+++ Triggerwarnung: Blut und Nadeln in Text und Bildern +++
Die Blutspende sucht wieder einmal händeringend nach Vollblutspender*innen. Bis zum 07. November könnt ihr nicht nur Leben retten und 20 Euro verdienen, sondern außerdem die FSR Pharmazie und Medizin beim diesjährigen Vampire Cup unterstützen. Doch wie läuft so eine Blutspende eigentlich ab und was genau hat es mit diesem Vampire Cup auf sich? Wir nehmen euch mit und hoffentlich die Angst vorm Blutspenden!
Es ist ein herbstlicher Mittwoch und bereits kurz nach fünf gruselig dunkel, als ich an der Blutspendestation der Greifswalder Unimedizin ankomme. Ich war schon öfter hier und freue mich, mal wieder eine kleine gute Tat vollbringen zu können. Vor dem Eingang treffe ich mich mit Laura. Sie ist nicht nur dabei, weil sie unseren Ausflug zur Blutspende mit ihrer Kamera begleitet. Sie ist auch Erstspenderin. Bisher hat sie sich noch nicht getraut, weil sie chronisch zu niedrigen Blutdruck hat. Jetzt möchte sie es aber doch mal ausprobieren: „Das ist ja medizinisches Fachpersonal. Im Notfall können sie mich ja auffangen“, scherzt Laura.
Wir haben vor ein paar Tagen einen Termin ausgemacht. Erst letzte Woche wurde ich angerufen, weil die Ampel der Blutspende auf rot steht. Das heißt, dass Patient*innen nicht mehr indikationsgerecht versorgt werden können und Operationen verschoben werden müssen. Vor einiger Zeit konnte man noch spontan zum Spenden vorbeikommen, aber aufgrund der Corona-Pandemie wird aktuell um eine Terminvereinbarung gebeten. Die könnt ihr entweder telefonisch durchführen oder neuerdings auch ganz einfach per Mausklick regeln.
Nachdem wir unsere Hände desinfiziert haben, nehmen wir uns die entsprechenden Anmeldebögen. Laura als Erstspenderin füllt einen rosafarbenen Bogen aus, ich den weißen. Wir beantworten darauf Fragen zu Vorerkrankungen, Auslandsaufenthalten, Medikamenteneinahmen. Die Kreuze sind schnell gesetzt und wir warten beide darauf, dass unsere jeweilige Nummer, die wir am Anfang gezogen haben, über dem Raum für die Voruntersuchung erscheint. Dort werden unsere Personalien kontrolliert, Blutdruck und Temperatur gemessen und mit einem kleinen Pieks in den Finger der Wert des Hämoglobins (roter Blutfarbstoff) kontrolliert. Wäre der Wert zu niedrig (unter 7,8 mmol/l), dürften wir nicht spenden. Bei uns ist zum Glück alles in bester Ordnung und wir kehren zurück in den Warteraum. Kurz darauf werden wir nacheinander per Durchsage in das Ärzt*innenzimmer gerufen. Die Ärztin versichert sich noch einmal, dass wir nicht gerade erst krank waren oder gepierct wurden, und ob wir vor der Spende genug getrunken und gegessen haben. Wir haben natürlich mit der Ausrede, dass wir Blutspenden gehen, den ganzen Tag ordentlich gesnackt und bekommen damit das Go für die Spende.
Zurück im Warteraum werde ich kurz nach Laura in den Spenderaum gebeten. Dort mache ich es mir auf der zugewiesenen Liege bequem und werde mit einem legendären und zuckersüßen Eistee aus Schnabeltassen versorgt. Fühlt sich fast wie Urlaub an. Die Pflegerin, die für mich zuständig ist, begutachtet meine Venen und entscheidet sich dann für meinen rechten Arm. Daraufhin wird es einen Augenblick kalt, weil die Armbeuge desinfiziert wird. Anschließend piekst es kurz und schon ist die Nadel in die Vene eingeführt. Ich spüre zwar, dass da ein Fremdkörper im Arm steckt, aber es tut weder weh, noch ist es unangenehm, finde ich. Ich kann beobachten, wie das Blut in den angeschlossenen Beutel fließt und lehne mich wie Laura die nächsten Minuten einfach zurück.
