Adventskalender Fensterchen No. 23: Ochse und Esel

Adventskalender Fensterchen No. 23: Ochse und Esel

Weihnachtszeit ist Vorfreude und Geheimnistuerei, Nächstenliebe und Besinnung. Sie duftet nach heißem Glühwein, frisch gebackenen Keksen und mühsam gepellten Mandarinen. Der Dezember lebt von kleinen Aufmerksamkeiten und Traditionen, wie den Adventssonntagen mit der Familie, dem mit Süßigkeiten gefüllten Schuh am Nikolausmorgen und dem täglichen Öffnen des Adventskalenders. Weißt du noch, wie du jeden Tag vor Weihnachten aufgeregt aufgestanden bist, um vorfreudig zu deinem Schokoadventskalender zu tappen? Die moritz.medien verstecken das Weihnachtsgefühl hinter 24 Fenstern. Im heutigen Fenster: Ochse und Esel.

Seit heute bin ich stolzer Besitzer einer Katze. Oder zumindest darf ich für eine Woche auf sie aufpassen und ganz so stolz bin ich dann tatsächlich auch nicht. Immerhin sind die Katze und ich uns noch nicht so richtig grün oder zumindest scheint sie mehr Gefallen an den Bändern meines Rucksacks zu finden als an mir. Also sitze ich erst einmal hier auf dem Boden und beobachte die Katze genauso skeptisch wie sie mich über den Rand meines Laptops hinweg.

Ich denke über das unergründliche Verhalten von Tieren nach. Wie ausdruckslos ihre Gesichter manchmal zu sein scheinen, obwohl doch so viel in ihren Köpfen vor sich geht. Katze ist da genauso. Katze hat keine Emotionen in ihrem Gesicht, keine Worte für mich, Katze hat nicht einmal einen Namen. Das Argument ihrer Besitzer: Sie ist so ein eigenständiges Wesen. Warum sollten wir ihr also einen Namen geben? Weil doch jedes Tier einen Namen hat, in Filmen, Serien, Büchern, und wenn man es nach seinem Lieblingskochrezept benennt. Tiere haben Namen zu haben. Oder?

Wie hießen eigentlich Ochs und Esel? Und wieso heißen sie Ochs und Esel und nicht Esel und Ochs? Zumindest heißen sie so auf ihrer Wikipedia-Seite, die sie sich teilen. So wie ihren Platz an der Seite vom Jesuskind. Also praktisch nur Sidekicks in der Fantasy-Rom-Com Geburtstagsfeier. Wie Rosenkranz und Güldenstern. Vielleicht sind sie also doch nicht so eigenständig wie die Katze und verdienen gar keinen Namen. Oder dann erst Recht?

Katze kommt auf mich zu und stupst mir mit der Schnauze gegen den Oberschenkel, bevor sie mich zwei Mal umkreist und dann wieder in sicherem Abstand von mir Platz nimmt. Ich scheine auf der richtigen Spur zu sein.

Zwar ergänzt mein Handy die Suchfrage „Wie heißen Ochs und“ automatisch mit „Esel“, aber wirklich fündig werde ich bei der Recherche nicht. Scheint sich noch niemand gefragt zu haben. Dafür klingt der Artikel „Woher kommen Ochs und Esel?“ ganz spannend, denn das habe ich mich vorher noch gar nicht gefragt: Sind sie schon in dem Stall geboren oder erst dort hingezogen? Kommen sie aus Bethlehem oder mussten sie auch für die Volkszählung anreisen (und haben ebenfalls kein freies Hotelzimmer mehr bekommen)? Sind Ochs und Esel eigentlich zusammen?

Der Artikel gibt mir darauf keine Antworten. Oder vielleicht doch, nur indirekt. Denn irgendwie kommen Ochs und Esel weder aus Betlehem, noch wurden sie aus den Hotels der Stadt gekickt, aber ein Paar sind sie in gewisser Weise schon. Die beiden sind nämlich gar kein Teil von Jesu’ biblischer Geburtstagsparty. Aber sie sind gemeinsam (und erst lange nach Jesu’ Geburt) ein Teil davon geworden.

Aus dem finalen Stück rausgestrichen und doch immer dabei

Ihren ersten Cameo haben Ochs und Esel bereits im Alten Testament. Hier werden sie gemeinsam in einem Vers im Buch Jesaja erwähnt: „Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat keine Erkenntnis, mein Volk hat keine Einsicht“ (sogar die Krippe wird hier schon mal genamedropped … sneaky). Ochs und Esel fühlen also beide die Zugehörigkeit zu ihrem Besitzer oder Herrn. Und Jesus wird als Herr der Menschen oder zumindest der christlichen Menschen angesehen, während sein Vater Gott quasi Besitzer der Menschen ist. Um zu zeigen, dass Jesus eine besondere Bedeutung für die Menschheit hat und selbst als Kind schon die Rolle ihres Herrn einnimmt, wurden später also Ochs und Esel davor gesetzt. Macht Sinn.

So einfach ist es dann aber doch nicht. Denn die beiden Tiere werden zwar in den vier Evangelien nicht erwähnt, die heute das Neue Testament der Bibel ausmachen. Das heißt aber nicht, dass es sie in biblischen Texten nicht gibt. Tatsächlich kommen sie nämlich im sogenannten Pseudo-Matthäus-Evangelium vor, einem der apokryphen Texte, also jenen, die aus inhaltlichen Gründen oder einfach aus Platzmangel nicht in die fertige Bibel mitaufgenommen wurden. Hier wird auch Jesu’ Kindheit näher betrachtet und auch Ochs und Esel werden als Deko an seiner Krippe genannt. Im Mittelalter kannte man die apokryphen Texte noch, man nutzte sie als Grundlage für lyrische Texte und führte Mysterienspiele auf, die an ihnen orientiert waren. Sie machten sich nämlich hervorragend als be­liebte Statisten – dem gemeinen Volk waren sie bekannt genug, um einen Hauch von Alltag in die Krippenszene zu bringen und Buchnerds, die das Alte Testament schätzten, freuten sich über das Comeback der alten Stars aus Jesaja.

Aber auch das scheint als Antwort auf die Frage, wer Ochs und Esel überhaupt sind, nicht zu genü­gen. Denn andere Quellen sehen neben ihrer Popularität als alttestamentarische recurring characters aus dem einfachen Volk vielmehr eine symbolische Bedeutung der beiden. Manche halten sie für eine Mahnung, da ja auch der kurze Auftritt im Alten Testament als Kritik am Volk Israel verpackt wurde, dass diese ihren Gott nicht mehr erkennen konnten oder wollten. Franz von Assisi (ein wahrer Theaterliebhaber – er war der Erste, der zu Weihnachten ein Krippenspiel veranstalten ließ) wollte damals das gemeine Volk als Darsteller für seine Aufführung haben. Um die Schlichtheit der Krippenszene noch weiter zu verdeutlichen, forderte er die Menschen auf, auch einen Ochsen und einen Esel mitzubringen. Dabei soll ein solcher Wettkampf entstanden sein, dass ein Richter ent­scheiden musste, welcher Ochse und welcher Esel denn jetzt auftreten dürfe. Zum großen finalen Song des Stückes sollen übrigens auch Ochse und Esel (also die, die am Ende die Rolle bekommen haben) in lautstarkes Geschrei eingefallen sein (es ist nicht überliefert, ob ihnen vielleicht einfach die Musik nicht gefallen hat). Wieder andere sehen, beruhend auf dem Jesaja-Text, in dem Ochsen das Volk Israel und in dem Esel die Heiden. So könnte man sogar sagen, Jesus vereinigt alle Völker, unabhängig vom Glauben, vor seiner Krippe.

