von Arik Platzek | 07.09.2008
Bericht vom Pressetermin der Stadt am 4. September zum WVG-Anteilsverkauf an die KWG.
Die Hansestadt erhebt beim Landgericht Stralsund eine Leistungsklage gegenüber der KWG, erklärte der den WVG-Verkauf betreuende Vertreter der Beratergesellschaft der Stadt.
Weiterhin machte er auf dem Pressetermin im Senatssaal des Rathauses am 4. September deutlich, dass diese Klage nach Auffassung der Stadt lediglich ein logischer, rechtlicher Schritt aufgrund unterschiedlicher Rechtsauffassungen ist. Etwaige Verstimmungen zwischen Stadtvertretern und der KWG wurden durch OB König dementiert, schließlich habe man Verständnis für das Vorgehen der KWG. Diese will ohne Rechtssicherheit gegenüber der Wirksamkeit des Bürgerschaftsbeschlusses keinen Kaufpreis zahlen.
Die Leistungsklage auf teilweise Kaufpreiszahlung seitens der Hansestadt Greifswald diene einerseits dem Zweck, die erstrebte Kaufpreiszahlung herbeizuführen und erfolge andererseits in der Absicht, eine inzidente Feststellung der Rechtmäßigkeit des Bürgerschaftsbeschlusses anzustreben – dessen Rechtmäßigkeit man sich seitens der Stadt sicher ist. Eine Klage auf teilweise Kaufpreiszahlung sei indes ausreichend, da mit Feststellung der Leistungspflicht über den Teilbetrag die Verpflichtung der KWG zur Zahlung des gesamten Kaufpreises klargestellt werden würde.
Die Klage beruhe auf der Überzeugung von der Wirksamkeit des Bürgerschaftsbeschlusses und stelle kein Zeichen für eine Verstimmung in den Geschäftsbeziehungen dar – vielmehr sei dies ein konsequentes und rationales Vorgehen im Hinblick auf einen ausgeglichenen städtischen Haushalt.
Ein erneuter Bürgerschaftsbeschluss wurde derweil abgelehnt, da es juristisch unsinnig sei, neben einen – der Auffassung der Stadt nach – wirksamen Bürgerschaftsbeschluss einen weiteren Beschluss zu stellen.
Die Klage umfaßt auch den Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen. Diese betragen derzeit 18.425 Euro pro Tag, bisher sind so 650.000 Euro zusätzlich zum Kaufpreis durch die KWG zu bezahlen – sollte die Stadt Recht bekommen.
Die WVG sei währenddessen weiter selbstständig im Rahmen ihres gewöhnlichen Geschäftsbetriebes tätig, nur bei außergewöhnlichen Entscheidungen will man die KWG hinzuziehen. Gesellschafter sei die KWG noch nicht geworden.
Als fraglich wurden unterdessen die geplanten Investitionen der WVG im kommenden Jahr bezeichnet. Sollte der Kaufpreis nicht bis Jahresende gezahlt werden, würden Anpassungen der Investitionsvorhaben nötig, da diese von einem ausgeglichenen Haushalt der WVG ausgehen.
Die KWG war, anders als ursprünglich angekündigt, beim Pressetermin nicht anwesend. Erklärt wurde dies damit, dass Irritationen durch unterschiedliche Rechtsauffassungen der beiden Seiten vermieden werden sollen.
Die vier Bürgerschaftsmitglieder, welche ein verwaltungsgerichtliches Eilverfahren in bezug auf den Bürgerschaftsbeschluss angestrengt hatten, sind laut einer Pressemitteilung vom 5. September 2008 von diesem zurückgetreten. Begründet wurde dieser Schritt mit der Klageerhebung der Stadt, dessen inzidente Rechtmäßigkeitsüberprüfung ihre Anträge hinfällig machte.
von Arik Platzek | 31.08.2008
Die Aussichtsplattform des Doms St. Nikolai mit seinem phantastischen Panoramablick über Greifswald und das Umland hat rechtzeitig zum Beginn des ausklingenden Sommers wieder geöffnet.