Die Pflegerin nutzt die Zeit und gibt Laura einige Hintergrundinformationen zur Spende. Sie erklärt zum Beispiel, dass Laura beim nächsten Mal erfahren wird, welche Blutgruppe sie hat und beim dritten Spendebesuch stolze Besitzerin eines Spendenheftes wird. Frauen dürfen alle 13 Wochen Spenden, Männer alle 10.
Als das Gerät, das die eingehenden roten Milliliter misst und das Blut hin und her wiegt, plötzlich klingelt, sagt sie: „Das ist der Bummelzug!“ Wenn das Blut nicht schnell genug fließt, dann wird nämlich Alarm geschlagen. Das ist aber überhaupt nicht schlimm, bei mir passiert das um ehrlich zu sein jedes Mal. Laura und ich kriegen einen kleinen Ball in die Hand gedrückt, den wir einfach ein bisschen kneten. Sofort zeigt der Bildschirm eine erhöhte Geschwindigkeit des Blutflusses an.
Zwischendurch fragt uns die Schwester, ob es uns weiterhin gut geht. Uns beiden geht es durchgängig super. Das einzige, was mir ein bisschen Schwindel bereitet, ist die wild gepunktete Decke über mir anzuschauen. Deswegen lasse ich meinen Blick lieber durch den noch mit Halloweendeko geschmückten Raum schweifen. Die Pflegekräfte flitzen fleißig umher und kümmern sich um ihre Spender*innen. Ein junger Mann, der gerade Blut spendet, meldet sich. weil ihm etwas schwindlig geworden ist. Das Team kümmert sich sofort um ihn und legt seine Beine hoch, sodass es ihm gleich wieder besser geht. Er gibt zu, dass er länger nichts gegessen hat. Eine Pflegerin ermahnt ihn, dass die letzte Mahlzeit bei der nächsten Spende nicht mehr als zwei Stunden her sein sollte.
Nach ungefähr zehn Minuten bimmelt das Gerät neben mir noch mal. Diesmal ist es nur das Zeichen dafür, dass ich fertig bin und meine 500 Milliliter Blut abgegeben habe. Nachdem die Nadel kurz und schmerzlos aus dem Arm gezogen wurde, wird die Armbeuge schnell mit einem Verband umwickelt und wir verweilen noch kurz auf der Liege – Laura und mir geht es übrigens weiterhin blendend. Ich nutze den Moment und frage unsere Pflegerin, wie viele Menschen denn so am Tag spenden gehen. Sie erzählt, dass es zur Zeit leider sehr wenige sind: „An manchen Tagen sind es um die 50, an guten Tagen 70.“
Um uns herum herrscht schon Feierabendstimmung, es ist jetzt kurz nach sechs und das Pflegepersonal fängt an, Ordnung im Saal zu machen. Wir wünschen dem Team einen schönen Feierabend und treten den schönsten Part der Blutspendemission an: Snacks und Geld kassieren! Vorher müssen wir auf einem Zettel, den wir im Spenderaum bekommen haben, ankreuzen, ob wir unser Blut tatsächlich spenden wollen und den vertraulichen Selbstausschluss in den dazugehörigen Kasten werfen. Im Vorraum warten jetzt noch Brötchen, Obst, Kaffee und Saft auf uns. Wir setzen uns kurz hin und genießen den Schokoriegel, den wir ebenfalls als Belohnung für unsere Spende bekommen haben. Außerdem nutzen wir die Zeit, um am Vampire Cup teilzunehmen. Der Vampire Cup ist ein bundesweiter Wettbewerb bei dem die Fachschaftsräte verschiedenster Universitäten um die höchste Anzahl an Blutspender*innen konkurrieren. Um daran teilzunehmen und unsere FSR zu unterstützen müssen wir einfach nur ein kurzes Teilnahmeformular ausfüllen – und können sogar Greifswaldgutscheine gewinnen! Noch bis Samstag, den 6. November, läuft dieser Wettbewerb und wie jeden ersten Samstag im Monat hat die Blutspende sogar von 8 bis 12 Uhr geöffnet.
