Prognos(e) mit vielen Fragezeichen

Die Hanse- und Universitätsstadt Greifswald besitzt seit zehn Jahren ein Leitbild, das aus einer Arbeitsgruppe von Verwaltung, Universität und Bürgern hervorgegangen ist. Federführend war damals das Geographische Institut der Universität unter Leitung von Professor Helmut Klüter und Mitarbeitern. Dieses Leitbild soll nun aktualisiert werden und den neuen Herausforderungen, die vor der Stadt stehen angepasst werden. Die Aufgabe übernimmt die Prognos AG (webMoritz berichtete), die vom Oberbürgermeister damit beauftragt wurde. Ganz abgesehen davon, dass die meisten Bewohner Greifswalds noch nie etwas von dem Leitbild der Stadt gehört haben, hört sich die Idee einer Aktualisierung nach zehn Jahren auf den ersten Blick nachvollziehbar an.

Der Teufel liegt im Detail

Wenn man jedoch genau hinschaut, dann ergeben sich allerdings mehr und mehr Fragen. Das Leitbild der Stadt, obwohl 10 Jahre alt, beinhaltet allgemeingültige Aussagen, wie sich Greifswald entwickeln soll und auf welche Aspekte die Stadt sich vornehmlich konzentrieren möchte bzw. sollte. Diese machen durchaus noch den Eindruck, noch aktuell zu sein, denn generell gab es in Greifswald keine großen Umwälzungen in den vergangenen zehn Jahren, sodass eine Präzisierung des Leitbildes nicht unbedingt nötig erscheint. Wie es auf der Internetseite der Stadt zu lesen ist, empfiehlt der Beirat eine Präzisierung des Leitbildes durch die externe Beratungsfirma Prognos AG. Diese soll dabei eng mit Stadt, Bürgern, und Universität zusammen arbeiten.

Prognos – ein alter Bekannter

Auftaktveranstaltung Referent Dr. Steden (Prognos AG)

Referent Dr. Steden (Prognos AG) beeindruckte mit Power-Point-Folien (Prognos AG)

Die Beratungsfirma Prognos ist für die Stadt Greifswald kein Unbekannter. Prognos und das Handelsblatt bestätigen in ihrer Studie „Zukunftsatlas 2007“, dass Greifswald eine der Aufsteigerstädte im Bundesvergleich ist. Besonders hervorgehoben wurden unter anderem die hohe Zahl an jungen Leuten, ein überdurchschnittliches BIP-Wachstum und der bundesweit höchste Besatz in den „Zukunftsbrachen“. Negativ fiel den Machern der Studie die niedrigste (!) Produktivitätsrate im Bundesdurchschnitt und eine sehr hohe Kriminalitätsrate auf. Sehr widersprüchliche Ergebnisse also… (mehr …)

Ist Greifswald Deutschlands neue Fahrradhauptstadt?

Letzte Woche schlug eine Pressemitteilung der Stadt Greifswald mit der Einladung zur ersten Bürgerversammlung zum kommunalen Klimaschutz in der ganzen Republik hohe Wellen und in Münster ein wie eine Bombe. Greifswald stieß in dieser kurzen Einladung Münster vom Thron und gab sich selber den Titel “Fahrradhauptstadt”.

Fahrradfahrer auf dem Wall, Foto Torsten Krüger

Die Stadt nennt dieses Bild "Fahrradfahrer auf dem Wall". Tatsächlich ist aber wohl eher am neuen Campus...

Unglücklich, aber sehr provokativ wurde darin die Information gestreut, dass Greifswald einen Anteil von 44 Prozent Fahrradfahrern am Gesamtverkehr hat, Münster dagegen nur 38 Prozent. Die Stadt mit einem König als Bürgermeister verlieh sich nun noch den Hauptstadtstatus. Fahrradhauptstadt Greifswald! (mehr …)

Freies Wissen für alle

Ein Gastbeitrag von Janett Krause, Kommilitonin und Mitarbeiterin von GEOZON

Vom 19. bis 23. Oktober informiert die Internationale Open Access Week 2009 weltweit über den freien Zugang zu Wissen aus öffentlich geförderter Forschung – auch in Greifswald.