Katze ist mittlerweile eingeschlafen. Sie hat sich noch von mir den Bauch kraulen lassen und dabei genüsslich geschnurrt. Ich glaube, das mit der Freundschaft wird langsam. Eine Woche und sie wird der Ochse zu meinem Esel sein. Oder anders herum. Aber spielt das überhaupt eine Rolle? Egal, welche Interpretation man sich anschaut, um eines geht es dabei in allen: Gleichheit. Eine Gleich­heit verschiedener Völker, eine Gleichheit des gemeinen und des besser betuchten Volkes, eine Gleichheit der Menschen und dem Jesuskind, Gott. Und wenn Ochse und Esel eine solch wichtige Funktion erfüllen – welche Bedeutung spielen dabei schon Namen?

Titelbild: Julia Schlichtkrull
Beitragsbild: Alexas_Fotos auf Pixabay

Adventskalender Fensterchen No. 22 Weihnachten vorm Bildschirm – einige Fakten und Gedanken zu Weihnachtsfilmen

Adventskalender Fensterchen No. 22 Weihnachten vorm Bildschirm – einige Fakten und Gedanken zu Weihnachtsfilmen

Weihnachtszeit ist Vorfreude und Geheimnistuerei, Nächstenliebe und Besinnung. Sie duftet nach heißem Glühwein, frisch gebackenen Keksen und mühsam gepellten Mandarinen. Der Dezember lebt von kleinen Aufmerksamkeiten und Traditionen, wie den Adventssonntagen mit der Familie, dem mit Süßigkeiten gefüllten Schuh am Nikolausmorgen und dem täglichen Öffnen des Adventskalenders. Weißt du noch, wie du jeden Tag vor Weihnachten aufgeregt aufgestanden bist, um vorfreudig zu deinem Schokoadventskalender zu tappen? Die moritz.medien verstecken das Weihnachtsgefühl hinter 24 Fenstern. Im heutigen Fenster: einige Fakten und Gedanken zu Weihnachtsfilmen.

Alle Jahre wieder werden die Weihnachtsklassiker geguckt. Aber was wird da eigentlich geguckt und warum? Über wenig Abwechslung und die Trivia zu dem Weihnachten, das auf unseren Bildschirmen flackert.

Weihnachten, das bedeutet schon im Normalfall den exzessiven Konsum von kitschigen Filmen. Jetzt, wo wir ohnehin nur noch zuhause sein sollten, können wir uns jeden einzelnen Film gönnen. Aber welche Filme lohnen sich überhaupt? Eigentlich egal, es laufen schon seit Jahrzehnten immer nur die gleichen. Statista hat dieses Jahr die zehn meistgeguckten Weihnachtsfilme der Deutschen 2018 veröffentlicht. Was sagt diese Ansammlung über uns? Eine neuere Statistik, als die von 2018 gibt es leider nicht und eine kulturelle Stagnation hat es wahrscheinlich auch nicht gegeben. Trotzdem ist diese Liste ziemlich aussagekräftig.

Platz 10 Muppets Weihnachtsgeschichte (1992)

Eine überdrehte Adaption von Charles Dickens’ Weihnachtsklassiker “A Christmas Carol”. Der geizige Geschäftsmann Ebenezer Scrooge, der seinen Mitmenschen das Leben schwer macht, wird von Michael Cane gespielt. Ansonsten sind nur die Rollen von Scrooges Familie und seiner Jugendliebe Belle mit Menschen besetzt. Die anderen Rollen, inklusive der drei Geister der Weihnacht sind Puppen. Kermit stellt Scrooges Angestellten und Miss Piggy natürlich dessen Frau.

Disney fand die Szene, in der sich die Jugendliebe Belle vom jungen Ebenezer trennt, nicht geeignet für Kinder, deswegen wurde sie aus der Kinofassung gekürzt und der Tränenausbruch von der Ratte Rizzo am Ende ergibt keinen Sinn mehr.

Platz 9 Die Geister, die ich rief… (1988)

“Scrooged” (im Original) ist noch eine Charles Dickens Adaption. Dieses Mal ist das Setting komplett ins 20. Jahrhundert verlegt. Ein geld- und machtgieriger Produzent (Bill Murray) quält ein Filmteam, das einen an “A Christmas Carol” angelehnten Werbespot drehen soll, und merkt nicht, dass er keine Freunde hat, bis ihn drei Geister besuchen.

Bill Murray hat mit 6 Millionen Dollar nicht nur eine höhere Gage als Regisseur, Produzenten und die restlichen Darsteller*innen zusammen, er hatte auch einen enormen Einfluss auf Drehbuch und Besetzung. Er sorgte dafür, dass sein enger Freund die Rolle eines der Geister bekam und brachte auch seine drei Brüder unter. Außerdem schrieb er die erste Fassung des Drehbuchs komplett um. Trotzdem improvisierte er die meisten seiner Szenen und machte damit, ironischerweise, seinen Kolleg*innen die Arbeit schwer. Mehr Meta ist eigentlich nicht möglich.

Platz 8 Das Wunder von Manhattan

Hier ist es ein bisschen schwierig, über einen Film zu schreiben, es gibt nämlich zwei. Das Original ist von 1947, mit Nathalie Wood in einer ihrer ersten großen Rollen. Ein Kaufhausweihnachtsmann namens Kris Kringles in New York muss vor Gericht beweisen, dass er der echte Weihnachtsmann ist, um seine Entmündigung und seine Einweisung in die Psychiatrie rückgängig zu machen. Das Remake von 1994, in dem Richard Attenborough Kris Kringles spielt, übersetzt die Geschichte in die 1990er Jahre, behält den grundsätzlichen Plot allerdings bei. Beide Filme zeigen, dass sich die amerikanische Kultur um Weihnachten viele Jahrzehnte kaum verändert hat. Die Kritiken zum Remake sind sich einig, dass es nicht an das Original herankommt, aber trotzdem “süß” sei und die schauspielerischen Leistungen der meisten Hauptdarsteller*innen sehr gut waren.

Platz 7 Tatsächlich… Liebe (2003)

Der erste Film aus dem 21. Jahrhundert, der es in diese Liste geschafft hat. Neun Liebesgeschichten, die meisten im vorweihnachtlichen London, werden in diesem extrem hochkarätig besetzten Episodenfilm miteinander verknüpft. Die Szenen, in denen sich Menschen im Flughafen Heathrow begrüßen, sind übrigens echt. Ein Filmteam hat einen Tag lang Aufnahmen für den Film eingefangen. Auch die Szenen, in denen der 13-jährige Sam (Thomas Brodie-Sangster) durch den Flughafen rennt, um seiner Mitschülerin seine Liebe zu gestehen, wurde im echten Flughafen gedreht. Die restlichen Szenen am Flughafen wurden an einem Set gedreht, dessen Bau der teuerste des ganzen Films war. Brodie-Sangster hat übrigens acht Jahre später noch einen 13-jährigen gespielt – dieses mal in Game of Thrones. Die Hochzeitsszene mit der Überraschungsdarstellung von “All You Need Is Love” wurde übrigens von einer realen Situation inspiriert: Als der Erfinder der Muppets Jim Hensons beerdigt wurde, gaben die Puppenspieler mit den Puppen spontan ein Lied zum besten.

Platz 6 Der Polarexpress (2004)

Der Film, nach einer Buchvorlage, spielt 1955, wo ein Junge, der nicht an den Weihnachtsmann glaubt, in einen magischen Zug einsteigt, und auf dem Weg zum Nordpol, wo er den Weihnachtsmann trifft, mit seinen neuen Freunden und einem Geist in Hobo-Form Abenteuer erlebt. Es gibt im Film zahlreiche Anspielungen auf “A Christmas Carol”.