Gestärkt und mit gutem Gewissen treten Laura und ich unseren Heimweg an. Im Flur legen wir noch einen kurzen Stopp beim Automaten ein, der uns jeweils die 20 Euro, die wir für unsere Vollblutspende bekommen, auszahlt. „Ich würde es auf jeden Fall noch mal machen“, ist Lauras Resümee für unseren Ausflug in die Blutspende. Und sie musste nicht mal vom Personal aufgefangen werden!
Mehr Informationen findet ihr auf der Website der Blutspende. Dort findet ihr auch ein FAQ, Öffnungszeiten und die Voraussetzungen für die Spende. Weitere Informationen zum Vampire Cup findet ihr im Artikel vom letzten Jahr.
Beitragsbilder: Laura Schirrmeister und Lilli Lipka
Seit Beginn dieses Jahres erhalten alle Inhaber*innen des Kultur- und Sozialpasses (KuS) neben den Rabatten für kulturelle Einrichtungen auch einen Greifswaldgutschein in Höhe von 50 Euro. Was hinter dem Pass und dieser besonderen Gutscheinaktion steckt, wie ihr dort herankommt und wie viel Wartezeit ihr einplanen müsst (Spoiler: sehr, sehr viel), erfahrt ihr in diesem Artikel.
Bestimmt wurdet auch ihr im ersten Semester umworben, euch umzumelden. Wir Studis bekommen damit eine hohe Umzugsprämie von inzwischen 200 Euro ausgezahlt und auch die Universität erhält eine Wohnsitzprämie vom Land, die der Lehre zugutekommen soll. Was an einigen vorbeigeht: Alle Studierenden mit Erstwohnsitz in unserer Hansestadt können einen Kultur- und Sozialpass (KuS) beantragen, der in vielen Einrichtungen und Betrieben Greifswalds Vergünstigungen gewährt. Anfang des Jahres hat die Bürgerschaft außerdem beschlossen, dass alle Personen, die einen KuS beantragen dürfen, aufgrund der Pandemie zusätzlich Anspruch auf einen Greifswald-Gutschein in Höhe von 50 Euro haben.
Erschwingliche Kultur und fünf Greifswaldgutscheine
Das Ziel des KuS ist es, auch Personen mit geringen finanziellen Mitteln die Teilhabe an Greifswalder Kulturangeboten zu ermöglichen. Auf der Website der Stadt findet ihr eine Liste mit den Vergünstigungen aus dem Jahr 2020. Diese gelten zum Beispiel für den Verkehrsbetrieb, das Freizeitbad und das Theater. Für einige der Angebote gibt es übrigens bereits einen Studierendenrabatt, der aber teilweise geringer ist, als der KuS-Rabatt.
Warum sind nicht alle Studis längst im Besitz dieses Passes, der sie an jeder Ecke sparen lassen würde? Auch an mir ist diese Vergünstigung, die mich bestimmt animieren würde, mehr kulturelle Veranstaltungen und Möglichkeiten wahrzunehmen, vorbeigegangen. Ich begebe mich also im Juli auf Mission, mir einen Pass ausstellen zu lassen. Über die Website der Stadt finde ich heraus, dass der KuS aus aktuellem Anlass nur schriftlich angefordert werden kann. Normalerweise ist es auch möglich, ihn direkt vor Ort im Stadthaus zu beantragen. Für die schriftliche Beantragung steht auf der Website ein zweiseitiges Formular bereit, das die typischen Eckdaten wie Adresse und Telefonnummer abfragt. Außerdem muss ich ankreuzen, ob ich die Voraussetzungen erfülle, in diesem Fall also Student*in mit Hauptwohnsitz in Greifswald bin. Als Studierende muss ich noch meine Studienbescheinigung beifügen und eines meiner vorteilhaften Passbilder beilegen. Insgesamt ist der Antrag also eine Sache von fünf Minuten – denke ich zu diesem Zeitpunkt. Und ab geht die Post!
