Stadtgespräche – Greifswald im Lockdown

Stadtgespräche – Greifswald im Lockdown

Die Menschen und ihr Miteinander in Greifswald trotz der Pandemie wieder sichtbar machen. Das war Lena Elsa Droeses Motivation, als sie vor etwa einem Jahr die Idee zu ihrem Interviewband hatte. Durch den Austausch mit Greifswalder Persönlichkeiten entstand eine Sammlung, in der die Studentin der Politik- und Kommunikationswissenschaften Eindrücke und Erfahrungen aus den Lockdowns in unserer Hansestadt festgehalten hat.

Als im Herbst letzten Jahres einige Greifswalder Läden kurz vor dem endgültigen Aus standen, war plötzlich nicht mehr sicher, ob Lenas Lieblingscafés und -clubs die Pandemie überstehen würden. Die Studentin wollte wissen, wie es den Menschen hinter den verschlossenen Türen und Schaufensterscheiben wohl ginge – und fragte einfach nach. Aus einer kleinen Interviewreihe für das moritz.magazin wuchs die Idee, verschiedene Begegnungen in einem Band namens „Stadtgespräche – Greifswald im Lockdown“ abzubilden.

Der Austausch hat mir während dieser Zeit sehr gefehlt. Greifswald ist ja eine kleine Stadt, in der man sich schnell gut kennt und in den Straßen oft auf ein kurzes „Und wie geht’s dir denn?“ trifft. Im Lockdown fanden diese Gespräche natürlich kaum statt und viele Menschen sind aus dem Stadtbild verschwunden.

Lena Elsa Droese

Lena hat genau diese rar gewordenen, zufälligen Momente mit Stadtbekanntschaften für Gespräche genutzt und die Begegnungen niedergeschrieben. Das dabei entstandene Büchlein handelt von Menschen, die für die 21-Jährige einfach zum Greifswalder Stadtbild gehören: ein Barbesitzer, eine Abiturientin, eine Tänzerin, ein Gesundheits- und Krankenpfleger, zwei kleine Kindergartenfreundinnen. Insgesamt haben 19 ganz unterschiedliche Greifswalder*innen mit Lena über das Leben im Lockdown gesprochen.

Das kann die Kellnerin sein, die mit einem Tablett über den Markt läuft oder der Mann, der oft auf der Bank am Hafen sitzt. Ich glaube jede*r hat da so seine persönlichen Beziehungen zur Stadt, oder?

Lena Elsa Droese

In der rund 70-seitigen Sammlung geben die Gesprächspartner*innen Auskunft zu verschiedensten Fragen, unter anderem „Wie sieht dein Alltag aus?“, „Was ist für dich besonders schwer im Lockdown?“ oder „Was machst du als Erstes, wenn alles vorbei ist?“. Und auch die Antworten auf die Nachfrage „Was bedeutet Demokratie für dich in dieser Zeit?“ füllen mehrere Seiten des Hefts. Da Mitsprache und Teilhabe Themen sind, die Lena beschäftigen, war dieser Teil der Gespräche für sie von besonderer Bedeutung.

Die Frage rahmt den Grundgedanken vom Interviewband, jede*r kann seine*ihre Meinung äußern und diskutieren. Wichtig ist, dass man sich stets mit Respekt begegnet und zuhört. 

Lena Elsa Droese

Die Aufzeichnungen werden ergänzt von Portraits, die Lena selbst aufgenommen hat. Die Fotos zeigen die Gesprächspartner*innen hinter einer Glasscheibe, um Nähe und Distanz gleichzeitig darzustellen. Ein Zwiespalt, den vielleicht viele aus den Zeiten der Isolation kennen.

Mit #stayhome sind viele Personen aus dem alltäglichen Leben verschwunden, aber ein Bedürfnis nach Nähe und Kontakt besteht natürlich trotzdem.

Lena Elsa Droese

Unterstützt wurde die Studentin bei ihrem Projekt von der Fotografin und Gestalterin Anna Knüppel und Anita Völlm von der Partnerschaft für Demokratie. Im Rahmen der von der Partnerschaft ins Leben gerufenen Gesprächsreihe „DemokraTische“ findet anlässlich der Erscheinung an diesem Mittwoch, den 8. September, eine offene Diskussion statt. Nicht nur die Inhalte der Interviewsammlung sollen dabei im Mittelpunkt stehen: Jede*r ist dazu eingeladen, ab 17 Uhr im Hof des St. Spiritus eigene Erfahrungen und Geschichten aus dem Lockdown zu teilen.

