Der Mensaclub hat ausgetanzt

Der Mensaclub hat ausgetanzt

Weiße Schrift auf schwarzem Grund, ein Geburts- und ein Todesdatum – wie eine Todesanzeige präsentiert sich der Instagrambeitrag des Mensaclub e.V. Das Bild verkündet das Ende des legendären Clubs am Wall zum Ende des Jahres. Die Kommentare darunter sind größtenteils verständnislos oder schockiert. Wie konnte es dazu kommen, und wie geht es jetzt weiter?

Um die jetzige Situation besser zu verstehen, müssen wir zurück ins Jahr 2018. Die Mensa am Wall stellte damals ihren Betrieb ein und im großen verglasten Gebäude verbleiben das Studierendenwerk und der Mensaclub e.V. Schon damals stand die Frage im Raum, ob das Gebäude verkauft wird. 2019 kam die WITENO GmbH ins Spiel. Die Firma, bei der unter anderem die Hansestadt Greifswald und die Universität Gesellschafter*innen sind, plante das Gebäude zu sanieren und ein digitales Innovationszentrum zu bauen. Der Mensaclub sollte Teil dieses Zentrums werden. Wie genau, stand dabei nicht fest. „Dass es langfristig Veränderungen gibt, das war ja schon immer klar“, sagt Tom – 1. Vorstand des Mensaclub e.V. – heute. Das Studierendenwerk suchte derweil nach einer neuen Unterkunft.

Doch die beantragten Fördergelder für den Umbau lassen auf sich warten. Während also die WITENO GmbH in den Startlöchern für den Bau steht, fehlt das Geld. Ende 2022 zieht das Studierendwerk planmäßig in die Bahnhofstraße 44b und allein im denkmalgeschützten Gebäude verbleibt: der Mensaclub e.V.

Da das Gebäude im Eigentum der Universität steht, muss die Universität für die Unterhaltung des Gebäudes aufkommen. Die mit der Unterhaltung verbundenen Kosten sind auch ohne die aktuell durch das Wissenschaftsministerium geplanten Kürzungen nicht durch die Universität tragbar.

Jan Meßerschmidt – Pressesprecher der Universität Greifswald

Am 26. Oktober trafen sich Vertreter*innen des Mensaclub e.V. mit der kommissarischen Kanzlerin der Uni Dr. Juliane Huwe. Eigentlich sollte es um die Verlängerung des Mietvertrags gehen. Doch dann der Schock: Die Universität wird das Gebäude zum 31.12.22 von der Strom- und Wasserversorgung trennen. Das Gebäude kann dann nur noch mit Genehmigung betreten werden. Ein normaler Betrieb des Mensaclubs ist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich.

Die Reaktionen

Tom erinnert sich: „Ich habe mir eine Packung Tücher aus dem Lager geholt und mich erstmal ausgeheult.“ Aus einer geplanten Sitzung zur Planung des 30-jährigen Mensajubiläums wurde eine Krisensitzung. Dabei wurde klar: Die Mitglieder wollen für ihren Verein kämpfen. Neben Gesprächen mit der Universität und der Stadt, plante der Mensaclub deshalb zwei öffentlichkeitswirksame Aktionen. Am 21. November wurde der bereits beschriebene Instagram-Post veröffentlicht. Der Beitrag hat etwa viertausend Menschen erreicht.

Es ist als Warnung zu verstehen: Wenn jetzt nichts passiert, dann ist der Mensaclub tot.

Tom Gutzmer – 1. Vorstand des Mensaclub e.V.

Direkt am nächsten Tag tagte die Vollversammlung der Studierendenschaft mit über 400 Teilnehmenden. Der Antrag zur Rettung der Mensa wurde dabei einstimmig angenommen. Aliya – 2. Vorstand des Mensaclub e.V. – ist überwältigt. Der Mensaclub habe in Greifswald nicht den besten Ruf, dieser Rückhalt sei deshalb toll zu sehen. Sie sagt: „Der Mensaclub ist nicht nur Samstagsparty. […] Die Leute haben nicht für die Samstagsparty gestimmt, sondern für alles andere.“ Als größter der fünf Greifswalder Studierendenclubs bietet der Mensaclub zahlreichen Vereinen und Teilen der Studierendenschaft eine Infrastruktur für Veranstaltungen. So findet beispielsweise die Weihnachtsparty des FSR Psychologie im Mensaclub statt. Während einhundert Gäste im Mensaclub wenig sind, kommt beispielsweise der Geologenkeller dabei schon fast an die Kapazitätsgrenze.