Es ist der erste Film ist, der komplett in Motion Capture gedreht wurde. Dabei werden Schauspieler*innen real gefilmt und ihre Bewegungen und Mimik auf die animierten Charaktere übertragen. Tom Hanks, ein Lieblingsschauspieler des Regisseurs, spielt gleich sieben Rollen, darunter auch den namenlosen Hauptprotagonisten. Den spielt er allerdings nicht alleine, sondern mithilfe von zwei Kinderdarsteller*innen.

Die ganze Familie versammelt sich vor den Weihnachtsklassikern.

Platz 5 Santa Clause – eine schöne Bescherung (1994)

Der erste Teil einer Weihnachtsfilm-Reihe mit Tim Allen. Der Hauptprotagonist muss, nach dem plötzlichen Tod vom Weihnachtsmann, dessen Rolle übernehmen. Der Originaltitel ist ein Wortspiel mit einer Gesetzesklausel (engl. Clause) und dem Namen des Weihnachtsmanns Santa Claus. Die erste Version für das Drehbuch stand schon 1989, wurde aber in eine weniger düstere Komödie umgeschrieben. Weil der Film im Frühsommer gedreht wurde, mussten bei den Außenaufnahmen künstliche Schneedecken über alles mögliche gelegt werden.

Platz 4 Sissi (1955)

Der erste Film einer Reihe über die österreichische Kaiserin Elisabeth, die Romy Schneider zum Star kürte. Später litt sie allerdings unter dem dadurch entstandenen Image als Heimatfilm-Darstellerin. Ihre Filmmutter, Herzogin Ludovica, wird von Schneiders echter Mutter Magda gespielt. Warum ausgerechnet dieser Film in Deutschland zu den Weihnachtsfilmen gehört, ist umstritten. Weihnachten wird im ganzen Film nicht einmal erwähnt. Erst im zweiten Teil reden Sissis Eltern kurz darüber, dass ihre Tochter an Heiligabend geboren wurde. Besonders historisch korrekt ist dieses Märchen allerdings nicht.

Platz 3 Der kleine Lord (1980)

Ein Film nach einem fast hundert Jahre alten Roman. Der junge Cedric, der mit seiner Mutter in den USA lebt, wird darüber informiert, dass er der Erbe vom Adelstitel seines Großvaters Earl von Dorincourt wird, und soll nun von ihm weiter erzogen werden. Durch die unschuldige Naivität Cedrics blüht der geizige und verbitterte alte Mann, gespielt von Alec Guinnes, auf, schmeißt ein großes Weihnachtsfest für Freund*innen und Verwandte und kümmert sich sogar um seine verarmten Pächter. Der süße Kinderdarsteller Ricky Schroder hat 2020 andere Schlagzeilen gemacht. Er bezahlte anteilig die Kaution für einen 17-jährigen, der bewaffnet zu einer Black-Lives-Matter nach Kenosha gefahren ist und dort zwei Menschen der Bewegung erschossen hat, weil er fand, dass die Untersuchungshaft “das Leben des 17-jährigen zerstören” würde.

Platz 2 Kevin – Allein zu Haus (1990)

Die Großfamilie des namengebenden Hauptprotagonisten will über Weihnachten Urlaub in Frankreich machen, übersehen im Aufbruchschaos aber, dass ein Kind noch schläft und lassen ihn deswegen zurück. Diese Komödie um ein vergessenes Kind, das mit sadistischen Fallen das Haus gegen Einbrecher verteidigt, ist ein klassisches Beispiel dafür, dass auch in kurzer Zeit erfolgreiche Werke geschrieben werden können. Der Drehbuch Autor John Hughes schrieb das Drehbuch in nur zehn Tagen runter. Für die letzten 44 Seiten brauchte er sogar nur noch acht Stunden. Auch in diesem Film gibt es einen Hinweis auf Charles Dickens’ legendäre Geschichte: Der “alte Marley”, den Kevin fälschlicherweise für einen Mörder hält, ist nach Ebenezer Scrooges verstorbenen Geschäftspartner und einzigem Freund Jacob Marley benannt.

Platz 1 Drei Haselnüsse für Aschenbrödel (1973)

Auch diese Märchenverfilmung hat nicht viel mit Weihnachten zu tun und ist trotzdem der beliebteste Weihnachtsfilm der Deutschen. Die Geschichte ist eine fantastische Adaption von Grimms Aschenputtel und der Namensgebenden tschechischen Variante von Božena Němcová. Aschenbrödel wird als Waise von ihrer Stiefmutter und deren Tochter wie eine Magd behandelt, kann sich aber selbstbewusst behaupten und hat viele Freunde, die ihr helfen. Die Heldin trifft ihren Märchenprinzen in dieser ČSSR-/DDR-Koproduktion mehrmals im Tiefschnee und schließlich auf einem Ball, wo sie ihm immer ebenbürtig und selbstbewusst entgegentritt. In der tschechischen Fassung singen Karel Gott als Prinz und Aschenbrödel nebeneinander durch den Schnee reitend “Wo kleiner Vogel ist dein Nest?”, das den Deutschen allerdings zu schmalzig erschien und deswegen durch das Instrumentalthema ersetzt wurde. Das Drehbuch wurde von František Pavlíček verfasst, der namentlich nicht erwähnt werden durfte, weil er nach der Niederschlagung des Prager Frühlings Berufsverbot erhalten hatte. Nur drei Leute wussten Bescheid und wahrten das Geheimnis bis 1989.

Eines scheint deutlich: Ohne Charles Dickens würde das Genre ganz anders aussehen. Durch fast alle Filmklassiker zieht sich das Motiv, dass der Glaube an das Gute im Menschen sich lohnt. Die Aufrichtigen und Direkten erleben am Ende Liebe, wie in Sissi, Drei Haselnüsse für Aschenbrödel und dem Kleinen Lord und erweichen die geizigen und kalten Herzen des Establishments, sei das nun eine Aristokratie oder der Kapitalismus. Feiertage sind traditionell, traditionsreich und eine Tradition scheint es auch zu sein, sich fiktive Werke über Weihnachtsstress und überzogene Erwartungen anzugucken, wie etwa in Santa Clause, Das Wunder von Manhattan , Tatsächlich… Liebe, oder Kevin – Allein zu Haus, wo Weihnachtskonsum ein implizites Motiv wird und der Bezug auf Popkultur und Weihnachtsdarstellungen Teile der Handlung werden.

Auffällig ist, dass es zwar jedes Jahr neue Weihnachtsfilme gibt, in dieser Liste aber nur Filme auftauchen, die über fünfzehn Jahre alt sind. Tradition ist eben auch das: ein konservatives Publikum, das nur selten Neues zulässt.

Titelbild: Julia Schlichtkrull
Beitragsbild: Anne Frieda Müller

Adventskalender Fensterchen No. 21: Dein eigener persönlicher Weihnachtsmarktspaziergang

Adventskalender Fensterchen No. 21: Dein eigener persönlicher Weihnachtsmarktspaziergang

Weihnachtszeit ist Vorfreude und Geheimnistuerei, Nächstenliebe und Besinnung. Sie duftet nach heißem Glühwein, frisch gebackenen Keksen und mühsam gepellten Mandarinen. Der Dezember lebt von kleinen Aufmerksamkeiten und Traditionen, wie den Adventssonntagen mit der Familie, dem mit Süßigkeiten gefüllten Schuh am Nikolausmorgen und dem täglichen Öffnen des Adventskalenders. Weißt du noch, wie du jeden Tag vor Weihnachten aufgeregt aufgestanden bist, um vorfreudig zu deinem Schokoadventskalender zu tappen? Die moritz.medien verstecken das Weihnachtsgefühl hinter 24 Fenstern. Im heutigen Fenster: Dein eigener persönlicher Weihnachtsmarktspaziergang.