Bei der Veranstaltung kann „Stadtgespräche“ zudem erstmals erworben werden, später ist es auch in einigen Buchläden der Stadt, im Tierpark und weiteren teilnehmenden Geschäften erhältlich. Die Interviewsammlung ist grundsätzlich kostenlos. Trotzdem sind Spenden willkommen, denn alle Einnahmen kommen den Institutionen und Gesprächspartner*innen, die ihre Geschichten in dem Band geteilt haben, zugute, „sodass hoffentlich ein paar Wünsche aus den Lockdown-Zeiten erfüllt werden können“, wie Lena auf der letzten Seite von „Stadtgespräche“ verspricht.

Beitragsbild: Lena Elsa Droese

moritz.playlist – Måneskin

moritz.playlist – Måneskin

Musik  Töne mit Zusammenhang, oder gerne auch ohne. Im Prinzip systematischer Krach. Jede*r hat schonmal Musik gehört, aber was ist die Geschichte hinter den einzelnen Stücken, auch Lieder genannt, und womit verbinden wir sie? Was lösen sie in uns aus und wer hat sie erschaffen? webmoritz. lässt die Pantoffeln steppen, gibt vor, was angesagt ist und buddelt die versteckten Schätze aus. Unsere Auswahl landet in eurer moritz.playlist.

Fünf Freund*innen vier Menschen und ein Hund. Nein, die Rede ist nicht von Enid Blytons Kinderbuch, sondern von der italienischen Rockband Måneskin. Und zugegeben, die kleine Hundedame der Bassistin Victoria ist auch nicht immer dabei, obwohl sie zwischenzeitlich sogar als neue Managerin der Band im Gespräch war. Am Ende wurde es ein alter Freund der Band und die Firma Exit Music Management quasi extra für sie gegründet. Freundschaft ist ohnehin das Grundrezept für Måneskin und sicherlich auch eine ganz besondere Geheimzutat bei ihrem derzeitigen weltweiten Erfolg, gerade in Zeiten von Corona und sozial belastender, wenn auch notwendiger, Isolation.

Als vier Freund*innen beginnen Måneskin ihre Karriere 2015 zunächst auf der Straße, mit gerade einmal 14, 15 und 16 Jahren. Anderthalb Jahre streiten sie mit anderen Nachwuchskünstler*innen um die besten Plätze in Roms Einkaufspassagen, bis sie irgendwann genug Geld für ihr erstes Album verdient haben, auch wenn das mit dem Bezahlen nicht ganz so einfach ist, wenn man die 300 Euro nur in gespendetem Münzgeld vorweisen kann. In Italien erreichen sie bereits 2017 durch ihre Teilnahme bei der Castingshow X Factor Bekanntheit, europaweit dann 2021 mit dem Gewinn beim ESC und schließlich auch global durch ihre Coverversion von Beggin‘. Aber Måneskin sind weit mehr als ein vier Jahre altes, für eine Castingshow nachgesungenes Lied. Ihre eigenen Songs zeigen nicht nur in der instrumentellen Komposition eine enorme Tiefe, sondern auch in den Texten, vor allem in den italienischen. 

Das zentrale Element: Der Wunsch nach Freiheit, nach gleichen Rechten und Akzeptanz, unabhängig von Geschlecht, Sexualität, Ethnizität. Eine Message, die gerade dem jungen, queeren Publikum viel Identifikationspotenzial liefert, so wie bereits in den 1970ern und 80ern bei Queen, David Bowie und Co. Ein kleiner Wermutstropfen, dass diese eigentlich doch so banale Botschaft der Wunsch sein zu dürfen, wer man eben ist auch 40 Jahre später noch so berührt und so relevant ist. Aber ein umso schöneres Zeichen, wie es dieser queeren Freund*innengruppe mit italienischen Liedern und an den 70ern orientiertem Stil derzeit gelingt, die Charts der Welt zu erobern.

