur etwas länger. Salat, Gurke, Tomate, Zwiebel und was ihr sonst noch auf eure Burger packen wollt, zurechtschneiden, Brötchen aus dem Toaster oder Ofen holen und mit Sauce bestreichen. Die genaue Schichtung eurer Burger ist euch überlassen, Hauptsache es schmeckt und ihr könnt noch gerade so abbeißen. Dazu passt eine Lemongrass-Limonade. Haut rein!

Für 12 Burger braucht ihr:

12 Burgerbrötchen (logisch)

125g Reis, am besten rot

125g Linsen

2 Möhren

1 Zwiebel

2 Knoblauchzehen

1 Stange Staudensellerie

1 TL Kumin (Kreuzkümmel), gemahlen

2 Eier

Salz, Pfeffer, Mehl

Zum Garnieren Salat, Gurke, Tomate, Zwiebel, Sauce, Käse, etc.

Von und mit Erik Lohmann; Bilder von Milan Salje