Kein Weihnachtsmarkt in diesem Jahr? Nicht mit uns! Hier hast du die Möglichkeit, deinen Weihnachtsmarktspaziergang anzutreten und ihn genauso zu gestalten, wie du es sonst auch getan hättest. Folge dafür einfach den Zahlen (dieses Mal mit erhöhter Schwierigkeit: Musst du zur 4.1, zur 4.2 oder doch zur 4.5?).

1 Aufbruch

Du beginnst deinen Weihnachtsmarktspaziergang in Kälte und Finsternis. Aber es ist eine angeneh­me Kälte, eine bei der Schnee in der Luft zu liegen scheint, und die Finsternis ist von unzähligen Weihnachtslichtern durchbrochen. Eigentlich warst du mit einem Freund verabredet, aber der hat spontan absagen müssen. Egal. Machst du dir eben allein einen schönen Abend. Auch das blecherne Last Christmas aus den Lautsprechern des Riesenrads wird dir nicht die Laune verderben. Vielleicht kannst du dem Lied ja sogar eins auswischen, indem du erst recht ins Riesenrad steigst (5.1)? Oder du gehst lieber erst mal auf sicheren Abstand zu dröhnender Weihnachtsmusik und holst dir ganz entspannt eine Tüte gebrannte Mandeln am anderen (ruhigeren) Ende des Weihnachtsmarktes (2.1).

2 Gebrannte Mandeln

2.1 Die gebrannten Mandeln konnten deine Stimmung tatsächlich jetzt schon deutlich erhellen und deine Hände erwärmen. Versetzt worden zu sein fühlt sich schon gar nicht mehr so schlimm an, so ersparst du dir wenigstens den nervigen grölenden Gesang, in den dein Freund immer schon nach dem ersten Glühweinbecher einfällt. Apropos Glühwein. Der Stand sieht tatsächlich verlockend aus (4.1), andererseits hast du von dutzenden Weihnachtsmarktbesuchen mit deinem Freund eine so große PTBS, dass du überlegst, lieber nur ganz entspannt ein paar Lose zu ziehen (7.1).

2.2 Dir ist zwar noch immer etwas flau im Magen, aber der Kinderchor und die Mandeln haben deine Stimmung wenigstens wieder ein etwas auflockern können. In deinen Ohren klingelt immer noch das trällernde „Oh Tannenbaum“ wieder, und auch deine Hände und dein Bauch fühlen sich jetzt wohlig warm an. Die Süße der Mandeln (und der singenden Kinder) scheint dir gut getan zu haben. Also noch etwas Süßes? Wie wäre es mit einem Lebkuchenherz (10.4) oder einfach gleich noch einer Tüte gebrannter Mandeln (2.4)?

2.3 Die gebrannten Mandeln liegen wenigstens nicht so schwer im Magen wie die Lebkuchenherzen und ihre wohlige Wärme lässt dich langsam auch wieder die Übelkeit vom Riesenrad vergessen. Dafür wirkt der Glühweinstand nach dem ganzen Essen jetzt aber echt nicht mehr so verlockend. Du beschließt vielmehr, dass du etwas brauchst, um die Stimmung weiter zu heben. Ein kleines Weihnachtsgeschenk für dich könnte da Abhilfe schaffen und selbst schenken macht ja bekanntlich auch immer Freude. Wie wäre es also mit ein paar Losen an der Losbude (7.3)? Oder doch lieber gleich direkt vom Weihnachtsbaum in der Mitte des Marktes eins mitgehen lassen, just for fun (11.3)?

2.4 Was für eine dämliche Idee, gleich noch eine Tüte Mandeln zu verdrücken. Nicht nur, dass die Übelkeit vom Riesenrad zurückkommt, du bekommst auch noch so starkes Sodbrennen, dass du glaubst, dein Magen und dein Hals würden komplett in Flammen stehen. Dein nächster Schritt führt jetzt nur noch zu einer Bank, auf die du dich erschöpft sinken lässt, während du dein Handy aus der Tasche ziehst, um den Notarzt zu rufen. Diagnose: Zuckerschock. Da kann der freundliche Weih­nachtsmann auch nicht mehr helfen, der dir zur Aufmunterung einen Schokololli schenken möchte. Dir wird von dem Anblick schon so schlecht, dass du dich übergeben musst.

3 Ende Variante 1

3 Plötzlich spürst du etwas Kühles und Feuchtes auf deiner Nasenspitze, das dich aufschauen lässt. Über dir hat der Himmel ein dreckiges Ocker angenommen. Und von der schlammigen Farbe rie­seln ganz seicht und weiß wie Zucker die ersten Schneeflocken des Jahres zu Boden. Du kannst nicht aufhören zu lächeln bei dem Anblick. Der Kinderchor stimmt mit mittlerweile vor Kälte leicht zittrigen Stimmen „Schneeflöckchen Weißröckchen“ an. Was für ein perfektes Ende für einen gelungenen Weihnachtsmarktabend.

4 Glühweinstand

4.1 Anscheinend ist deine Alkoholtoleranz auch nicht so viel größer als die deines Freundes. Deine Hände sind immer noch warm von den gebrannten Mandeln, aber irgendwie scheinen sie nicht mehr das einzige an deinem Körper zu sein, was glüht. Vielleicht kann dir der Kinderchor ja den Kopf wieder etwas freipusten (6.2), oder du schwingst dich doch lieber aufs Riesenrad, das jetzt mit noch viel knalligeren Leuchtfarben trotz grauenvoller Musik doch ganz einladend aussieht (5.3).

4.2 Nach zwei Bechern Glühwein bist du gleich doppelt voll. Überfressen und mit schwirrendem Kopf stehst du in der Mitte des Weihnachtsmarktes und schaust dich um. Alles ist laut, alles ist grell und deine Stimmung wäre wohl ganz schön im Eimer, doch glücklicherweise kannst du nicht mehr so klar denken. Stattdessen fällt dir mit deinem berauschten Kopf ein, dass du noch ein Weihnachts­geschenk vergessen hast – nämlich eins für dich! Glücklicherweise gibt es ja den Weihnachtsmann, der nicht weit entfernt von dir gerade zwei Kindern Schokolollis schenkt (8.2). Aber auch die Ge­schenke am Weihnachtsbaum glänzen dich so verlockend bunt an (11.1).

4.3 Was für eine weihnachtliche Glanzleistung. Jetzt bist du sowohl voll als auch dicht, und schwin­delig ist dir auch immer noch. Schwankend kommst du vor dem großen Weihnachtsbaum zum Ste­hen und versuchst, einmal ruhig durchzuatmen. Doch das Funkeln der Pakete sticht dir penetrant ins Auge. Und irgendwie reizt der Anblick dich auch sehr, eins davon mitgehen zu lassen (11.1).

4.4 Wunderbar, nach zwei Bechern Glühwein kehrt sofort die Übelkeit vom Riesenrad zurück, und dein Kopf schwirrt jetzt auch noch. Und selbst der Kinderchor hört sich nach dem Alkohol gar nicht mehr so friedlich an. Das ist wirklich nicht der Weihnachtsmarktspaziergang, den du dir erhofft hast. Ein paar Schritte entfernt lässt der Weihnachtsmann ein donnerndes „HOHOHO“ vernehmen, als wäre seine Stimmung nicht so sehr ruiniert wie deine. Stattest du ihm einen Besuch ab (8.2) oder machst du lieber einen weiten Bogen um den alten Mann und gehst sofort nach Hause (9)?