Als erst im vergangenen Oktober ein Mann und kurz darauf im Januar diesen Jahres eine junge Frau das leicht überwindbare Geländer der Aussichtsplattform als Gelegenheit nutzen, ihr Leben durch einen Sprung in die Tiefe zu beenden, beschloss die Stadt kurzerhand, die in 60 Meter Höhe gelegene Aussichtsplattform zu schließen. Nachdem auch Auffangnetze als Sicherungsmöglichkeit diskutiert wurden, entschied man sich letztlich für ein schwer überwindbares Absperrgitter, welches vor dem vorhandenen Geländer aufgebaut worden ist.
Die Aussichtsplattform ist nun wieder täglich von Montags bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Dabei wurde aber augenscheinlich nicht der Aspekt der Refinanzierung des Absperrgitters aus den Augen verloren. Betrugen die Eintrittspreise für die Dombesteigung vorher 1,50 Euro (ermäßigt: 1 Euro), werden nun 3 Euro (ermäßigt: 1,50 Euro) für den vergitterten Blick auf das Panorama fällig. Zum Vergleich: Die Auffahrt mit dem Fahrstuhl auf die 82 Meter hohe Plattform des St. Michaelis in Hamburg kostet genauso viel, nur der ermäßigte Eintrittspreis ist in Greifswald geringer.
Ein kleines Trostpflaster könnte sein, dass die Maschen des Gitters weit genug sind, um eine Digitalkamera hindurchzustecken. So ergibt sich die ungetrübte Freude dann wenigstens bei der späteren Fotobetrachtung am heimischen Bildschirm.
Nachtrag vom 2. September: Die Ursache der Preiserhöhung liegt daran, dass die Kirchengemeinde das Absperrgitter ohne zusätzliche Förderung oder Zuschüsse finanzieren mußte. Ohne Absperrgitter hätte der Domturm nicht wieder geöffnet werden dürfen.
von Jabbusch | 28.08.2008
Gegen den Beschluss der Bürgerschaft 49.9 % der größten Wohnungsgesellschaft (WVG) der Stadt zu verkaufen, hatten insegsamt vier Bürgerschaftsmitglieder Eilanträge auf einsweilige Unwirksamkeit gestellt.
Nachdem bereits letzte Woche der gemeinsame Eilantrag dreier Kläger vor dem Oberverwaltungsgericht entgültig scheiterte, wurde heute auch der zweite Antrag
eines Bürgerschaftsmitgliedes der Fraktion Grüne/okabgelehnt.
Dies zumindest meldet
MV-Regio ohne jedoch eine Begründung des Gerichtes zu liefern.
Hintergründe zum WVG-Verkauf findet ihr hier.
zp8497586rq
von Jabbusch | 28.08.2008
Kommentar von Pachot
Seit dem 1. August verschickt das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) an jeden Bürger Deutschlands, d.h. auch an Neugeborene und Minderjährige, die so genannte „Steuer-Identifikationsnummer“. Diese lebenslänglich und noch 20 Jahre darüber hinaus gültige Nummer soll angeblich „ausschließlich
und zweckgebunden“ einem vereinfachten Besteuerungsverfahren dienen. Doch die Rechtsgrundlage gem. § 139b Abgabenordnung ist alles andere als bestimmt. In Absatz 2 Nr. 1 heißt es: „Andere öffentliche oder nicht öffentliche Stellen dürfen die Identifikationsnummer nur erheben oder verwenden, soweit […] eine Rechtsvorschrift die Erhebung oder Verwendung der Identifikationsnummer ausdrücklich erlaubt oder anordnet“.
Und wer einmal einen Blick in das Melderechtsrahmengesetz wirft (§ 2 MRRG), der findet als eines von 27 bei den Meldebehörden gespeicherten Daten auch „die Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung, die Identifikationsnummer des Ehegatten sowie die Identifikationsnummern minderjähriger Kinder“ (Abs. 2 Nr. 7).