Vorlesungsinhalte, Literaturempfehlungen, Seminarvorträge und Belegarbeiten. Das neue Semester hat begonnen und die Pflichtlektüre für das Seminar ist in der Universitätsbibliothek bereits vergriffen – im Buchhandel aber kostet ein Exemplar soviel wie ein ganzer Wocheneinkauf. Wer kennt sie nicht, die Schwierigkeit, als Student an wissenschaftliche Fachzeitschriften oder Bücher heranzukommen?

open-access-week-275

Logo der Open Access Week - Informationen zur Veranstaltung weiter unten

Immer mehr Bibliotheken müssen heute wissenschaftliche „Journals“ abbestellen, weil sie sich diese nicht mehr leisten können. Schuld sind die seit den 1990er Jahren stark ansteigenden Preise für Magazine, bei gleichzeitig stagnierenden Etats der Bibliotheken. Mit der Forderung nach freiem Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen haben namhafte Wissenschaftler, Forschungsorganisationen und Universitäten die „Open-Access-Bewegung“ ins Leben gerufen.

Dahinter verbirgt sich die Möglichkeit, in Zeiten der Digitalisierung und des Internets wissenschaftliche Publikationen online verfügbar zu machen – und das ohne technische, finanzielle oder urheberrechtliche Barrieren: “Open Access meint, dass diese Literatur kostenfrei und öffentlich im Internet zugänglich sein sollte, so dass Interessierte die Volltexte lesen, herunterladen, kopieren, verteilen, drucken, in ihnen suchen, auf sie verweisen und sie auch sonst auf jede denkbare legale Weise benutzen können“, formulierte die Budapester Open-Access-Initiative im Jahr 2001. So sind im Internet über Open Access veröffentlichte Informationen für alle Wissenschaftler und Studierende sofort erreichbar und leicht auffindbar, können weltweit von jedem beliebigen Arbeitsplatz mit Internetanschluss genutzt werden.

Die im Jahr 2003 verabschiedete „Berliner Erklärung“ formuliert die „Vision von einer umfassenden und frei zugänglichen Repräsentation des Wissens“ . Große deutsche Forschungsvereinigungen, wie die Fraunhofer-, und Max-Planck-Gesellschaften, die Helmholtz-Gemeinschaft sowie zahlreiche ausländische Vereinigungen und Universitäten haben sich dieser verpflichtet.

Zahl der Open-Access-Inhalte auch in Greifswald gestiegen

Die Zahl der Open-Access-Journale und -Datenbanken ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Auch an der Universität Greifswald wurden elektronische Depots erstellt, in die Wissenschaftler ihre Artikel einspeisen können. So bietet die Universitätsbibliothek die Möglichkeit, über den Dissertationsserver “OPUS” Dissertationen auch in elektronischer Form einzureichen, wodurch die darin gewonnenen Erkenntnisse weltweit nutzbar werden. Mit „FloraGREIF“ gibt es einen Informationspool für biogeographische Daten zur Flora in der Mongolei. „GeoGREIF“ bietet eine digitale Sammlung von Karten und Kartenwerken, die am Institut für Geographie und Geologie der Universität im Original verfügbar sind.

Das universitäre Ausgründungsprojekt “Geozon Science Media” startet 2010 und ist ein neuartiger Publikationsservice für die Geo- und Umweltwissenschaften auf der Basis des Open-Access-Prinzips. Als Teilnehmer der diesjährigen Open Access Week informiert “Geozon” zusammen mit dem Zentrum für Forschungsförderung und dem Forschungsverbund MV in Greifswald über den Open-Access-Gedanken.

Wie lässt sich Open Access im Alltag realisieren? Wie stehen die europäischen Wissenschaftsorganisationen dem Thema gegenüber? Welche Trends des wissenschaftlichen Publizierens sind zukünftig zu erwarten?