Die Perspektiven

Geschäftsführer der WITENO GmbH Wolfgang Blank hält an dem Plan fest, das Gebäude zu übernehmen: „Rein formell soll die Alte Mensa ab 01.01.2024 der WITENO gehören. Dann sind wir hoffentlich mit der Planung durch und der tatsächliche Umbau kann erfolgen.“ Auch die Stadt möchte das Projekt weiter vorantreiben. Oberbürgermeister Dr. Stefan Fassbinder sagt dazu: „Das Konzept für das Digitale Innovationszentrum Alte Mensa sieht vor, dass der Mensaclub auch in Zukunft seinen festen Platz in der Alten Mensa behalten wird. Ich freue mich schon darauf.“ Im kürzlich erneuerten Kooperationsvertrag zwischen Universität und Stadt findet sich ebenfalls das Ziel, weiter am Projekt Alte Mensa zu arbeiten.

Bis es allerdings so weit ist, wird nach neuen Räumlichkeiten gesucht. Dabei steht der Mensaclub im Gespräch mit der Universität und der Stadt. Aliya und Tom sind sich einig, dass sie weder mit der Stadt, der Uni, noch mit WITENO im Krieg sind. Nur gemeinsam sei es möglich, eine Lösung zu finden. So gab es auch schon Besichtigungen möglicher Gebäude. Doch bisher kam nichts davon in Frage.

Würde Geld keine Rolle spielen, wüsste Aliya genau was sie aus der Alten Mensa machen würde: Ein Haus der Kultur und der Vereine. Als Verein sei es derzeit schwer, Räumlichkeiten an der Uni zu finden. In der Alten Mensa gibt es genügend Büros, einen großen Saal, Flächen für Sportvereine und natürlich den Mensaclub.

Beitragsbilder: Tom Gutzmer und Lilly Biedermann

Studierende versammelt euch

Studierende versammelt euch

Am 22.11. ist wieder die Vollversammlung (VV) und alle Studierenden der Universität Greifswald sind aufgefordert dabei zu sein. Klingt ziemlich offiziell und wichtig, oder? Das ist es auch! Damit ihr wisst, was euch erwartet und was eine VV überhaupt ist, haben wir für euch das Wichtigste zusammengefasst.

Die Vollversammlung ist das basisdemokratische Organ der Studierendenschaft. Einmal im Semester sollen alle Studis zusammenkommen, um wegweisende Entscheidungen zu treffen. Das ist zumindest die Theorie. Damit das auch in der praktischen Umsetzung funktioniert, werden mindestens 3% der Studierendenschaft benötigt – und Anträge, über die diese dann abstimmen können.

Was sind Anträge und wie stelle ich sie?

Ein Antrag ist ein schriftliches Anliegen, das du der Studierendenschaft näher bringen möchtest. Letztes Semester gab es beispielsweise einen Antrag zur besseren Beschilderung barrierefreier Wege. Auch über eine*n Namenspatron*in für die Uni wurde schon gesprochen. Egal was euch beschäftigt – zur Vollversammlung kann darüber diskutiert werden. Werden Anträge angenommen, müssen sich – platt gesagt – die Uni damit beschäftigen. Schließlich entspricht es dem Willen der Studierendenschaft. Ein Antrag muss schriftlich beim AStA (asta_hopo@uni-greifswald.de) eingereicht werden. Dafür gibt ein eigenes Formular. Studierende, die Anträge einreichen, stellen diese bei der Vollversammlung vor, damit danach über das Anliegen diskutiert und schließlich abgestimmt werden kann. Die verlängerte Frist für das Einreichen von Anträgen ist der 20.11, 23:59 Uhr, es besteht jedoch für Kurzentschlossene auch bei der Vollversammlung selbst noch die Möglichkeit, Anträge auf die Tagesordnung setzen zu lassen.

Muss ich zur VV und wie läuft diese ab?