5 Riesenrad

5.1 Das Riesenrad ist eines dieser kleinen, schnellen Teile und nach den unzähligen Runden, die gar nicht mehr aufzuhören schienen, ist dir jetzt wirklich übel. Außerdem hat dir die Schlagermusik wirklich die Weihnachtsstimmung ruiniert. Vielleicht kannst du sie mit ein wenig Gesang vom Kin­derchor zurückbringen (6.4)? Oder du holst dir einfach ein Lebkuchenherz für das weihnachtliche Feeling (10.2)?

5.2 Mit dem schweren Gefühl der Lebkuchen im Magen wird dir von dem kleinen, schnellen Rie­senrad sofort kotzübel. Außerdem rutscht dir bei dem Versuch, dich hinaus zu lehnen, um eine bessere Aussicht zu haben, auch noch dein kleiner, hässlicher Teddy aus den Händen. Deine Stim­mung ist also wirklich nicht mehr die beste, als du endlich wieder unten ankommst. Vielleicht kann dich noch der weihnachtliche Kinderchor etwas aufbauen (6.3)? Oder du trinkst deine schlechte Laune einfach mit etwas Glühwein weg (4.3)?

5.3 Toll, jetzt bist du nicht nur dicht, sondern dir ist auch noch übel. Das Riesenrad hat sich viel zu schnell gedreht und die Schlagermusik wirkte nach dem Glühwein so laut wie ein Düsenjet. In deinem vernebelten Kopf gibt es nur noch zwei Optionen, um den Abend wenigstens ein wenig freudig ausklingen zu lassen: Zum Schokolollis verteilenden Weihnachtsmann, um ein Geschenk abzusahnen (8.2) oder zum Weihnachtsbaum, um ein Geschenk abzusahnen (11.1)?

5.4 Das Riesenrad wäre mit dem vollen Magen wirklich nicht auch noch nötig gewesen. Es war nicht mal groß genug, um eine schöne Aussicht zu haben und hat sich einfach nur so schnell ge­dreht, dass es auf deinen Kopf abgefärbt zu sein scheint. Alles, was du jetzt nur noch tun kannst, ist müde und gegen die Übelkeit ankämpfend vom Weihnachtsmarkt zu torkeln (9).

6 Kinderchor

6.1 Was für ein besinnliches Weihnachtsfest! Zufrieden lächelnd lauschst du den Klängen des Kin­derchores. Ihre Stimmen sind etwas zittrig und schwach, aber dafür strahlen die Kinderaugen, und das ist es doch, worum an Weihnachten geht! Noch mehr strahlende Augen leuchten dich von zwei anderen Enden des Weihnachtsmarktes an – ein paar von ihnen schauen zum Tannenbaum hinauf (11.2), vier andere starren erwartungsvoll auf die Schokolollis, die ihnen der Weihnachts­mann mit einem lauten „HOHOHO“ überreicht (8.3).

6.2 Deine Hände sind von der Tüte mit den Mandeln immer noch warm, deine Gedanken sind auch noch etwas träge, aber der Gesang der Kinder ist dafür umso besinnlicher. Als nächstes beschließt du, dich noch weiter zu amüsieren, indem du etwas typisch Weihnachtsmarktliches tust. Kaufst du dir lieber ein Lebkuchenherz (10.3) oder versuchst du mit ein paar Losen dein Glück, den großen flauschigen Teddy zu erhaschen (7.2)?

6.3 Puh, noch mal gerettet. Bei den friedlichen Gesängen der Kinder ist die Übelkeit von Riesenrad und Lebkuchenherzen auf der Stelle wie weggeblasen. Apropos weggeblasen: Du spürst einen sanf­ten Luftzug an deinen kühlen Wangen, der dich direkt zum Weihnachtsmann mit den Schokolollis zu führen scheint (8.3)? Oder doch vom Weihnachtsmarkt hinunter und nach Hause (der dicke Mann ist dir ein bisschen suspekt …) (3)?

6.4 Nach dem schrillen aber heiteren „Lasst uns froh und munter sein“ ist dir wieder etwas wohliger zumute. Außerdem hat dich der Anblick der Kinder in ihren weißen Kleidchen mit den dicken Woll­handschuhen und Bommelmützen deutlich aufgemuntert. Um gleich bei der munteren Stimmung zu bleiben: Wie wäre es jetzt mit etwas Glühwein (4.4)? Oder doch lieber eine schöne warme Tüte ge­brannter Mandeln (2.2)?

7 Losbude

7.1 Du gewinnst, aber nur so viel, wie jeder andere um dich herum auch zu gewinnen scheint, nämlich einen kleinen, hässlichen Teddybär, dessen Augen aussehen, als wäre eine OP schief ge­laufen. Du freust dich trotzdem und beschließt, ihn Pilpert zu nennen. Pilpert möchte als nächstes zum Kinderchor (6.1) oder ein groooßes Lebkuchenherz verdrücken (10.1), er lässt dich aber entscheiden (vielleicht schielen seine Augen aber auch nur so sehr, dass er sowieso nicht selbst den Weg bestimmen könnte).

7.2 Der Teddy, den du von deinen Losen bekommst, ist zwar weder besonders groß noch besonders schön, aber das macht dir nichts aus. Auch ein kleiner hässlicher Bär hat liebende Eltern verdient. Und liebende Eltern gönnen ihren Kindern etwas Schönes: Wie wäre es also mit einem friedlichen Spaziergang zum Tannenbaum (11.2)? Oder einem Gang zum Weihnachtsmann, mit der Aussicht auf einen Schokololli (8.3)?

7.3 Du ziehst tatsächlich nur Gewinne und gehst mit dem größten Kuscheltier an der Losbude nach Hause. Das war am Ende doch noch ein ganz gelungener Weihnachtsmarktabend. Außerdem erfüllt es dich mit ein wenig Stolz, deinen überdimensionalen Teddy für alle anderen sichtbar im Arm zu halten. Willst du ihn noch ein wenig weiter ausführen und zuerst noch mal dem Weihnachtsmann einen Besuch abstatten (8.3), oder führt dich dein Weg doch gleich zurück nach Hause, um deinen Hauptgewinn schnell in Sicherheit zu bringen (3)?

7.4 Dass du den Hauptgewinn ziehst, hat gerade noch mal deine Stimmung gerettet. Mit wieder völlig gebesserter Laune und einem riesengroßen Plüschteddy im Arm, beschließt du dennoch, dass es langsam Zeit für den Heimweg wird, immerhin klingt die Übelkeit noch ein wenig nach (3). Ein kleiner Umweg zum Weihnachtsmann kann doch aber auch nicht schaden, oder? (8.3)

8 Weihnachtsmann

8.1 Der Weihnachtsmann schaut von den beiden Kindern, denen er gerade zwei Schokolollis über­reicht hat, zu dir auf. Du grinst breit und fragst nach der leckeren Süßigkeit, aber irgendwie gehen seine Augen nur zu dem Geschenk in deinen Händen. Etwas beschämt versuchst du, es unter deinem Mantel zu verstecken, aber es ist bereits zu spät. Der Weihnachtsmann zieht anstelle eines Mini-Weihnachtsmanns am Stiel sein Handy aus dem Sack. Du kannst nicht sehen, welche Nummer er eintippt, aber dass es nur drei Ziffern sind, bemerkst du sogar in deinem benommenen Zustand. Das ist nicht unbedingt das Ende, das du dir von deinem Weihnachtsmarktspaziergang erhofft hattest.