Auf die moritz.playlist kommt jeweils ein Lied der beiden eigenen Alben von Måneskin sowie zwei Lieder von Bands, die als Vorbilder der Gruppe gesehen werden können. Morirò da Re (Ich werde als König sterben) handelt wie fast jedes Lied auf Il Ballo Della Vita von Marlena, der Personifizierung von Kunst, Inspiration, Freiheit, mit deren Hilfe sich jedes noch so unüberwindbar scheinende Hindernis besiegen lässt. Im zweiten, aktuellsten Album Teatro d’Ira – Vol. I wird es noch persönlicher, dadurch aber auch nur noch ergreifender, weil nachvollziehbarer. Was mache ich aus meinem Leben, jetzt wo ich Vent’Anni, zwanzig Jahre alt, bin? Wie wähle ich den richtigen Weg, auf dem ich nicht nur mir selbst, sondern auch meinen Mitmenschen helfen kann?

Iggy Pop ist nicht nur der Godfather of Punk, sondern auch eine große Inspiration von Måneskin. Für die italienische Version des Disney-Films Cruella durften die vier I Wanna Be Your Dog von The Stooges covern, während Iggy zuletzt I Wanna Be Your Slave von Måneskin covern durfte. Eine schöne gegenseitige Anerkennung. Zum Schluss darf auch noch etwas Deutsches auf die moritz.playlist: Mit He’s a Woman – She’s a Man werden die Scorpions 1977 etwas punkiger, als man es sonst von ihnen gewohnt ist, sowohl in den Klängen als auch in der Botschaft des Liedes, die ihrer Zeit ein paar Jahrzehnte voraus gewesen sein durfte, aber voll in Måneskins Mentalität liegt.

Måneskin sind jung, aber retro – der Sound eine Mischung aus modernen Rockbands mit 70er-Jahre Classic Rock, dazu die raue und trotzdem gefühlvolle Stimme von Sänger Damiano. Måneskin sind provokativ, aber nicht um zu provozieren sie sind einfach nur ehrlich, ohne etwas beschönigen zu wollen, inspirierend, indem sie es nicht darauf anlegen, inspirierend zu sein, Kontroversen gehen nicht von ihnen aus, sondern sind Antworten der Gesellschaft auf eine Jugend, die sie selbst sein will, ohne sich verstellen zu müssen. Måneskin allein sind sicherlich keine Lawine, die die Ungerechtigkeit in der Welt umstürzen kann, aber doch ein netter kleiner bunter Stein und auch über den kann man stolpern.

Titelbild: Mikes-Photography auf Pixabay
Beitragsbild: Luana Azevedo auf Unsplash 

Mimimi-Mittwoch: Hosentaschen und wo man sie findet

Mimimi-Mittwoch: Hosentaschen und wo man sie findet

Spoiler: NIRGENDS!!

Wut, Hass, Zorn: All diese Gefühle verbindet man so manches Mal mit Mode. Genau für solche Momente ist diese Kolumne da. Wann immer wir uns mal gepflegt über viel zu enge T-Shirts auslassen oder uns auch generell mal der Schuh drückt, lest ihr das hier.

Es ist Sommer und schon lange trägt man nicht mehr den schönen Wintermantel mit den herrlich großen Taschen, wo neben Schlüssel und Portemonnaie auch noch der halbe Wocheneinkauf reinpasst. Es ist Sommer und wir sind auf unsere Hosentaschen und deren Fassungsvermögen angewiesen, sofern man nicht eine unnötig kleine Tasche mit sich führen möchte, um seine 3€ für die Frühstücksbrötchen nicht permanent in der Hand tragen zu müssen.

Hosen und vor allem Hosentaschen lösen in mir eine unbeschreibliche Wut aus, wenn ich an sie denke. Der Grund ist, dass ich als Person, die in der Frauenabteilung ihre Klamotten kauft, keine Kleidung erwerben kann, die Taschen besitzt. Es fängt bei Jeans an und zieht sich durch meinen gesamten Kleiderschrank. Ein grassierender Mangel an Hosentaschen plagt mich, seit ich meine Hosen selbst kaufe.

Man verstehe mich nicht falsch, eine herkömmliche Jeans für Frauen sieht vielleicht so aus, als hätte sie Hosentaschen, aber es ist alles eine Lüge! Die vermeintlichen „Taschen“, die man zu sehen glaubt, sind oft nur Attrappen und man könnte selbst mit aller Liebesmühe nicht einmal eine 1 Euro Münze darin verstauen. They are all fake!

Und nun kommen wir zu der eigentlichen Frage, die uns an diesem Punkt alle beschäftigt: WELCHER MENSCH BRINGT WILLENTLICH SO VIELE QUALEN ÜBER DIE MENSCHHEIT?!