Anwesenheit bei der VV ist keine Pflicht, aber wichtig. Damit alle Studierenden dabei sein können, dürfen am 22.11 ab 12 Uhr keine Lehrveranstaltungen mehr stattfinden. Die VV beginnt dann um 14 Uhr im Hörsaal 3/4 am Lohmeyer-Platz. Sind mindestens 3% der Studierenden anwesend, gilt die Versammlung als beschlussfähig. Das klingt erstmal nach einer kleinen Zahl, entspricht bei fast 10.000 Studierenden unserer Universität aber etwa 300 Menschen! Der Hörsaal mit seinen 496 Plätzen sollte also möglichst voll werden. In der Vergangenheit hat das oft leider nicht geklappt, aber: Snacks und Getränke sind erlaubt. Ihr könnt es euch also gemütlich machen und entweder mitdiskutieren, oder nur zuhören. Hauptsache ihr seid dabei!

Was hab ich davon?

Neben dem offensichtlichen Mitspracherecht an der aktuellen Entwicklung der Universität, was nicht zuletzt euch Studierende direkt betrifft, erhaltet ihr auch einmal freien Eintritt in einen Studentenclub eurer Wahl.
Also KOMMEN!

Das Wichtigste:
Was: Die studentische Vollversammlung
Wann: Dienstag, 22.11.2022, 14 Uhr c.t.
Wo: Hörsaal 3/4, Ernst-Lohmeyer-Platz 6

Beitragsbild: Annica Bromann

Eine Liebeserklärung an … Reformationsbrötchen

Eine Liebeserklärung an … Reformationsbrötchen

Ein Kribbeln im Bauch, ein unverhoffter Glücksmoment, ein wohlig warmes Gefühl. Dafür braucht es nicht immer ein großes Ereignis, vielmehr liegen diese magischen Momente oft verdeckt unter einem Mantel der Gewohnheit und der Selbstverständlichkeit. „Eine Liebeserklärung“ ist unsere neue Kolumne, in der es darum gehen soll, die vermeintlich einfachsten Dinge dieser Welt wertzuschätzen. Mit ihr bauen wir euch eine zynismusfreie Nische, in die sich hineingekuschelt werden kann, wenn der Alltag einem mal wieder die Daunendecke der guten Laune zu klauen versucht. In diesem Beitrag soll es um die Liebe zu ganz besonderen Brötchen gehen.

Die ersten Blätter fallen, auf dem Markt gibt es Kürbisse in allen Größen. Eine kühle Brise zieht durch die Straßen. Mit ihr kommen auch sie wieder in die Auslagen der Bäckereien: Die Reformationsbrötchen.

Reformations…was? Denken jetzt vielleicht einige. Ich musste in meinem ersten Greifswald-Semester lernen, dass es hier im Norden keine Reformationsbrötchen gibt. Irritiert schaute mich die Verkäuferin in der „Junge“-Filiale an, als ich fragte, ob es schon so weit sei. In Greifswald ist es scheinbar nie so weit. Nach einer kleinen nicht repräsentativen Umfrage unter meinen Kommiliton*innen wusste ich, dass kaum jemand die süßen Brötchen kennt. Scheinbar sind Reformationsbrötchen nur in der Region um Leipzig bekannt. An den Rest Deutschlands: ihr verpasst etwas.

Fluffiger Hefeteig mit saftigen Rosinen im Teig und einem Klecks Marmelade in der Mitte. Es ist im Prinzip ein Mini-Stollen und das schon im Herbst. Die Form soll an die Lutherrose erinnern. Allerdings meistens mit vier statt fünf Blättern. Traditionell isst man sie am 31.10 – dem Reformationstag. Aber so genau muss man nicht sein. Sie schmecken auch an jedem anderen Oktobertag. Man kann Reformationsbrötchen sogar vegan backen und sie können bedenkenlos auch von allen anderen Religionen gefuttert werden. Also ein süßes Stück Herbst, dass offen für jede*n ist. Was will man mehr? Außerdem bieten sie eine Alternative zum pumpkin-spice-alles, was einem im Herbst oft begegnet.