8.2 Deine Schritte führen dich torkelnd zum Weihnachtsmann hinüber. Als er die Kinder beide mit einem Mini-Weihnachtsmann am Stiel fortgeschickt hat, wandert sein Blick auch zu dir. Er schenkt dir ein mitleidiges Lächeln, aber tatsächlich auch einen Schokololli. Du hättest dich gerne bedankt, wenn deine Zunge da noch mitgemacht hätte. Stattdessen grinst du nur dämlich und wankst mit deiner Beute vom Weihnachtsmarkt.

8.3 Du stellst dich brav in die Schlange hinter die Kinder (Schlangestehen und an der Schlange Vordrängeln sind immerhin zwei altbekannte Tugenden in Deutschland). Als du endlich an der Reihe bist und fragst, ob du auch einen Schokoweihnachtsmann am Stiel bekommen könntest, lacht der echte fleischliche Weihnachtsmann donnernd. Er greift aber trotzdem unbeirrt in seinen großen Sack und zieht einen Lolli für dich hervor. Du bedankst dich und wünschst ihm beschwingt Frohe Weihnachten, bevor du dich glücklich mit deinem Geschenk auf den Weg nach Hause machst (3).

9 Ende Variante 2

9 Über dir leuchtet der Himmel in einem dreckigen Ockerton und es ist noch etwas kälter gewor­den. Dann erklingt Kinderlachen, als die ersten dicken Flocken des Jahres sanft vom Himmel rie­seln. Du bekommst davon nichts mehr mit. Statt dich über den Schnee zu freuen, hockst du zitternd und kotzend vor der Weihnachtspyramide.

10 Lebkuchenherzen

10.1 Das Lebkuchenherz war lecker, aber auch viel gewaltiger, als du es dir vorgestellt hast und es liegt erstaunlich schwer im Magen. Vielleicht kannst du ja hoffen, es mit etwas Glühwein hinunter zu spülen (4.2)? Oder denkst du, eine Runde Riesenrad könnte dir bei der Verdauung helfen? (5.2)

10.2 Nach dem unfassbar großen und viel zu süßen Lebkuchenherz ist dir nicht nur übel, du fühlst dich auch noch voll wie ein Weihnachtsgeschenk. Wie wäre es, noch etwas voller zu werden, und dir einen Becher Glühwein zu besorgen (4.3)? Oder vielleicht solltest du deinem Körper auch ein­fach mit einer Tüte warmer Mandeln etwas Gutes tun? (2.3)

10.3 Nach dem unfassbar großen Lebkuchenherz bist du jetzt richtig voll, und zwar im doppelten Sinne. Riesenrad zu fahren, scheint dir zwar jetzt wirklich nicht mehr die beste Idee zu sein, aber vielleicht ist die Aussicht von da oben ja ganz nett (5.4)? Oder du gehst zu etwas friedlicherem über und ziehst ein paar Lose (7.4).

10.4 Nach dem großen Lebkuchenherz fühlst du dich, als würdest du fast platzen, und nahe am Zuckerschock scheinst du mittlerweile auch noch zu stehen. Vielleicht kannst du die Schwere der Süßigkeiten ja mit etwas Glühwein vertreiben (4.3)? Oder doch lieber mit einem entspannenden Spaziergang zum Weihnachtsbaum? (11.2)

11 Tannenbaum

11.1 Du kicherst betrunken und fühlst dich wie ein richtiger Gangster, als du mit eingefrorenen Fingern das Band eines Weihnachtsgeschenks löst. Das kleine, bunte Päckchen fühlt sich zwar ein­deutig leer an, aber das ist dir egal, stolz bist du trotzdem. Stolz und noch immer völlig dicht. Ei­gentlich solltest du jetzt sofort nach Hause gehen (9), aber gleichzeitig ist da auch noch dieser dicke lachende Mann im roten Mantel, der dich in seinen Bann gezogen hat (8.1).

11.2 Über dir leuchten die vielen kleinen in Glanzfolie eingewickelten Weihnachtsgeschenke am Tannenbaum, angestrahlt von den unzähligen strahlenden Lampen einer Lichterkette. Was für ein friedlicher Anblick. Der Moment ist so schön, dass du dich kaum dazu durchringen kannst, zu gehen, aber schließlich werden deine Füße doch ein wenig zu kalt vom bloßen Rumstehen. Eine Frage bleibt aber noch: Machst du dich sofort nach Hause auf (3) oder stattest du vorher dem freundlich lachenden Weihnachtsmann mit den Schokolollis noch einen Besuch ab (8.3)?

11.3 Du fühlst dich noch etwas benommen vom Zuckerschock und vom Riesenrad, aber vielleicht kann ja ein Geschenk vom Weihnachtsbaum deine Stimmung aufheitern? Die kleine Plastikkiste ist zwar leer, das merkst du, sobald du sie in die Hand nimmst, aber sie glänzt so verlockend. Deine eingefrorenen Finger brauchen ein bisschen, um das Band aufzuknoten, aber dann ist es geschafft. Diebesbeute sollte man eigentlich schnell in Sicherheit bringen (3), aber das „HOHOHO“ vom Weihnachtsmann in einigen Schritten Entfernung ist auch so verlockend, genauso wie die Aussicht auf einen Schokololli … (8.1)

Titelbild: Julia Schlichtkrull
Beitragsbilder: Dar1930, Sephelonor, Frank Winkler,
Hans BraxmeierMichaelGaidaLeo_65, RitaEMartin Lutze auf Pixabay
Roman Kraft, Call Me Fred, Hert Niks auf Unsplash 

Adventskalender Fensterchen No. 20: Die unerwartete Empfängnis

Adventskalender Fensterchen No. 20: Die unerwartete Empfängnis

Weihnachtszeit ist Vorfreude und Geheimnistuerei, Nächstenliebe und Besinnung. Sie duftet nach heißem Glühwein, frisch gebackenen Keksen und mühsam gepellten Mandarinen. Der Dezember lebt von kleinen Aufmerksamkeiten und Traditionen, wie den Adventssonntagen mit der Familie, dem mit Süßigkeiten gefüllten Schuh am Nikolausmorgen und dem täglichen Öffnen des Adventskalenders. Weißt du noch, wie du jeden Tag vor Weihnachten aufgeregt aufgestanden bist, um vorfreudig zu deinem Schokoadventskalender zu tappen? Die moritz.medien verstecken das Weihnachtsgefühl hinter 24 Fenstern. Im heutigen Fenster: Die Geschichte eines botanischen Weihnachtswunders.

Coole Musik und noch coolere Frisuren!

“Maria durch ein Dornwald ging, der hat in sieben Jahr’n kein Laub getragen.” Wer auch immer den Text dieses Liedes gedichtet hat, muss sich die Inspiration dafür in den leidvollen Erfahrungsberichten meiner Zimmerpflanzen geholt haben. Ihr Snitches, was hat man euch für den Liedtext geboten, was es bei mir nicht gab? Dünger? Sonnenlicht? Oder gar Wasser?!