Wartezeit: lang
Zwei Monate später halte ich leider immer noch keinen Pass in meinen Händen. Auch im Freund*innenkreis höre ich ähnliche Berichte. Daher schreibe ich als Privatperson eine Mail an das Ordnungssamt und bekomme eine Woche später eine Antwort per Post – wie man E-Mails im 21. Jahrhundert nun mal beantwortet. Aufgrund der hohen Nachfrage sei das Amt zur Zeit überlastet und die Ausstellung des Passes dauere daher etwas länger. Hätte man sich das nicht denken können, als man beschlossen hat, einen 50 Euro Gutschein mit dem Kultur- und Sozialpass auszuhändigen? Ich hake also als webmoritz.-Redakteurin noch einmal nach.
Nach zweieinhalb Wochen erhalte ich eine Antwort auf meine Fragen (diesmal immerhin per E-Mail), „da die Personalsituation im Amt für Bürgerservice und Brandschutz nicht nur wegen Krankheit, sondern auch wegen der Vorbereitung der Wahlen schwierig ist“. Dieses Jahr haben bis Ende August knapp 1.400 Menschen den KuS beantragt, also etwa 400 Menschen mehr, als im ganzen Jahr 2020. Davon waren übrigens nur 88 Personen Studierende. Der Anstieg ist erst mal nicht überraschend, finde ich, bei einem zusätzlichen Lockmittel wie dem Greifswaldgutschein war ja mit einer erhöhten Anfrage zu rechnen, oder? Auch auf diese Frage bekomme ich eine, mehr oder weniger zufriedenstellende, Antwort:
„Aufgrund der enormen Anzahl der hier eingehenden Anträge sowie der derzeitigen Personalsituation ist es nicht möglich die eingehenden Anträge auf einen Kultur- und Sozialpass zeitnah zu bearbeiten. Daraus resultierend kommt es leider zu längeren Bearbeitungszeiten.“
Andrea Reimann, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Stadt Greifswald
Sonst, so das Amt, dauere die Bearbeitungszeit nur zwei Wochen und „grundsätzlich“ seien 8 Stellen für die Angelegenheiten rund um Wohngeld/Wohnberechtigungsscheine und für die Bearbeitung der Anträge auf Ausstellung eines Kultur- und Sozialpasses gegeben. Das müssen ja wirklich frappierende Personalumstände sein, wenn ich jetzt schon inzwischen knapp drei Monate auf den Pass warte. Ich frage mich auch, wie lange man warten müsste, wenn mehr als 88 der Studierenden mit Erstwohnsitz diese Möglichkeit wahrnehmen würden. Die frustrierte Mutmaßung, die ich aus meinem Bekanntenkreis höre, die Stadt wolle die geplante Gesamtfördersumme von 150.000 Euro nicht bereitstellen, weist die Stadtverwaltung entschieden zurück.
„Die Antragsabarbeitung hängt an verschiedenen Faktoren, die den Bearbeitungszeitraum – auch zum Bedauern der Stadtverwaltung – ggf. verlängern können. So gibt es Personalengpässe […] und ebenfalls die Nachwirkungen der Wahl, zu deren Vor- und Nachbereitung sowie Durchführung auch Kollegen aus dem entsprechenden Bereich eingesetzt wurden. Die Stadtverwaltung hat – wie die Antragsteller auch – ein Interesse an einer zügigen Antragsbearbeitung; andere Mutmaßungen entbehren jeder Grundlage.“
Franziska Vopel, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Stadt Greifswald
Wartezeit: immer noch lang
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels habe ich übrigens immer noch keinen Kultur- und Sozialpass. Immerhin ist der Pass, falls ich ihn eines Tages bekommen werde, nicht mehr nur bis Ende des jeweiligen Jahres gültig, sondern ab Ausstellung genau ein Jahr. Vielleicht kann ich ja dann nächsten Sommer endlich ermäßigt in den Tierpark gehen oder günstiger Bus fahren. Oder mir von dem Greifswaldgutschein den Tee nachkaufen, den ich jetzt trinken werde, während es heißt: abwarten.