Reformationsbrötchen habe ich schon immer gemocht, aber den speziellen Platz in meinem Herzen haben sie seit meinem ersten Praktikum. In den Herbstferien 2014 habe ich ein Praktikum bei einer Lokalzeitung begonnen. Endlich sollte ich eine richtige Journalistin werden, zumindest dachte ich das. Bei meinem ersten großen Pressetermin ging es um: Reformationsbrötchen. Ich sollte einen Konditor interviewen, der offiziell die Saison eröffnet hat. Nach dem Termin durfte ich mir ein Reformationsbrötchen mitnehmen. Ich kam mir auf dem Rückweg zur Redaktion vor, wie eine Investigativjournalistin in New York mit ihrem Kaffee in der Hand. Nur eben als Praktikantin in Oschatz mit ihrem Reformationsbrötchen in der Hand. Also mindestens genauso cool.

Reformationsbrötchen sind für mich ein Stück Zuhause. Weil es sie wirklich nur dort gibt. Sie erinnern mich auch daran, dass am 31.10 nicht nur Halloween ist. Martin Luther und seine 95 Thesen haben die Geschichte Mitteleuropas verändert. Vielleicht sollte man den Reformationstag einmal nutzen, um sich ein bisschen in die Historie einzulesen. Oder man kartert von der letzten Halloween Party aus. Oder man zieht mit den kleinen Geschwistern auf der Jagd nach Süßigkeiten um die Häuser. Egal wie ihr den Reformationstag verbringt, ich werde an die Reformationsbrötchen denken, die es vielleicht irgendwann auch nach Greifswald schaffen.

Beitragsbild: Matt Meilner über Unsplash

moritz.vorpommern: Die flottesten Fahrgeschäfte auf dem Fischerfest

moritz.vorpommern: Die flottesten Fahrgeschäfte auf dem Fischerfest

Greifswald bietet uns die Meeresbrise, die Strände, die Möwen und viel(es) Meer. Aber nicht nur das wollen wir als Redaktion in dieser Reihe mit euch teilen. Wir zeigen euch die Stadt und ihre Region Vorpommern, und gehen hier und da auch darüber hinaus. Ihr erfahrt, was wir an dieser Region lieben, welche besonderen Orte es zu entdecken gibt, was man hier so isst, trinkt oder spricht. In MV gibt es so vieles, auch außerhalb der Ostsee: egal ob Schlösser oder Erlebnisdörfer. Heute wollen wir euch das Fischerfest Gaffelrigg in Wieck präsentieren.

Alle (nicht Corona-) Jahre wieder findet im Juli das Fischerfest Gaffelrigg in Wieck statt. An diesem Wochenende war es wieder soweit. Unsere Redakteurinnen Lilly und Maret waren für euch am 16. Juli unterwegs, haben Eindrücke gesammelt und geprüft, welche Fahrgeschäfte sich wirklich lohnen.

Der Bus war voll, der Parkplatz vor dem Gelände auch. Gemeinsam mit einer Menschenmenge schoben wir uns aufs Festgelände. Dort warteten Essensstände, Bier, Jahrmarktbuden und Fahrgeschäfte auf uns. So richtig fischig ging es leider nicht zu. Die Buden mit Fischbrötchen bildeten eher die Ausnahme. Nichtsdestotrotz gab es ein breites Essensangbot, bei dem auch wir als Vegetarierinnen nicht zu kurz kommen. Gemüsekebab und Crêpe reichten als Sättigung. Die Marktstände waren nicht wirklich thematisch zum Fischerfest passend und könnten so auch auf jedem beliebigen Volksfest in Deutschland gefunden werden. Allerdings waren es sehr, sehr viele Stände. Auf einer kleinen Bühne sang ein älterer Herr über die Schönheit der Ostsee. Immerhin kam so ein bisschen Fischer-Flair auf.

Wir machten uns auch mit ,MV tut gut‘ bekannt. Neben einem Foto im Strandkorb bekamen wir Beutel, Schlüsselanhänger und Bonbons geschenkt. Ja, in dem Moment schien es MV sehr gut mit uns zu meinen. Weiter ging es mit ,Welcome Greifswald‘. Dort bekamen wir noch einen Beutel und die verschiedensten Jobangebote. Ein voller Erfolg! Nach einem Mutbier machten wir uns bereit, die Fahrgeschäfte für euch zu prüfen.