Aufmerksame Leser*innen des webmoritz. wussten natürlich auch vorher schon längst, dass Pflanzen (insbesondere Basilikum) in meiner Wohnung keinen leichten Stand haben. Insofern ist es erstaunlich, dass mir ab und zu trotzdem immer noch welche geschenkt werden. Im Frühjahr diesen Jahres zum Beispiel wurde mir mit einem freundlichen Lächeln ein Blumentopf mit drei Hyazinthen überreicht. Tolle Blumen, meine Wohnung hat wochenlang großartig geduftet, was gerade in Anbetracht des – einige von euch erinnern sich vielleicht noch verschwommen daran – kurz darauf beginnenden ersten Lockdowns und der vielen Zeit am Schreibtisch eine der kleinen Freuden war, die die Isolation etwas erträglicher gemacht haben. Zu dieser Zeit war ich sehr um das Wohl dieser Blumen bemüht, sie waren quasi meine Rosen und ich ihr kleiner Prinz auf unserem Planeten der Selbstisolation, meiner Wohnung. Als sich der Lockdown irgendwann doch noch dem Ende zuneigte, verloren aber auch die Blüten der Hyazinthen nach und nach ihre Kraft und ihren Duft und ich damit das Interesse an ihnen. Und so kam es, wie es kommen musste, und auch diese Pflanzen gingen den Weg alles Irdischen. Die Blütenblätter fielen eines nach dem anderen zu Boden, die Stiele wurden braun, vertrockneten und brachen schließlich ab. Übrig blieb ein gelber Umtopf, gefüllt mit vielen welken Blättern, die den eigentlichen Topf im Inneren bedeckten. Die Welt draußen hingegen wurde vorübergehend von ihrem Dornröschenschlaf wachgeküsst, mein Planet wurde wieder zur Wohnung, mein Leben ging relativ normal weiter und der Topf stand etwa ein halbes Jahr lang vollkommen unberührt auf meiner Fensterbank.

Bis vor ein paar Wochen der zweite Lockdown begann und ich plötzlich wieder ungewollt viel Zeit zu Hause verbringen “durfte”. Vom ehrgeizigen Ziel getrieben, all das, was im Haushalt die letzten Monate liegen geblieben war, endlich anzugehen, wollte ich dann auch den traurigen Anblick der toten Blumen beseitigen. Als ich die Blätter in den Mülleimer befördert hatte, fiel mir aber auf, dass die Blumenzwiebeln darunter alles andere als tot aussahen. Aus der mittleren wagte sich sogar bereits ein zarter grüner Spross ans neu entdeckte Tageslicht! Also habe ich ein riskantes operatives Verfahren gewagt: Eine Zwiebeltransplantation. Um der wachsenden Blume all den Platz für eine blühende Entwicklung zu bieten, wurde sie umgepflanzt in den Topf einer Korianderpflanze, die leider viel zu jung bei einem furchtbaren Vertrocknungsunfall (mea culpa) ihre Erde verwaist zurückgelassen hatte. Die neue Zwiebel wurde, dank meines großen chirurgischen Geschicks und wohl auch ein wenig dank der pharmakologischen Unterstützung mit Dünger und Wasser, sofort gut angenommen und gedeiht, unter der strengen Aufsicht meiner zahllosen Gieß-Erinnerungsbenachrichtigungen auf dem Handy, besser als ich es je zu träumen gewagt hätte.

Es weihnachtet sehr.

Durch glückliches Timing bin ich dieses Jahr also ganz unerwartet in den Genuss eines wortwörtlich “wachsenden Adventskalenders” gekommen. Jeden Morgen, wenn ich den Vorhang des Küchenfensters zur Seite ziehe, freue ich mich über die große Entwicklung, die meine kleine Blume in den letzten 24 Stunden gemacht hat. Und inzwischen beginnt sich auch der Duft wieder über meine Wohnung zu verteilen. Genau pünktlich zum neuen harten Lockdown ist meine Rose zurückgekehrt. Bei meiner botanischen Vorgeschichte: Ein echtes Weihnachtswunder!

“Da haben die Dornen Rosen getragen!” – close enough.

Und das Beste: Im gelben Topf warten immer noch die beiden weiteren Blumenzwiebeln auf ihren großen Moment. Also egal was passiert: Bring it on, Lockdown 3 und 4, wir sind bereit.

Titelbild: Julia Schlichtkrull
Beitragsbilder: Philipp Schweikhard

Adventskalender Fensterchen No. 19: selbstgemachter Glögg

Adventskalender Fensterchen No. 19: selbstgemachter Glögg

Weihnachtszeit ist Vorfreude und Geheimnistuerei, Nächstenliebe und Besinnung. Sie duftet nach heißem Glühwein, frisch gebackenen Keksen und mühsam gepellten Mandarinen. Der Dezember lebt von kleinen Aufmerksamkeiten und Traditionen, wie den Adventssonntagen mit der Familie, dem mit Süßigkeiten gefüllten Schuh am Nikolausmorgen und dem täglichen Öffnen des Adventskalenders. Weißt du noch, wie du jeden Tag vor Weihnachten aufgeregt aufgestanden bist, um vorfreudig zu deinem Schokoadventskalender zu tappen? Die moritz.medien verstecken das Weihnachtsgefühl hinter 24 Fenstern. Im heutigen Fenster: der Versuch, selbst Glögg zu machen.

Glögg ist in Greifswald irgendwie das Ding – vor allem auf dem Weihnachtsmarkt macht der skandinavische Glühwein dem deutschen Klassiker immer wieder Konkurrenz. Das Getränk ist auch auf Rotweinbasis und wird mit Gewürzen wie Zimt, Nelken, Ingwer und Kardamom verfeinert und mit Rosinen und Mandeln ergänzt. Aus dem letzten Jahr habe ich Glögg eigentlich ganz gut in Erinnerung, daher wage ich das Experiment, selbst welchen zu kreieren.

Die Rezepte im Internet sind sich mal wieder nicht einig, wie der originale Glögg denn tatsächlich zubereitet wird. Ich entscheide mich für:

  • eine Flasche Rotwein
  • einen ordentlichen Schuss Rum (manchmal wurde auch zu Korn oder Wodka gegriffen)
  • 140 g Zucker
  • einige Scheiben frischen Ingwer
  • Kardamom (in den Rezepten wurden etwa 2 TL von dem Pulver genommen, aber da mich der Geruch etwas abschreckt, beginne ich mit einem Löffelchen)
  • 4 Nelken
  • 2 Zimtstangen
  • knapp 100 g Rosinen
  • Mandeln als Topping

Die Zubereitung ist einfach: Der Rotwein wird mit allen Zutaten (bis auf die Mandeln) erhitzt, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Dann soll die Mischung am besten über Nacht ziehen. Ich bereite allerdings den Glögg am Mittag zu, da abends die digitale webmoritz.-Weihnachtsfeier ist. Daher müssen etwa 6 Stunden Ziehzeit reichen. Die Küche riecht auf jeden Fall schon gut nach Glühwein.

Vorm Servieren erhitze ich die Mischung noch einmal. Ich könnte außerdem alles durch ein Sieb gießen, aber da ich morgen noch etwas von dem hoffentlich leckeren Getränk haben will, lasse ich die Gewürze noch weiter ziehen. Nachdem ich mir eine Tasse eingeschenkt habe, wird das Ganze noch (mehr oder weniger schön) mit Mandeln “dekoriert” – sie gehen eigentlich direkt unter.

Und dann folgt der Geschmackstest: Eigentlich riecht es schon ganz gut, aber irgendeine Note gefällt mir schon jetzt nicht so richtig. Nach einigen Schlucken des doch recht starken Weins, glaube ich zu wissen, wo der Haken ist: Kardamom. Obwohl ich schon halb so viel genommen habe, wie in einigen Rezepten empfohlen wurde (zum Glück!), erinnert mich mein Glögg weniger an den Besuch auf einem schwedischen Weihnachtsmarkt, sondern eher an den Besuch in einer finnischen Sauna. Es schmeckt leicht bitter und hat tatsächlich, vielleicht auch in Kombination mit dem Ingwer, einen Hauch von Saunaufguss. Die Rosinen, die ab und zu durchkommen, süßen zwar angenehm und durch die Mandeln hat man auch gleich noch einen Snack für zwischendurch, aber irgendwie bin ich nicht überzeugt. Vielleicht liegt es auch an den Zimtstangen, die möglicherweise schon länger herumliegen, doch das Getränk könnte für meinen Geschmack auch noch weihnachtlicher und vor allem noch fruchtiger schmecken. Im Gegensatz zum mir bekannten Glühwein wurde dieser Glögg nicht mit einem Saft gestreckt und daher ist die Basis nur aus Wein mit Rum und Zucker. Da greife ich in Zukunft doch lieber zum klassischen oder weißen Glühwein. Oder hat jemand ein besseres Glögg-Rezept?