Die Menschen und ihr Miteinander in Greifswald trotz der Pandemie wieder sichtbar machen. Das war Lena Elsa Droeses Motivation, als sie vor etwa einem Jahr die Idee zu ihrem Interviewband hatte. Durch den Austausch mit Greifswalder Persönlichkeiten entstand eine Sammlung, in der die Studentin der Politik- und Kommunikationswissenschaften Eindrücke und Erfahrungen aus den Lockdowns in unserer Hansestadt festgehalten hat.
Als im Herbst letzten Jahres einige Greifswalder Läden kurz vor dem endgültigen Aus standen, war plötzlich nicht mehr sicher, ob Lenas Lieblingscafés und -clubs die Pandemie überstehen würden. Die Studentin wollte wissen, wie es den Menschen hinter den verschlossenen Türen und Schaufensterscheiben wohl ginge – und fragte einfach nach. Aus einer kleinen Interviewreihe für das moritz.magazin wuchs die Idee, verschiedene Begegnungen in einem Band namens „Stadtgespräche – Greifswald im Lockdown“ abzubilden.
Der Austausch hat mir während dieser Zeit sehr gefehlt. Greifswald ist ja eine kleine Stadt, in der man sich schnell gut kennt und in den Straßen oft auf ein kurzes „Und wie geht’s dir denn?“ trifft. Im Lockdown fanden diese Gespräche natürlich kaum statt und viele Menschen sind aus dem Stadtbild verschwunden.
Lena Elsa Droese
Lena hat genau diese rar gewordenen, zufälligen Momente mit Stadtbekanntschaften für Gespräche genutzt und die Begegnungen niedergeschrieben. Das dabei entstandene Büchlein handelt von Menschen, die für die 21-Jährige einfach zum Greifswalder Stadtbild gehören: ein Barbesitzer, eine Abiturientin, eine Tänzerin, ein Gesundheits- und Krankenpfleger, zwei kleine Kindergartenfreundinnen. Insgesamt haben 19 ganz unterschiedliche Greifswalder*innen mit Lena über das Leben im Lockdown gesprochen.
Das kann die Kellnerin sein, die mit einem Tablett über den Markt läuft oder der Mann, der oft auf der Bank am Hafen sitzt. Ich glaube jede*r hat da so seine persönlichen Beziehungen zur Stadt, oder?
Lena Elsa Droese
In der rund 70-seitigen Sammlung geben die Gesprächspartner*innen Auskunft zu verschiedensten Fragen, unter anderem „Wie sieht dein Alltag aus?“, „Was ist für dich besonders schwer im Lockdown?“ oder „Was machst du als Erstes, wenn alles vorbei ist?“. Und auch die Antworten auf die Nachfrage „Was bedeutet Demokratie für dich in dieser Zeit?“ füllen mehrere Seiten des Hefts. Da Mitsprache und Teilhabe Themen sind, die Lena beschäftigen, war dieser Teil der Gespräche für sie von besonderer Bedeutung.
Die Frage rahmt den Grundgedanken vom Interviewband, jede*r kann seine*ihre Meinung äußern und diskutieren. Wichtig ist, dass man sich stets mit Respekt begegnet und zuhört.
Lena Elsa Droese
Die Aufzeichnungen werden ergänzt von Portraits, die Lena selbst aufgenommen hat. Die Fotos zeigen die Gesprächspartner*innen hinter einer Glasscheibe, um Nähe und Distanz gleichzeitig darzustellen. Ein Zwiespalt, den vielleicht viele aus den Zeiten der Isolation kennen.
Mit #stayhome sind viele Personen aus dem alltäglichen Leben verschwunden, aber ein Bedürfnis nach Nähe und Kontakt besteht natürlich trotzdem.
