Mit dem Matatu durch Kenia

Staubig. Wenn ich mit nur einem Adjektiv beschreiben müsste, wie Kenia so ist, würde ich nicht lange nachdenken und staubig wählen, auch wenn ein Wort alleine nie ein Land beschreiben kann. In Kenia gibt es den Staub in mindestens zwei verschiedenen Farben. Im fruchtbaren Hochland dominiert rot. In der Savanne grau. Wenn es regnet, wird der Staub innerhalb von Minuten klebrig und rutschig. Unter den Schuhen sammelt sich dann zentimeterdick der Matsch. Ansonsten ziehen sich schon nach wenigen Tagen ohne Regen große Trockenrisse durch den Boden. Schnell ist der Staub überall. In den Lungen, auf der Haut, an allen Kleidungsstücken.

13th World Scout Moot Kenia

Eröffnungsfeier des 13th World Scout Moot

Wenn man von Afrika redet, ist damit meist Subsahara-Afrika gemeint. Wenige Menschen haben hiermit positive Assoziationen. Zu viele Bilder und Berichte von Bürgerkriegen, Elend, Hungersnöten, Armut, Korruption und Gewalt sind aus dieser Region per Nachrichten in unsere gemütlichen Wohnzimmer transportiert worden. Auf der anderen Seite wurde uns immer wieder die großartige Schönheit der Natur und die einfache Lebensweise der Stämme gezeigt. Erzählt man dann seinen Freunden oder der Familie von einem bevorstehenden Aufenthalt in Kenia, dann wird man mit diesen Vorurteilen und geschürten Ängsten konfrontiert. „Was hat dich denn geritten, so ein Wagnis einzugehen?“ Der Grund für meinen Aufenthalt in Kenia war ein Zeltlager und sicher etwas Abenteuerlust. Außerdem fand ich, dass Backpacking die beste Möglichkeit bot, Kenia zu erkunden.

Vom 27. Juli bis 7. August 2010 fand mit dem 13th World Scout Moot in Kenia das erste internationale Großevent für Jugendliche auf dem afrikanischen Kontinent statt. Ungefähr alle vier Jahre findet diese Veranstaltung der Weltpfadfinderorganisation WOSM an einem anderen Ort der Erde statt. Das letzte Moot fand 2004 in Taiwan statt. Nach Kenia kamen dieses Jahr circa 1.800 Menschen aus 67 Ländern.

Wir waren mit 55 deutschen Teilnehmenden vor Ort, von denen ich die 21 Teilnehmenden meines Verbandes, dem Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP) e.V., betreute und die komplette Teilnahme organisierte. Das beinhaltete die Vorbereitung, ein Vortreffen, Absprachen mit den anderen beiden deutschen Subkontingenten und in der Gruppe der deutschsprachigen Kontingente, Kommunikation mit den Ausrichtern und Teilnehmenden, Planung der An-/Abreise, und dann auf dem Moot die täglichen Besprechungen aller Kontingentsleitungen. Also sehr viel Aufwand. Erst nach dem Moot begann für mich der entspanntere Teil meines Keniaurlaubs ohne viel Verantwortung und Arbeit.

Maschinengewehre trennen Reichtum und Armut

13th World Scout Moot Kenia

Internationaler Nachmittag auf dem 13th World Scout Moot

In international gemischten Gruppen zu je 10 Personen verbrachten die Teilnehmenden die 12 Tage des Zeltlagers. Junge Menschen von allen Kontinenten der Erde, verbunden durch die Idee der vor kurzem 100 gewordenen Pfadfinderbewegung. Das war schon eine ganz besondere Erfahrung, fast zwei Wochen mit so verschiedenen Menschen die meiste Zeit zusammen zu verbringen und ihre Kultur zu erleben. Orte und Zeit gab es dafür reichlich, zum Beispiel beim gemeinsamen Zubereiten und Kochen des Abendessens. Dabei prallten oft Welten aufeinander. Während die Teilnehmenden aus reicheren Ländern das Fleisch akribisch von Knochen, Sehnen und Fett trennten, kochten sich viele Teilnehmenden aus Kenia und anderen afrikanischen Ländern aus genau diesen Zutaten ihre Mahlzeit. Viel krasser war allerdings der Zusammenstoß zwischen den Welten am Beispiel des zentralen Zeltplatz und der direkten Nachbarschaft.