Titelbild: Julia Schlichtkrull
Beitragsgif: Lilli Lipka

Adventskalender Fensterchen No. 18: Der Versuch eines positiven Jahresrückblicks

Adventskalender Fensterchen No. 18: Der Versuch eines positiven Jahresrückblicks

Weihnachtszeit ist Vorfreude und Geheimnistuerei, Nächstenliebe und Besinnung. Sie duftet nach heißem Glühwein, frisch gebackenen Keksen und mühsam gepellten Mandarinen. Der Dezember lebt von kleinen Aufmerksamkeiten und Traditionen, wie den Adventssonntagen mit der Familie, dem mit Süßigkeiten gefüllten Schuh am Nikolausmorgen und dem täglichen Öffnen des Adventskalenders. Weißt du noch, wie du jeden Tag vor Weihnachten aufgeregt aufgestanden bist, um vorfreudig zu deinem Schokoadventskalender zu tappen? Die moritz.medien verstecken das Weihnachtsgefühl hinter 24 Fenstern. Im heutigen FensterDer Versuch eines positiven Jahresrückblicks

Je häufiger man sich momentan verabschiedet, sich schöne Festtage wünscht und den üblichen weihnachtlichen Abschieds-Smalltalk führt, und das, während uns das Virus immer näher kommt, fällt vor allem im Jahresrückblick auf, dass sich gewisse negative Floskeln etabliert haben. Gratulationen und Wünsche werden immer „trotz der Pandemie“ (oder ausweichender: „trotz der Umstände“) übermittelt und so spüren wir gerade zum Jahresende noch einmal, wie sehr 2020 geprägt von der Angst vor eben diesen Umständen und den damit verbundenen Veränderungen war und ist.

Natürlich ist das alles mehr als verständlich; allerdings wäre es umgekehrt auch schade, das ganze Leben der letzten Monate, fast das ganze Jahr, nur als Einschränkung in Erinnerung zu behalten, denn es haben sich auch unerwartete Chancen ergeben, die nicht nur trotz, sondern auch gerade wegen der Umstellungen entstanden sind. Wir haben daher zum Jahresabschluss hier ein paar unerwartet positive Aspekte der letzten Monate für euch gesammelt:

  • Hey, wer könnte sich noch vorstellen, zu einer 8 Uhr-Vorlesung so aufzustehen, dass man die Dusche, Anziehzeit, das Frühstück und die Strecke dahin noch schaffen würde?! Zwar fehlt der Tapetenwechsel und vor allem natürlich der persönliche Kontakt in den Lehrveranstaltungen; aber die Zeit, die dadurch gespart wird, kann auch viel wert sein.
  • Durch die Umstellung auf noch mehr digitale Kommunikationsmethoden hat sich der Kontakt zu Freund*innen, die sowieso in der Ferne wohnen, teilweise noch verstärkt. Da sich die digitalen Formate noch mehr etabliert haben, hat sich das auf die Beziehungen übertragen, die sonst nur von ein paar Nachrichten oder Telefonaten lebten.
  • Es haben sich dabei gänzlich neue Formate des Zusammenseins etabliert, die man auch in den nächsten Jahren immer noch nutzen kann: digitale Weinabende, Kaffee- und Kuchen-Treffen, hybride Sitzungen mit mehr Flexibilität für alle Teilnehmenden, online Sporttreffen, gemeinsames Arbeiten an Dokumenten aus der Ferne, digitale Spieleabende undundund.
  • Manche Freundschaften haben sich dadurch trotzdem verstärken oder auch erst entwickeln können – und das vielleicht viel intensiver als bei den sonst üblichen Gruppentreffen oder eher zufälligen Begegnungen in der Uni. Wenn man den Kontakt will, muss man sich auch aktiv darum bemühen und Interesse zeigen; durch Spaziergänge oder kleinere Treffen ist man gezwungen, sich wirklich aufeinander zu konzentrieren und mehr miteinander zu sprechen, was doch auch viel mehr bedeuten kann.
  • Auch wenn viele Veranstaltungen oder Praktika so nicht stattfinden konnten, an vielen Unikursen hätte man durch Überschneidungen gar nicht erst teilnehmen können, wenn sie nicht digital und asynchron durchgeführt worden wären. Auch das hätte dann mindestens zusätzlichen Stress, wenn nicht sogar zusätzliche Semester, bedeutet. Außerdem wurden Veranstaltungen, die in Präsenz sonst eine begrenzte Teilnehmendenzahl hatten, zu unserem Glück digital oft ausgeweitet.
  • Und wo wir schon bei aufgezeichneten Lehrveranstaltungen sind: Die Möglichkeit zum Zurückspulen ist bei manchen Themen die Rettung – wie viele Informationen haben die Jahrgänge vor uns in der Hektik der Präsenzvorlesungen wohl schon verpasst? Und für andere Fälle das genaue Gegenteil: Vorlesungen auf 1,5-facher Geschwindigkeit anhören, kommt manchmal doch einfach mehr als gelegen.
  • Insgesamt gibt es in einigen Bereichen auch eine viel höhere Flexibilität. Der Tag kann häufig nach dem eigenen Arbeitsrhythmus geplant werden. Frühstück, Mittagessen und sonstige Mahlzeiten können entspannt auch während der (online) Uni verspeist werden und ja, auch die Flexibilität der Jogginghose sollte an der Stelle nicht in der Aufzählung fehlen.
  • Durch die fehlenden Treffen oder Aktivitäten ist auch mehr Zeit für bereits untergegangene oder bis dato unentdeckte Hobbys und Interessen ermöglicht worden. Dazu gehören etwa Makramee, puzzeln, Sprachen lernen oder malen.
  • Wir wollen es nicht hoffen, aber vielleicht kommt es doch an einigen Stellen auch ganz gelegen, manchen Menschen auch mal nicht über den Weg laufen zu müssen.
  • Über die ganze Zeit in der Wohnung freut sich wenigstens eine Gruppe – die Pflanzen!
  • Social Distancing kann auch eins gebracht haben, nämlich mehr Nähe zu sich selbst. Ob wir wollten oder nicht, man war gezwungenermaßen mehr alleine, mehr mit sich selbst – aber das muss keine Einsamkeit bedeuten. Vielleicht sind dadurch Verhaltens- oder Gedankenmuster wieder deutlicher geworden, die sonst vom Trubel des Alltags und der Geselligkeit überdeckt waren und denen man sich jetzt widmen konnte. Auch wenn das auch unangenehme Sachen sein können, so wissen wir doch mehr über uns selbst, als es sonst möglich gewesen wäre.
  • Man hat teilweise gemerkt, wer oder was wirklich wichtig ist – für einen selbst, aber auch für unsere Gesellschaft. Zu solchen Reflexionen wäre es sonst vielleicht nie gekommen, sie können uns aber auch in Zukunft noch nachhaltig positiv begleiten.

Titelbild: Julia Schlichtkrull

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