Leidensgenoss*innen werden jetzt schon wild mit dem Kopf nicken und mir zustimmen. Während Personen, die für Männer konzipierte Kleidung tragen, von unzähligen Möglichkeiten profitieren, Handy, Schlüssel und vermutlich auch ihre fertig gebundene Masterarbeit am Körper mit sich tragen zu können, müssen andere permanent kleine Taschen mitnehmen.

Und das ist der Punkt, an dem ich sage „Her mit der Reißverschluss-Cargohose!“. So blöd und Alman diese Hosen auch aussehen mögen, müssen wir ehrlich mit uns sein und uns eingestehen, dass es das einzige Kleidungsstück ist, welches uns von unseren Leiden befreien kann.

Darum plädiere ich für Reißverschluss-Cargohosen als nächsten Modetrend!

Beitragsbild: Elisa Schwertner
Comic: Cassandra Calin

moritz.playlist – Twenty One Pilots

moritz.playlist – Twenty One Pilots

Musik  Töne mit Zusammenhang, oder gerne auch ohne. Im Prinzip systematischer Krach. Jede*r hat schonmal Musik gehört, aber was ist die Geschichte hinter den einzelnen Stücken, auch Lieder genannt, und womit verbinden wir sie? Was lösen sie in uns aus und wer hat sie erschaffen? webmoritz. lässt die Pantoffeln steppen, gibt vor, was angesagt ist und buddelt die versteckten Schätze aus. Unsere Auswahl landet in eurer moritz.playlist.

„Stressed Out“, „Heathens“, „Ride“. Drei Songs mit jeweils mehr als einer Milliarde Aufrufen sowohl auf Spotify als auch auf YouTube. Vor allem „Stressed Out“ wurde  von Radiosendern und Bluetoothboxen so hochfrequentiv gespielt, dass am Ende ironischerweise  eher der Song an sich „outstressing“ war. Allerdings sind Twenty One Pilots künstlerisch sehr viel komplexer als diese drei „Hits“ es vermuten lassen. Schon der Namensursprung deutet auf eine gewisse melancholische Tiefe hin. „Twentyone Pilots“ leitet sich ab aus einem Drama von Arthur Miller, in welchem Aufgrund der Entscheidungen, die der Hauptprotagonist im Laufe des Stückes trifft, 21 Piloten während des zweiten Weltkriegs ihr Leben verlieren. Der Name der Band soll als stetige Erinnerung dienen, seinen moralischen Kompass zu beizubehalten, egal wie schwer die Entscheidungen sind, die vor einem liegen.

Twenty One Pilots wurden 2009 gegründet und bestehen heute aus dem Musiker-Duo Tyler Joseph und Joshua Dunn. Joshua Dunn geht auf dem Schlagzeug so ab, dass bei ihm klare Punkeinflüsse von Bands wie The Offspring oder Blink 182 durchscheinen. Währenddessen wandert Tyler Joseph als Songwriter so unbekümmert durch alle möglichen Genres wie ein Backpacker durch Asien und versucht dabei, im Gegensatz zum Backpacker, wirklich sich selber zu finden. Seine Songs handeln meistens von Depression und dem wütenden Chaos in seinem Kopf, dem er mithilfe des Songschreibens Struktur zu geben vermag.

Auf die moritz.playlist kommen zwei Songs von Twenty One Pilots, die ihre Vielseitigkeit großartig verdeutlichen. „Car Radio“ ist ein Song ohne Refrain, besteht nur aus drei Akkorden und hat nichtmal ein catchiges Intro. Trotzdem ist dieser Song einer der bedeutendsten und interessantesten, die die Band  jemals auf einer Platte verewigt haben. „Warum“, fragt ihr? Findet es selbst heraus und hört ihn euch gerne in unserer Playlist an. Danach kommt „House of Gold“ auf die Playlist. Ein Song, der darstellt wie Twenty One Pilots es schaffen, zwischen leichten Melodien und schweren Texten zu balancieren und dabei noch großartig zu klingen. Zuletzt kommt der Song „Not Your Fault“ von „Awolnation“ auf die Liste, der in seinem Stil an die frühen Songs von Twenty One Pilots erinnert und der einen Refrain mit absolutem Ohrwurmpotential besitzt.