Eine „Spiegelung“ all dieser Daten ist zukünftig für das vom Bundesinnenministerium geplante „zentrale Melderegister“ vorgesehen. Auf diese Daten wiederum könnten neben anderen Behörden auch Polizei, Verfassungschutz und Nachrichtendienste zugreifen (§ 30 IV MG-E). Durch diese Verknüpfung personenbezogener Daten entsteht genau solch ein „einheitliches Personenkennzeichen“, wie es das Bundesverfassungsgericht 1983 in seinem Grundsatzurteil zur Volkszählung (BVerfGE 65,1) mit der Begründung für verfassungswidrig erklärt hat: „Eine umfassende Registri
erung und Katalogisierung der Persönlichkeit durch die Zusammenführung einzelner Lebensdaten und Personaldaten zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen der Bürger ist […] unzulässig (BVerfGE 27,1)“.
Wie nun können sich Bürgerinnen und Bürger gegen die Zuteilung der einheitlichen Steuer-ID wehren, wenn ein Widerspruch auf Grund des fehlenden Rechtsverhältnisses nicht möglich ist?
Sie können mittels einer Beschwerde an das BZSt politisch ihr Nicht-Einverständnis erklären und damit juristisch ein „Feststellungsinteresse“ aufrecht erhalten. Und sie können, da eine eigene Klage sehr aufwendig und teuer ist, eine bereits von der Humanistischen Union eingebrachte und beim Finanzgericht Köln anhängige Musterklage (AZ: 2 K 2822/08) durch Spenden unterstützen. Bürger, die ein generelles Problem mit der Erfassung und Auswertung all ihrer Lebensäußerungen im digitalen und realen Alltag haben, sollten das bei der diesjährigen Großdemonstration für die Wahrung von Grundrechten im digitalen Zeitalter am 11. Oktober in Berlin kundtun.
Der am wenigsten aufwendige Protest ist, auf den ungeöffneten Brief „Empfänger unbekannt“ oder „Empfänger verzogen“ zu schreiben und ihn wieder in den Briefkasten zu werfen.
zp8497586rq
von Jabbusch | 28.08.2008
Kommentar & Demoaufruf von Pachot
Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen!
Ja, ich weiß: Die meisten von euch interessieren sich für das Thema „Datenschutz“ so sehr wie für die Frage, ob in China gerade wieder ein Sack Reis umgefallen ist. Ja, ihr wisst bereits,
- dass Personaler als Reaktion auf eure Bewerbungen eure Profile bei StudiVZ und eure Namen mittels Suchmaschinen recherchieren.
- dass mit dem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung eure Telekommunikations-Verbindungen (also mit wem ihr wann, von wo, wie lange telefoniert, wem ihr wann eine Mail geschickt habt, auf welchen Internetseiten ihr surft etc.) für sechs Monate gespeichert werden. (mehr …)
von Kerstin Zuber | 25.08.2008
In der DDR verschwanden immer wieder Menschen spurlos und ihr Schicksal kann bis heute oft nicht rekonstruiert werden. Der „Suchpool DDR-Bürger“ unterstützt ehemalige Bürger der DDR bei der Suche nach vermissten Angehörigen.
Der Suchpool ist eine gemeinnützige Initiative von „Netzwerk Stasiopfer Selbsthilfe e.V. & Eva Siebenherz“ und wird ausschließlich mit privaten Mitteln finanziert. Seit seiner Gründung Anfang des Jahres konnten bereits zweiundsiebzig Familien zusammengeführt werden. Momentan werden von dem Verein zweiundfünfzig weitere Fälle bearbeitet. Wenn Ihr einen Angehörigen vermisst, könnt Ihr auf der Internetseite kostenfrei Suchanzeigen einstellen oder die Datenbank selbst nach einem Lebenszeichen Eurer Angehörigen durchsuchen. Bis jetzt wurden bereits neunhundertelf Anzeigen von Menschen, die jemanden suchen oder von ihren Angehörigen gefunden werden wollen, in den Suchpool eingestellt.