Riesenrad

  • eine Fahrt kostete 5€

Lilly: „Meine persönliche Hölle. Jedes Mal unterschätze ich Riesenräder. Ganz ruhig kommen sie im Vergleich zu den anderen Fahrgeschäften daher. Aber sie haben es in sich. In einer kleinen Gondel, die viel zu verdächtig quietscht, fährt man seine Runden. Es gibt kein sonderlich hohes Geländer und die Gondel schaukelt im Wind. Wäre der Ausblick auf den Bodden nicht so schön gewesen, wäre mein Leben vor meinem inneren Auge vorbeigezogen. Der Nervenkitzel war also absolut vorhanden, allerdings nicht auf die schöne Art. Ein (hübsches) Foto ist trotzdem dabei rausgesprungen.“

Maret: „Schon als kleines Kind fuhr ich Riesenrad. So wie wahrscheinlich alle Kinder. Dieses Riesenrad war allerdings anders. Nämlich angsteinflößend. Das Riesenrad war so…hoch. Klar, das sind sie ja eigentlich alle. Diesem Riesenrad habe ich allerdings überhaupt nicht vertraut. Ich hielt mich die ganze Zeit über an der Mittelstange fest. Das Highlight war, als unsere Gondel oben stehen blieb. Als würde man das extra machen, um uns zu ärgern.“

Autoscooter

  • eine Fahrt kostete 4€

Lilly: „Der Autoscooter ist ein Klassiker, zu dem man vermutlich nicht mehr viel schreiben muss. Für 4€ konnte man ein Auto mit zwei Personen fahren. Wenn man also wie wir zu zweit fuhr, war es das günstigste Fahrgeschäft. Im Scooterring kann man ganz entspannt seine Runden drehen, oder die anderen Autos verfolgen und gezielt rammen. Je nachdem gibt es mehr Nervenkitzel oder weniger. Sagen wir so: Ich hatte viel Spaß.“

Maret: „Schön, dass Lilly so viel Spaß hatte. Ich war nämlich ihre Beifahrerin und spürte es jedes Mal mit voller Wucht, wenn sie die Autos gezielt rammte. Abgesehen hatte sie es vor allem auf Kinder. Ich zitiere Lilly: ,Sonst macht es doch keinen Spaß‘. Nun ja, ich kann mir jetzt vorstellen, wie sich Autounfälle anfühlen könnten.“

Big Spin

  • eine Fahrt kostete 5€

Lilly: „Mein persönliches Highlight. In einem Kreisel mit 12 Armen wurde man umhergeschleudert – mal vorwärts, mal rückwärts, mal sackt man kurz in die Tiefe. Das Ganze war abwechslungsreich und voller Geschwindigkeit. Es gab immer wieder kurze Nervenkitzel und durch den vielen Schwung hat es richtig Spaß gemacht. Todesangst hatte ich keine, obwohl ich ein bisschen schreien musste. Die Fahrt ging ziemlich lang, sodass ich den Preis berechtigt finde und auf jeden Fall nochmal fahren würde.“

Maret: „Nach der ersten Runde hoffte ich bereits, dass die 5€ abgefahren sein würden. Ich täuschte mich. Es ging immer weiter und weiter. Ich wollte allerdings nur, dass es aufhörte. Irgendwie hat es aber auch Spaß gemacht. Meine Schreie und mein Lachen wechselten sich immer wieder miteinander ab. Das war mehr als nur verwirrend. Und das machte alles nur noch schlimmer. Das war ein absolutes Gefühlschaos. Es hörte ja auch nicht auf, denn dann drehte sich das Teil auch noch rückwärts.“

Jump Street

  • eine Fahrt kostete 4€

Lilly: „Die Jump Street war eher ein gemütlicheres Fahrgeschäft. Mit dem Rücken an einer drehenden Wand befestigt, wirbelte man umher. Wenn es richtig schnell wurde, kam auch ein bisschen der Nervenkitzel. Ansonsten war es ganz lustig, während der Fahrt über das Festgelände zu schauen. Zum Ende der Kreiselei konnte man beim „Becherspiel“ mitmachen. Ein voller Wasserbecher musste während Fahrt mit den Zähnen festgehalten werden. Wer am Ende das wenigste Wasser verschüttet hatte, gewann eine Freifahrt. Ich musste mich zusammenreißen, um meinen Becher nicht zu verlieren – so sehr musste ich lachen. Spaß hat es definitiv gemacht. Nochmal muss ich allerdings nicht fahren.“