Lena Elsa Droese
Unterstützt wurde die Studentin bei ihrem Projekt von der Fotografin und Gestalterin Anna Knüppel und Anita Völlm von der Partnerschaft für Demokratie. Im Rahmen der von der Partnerschaft ins Leben gerufenen Gesprächsreihe „DemokraTische“ findet anlässlich der Erscheinung an diesem Mittwoch, den 8. September, eine offene Diskussion statt. Nicht nur die Inhalte der Interviewsammlung sollen dabei im Mittelpunkt stehen: Jede*r ist dazu eingeladen, ab 17 Uhr im Hof des St. Spiritus eigene Erfahrungen und Geschichten aus dem Lockdown zu teilen.
Bei der Veranstaltung kann „Stadtgespräche“ zudem erstmals erworben werden, später ist es auch in einigen Buchläden der Stadt, im Tierpark und weiteren teilnehmenden Geschäften erhältlich. Die Interviewsammlung ist grundsätzlich kostenlos. Trotzdem sind Spenden willkommen, denn alle Einnahmen kommen den Institutionen und Gesprächspartner*innen, die ihre Geschichten in dem Band geteilt haben, zugute, „sodass hoffentlich ein paar Wünsche aus den Lockdown-Zeiten erfüllt werden können“, wie Lena auf der letzten Seite von „Stadtgespräche“ verspricht.
Die Partnerschaft für Demokratie Greifswald lädt zum dritten Mal zu den DemokraTischen ein. Die Gesprächsrunden werden von verschiedenen Initiativen und Institutionen betreut und beschäftigen sich mit vielfältigen Themen aus der Region. „Die Veranstaltungsreihe verfolgt das Ziel, den demokratischen Dialog in der Stadt zu fördern und insbesondere im Wahljahr 2021 den Greifswalder Bürger*innen einen offenen und zugänglichen Raum zu geben, an dem wichtige Themen Aufmerksamkeit erlangen und jeder und jede zum Mitreden eingeladen wird“, heißt es in der Pressemitteilung der Veranstaltung. Die PfD begleitet den Austausch der Bürger*innen dabei anonym, um sie in Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft hörbar zu machen. Die Erkenntnisse sollen außerdem in die Demokratiekonferenz der Initiative mitgenommen werden, um Schwerpunkte für das kommende Jahr zu setzen.
„Die DemokraTische dienen dafür als lokale Situationsanalyse. Demokratie bedeutet, unsere Stadt gemeinsam zu entwickeln – wir freuen uns auf die DemokraTische 2021!“
Partnerschaft für Demokratie
Insgesamt dreizehn DemokraTische mit vielfältigen Gastgeber*innen und unterschiedlichsten Themenschwerpunkten sind geplant. So eröffnet die Aktion am Dienstag, den 07. September mit dem Thema „Was braucht das Ehrenamt?“ im Garten der STRAZE. Das Programm lockt außerdem mit Initiativen wie verquer, Studentenclub Kiste, Bürgerhafen Greifswald, AGBarrierefreie Stadt und Qube, dem radio 98eins und dem Allgemeinem Studierendenausschuss der Uni Greifswald. Themen sind unter anderem Greifswald im Lockdown, klimafreundlich leben in Wieck und Ladebow, Nachbarschaft mit vielen Kulturformen oder Ehrenamt statt Egoismus. Es wird sich darüber hinaus mit Fragen wie „Wie lebt es sich in Schönwalde?“ oder „Wie solidarisch kann Schule sein?“ auseinandergesetzt.
Bis zum 16. September werden die DemokraTische an verschiedenen Orten der Stadt veranstaltet, natürlich unter aktuellen Corona-Auflagen. Auf der Website der Partnerschaft für Demokratie sind alle Infos mitsamt einer Beschreibung des jeweiligen Themas aufgelistet.
Das Wichtigste auf einen Blick
Was? DemokraTische, Gesprächsrunden über regionale Themen Wann? Dienstag, 07. September bis Donnerstag, 16. September zu unterschiedlichen Uhrzeiten Wo? verschiedene Lokalitäten in Greifswald unter Corona-Auflagen Mehr Infos und genaue Daten: Website der Partnerschaft für Demokratie
Dass die Klimakrise uns alle betrifft, ist in den vergangenen Wochen spürbarer denn je geworden. Weil trotzdem viele Menschen diese Tatsache ignorieren oder verdrängen, haben wir uns mit der Regionalgruppe Psychologists/Psychotherapists for Future unterhalten. Ein Gespräch darüber, was die Psychologie mit der Klimakrise zu tun hat und wie wir Boomer*innen begegnen können, die die Erderwärmung nicht ernst nehmen.