Der Zeltplatz lag nämlich am Rande Nairobis. Genau 300 Meter neben dem zweitgrößten Slum Afrikas, Kibera. Ein kleiner Streifen Wald, ein Zaun und mit Maschinengewehren bewaffnete Sicherheitskräfte trennten den Platz vom Elend. Geschätzte 1.000.000 Menschen leben hier in ärmlichsten Verhältnissen und auf der anderen Seite des Zauns, campierten die „reichen“ Eliten und warfen überflüssige Lebensmittel einfach weg.

Kibera

Blick über die Wellblechdächer von Kibera

Kibera wurde auch als ein Ursprung potenzieller Bedrohung für uns angesehen. Als am 4. August das kenianische Wahlvolk über eine neue Verfassung abstimmte, wurden die Sicherheitsvorkehrungen drastisch erhöht und keiner durfte den Lagerplatz verlassen. Bei der Präsidentenwahl Ende 2007 gab es bis März 2008 Ausschreitungen auf Grund von Wahlbetrug und ethnischen Spannungen. Dabei kamen mindestens 1.500 Menschen um. Zwar verteilten sich die Ausschreitungen über das ganze Land, doch in Kibera lag ein Schwerpunkt. Zum Glück war das Votum für die neue Verfassung eindeutig und es kam zu keinem Zwischenfall. Trotzdem war besonders an diesem Tag die Stimmung im Camp etwas angespannt.

Ansonsten war das Verhältnis zu den Menschen in Kibera gut. Einige der Teilnehmenden führten soziale Projekte durch und gingen beispielsweise an Schulen und betätigten sich dort handwerklich. Allerdings waren manche dieser „Community Services“ genannten Programmpunkte recht schlecht organisiert, so gab es z.B. für 50 Personen nur drei Pinsel zum Streichen der Wände. „Hakuna Matata?“ Na ja, von wegen kein Problem. Diese organisatorischen Lücken wurden dann aber schnell durch die Spontaneität der Teilnehmenden gefüllt.

Workshops über Frieden, Gender, Umweltschutz und Gesundheit

Neben dem Community Services gab es noch andere zentrale Programmpunkte. Im „Global Development Village“ wurden Workshops zu den Oberthemen Frieden, Gender, Umweltschutz und Gesundheit durchgeführt. Zu Beginn des Moots wurden die Teilnehmenden drei Tage lang in drei verschiedenen „Expedition Centers“ aufgeteilt, um das Land besser kennenzulernen. Das schweißte sowohl die Subcamps als auch die Kleingruppen zusammen.

Matatu Busstation

Matatu Busstation in Naivasha

Nach dem Moot begann dann der individuelle Teil des Urlaubs. 10 Tage waren wir nur zu sechst unterwegs und bewegten uns wie die Einheimischen per öffentlichen Kleinbussen, den Matatus von einer Stadt zu anderen. Teilweise zählte unser Matatu 23 Insassen, davon der Fahrer, der „Schaffner“ (steht an der Tür und treibt den Fahrpreis ein), drei kleine Kinder, die auf dem Schoss ihrer Mutter saßen, sowie uns sechs Mzungus (=weißer Mann auf Swahili) inklusive Gepäck. Sitzplätze hatte der Minibus allerdings nur 13.

Als Unterkünfte nutzten wir unsere Zelte auf Campingplätzen oder billige Hotelzimmer, in denen man teilweise die ganze Nacht durch von der Band nebenan wach gehalten wurde. Überhaupt lief ständig und überall laut Musik. Shakiras WM-Song „Waka Waka This time for Africa“ hat sich zu einem ganz speziellen Sommerhit für die Kenianer entwickelt. Sobald irgendwo Musik lief, war auch Shakiras Ode an Afrika dabei. Ansonsten lief viel Reggae, Dancehall und etwas Rap. Teilweise stand ein DJ an der Straße vor einem Geschäft und legte dort live auf.