Maret: „Man hatte es auf mich abgesehen. Mir wurde während dieser Fahrt nämlich sehr, sehr übel. Das Beste daran war, dass alle Mütter und Väter das sehen konnten, die ihre Kinder während der Fahrt filmten. Außerdem hörten sie meine Schreie. Am besten war dann allerdings das ,Becherspiel‘. Denn der komplette Inhalt von Lillys Becher landete auf mir. Ich überlegte während der Fahrt, ob es eine Möglichkeit wäre, mich in meinen Becher zu übergeben. Da war die Fahrt zum Glück schon zu Ende, bevor ich meine Überlegung umsetzen konnte. Allerdings war in meinem Becher noch das meiste Wasser enthalten. Leider! Denn ich bekam eine Freikarte für dieses wundervolle Fahrgerät (die verschenkte ich an das Mädchen neben mir). Da ich gewann, wurde mir der Rest des Wassers ins Gesicht geschüttet. Ich verbinde mit dem Fahrgeschäft Übelkeit, eine nasse Maret und eine lachende Lilly.

Airforce

  • eine Fahrt kostete 5€

Maret: „Damit fahre ich nicht. Am Ende hätte ich nach dem langen Tag noch einen Herzinfarkt bekommen. Daher fuhr Lilly allein dieses Höllengerät.“

Lilly: “ Schon in der Schlange zum Einstieg hörte ich die Fahrgäste kreischend an mir vorbeisausen. Ein etwa 16-Jähriger hinter mir prahlte mutig: „Also ich werde safe nicht schreien.“ Spoiler: Alle haben geschrien, ich und besonders er. Schon das Schwung holen, brachte ganz schönen Nervenkitzel. Immer höher ging es, bis wir uns letztlich kopfüber etwa 20 Meter über dem Festglände drehten. Als die Schaukel wieder in die Tiefe stürzte, hoffte ich inständig mein Bügel möge halten. Nach einigen Schwüngen und viel Kribbeln im Bauch, wurden wir nach einer zweiten Runde gefragt. Ich wollte widersprechen, aber es ging schon weiter. Beim zweiten Mal kopfüber konnte ich, in einer Atempause zwischen zwei Schreien, sogar ein bisschen den Ausblick auf den Ryck genießen. Letztlich verließ ich die Schaukel mit wackligen Beinen und heiserer Stimme. Es war definitiv das Fahrgeschäft mit dem meisten Nervenkitzel, allerdings mit weniger Todesangst als das Riesenrad. Preislich hat es sich meiner Meinung nach gelohnt. Nochmal fahren würde ich trotzdem nicht.“

Das war unser sehr aufregender, spaßiger und wundervoller Nachmittag auf dem Fischerfest.

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Spaß

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Adrenalinkick

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Getränke und Essen

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Sind wir nächtes Jahr wieder am Start?

Beitragsbilder: Lilly Biedermann und Maret Becker

Mit einer Landwirtin unterwegs im Moor

Mit einer Landwirtin unterwegs im Moor

Wer schon einmal auf den Salzwiesen spazieren war, hat sicherlich die Rinder bemerkt, die dort grasen. Unsere Redakteurin war mit Dörte Wolfgramm-Stühmeyer unterwegs. Sie hat 2016 den Familienbetrieb ihrer Eltern übernommen und bewirtschaftet die Wiesen mit ihren Tieren. Ein Gespräch über Paludikultur, unachtsame Spaziergänger*innen and Moor.

An einem bewölkten Morgen treffe ich Dörte Wolfgramm-Stühmeyer an den Salzwiesen. Kessie ist auch mit dabei. Die einjährige Hündin wird gerade zur Hütehündin ausgebildet und schnuppert ganz aufgeregt im Gras. Frau Wolfgramm-Stühmeyer erzählt, dass bereits ihre Großeltern Landwirte gewesen seien. Doch erst nach der Wende hätten ihre Eltern einen eigenen Hof gegründet. Damals noch mit 10 Rindern – gerade so viele, wie in den eigenen Stall passten. Die Landwirtin erinnert sich: „Meine Eltern wollten es nicht auf sich sitzen lassen, dass nach der Wende alles Land in der Umgebung verkauft wurde. Deshalb haben sie, erst einmal hobbymäßig, mit der Landwirtschaft angefangen.“

Als der Betrieb langsam wuchs, sei die Familie auf der Suche nach neuen Flächen gewesen – aber viele ertragreiche Standorte bereits verkauft oder verpachtet. „Die Salzwiesen waren eine Ecke, die sonst keiner haben wollte, also haben wir sie Anfang der 90er Jahre von der Stadt gepachtet und bewirtschaftet“, so die studierte Agrarökologin.