Twenty One Pilots passen nicht in das Indie-Schema, es gibt keine coolen Gitarrenriffs, keine Songs, die sich allein auf die Akustikgitarre verlassen und auch kein Albumcover im Retrolook. Trotzdem werden sie von vielen Indie-Fans gehört und geliebt, was wahrscheinlich daran liegt, dass sie ihr eigenes Ding durchziehen, anstatt sich einem bestimmten Trend anzupassen. Ein Album von Twenty One Pilots anzuhören ist ein Abenteuer, man weiß nie was als nächstes passiert. Aber dass es etwas Neues, nie vorher Dagewesenes ist, das weiß man mit Sicherheit.

Titelbild: Eric Nopanen 
Beitragsbild: Wesley Gibbs

Ist die Sommersonne zu hell? Dann ab in die dunkelsten Minen in Deep Rock Galactic!

Ist die Sommersonne zu hell? Dann ab in die dunkelsten Minen in Deep Rock Galactic!

Ihr wolltet euch schon immer mal so fühlen wie die Zwerge Mittelerdes? Großen bösen Spinnentieren mal zeigen wer der Herr der Mine ist? Und das Ganze in der Zukunft und im Weltraum? Dann habe ich ein großartiges Spiel für euch gefunden: Deep Rock Galactic.

Ein Beitrag von Tom Siegfried und Felix Michau

Deep Rock Galactic ist ein kooperativer First-Person-Shooter, entwickelt vom dänischen Indie-Team von Ghost Ship Games. Veröffentlicht wurde es vom schwedischen Entwicklerstudio Coffee Stain Studios, welche durch Titel wie Satisfactory und Goat Simulator bekannt geworden sind. Beide Entwickler*innenstudios zeichnen sich durch Nähe zur Community aus, indem gemeldete Fehler behoben und auch Wünsche der Spielenden aufgenommen werden.

Das Spiel ist in der fernen Zukunft angesiedelt, in der Zwerge immer noch das tun, was sie am besten können: Bei der Minenarbeit Gold und andere Erze schürfen. Doch das sind nicht die einzigen Aufgaben des Zwergs von morgen. Auch das Sichern einer riesigen Bohrraupe in einer Begleitmission sowie der Raub der Eier der Insektenschwärme gehören nun dazu. Das haben die einheimischen und übergroßen Insekten genauso ungern wie Brigadeoffizier Dall Beschwerden über sich. Deswegen tun sich alle unterschiedlichen Arten von Krabblern und fliegenden Insekten zusammen, um die Zwerge – in bester Starship Trooper Manier – als Schwarm aufzuhalten.

Zur Bekämpfung von Prätorianer*innen ist ein Flammenwerfer gut geeignet.

Dabei sehen die Höhlen sehr unterschiedlich und einzigartig aus. Von rötlichen Salzminen zu riesigen wuchernd grünen Untergrunddschungeln über Magmatunnel bis hin zu wunderschönen Orten voller biolumineszenter Pflanzen ist alles dabei. Letztere erinnern so sehr an die Nachtszenen von Pandora, dass man große blaue Eingeborene hinter jeder Ecke vermutet. Viele der unterschiedlichen Biome sind so schön, dass man dort glatt Urlaub machen könnte. Vorausgesetzt die Einheimischen wären nicht so unfreundlich. Doch es gibt nicht nur unfreundliche, sondern auch friedliche Bewohner*innen, zum Beispiel schwebende Rochen, die Höhlenengel, die man quasi sogar reiten kann. Hier mal ein paar Beispiele der Biome:

Alle einzelnen Regionen auf der Missionsauswahlkarte.