Vogelparadies und schnaubende Flusspferde

Natronsee Lake Elmenteita

Natronsee Lake Elmenteita im Rift Valley

Unsere Nachtour hatte zwei Schwerpunkte, das Rift Valley als Teil des Großen Afrikanischen Grabenbruchs mit erloschenen Vulkanen, Natronseen und hunderten verschiedener Vogelarten und als zweites die Masai Mara, das bekannteste Wildschutzgebiet Kenias. Größere Stationen waren durchwegs Städte, die mit „n“ begannen: Naivasha, Nyanhururu, Nakuru, Narok und Nairobi.

Am Lake Naivasha hatten wir eine nächtliche unheimliche Begegnung mit Flusspferden. Zwei besonders verrückte aus meiner Gruppe meinten, Hippos wären gar nicht so gefährlich wie ihr Ruf und die Warnungen vor ihnen. Als sie dann aber im Dunkeln das wütende Schnauben eines Flusspferdes hörten, liefen sie doch ziemlich schnell. Immerhin sollen die Dickhäuter für die meisten Todesfälle durch Wildtiere in Afrika verantwortlich sein.

Besonders unheimlich empfand ich es, an einer zentralen Busstation aus dem Matatu auszusteigen und von Klebestoff schnüffelnden Kindern umgeben zu sein. Ein Mzungu erregt aber in Kenia überall Aufsehen und wird anstrengend umworben, doch irgendein Produkt zu erwerben.

20°C im Winter

Masai Mara

Gnus in der Masai Mara

Nur soviel zum Wetter: es war Winter. Das hiess, im 1.650 Meter hochgelegenen Nairobi war es tagsüber etwas über 20°C warm und nachts mit um die 10°C sehr kalt. Die ersten Nächte gab es leichte Niederschläge. In meinem „Expedition Center“ am Mt. Kenya nahe Nyeri war es auch bis in den späten vormittag nass-kühl. Wenn dann aber die Sonne durch die Wolken brach, wurde es schlagartig heiß. Das Rift Valley und die Masai Mara dagegen entsprachen schon den klimatischen Vorstellungen von Afrika. Dort war es um die 25°C und fast immer trocken.

Die Masai Mara ist wohl die bekannteste Region Kenias. Im TV ist sie immer wieder zu sehen, wenn es um die Gnuwanderung aus der Serengeti in Tansania nach Norden geht. Über 1,4 Millionen Gnus, hunderttausende Zebras, Antilopen, Gazellen und in deren Gefolge Löwen, Geparden, Leoparden, Hyänen und andere Raubtiere ziehen Ende Juli/Anfang August über den Fluss Mara nach Kenia, um dort in der dann fruchtbaren Savanne zu leben. Ab Oktober geht es wieder zurück nach Süden. Diese weltweit größte Säugetierwanderung an Land ist ein Schauspiel sondergleichen. Jährlich lockt es tausende Touristen an und ist damit einer der größten Devisenbringer der kenianischen Tourismuswirtschaft. Auch wir folgten dem Ruf der Wildnis und verfielen dann dem Zauber, als wir dort zwei Tage unserer Nachtour auf Safari waren.

Überwältigende Tierwelt

Löwin in der Masai Mara

Löwin in der Masai Mara

So viele Tiere, vor allem so viele Säugetiere, gibt es sonst nur selten zu sehen. Es ist einfach überwältigend, wenn man in das „Game Reserve“ reinfährt und nach wenigen Minuten die ersten gigantischen Gnuherden sieht. Abgenagte Kadaver zeigten deutliche Spuren der nächtlichen Jagd der Raubkatzen. Hier erfüllte Kenia das Klischee von Afrika, wie es uns „Jenseits von Afrika“ oder etliche Tierdokus im TV eingetrichtert haben. An einigen Stellen im Park sammelten sich die Safariautos. Dort gab es dann immer etwas besonderes zu sehen. Meistens vollgefressene Löwen beim Schlafen.