Spätestens die jüngsten Ereignisse – die von Wassermassen zerstörten Kleinstädte in Deutschland und die brennenden Wälder auf der ganzen Welt – haben gezeigt, wie ernst es um die Erderwärmung steht. Die Wissenschaft ist sich einig, wir stecken mitten in einer Klimakrise. Nichtsdestotrotz wird die die Erderwärmung von vielen Politiker*innen als ein wenig akutes Problem abgetan. Bewegungen wie Fridays for Future werden von Freund*innen und Familienmitgliedern teilweise belächelt und die ernste Lage vielerorts verdrängt.
Die Initiative Psychologists/Psychotherapists for Future (Psy4F) möchte solche Verhaltensmuster aufgreifen und die Klimaresilienz fördern. Die Untergruppe bildete sich 2019 aus der etablierten Klimabewegung Fridays for Futureheraus. Inzwischen engagieren sich international schon mehr als 1000 Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen in der Gemeinschaft und führen unter anderem Coachings, Vorträge, Konfliktmoderationen und Gesprächsrunden durch.
Auch in Mecklenburg-Vorpommern hat sich im April diesen Jahres eine Regionalgruppe gegründet. Aktuell besteht der Lokalverband aus 10 Psychotherapeut*innen und Psycholog*innen. Was ist der Grund für die Mitglieder, sich bei Psy4F zu engagieren und welche Ziele verfolgen sie? Wir haben bei Susanne Nicolai, der Pressesprecherin von Psy4F MV, nachgefragt.
Zum Einstieg provokativ gefragt: Warum braucht es diese Untergruppe neben beispielsweise Scientists 4 Future?Was wollt ihr erreichen?
Die Klimabewegung ist vielfältig, und umso mehr gesellschaftliche Gruppen sich engagieren, desto besser. Wie viele andere sind wir im For-Future-Bündnis und sind regelmäßig im Austausch mit den Scientists und weiteren Gruppen. Unser Hauptziel ist die Förderung von Klimaresilienz, sowohl individuell als auch gesellschaftlich. Dazu gehört für uns, das Bewusstwerden der Klimakrise, den emotionalen Umgang damit sowie konstruktives Handeln im Umgang mit der Klimakrise zu fördern sowie Klima-Engagierte und -Gruppen zu unterstützen. Wir sehen uns als Teil der For-Future-Bewegung und stehen damit hinter den Forderungen der Fridays for Future.
Was genau hat der Klimawandel mit Psychologie zu tun?
Sehr viel. Der Klimawandel ist ein von Menschen verursachtes Problem und muss von Menschen angegangen werden. Da kommt die Psychologie ins Spiel: Zum einen können psychologische Erkenntnisse aus den vergangenen Jahrzehnten erklären, unter welchen Umständen Menschen ihr Handeln verändern und sich nicht in Verdrängungs- und Rechtfertigungsstrategien verwickeln. Zum anderen können psychotherapeutische Techniken angewandt werden, um mit Verlusten durch den voranschreitenden Klimawandel umgehen zu können. Es ist anzunehmen, dass psychische Gesundheit ein immer relevanteres Thema wird, wenn Folgen des Klimawandels zu Verzweiflung, Kontrollverlust und Überforderung führen.
Was bedeutet Psy4F für durchschnittliche deutsche Bürger*innen?
Die Klimakrise und ihre Folgen lösen bei Menschen unterschiedliche Emotionen aus: Trauer über den Verlust der Artenvielfalt, Sorge über die eigene Zukunft oder Wut über die Untätigkeit der Politik. All diese Emotionen sehen wir jetzt aktuell bei der Hochwasserkatastrophe. Als Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen können wir helfen, diese Emotionen zu verstehen und gezielt in Handeln umzuleiten.