Aber die Zwerge sind nicht nur hart im Nehmen, sondern auch im Austeilen. Neben der Minenarbeit, der professionellen Bartpflege und dem Verzehr der außergewöhnlichsten Biere, kennen sie sich nämlich auch mit Waffen aus. Als Gruppe von 1 bis 4 Zwergen mit bis zu vier unterschiedlichen Spezialisierungen erledigt man so die Aufgaben, die das Kontrollzentrum für einen bereit hält. Da wäre zum Beispiel der Bohrer, der mit dem Leitsatz „Was nicht passt, wird passend gemacht“ für die rapide Umstrukturierung von außerirdischen Höhlen zuständig ist und auch sonst mit Flammenwerfer und Sprengladung selten zimperlich agiert. Der Schütze, der mit seiner Minigun gerne mal den Überblick über die Munitionsvorräte verliert, aber dank Seilrutsche und Schildgenerator auch seinen Beitrag fürs Team leistet. Der Ingenieur, der dank Schrotflinte zwar nah ranmuss, aber dafür Rückendeckung von seinem Geschützturm erhält. Auch sein Granatwerfer ist nicht zu unterschätzen, außerdem hat er ein Gewehr, welches sehr schnell aushärtenden Schaum verschießt und so begehbare Plattformen erschafft. Last but not least wäre da noch der Späher. Mit seinem Sturmgewehr ist er eher der Zwerg für die Schwachstellentreffer an den übergroßen Spinnentieren. Er erleuchtet mit seiner Leuchtpistole große Bereiche der Höhle für sich und die Gruppe und ist dank Enterhaken schnell drin und auch wieder fort. Dabei hat jeder Zwerg je zwei Primär- und Sekundärwaffen zur Auswahl, die für die verschiedenen Aufträge angepasst werden können und jeweils unterschiedlich gut geeignet sind. Im dritten Quartal 2021 soll mit einem Update noch jeweils eine dritte Alternativen dazukommen.

Aber was macht denn nun so ein Zwerg, wenn der Einsatz geschafft ist? Wenn das ganze grüne Alienblut aus dem Bart gewaschen und die Ausrüstung gesäubert ist? Na, er gibt seinen Lohn und gesammelte Mineralien für Ausrüstungsupgrades, neue Waffen, Übertaktungen, die die Waffen noch stärker machen oder noch edlere Bartfrisuren aus. Schließlich kommt der nächste Auftrag sicherlich schon bald nach den nächsten paar Runden Bier an der Bar und einigen flotten Tänzen zu den Liedern der Jukebox rein.

Der atemberaubende Ausblick von der Raumstation auf den aufgesprengten Planeten Hoxxes 4.

Also, worauf wartet ihr noch? Bart kämmen, Helm aufsetzen und Leuchtfackeln einpacken. Es geht ab nach unten in die Mine! Wir sehen uns dort, oder wie man bei uns Zwergen sagt: Rock and Stone!

PS: Man kann, sehr zum Unmut des Kontrollzentrums, für Chaos auf der Raumstation sorgen, indem man dort die Fässer durch die Gegend tritt. Außerdem kann man kleine, dickliche Maden, sogenannte Lootbugs, streicheln. Diese geben daraufhin sehr putzige Geräusche von sich und teilen direkt ein paar ihrer Rohstoffe mit euch. Oder man hat genug Munition dabei, um ihnen sämtliche Rohstoffe zu nehmen. Der … naja … Unfalltod eines Lootbugs wird dann auch meist von eurem Zwerg kommentiert.

Beitragsbilder: Screenshots aus dem Spiel, von Tom Siegfried

Theaterrezension: „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“

Theaterrezension: „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“

Das Theater Vorpommern hat die Türen zu seinen heiligen Hallen geöffnet und der Betrieb läuft wieder. So auch das Drama „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“, eine Tragikomödie über die Beziehungen zweier Pärchen, bei denen die berühmte rosa-rote Brille schon ordentliche Knackse erlitten hat.

Verbale Boxkämpfe und rhetorische Leberhaken

„Ich schwör’s dir…wenn du existieren würdest, ich würde mich scheiden lassen…“ Uff. Schon im ersten Akt fliegen bei Martha (Claudia Lüfftenegger) und George (Mario Gremlich) ordentlich die Fetzen. Es fühlt sich an wie ein verbaler Boxkampf, bei dem beide Figuren versuchen, einen rhetorischen Leberhaken möglichst schmerzhaft beim Gegenüber zu platzieren. Die Gemeinheiten finden im Laufe des Stücks ihren Höhepunkt, als Martha anfängt, mit Nick (Tobias Bode) vor den Augen ihres Mannes zu flirten (siehe Bild). Wie bei einem Boxkampf gibt es aber auch die kleinen Ruhephasen. Bei Martha und George spiegelt sich das in gemeinsamem Gelächter wider und man hat das Gefühl, dass das einzige, was diese beiden in ihrer Beziehung noch gemeinsam haben, Niederträchtigkeit sei. Das sonst so leichtlebige Studierendengehirn fragt sich bei diesem Stück auf einmal, ob Vodka vielleicht der einzige Treibstoff einer langjährigen Beziehung ist.

Wer hat Angst, sein Leben ohne Illusionen zu Leben?