Als ich am letzten Tag der Reise im Safaribus auf der Straße Richtung Nairobi saß, wirbelte dieser auf der unasphaltierten Piste viel Staub auf. Durch das offene Fenster war sowohl mein T-Shirt als auch mein Arm ganz rot-braun geworden. Auch das spätere mehrfache Waschen zu Hause in Greifswald brachte keinen Erfolg. Das T-Shirt bleibt weiterhin staubig. Ein Teil von Afrika klebt für immer an mir.

Fotos: Oliver Wunder // Mehr Fotos gibt es auf dem privaten Blog des Autoren.

Das Magazin am Freitag

Endlich Wochenende! Wollt ihr erfahren, was heute Abend und am Wochenende los ist? In den Veranstaltungstipps erzählt euch Anne Wiegel, was ihr nicht verpassen solltet. In den Spotlights hört ihr wie immer die wichtigsten Geschehnisse des Tages aus Greifswald und Umgebung. Außerdem hat Stefanie Holke einen Bericht zur Rathausaffäre in Greifswald für euch und Laura Bladt erzählt euch etwas über das Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems und seine Bedeutung für die Forschung.

Nicht zu vergessen: natürlich spielen wir auch wieder viel Musik abseits des Maistreams für euch.

Also nicht verpassen! Ab 19 Uhr das Radio auf die Frequenz 98,1 einstellen oder den Computer einschalten und Livestream über www.98eins.de hören.

Institut auf Abstellgleis

Eine Reportage von Marco Wagner und Christine Fratzke

Aufs Abstellgleis geschickt: Das Historische Institut

Eine alte, arg ramponierte Pflasterstraße. Links das ehemalige Institut für Organische Chemie. Es ist abgesperrt. Nicht nur, weil es baufällig ist; das Gebäude und der Boden sind durch Chemikalien verseucht. Die umliegenden Gebäude stehen einsam und verlassen hinter der Fleischerwiese. Im Botanischen Garten, gleich gegenüber der Alten Chemie, wird ein neues Gewächshaus gebaut.

Überhaupt ist das ganze Areal von Tristesse geprägt. Ein Ort, der Regisseure zum Drehen von Horrorfilmen und Weltuntergangsszenarien animiert. Der Putz bröckelt von den Wänden eines langgestreckten Flachbaus ab. Bunte Aufkleber an den Fenstern. Überall wuchert wild und ungestüm das Gras. Mittendrin wachsen irgendwo, irgendwie Bäume. Manche Studentinnen haben Angst, im Dunkeln diesen Ort zu betreten. Viel zu unheimlich ist es dort, wo in diesen Tagen das Historische Institut zwangsverlagert wird. Die neuen Schilder und Wegweiser zu den neuen Institutsräumen sind bereits aufgestellt, die Gebäude immer noch die gleichen. Immer noch im selben Zustand. Seit Jahren nichts mehr renoviert. Seit Jahren verlassen. Und nun kommt unerwartet neues Leben in diesen Geistercampus.

Unmut und gedrückte Stimmung

Die Stimmung ist gedrückt bis gereizt unter Mitarbeitern und Studierenden. Eigentlich hätte das Institut in der Domstraße 9a bereits Mitte der 90iger Jahre saniert werden sollen. So hört man es zumindest. Jedes Jahr wurde gebaut, gemalert, gestrichen, der Putz erneuert, Bibliotheksbestände erweitert. Plötzlich kam die Decke runter. Zuerst im Dachgeschoss. Dann gleich zwei Mal in der Institutsbibliothek. Statiker wurden heran gezogen. Das nüchterne Urteil: Das Gebäude ist stark baufällig, darf nicht mehr betreten werden. Wutentbrannt räumen Dozenten ihre Büros aus.“Ich muss jetzt ein wenig improvisieren, da ich aus meinem Büro ausgesperrt wurde“, erklären nicht wenige Dozentinnen und Dozenten während eines Seminars ihren Studierenden. Viele Hauarbeiten und Klausuren können deshalb auch nicht korrigiert werden. Schließlich liegen diese noch in der Domstraße.