Über „Open Access – Relevanz, Diskussion und Perspektive“ spricht am Mittwoch, dem 21. Oktober, um 14 Uhr Heinz Pampel (Helmholtz Gemeinschaft) im Konzilsaal (Hauptgebäude) der Universität Greifswald. Alle Wissenschaftler, Studenten und die interessierte Öffentlichkeit sind herzlich zu dem Vortrag mit anschließende r Diskussion eingeladen. Der Eintritt ist frei.

Informationen zu Open Access :

Projekte an der Universität Greifswald:

Abbildung: Logo der Open Access Week

Wall wird wegen Umgestaltung voll gesperrt

In den vergangenen Tagen dürften sich viele Fahrradfahrer auf dem Wall zwischen Fleischerstraße und Mühlentor (Mensa) über die sonderbaren Ummantelungen sämtlicher Bäume gewundert haben, die zeitweise schon zu einer sehenswerten Freiluft-Galerie umfunktioniert wurden. Dabei handelt es sich um “Schutzkleidung” für die teilweise über 180 Jahre alten Bäume. Der Grund dafür: In den kommenden Monate wird der Wall auf diesem Teilstück umgestaltet.

Wie die Stadt mitteilte, wird der Wall dazu ab nächster Woche voll gesperrt. Der parallel verlaufende Weg am Fuße des Walls (auf der der Innenstadt zugewandten Seite) bleibt allerdings offen und kann befahren werden. Auch die Wall-Querung auf der Höhe des Landesmuseums  ist weiter möglich. Wann die Sperrung wieder aufgehoben wird, kann die Stadt noch nicht sagen. Die gesamten Arbeiten dauern, sofern die Witterung mitspielt, bis Mai 2010. Das Kosten der Bauarbeiten betragen 240.000 Euro, von denen 85 % aus dem Konjunkturpaket II der Bundesregierung stammen. Den Rest muss die Stadt als Eigenanteil aufbringen

kastanienwall-pressestelle-hgw-500

Wall-Bäume mit Schutz-Ummantelung

Steilstücke werden asphaltiert, Weg wird schmaler (mehr …)

“Science Express”: Im Interesse von Wissenschaft oder Wirtschaft?

Seit heute Morgen, 9 Uhr, steht der Science Express auf dem Greifswalder Bahnhof und wird dort bis Samstag 17 Uhr bleiben, um anschließend nach Stralsund weiterzufahren. In zwölf Waggons mit verschiedenen Themenschwerpunkten wird Wissenschaft vermittelt und Zukunftstechnologien vorgestellt (siehe Ankündigung).

Die Expedition Zukunft wurde von einem Team der Max-Planck-Gesellschaft in München und der Agentur ArchiMeDes in Berlin konzipiert und umgesetzt. Neben öffentlicher Förderung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und Forschungskonsortien wie der Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Leibniz-Gemeinschaft und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sind auch kommerzielle Förderer dabei wie Bayer, Siemens und Volkswagen. Die Partner nutzen die Gelegenheit, sich in bestem Licht zu präsentieren, weit in die Zukunft reichende Ideen vorzustellen und vor allem Neugier und Wissensdurst bei den Besuchern zu wecken. Im Wissenschaftsjahr 2009 wird so in 62 deutschen Städten Wissenschaft kostenlos und zum Anfassen präsentiert.

Bei der Eröffnungsveranstaltung betonten alle Redner, darunter Prorektor Professor Michael Herbst und Oberbürgermeister Dr. Arthur König, wie wichtig Wissenschaft für unsere Zukunft und Greifswald als Wissenschaftsstandort sei.