Tatsächlich eignen sich die Salzwiesen nicht sonderlich gut zur Grünlandnutzung, denn es handelt sich um Niedermoorböden. Das aufwachsende Gras hat einen geringen Futterwert, dadurch ist nur eine eingeschränkte Beweidung möglich. Außerdem sind die Flächen nicht immer mit Maschinen befahrbar. Frau Wolfgramm-Stühmeyer demonstriert das Problem, in dem sie kräftig auf dem Boden springt. Ich merke die Vibration unter den Füßen.

„Die Grasnarbe schwimmt im Prinzip auf einem beweglichen Untergrund.“

Dörte Wolfgramm-Stühmeyer

Die eingeschränkte Nutzbarkeit der Flächen sei auch ein Grund gewesen, warum der Betrieb 1997 auf ökologische Landwirtschaft umgestiegen sei. Zusätzlich liege ihnen die artgerechte Tierhaltung sehr am Herzen. Der Familienbetrieb ist tierisch vielfältig aufgestellt. Neben Mutterkühen und Mutterschafen gehören Mastschweine und Legehennen zum Hof. Das Fleisch der Tiere wird direkt im Hofladen vermarktet. „Ich habe Kunden, die sagen, dass sie das Fleisch nur noch bei mir kaufen. Das ist das größte Lob, was ich bekommen kann“, sagt die Landwirtin.

Kessie bleibt auf einmal stehen und schnüffelt intensiv im Gras. Dort liegen die Reste einer Fast-Food-Tüte. Frau Wolfgramm-Stühmeyer hebt sie auf. Sie weiß, dass viele Greifswalder*innen gerne auf den Salzwiesen spazieren gehen. Einige Flächen habe sie deshalb aus der Beweidung genommen und mähe sie nur noch. Zusätzlich mulche sie auch die Spazierwege zwischen den Weiden, um diese freizuhalten. Diese Kultur des Miteinanders wünsche sie sich auch von den Spaziergänger*innen. „Ich kann alle nur immer wieder bitten ihren Müll mitzunehmen. Auch der Hundekot hat auf meinen Flächen nichts verloren“, betont sie. Auch warnt sie davor die Weiden zu betreten, selbst wenn es erst einmal nicht so aussieht, als ob dort Tiere stehen.

Müll sollte auf den Wiesen nicht zurückgelassen werden. Der findet sich letztlich im Heu wieder.

Nicht nur zurückgelassener Müll macht der Landwirtin zu schaffen. Auch das Thema Paludikultur – also die Bewirtschaftung nasser Moore – beschäftige sie. Einerseits sehe sie die ökologische Notwendigkeit, die Flächen wiederzuvernässen. Anderseits sei ein Drittel ihrer Flächen Niedermoorflächen und würde bei einer konsequenten Wiedervernässung aus der Bewirtschaftung fallen. Eine Nutzung der Flächen in Paludikultur sei auf ihren Weiden technisch noch nicht möglich. Sie hoffe daher, dass in Zukunft Lösungen gefunden werden können, die die Moore schützen, aber gleichzeitig ihrem Betrieb nicht schaden. Schließlich genieße sie es sehr Landwirtin zu sein: „Wenn ich morgens auf den Weiden stehe und die Ruhe genieße, oder wenn ich sehe, wie entspannt meine Rinder sind, bin ich dankbar für meinen Beruf.“ Auch auf die Frage, ob Frau Wolfgramm-Stühmeyer, wenn sie die Wahl hätte, nochmal Landwirtin werden würde, gibt es eine einfache Antwort: „Ich würde nichts anderes wollen.“

Bilder: Lilly Biedermann