Der Handapparat wurde in das erste Obergeschoss der Universitätsbibliothek ausgelagert. Das Institut in die Wildnis. Irgendwo in der Soldmannstraße, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen und der Hund begraben wird. Wo man im Dunkeln nicht gerne alleine unterwegs ist. Die neuen Büroräume sollen Badewannen haben, wird gesagt. Schließlich handelt es sich hierbei um zu Büroräumen umgebaute Einbettzimmer der Kinderklinik. Dementsprechend ziert auch die eine oder andere Bürotür eines Universitätsprofessors Donald Duck, oder Mickey Mouse. An den Fenstern der Seminarräume klebt noch Winnie Pooh, der pummelige gelbe Teddybär, der immer nur an Honig denkt. Oder Ferkel, das kleine Schweinchen der selben Trickfilmserie. Und neben dem Schild von Professor Horst Wernicke, Lehrstuhlinhaber für Mittelalterliche Geschichte und Hansegeschichte, ist ein rosa Elefant, der offenbar friedlich schläft, zu sehen.

Hier ist auch ein Seminarraum: Die leer stehende Poliklinik

Die Flure riechen immer noch, wie sie vor Jahren schon rochen. Nach Krankenhaus. In diese alten, grauen, längst vergessenen Gebäude jenseits der Eisenbahn, irgendwo im Nirgendwo zwischen Fleischerwiese und Grimmer Landstraße. Hier wird mal ein Seminarraum reaktiviert, dort ein Hörsaal. Ansonsten herrscht gespenstische Leere auf dem Gelände des neuen historischen Instituts. Irgendwo ein paar Fahrräder von Studierenden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, in der Ferne bellt ein Hund, ein Bagger schlägt Lärm. In unmittelbarer Nähe die psychatrische Klinik der Universität. In der Universitätspoliklinik ist auch ein Seminarraum untergebracht. Fast alle Flure sind verschlossen. Man läuft nur durch Leere. Nichts Lebendiges, nichts, was an den wissenschaftlichen Betrieb erinnert, den es in der Domstraße gab. Als noch gemalert und gestrichen wurde. Als es so aussah, als sei in den vergangenen Jahren renoviert worden. Doch scheinbar wurde nur der Verfall übermalt und überputzt.

Hilflosigkeit

Dazu sind die Studenten und Studentinnen oft ein wenig hilflos, wissen nicht, wo nun beispielsweise der Seminarraum 046 sein soll. „Da gehen Sie hinten rum, dann rein, dann nach oben, dann nach rechts, da isses schon“, erklären die Mechaniker, die an den Schlössern der Türen arbeiteten. Manche Kommilitonen sehen verzweifelt aus. Greifen zum Handy, fragen andere Studenten. „Wo ist denn hier die Fachdidaktik?“, fragte eine Geschichtsstudentin verzweifelt. Schulter zucken von den anderen, wobei die Hilfsbereitschaft unter den Geschichtsstudierenden groß ist.

Auch besteht starke Verwechslungsgefahr: Kinderklinik, Augenklinik, Frauenklinik. Drei Namen an drei Standorten, aber ein ähnlicher Name. „Ich muss noch auf Anne warten, die ist gerade in der Augenklinik“, sagt eine Geschichtsstudentin, die gerade herausgefunden hat, dass ihre Vorlesung in der Frauenklinik stattfinden wird. Der Hörsaal, den sie dort vorfindet, ist zugegeben gewöhnungsbedürftig. Weiße Fliesen, alte Holzverkleidungen und -sitze, in der Mitte steht der Dozent, rechts und links sind die Vorlesungsreihen. Ein staubiger Polylux steht in der Mitte, einen Beamer gibt es nicht. Die Akustik ist schlecht, jedes Geräusch hallt drei Mal wieder. So ist es schwierig für die Studierenden, der Vorlesung konzentriert zu lauschen. Selbst in den ersten Reihen versteht man den Lehrenden kaum, eine Mikrofonanlage fehlt.