Der Kreisverband Greifswald-Uecker-Peene von Bündnis 90/Die Grünen stellte sich dem Projekt heute sehr kritisch gegenüber. Im Beitrag “Zug verpaßt” wird der Ausstellung ein falsches und anachronistisches Verständnis von Wissenschaft als Fortschrittsgläubigkeit und Festigung industrieller Vorherrschaft vorgeworfen. Vorwürfe, die ebenso von anderer Seite erhoben werden, wie z.B. von Biologe Tobias Maier in einem Scienceblogs-Beitrag vor einigen Monaten, als es um die Zulassung von Genmais ging:

Landwirtschaft ist eine Industrie mit allem was dazu gehört. Bauernhöfe sind landwirtschaftliche Unternehmen, die Geld verdienen müssen. Im konventionellen Anbau genauso wie in der ökologischen Landwirtschaft. Wer das nicht begreift und verinnerlicht hat, hängt einem heillos romantischen Bild nach, das so wohl seit der Erfindung des Mineraldüngers nicht mehr existiert. Landwirte kaufen ihr Saatgut. Sie wollen möglichst viel Geld für das, was sie mit möglichst wenig Aufwand und möglichst wenig Ernteausfall anbauen. Subventionen mit eingerechnet. Wenn der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen sich finanziell nicht lohnen würde, würden sie nicht angebaut.

Wer also den Zug besucht, möge im Hinterkopf behalten, dass er kräftig gesponsert wurde. Andererseits sollte man sich davon nicht abhalten lassen, die ausführlichen und informativen Texte zu lesen und seinen Wissensdurst zu stillen.

Update 16.10.2009, 12:30 Uhr

Die Grüne Bürgerschaftsabgeordnete und Stupistin Anne Klatt beschäftigt sich auf dem Blog der Grünen Hochschulgruppe ebenfalls äußerst kritisch mit dem Zug.

Bilder: Textautorin

Dong kippt Kraftwerksbauvorhaben – aber nicht in Lubmin

Der dänische Energiekonzern Dong Energy verzichtet auf den Bau eines Kohlekraftwerkes in Emden sowie einer geplanten Anlage in Schottland. Damit plant das Unternehmen nur noch in Lubmin den Bau eines Kohlekraftwerkes im Ausland. In einem Artikel auf dem Online-Portal www.wir-klimaretter.de heißt es dazu:

“Jetzt wird offenbar umgedacht in Dongs Chefetagen: Bis 2040 sollen die Kohlendioxid-Emissionen pro produzierter Kilowattstunde deutlich gesenkt werden, sagt am Montag Dong-Chef Anders Eltrup in der dänischen Presse. Das Unternehmen werde sich hauptsächtich auf Windenergie, Biomasse und Biogas konzentrieren. „Wenn wir langfristig noch weiter auf Kohle setzen, dann nur mit CCS“, sagt Eldrup.”

Derzeit wartet das Unternehmen auf die Baugenehmigung. Die Prognosen, wie wahrscheinlich die Erteilung  einer solchen Genehmigung ist, sind abhängig vom Standpunkt ihrer Urheber sehr unterschiedlich.

dongenergy-kraftwerke-greifswald-lubmin-screenshot

Computersimulation des Bauvorhabens

An dem Kraftwerksbauvorhaben in Lubmin hält das dänische Unternehmen aber  weiterhin fest, berichten Narichtenagenturen. Im Online-Portal der Ostsee-Zeitung heißt es zu dem Thema:

“Der dänische Energiekonzern Dong Energy […] hält aber an seinem Vorhaben zum Bau eines 1600-Megawatt-Kraftwerks in Lubmin (Ostvorpommern) weiter fest. «Wir rechnen im Laufe des Jahres 2010 mit einer Genehmigung», sagte Projektleiter Peter Gedbjerg am Montag.Die Absage der Pläne für Emden habe keine Auswirkungen auf das Lubminer Projekt. Als Hauptgrund für den Rückzug aus Emden nannte das Unternehmen die Wirtschafts- und Finanzkrise.”

Ein Grund, an dem Kraftwerksbau in Lubmin festzuhalten, ist möglicherweise auch, dort die CCS-Technologie zu erproben und weiter zu verkaufen.

Bild: Dong Energy

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag des Blogs “daburna”.