Das Stück hatte seine Uraufführung 1962 in New York und wurde von dem Dramatiker Edward Albee verfasst. 1966 erhielt es sogar den Ritterschlag einer Verfilmung (5 Oscars), in welcher sich Elisabeth Taylor und Richard Burton in den Hauptrollen einen Geschlechterkampf liefern. In der Darstellung der Perfidität und Boshaftigkeit stehen die Schauspieler*innen des „Theater Vorpommern“ den Hollywoodgrößen in nichts nach und schaffen es, großes Theater in Greifswald zu etablieren. Die Interpretation von Reinhard Göber beschönigt nichts und trotzdem bewerkstelligt es die Inszenierung, das ein oder andere befreiende Gelächter aus dem Publikum herauszukitzeln. Das ganze Stück hält sich an die aristotelische Einheit von Zeit, Ort und Handlung, was dem geschulten Möchtegern-Germanisten, wie dieser Autor einer ist, natürlich sofort auffällt. So findet die ganze Handlung an einem einzigen Abend im Wohnzimmer von Martha und George statt. Sie kommen gerade von einer Party und während George eigentlich ins Bett möchte, erwartet Martha noch Gäste. Das junge Paar Nick (Tobias Bode) und Süße (Friederike Serr) kommen auf einen Mitternachtstrunk bei dem „Liebespaar“ vorbei. Zunächst werden die beiden nur in den Konflikt von George und Martha eingebunden, woraufhin jedoch auch ihre eigenen Probleme zum Vorschein kommen, die es ordentlich in sich haben. Es ist wirklich schwierig, nicht selbst verbittert zu werden bei einer so großartigen Darstellung der Hassliebe von allen vier Darsteller*innen. Aber was zur Hölle hat das mit Virginia Woolf zu tun? Edward Albee beantwortet die Frage wohl folgendermaßen: „Wer hat Angst, sein Leben ohne Illusionen zu leben?“ Virginia Woolf war bekannt dafür, der Gesellschaft einen Spiegel vorzusetzen, der die ungeschönte Realität unserer geistigen Zustände gnadenlos aufzeigt. Mit dieser Perspektive wird der Name des Stücks, das eigentlich „Excorzism“ heißen sollte, nachvollziehbar. Alle Charaktere spielen sich selbst auf die eine oder andere Art und Weise etwas vor und kommen somit in Konflikt mit ihrem Umfeld, vor allem mit dem unmittelbaren: „Dem*r Ehepartner*in“.

Zyniker*innen sind nur enttäuschte Romantiker*innen

Der Zynismus tröpfelt durch jeden Akt dieses Stückes. Insbesondere der Selbsthass, den die Figuren in sich tragen, wird, wie bereits erwähnt, auf die Umwelt projeziert und vorallem auf den*die Partner*in. Deswegen bekommt eine besondere Szene auf einmal sehr viel Bedeutung. Martha und George erinnern sich daran, wie sie sich kenngelernt haben. Dieser kleine Schnipsel des Romantischen zeigt, wie ehrlich sich die beiden einmal geliebt haben. Der kurze Einblick in die Vergangenheit ist jedoch schnell vorbei, als Martha schreit: „Da wusste ich noch nicht, was für ein VERSAGER er ist“. Wie es so oft bei Romantiker*innen der Fall ist, konnten beide den gegenseitigen romantischen Vorstellungen nicht gerecht werden und so haben sie in ihrer Enttäuschung den Zynismus als Schutzschild gewählt, um nie wieder so ernüchtert zu werden. Man könnte also ganz pathetisch aus dem Drama die Lebenslektion ziehen, dass die Zyniker*innen unserer Gesellschaft vielleicht nichts weiter sind als enttäuschte Romantiker*innen. Schlussendlich lässt sich sagen, dass dieser sezierende Blick in die kleinste Zelle einer Gesellschaft, die Familie, überaus gelungen ist und zum Nachdenken anregt. Die Gemeinheiten sind zum Teil bestürzend, zum Teil unterhaltsam und man hat danach viel Gesprächsstoff für die nächsten Tage. Für ein erstes Date wäre dieses Stück wahrscheinlich nicht gerade optimal gewählt, aber für den*die leidenschaftliche*n Theatergänger*in oder auch nur Kulturinteressierte*n ist das Drama ein absolutes Muss.

Beitragsbild: Peter van Heesen