Jenseits der strahlenden Gebäude am Bertold-Beitz-Platz, jenseits von einer der modernsten Universitätskliniken Deutschlands, jenseits des Campus, den Bildungsminister Tesch fortwährend besucht, um neue Fördermittelbescheide zu überreichen, gibt es noch eine andere Universität. Eine Universität, in der nur vier Menschen die Treppe betreten dürfen, weil sie einsturzgefährdet ist. Eine Universität in der den Wissenschaftlern die Decke auf den Kopf fällt. Das Gebäude des Historischen Instituts sieht dabei noch bei weitem nicht so baufällig aus, wie einige in der Bahnhofstraße, Gebäude des Botanischen Instituts oder der Anglistik. Ein Campus, der fast vergessen ist und den der Bildungsminister nur dann aufsucht, wenn er es wirklich muss: Ein paar Mal innerhalb von zehn Jahren, um mit dem Rektorat über die neuen Zielvereinbarungen zu verhandeln. Während man traditionsbewusst den Patron der Universität beibehält, wird ein Großteil denkmalgeschützter Gebäude dem Verfall Preis gegeben. Wissenschaftler und Studierenden ihres Instituts, ihrer Forschungseinrichtung beraubt.

Fotos: Marco Wagner

Das Magazin am Donnerstag, den 14.10

Hallo liebe Hörer!

Heute erwartet euch im Magazin um 19 Uhr wieder so Einiges: Es gibt einen Bericht über das Studententheater StuThe. In unserer Rubrik „Ich hab da mal ’ne Frage“ geht es um das Handy und Explosionen. Dann haben wir wie immer Veranstaltungstipps und die Spotlights im Programm. Als Moderatorin ist Mandy Markwordt für euch hinter dem Mikro. Und als Highlight: Es gibt noch 4 mal 2 Kinokarten für „social network“ am Sonntag um 20 Uhr zu gewinnen.

Also schaltet rein!

Franz Müntefering in Anklam über Engagement, Niederlagen und Sarrazin

Ein Bericht von Martin Hackbarth

17.45 Uhr. Ein Zug passiert den Anklamer Hauptbahnhof. Einige wenige steigen aus, darunter auch ein älterer Herr im grauen Mantel und mit schwarzer Tasche. Er sieht sich um und lässt sich von einer kleinen Gruppe begrüßen, welche ihn zum Veranstaltungsort bringen soll. Es handelt sich bei ihm um Franz Müntefering, den ehemaligen Bundesvorsitzenden der SPD. Er ist wohl der bekannteste Politiker, der in den letzten Jahren in der Hansestadt an der Peene zu Besuch war. Grund seines Besuches war eine vom SPD Ortsverein organisierte Veranstaltung „Warum sich politisch engagieren?“ 50 Personen, welche nicht nur aus Anklam kamen, sondern auch aus näherer Umgebung, nahmen dies zum Anlass, um daran teilzunehmen. Für Müntefering selbst ist es eine recht kleine Veranstaltung, aber für Anklamer Verhältnisse hingegen ein Erfolg.

Demokratie lebt von der Mitgestaltung vieler

Franz Müntefering in Anklam. SPD-Mitglied und Theologiestudent Christopher Denda war auch dabei.

Die Veranstaltung begann: Müntefering referierte etwa eine halbe Stunde darüber, weshalb man sich politisch engagieren soll, warum er es damals tat und was er in seiner politischen Laufbahn erlebt hatte. Dabei war Müntefering weitestgehend neutral und riet zum allgemeinen politischen Engagement in demokratischen Parteien auf. „Es ist wichtig, dass sich Menschen politisch engagieren und sich für andere einsetzen“, sagte er. „Denn“, erläuterte der SPD-Politiker weiter, „eine Demokratie lebt von der Mitgestaltung vieler und nicht vom Diktieren einiger weniger.“

Man solle sich nicht von der politischen Arbeit abschrecken lassen und darf auch gerne mal anecken, denn „ wer zu 100 Prozent hinter einer Partei steht, ist nicht ganz dicht“, fuhr Müntefering fort. Darüber hinaus sollte man auch keine Angst vor dem Streiten innerhalb einer Partei, sowie mit anderen Parteien haben. Der 70-jährige Bundestagsabgeordnete erklärte: „In der Politik muss man sich streiten, aber danach noch ein Bier miteinander trinken können.“ Dies sei sehr wichtig, um Privates von Politik trennen zu können. Denen an Politik interessierten Anwesenden riet das SPD-Mitglied sich den Satz „Ein Sieg dauert seine Zeit, Niederlagen hingegen kommen viele“ einzuprägen.

Über die sozialen Sicherungssysteme

Dem Referat schloss sich eine etwa einstündige Debatte an. Während dieser wurde kurz über Thilo Sarrazin, Hartz IV, ehrenamtlichen Engagement und Bürgerinitiativen gesprochen. Zu Sarrazin selbst äußerte sich Müntefering nur dahingehend, dass er eine spätere Auflage des Buchs las und nun das unabhängige Schiedsgericht über die Zukunft entscheiden solle. Hartz IV wurde vor den anwesenden Bürgerinnen und Bürger verteidigt, aber unter dem Eingeständnis, dass sich einiges verbessern müsse. Er beobachtet auch mit Bedauern, wie sich die Politik derzeit verändert. Die sozialen Sicherungssysteme „dürfen wir uns von den FDP-isten nicht kaputt machen lassen“, so der ehemalige SPD-Vorsitzende zur aktuellen Lage. Zum ehrenamtlichen Engagement, Bürgerinitiativen und mehr Volksbefragungen auf Bundesebene äußerte sich Müntefering positiv. Er begrüßte, dass es immer wieder Menschen gibt, die sich für andere einsetzen.

Foto: Stefan Damm

Spannende Kämpfe, voller Körpereinsatz: Das internationale Fußball- und Volleyballturnier

Beim internationalen Volleyball- und Fußballturnier wurde voller Körpereinsatz gezeigt.

„Es hat Spaß gemacht und ist ganz gut gelaufen“, resümiert Valeria Kupreeva, Referentin für Studierendenaustausch und ausländische Studierende das unter ihrer Federführung organisierte internationale Volley- und Fußballturnier. Von 16 bis 20 Uhr lieferten sich 15 Volleyball-Teams und zwölf Fußballmannschaften in ausgelassener Stimmung faire Wettkämpfe.

Das AStA-Team konnte dieses mal nicht punkten. „Wir sind die Sieger der Herzen“, meinte AStA-Referentin und Spielerin des AStA-Teams Corinna Kreutzmann mit Hinblick auf den Spielerfolg. Insgesamt zeigten alle Mannschaften vollen Körpereinsatz. Besonders hartnäckig und mit viel Herzblut kämpften die Mannschaften Jerusalem und Lacio Koma beim Fußball-Halbfinale. Als Sieger stand am Ende des Spiels Lacio Koma im Finale und musste gegen die Egographen antreten. Die Spiele um den dritten und vierten Platz, bei denen Jerusalem gegen Dancen & Partner gegeneinander antraten sowie die Spiele um das Finale zwischen den Egographen und Lacio Koma mussten ab 19 Uhr in die Turnhalle verlegt werden. Draußen war es bereits zu dunkel.

Zwischen den Egographen und Lacio Koma stand es am Ende des abwechslungsreichen und schnellen Spiels 3:3. Beim „Elfmeterschießen“ konnte sich Lacio Koma durchsetzen. Beide Mannschaften sind keine unbeschriebenen Blätter. Lacio Koma belegte in der Uniliga den ersten, die Egographen den vierten Platz. Dancen & Partner setzte sich im „kleinen Finale“ gegen Jerusalem durch und belegte den dritten Platz. Für die Verpflegung und Stärkung zwischen den Spielen sorgte der Studentenclub Kiste vor der Sporthalle mit einem Grillstand.

Etwa 15 bis 20 Zuschauer verfolgten die Wettkämpfe. Um 22 Uhr fand die Siegerehrung im Studentenclub Kiste statt. Beim Volleyballturnier belegten die Teams Sophie (1. Platz), Team 1 (2. Platz) und Die Sechs (3. Platz) die vordersten Plätze. Für den Sieger des jeweiligen Turniers gab es eine Fahrt nach Hiddensee am Sonntag, die zweitplatzierte Mannschaft erhielt einen Gutschein in Höhe von 25 Euro in der Domburg. Für den Drittplazierten gab es einen Cinestar-Gutschein in Höhe von 25 Euro.

Fotos: Marco Wagner