An wen richtet sich eure Bewegung?
Wir richten uns an mehrere Zielgruppen. Psychologists and Psychotherapists for Future haben sich gegründet, um mit psychologischer und psychotherapeutischer Expertise einen Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise zu leisten, beispielsweise durch Beratungsangebote für Klima-Aktive. Psy4F Mecklenburg-Vorpommern bietet ebenfalls eine solche Beratung an, um die überwiegend jungen Menschen nicht alleine zu lassen. Auch Konfliktmediation und das Einbringen von Wissen über menschliches Erleben und Verhalten gehören zu unseren Aufgaben. Nicht zuletzt sind wir auch zur Vernetzung und zum Austausch für klimaengagierte Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen da.
Der Begriff „Klimaresilienz“ ist schon öfter gefallen – was genau bedeutet das?
Klimaresilienz bedeutet für uns, dass Menschen nicht in Verdrängungsmechanismen fallen, sondern den Ernst der Lage begreifen und mit den Emotionen umgehen können, die mit diesen Fakten einhergehen. Studien zeigen beispielsweise, dass Menschen aus ihrem Engagement für das Klima Selbstwirksamkeit und Hoffnung schöpfen können, ohne dabei die Folgen der Klimakrise kleinzureden.
Auch Klimaangst und -depression sind Begriffe, die einem in diesem Kontext oft begegnen. Was steckt dahinter?
Wenn angesichts der Klimakrise von „Klimaangst“ die Rede ist, geht es nach unserem Verständnis insbesondere um zwei Ebenen: Erstens die kognitive Ebene, also die Sorge um die eigene Existenz und die der anderen in einer sich verändernden Welt. Und zweitens die emotionale Ebene. Dabei geht es um die Furcht vor den konkreten Folgen der Klimakrise. „Klimaangst“ ist deshalb keine psychiatrische Diagnose. Erst wenn Besorgnis und Furcht überhandnehmen, ist die Entwicklung dysfunktionaler, lähmender Ängste im Sinne einer psychischen Erkrankung zu erwarten. Wir wollen den Fokus darauf legen, dass „Klimaangst“ oder damit verwandte Begriffe wie Klimadepression zuallererst eine adaptive Funktion haben. Das bedeutet: Alle Gefühle haben erst einmal eine Funktion. Die Frage ist dann, wie wir diese Gefühle in konstruktives Handeln umwandeln können.
Gespräche mit „Boomer*innen“ über die Klimakrise führen unserer Erfahrung nach oft ins Nichts. Habt ihr Tipps oder Strategien, wie wir mit älteren Generationen konstruktiv über die Klimakrise und die damit verbundenen Probleme in der Zukunft sprechen können?
Wir alle haben Werte und Einstellungen, die uns persönlich wichtig sind, und versuchen danach zu leben. Werden diese Werte angegriffen, so kommen wir sehr schnell in eine Abwehrhaltung. Der Schlüssel einer gelungenen Klimakommunikation ist es, herauszufinden welche Werte unserem Gegenüber wichtig sind. Dazu kommt gemäß der Terror-Management-Theorie, dass existentielle Bedrohungen oder Unsicherheiten dazu führen, dass Menschen ihre kulturelle Weltsicht ganz besonders verteidigen. Beispielsweise geschieht dies dadurch, dass Menschen mit konträren Meinungen negativer bewertet werden und man sich von diesen Menschen abgrenzen will. Der Schlüssel einer gelungenen Klimakommunikation ist es demnach herauszufinden, welche Werte unserem Gegenüber wichtig sind und auf diese einzugehen. Ich fand zum Beispiel ein Plakat von Churches for Future sehr passend, die mit dem Slogan „Schöpfung bewahren“ warben. Damit wird ein genuin christlicher Wert aufgegriffen und eine gemeinsame Gruppe hergestellt, von der sich die*der Adressat*in nicht abgrenzen will: Alle Menschen, Tiere und Pflanzen sind Teil der Schöpfung. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass solchen Menschen eher vertraut wird, die authentisch zugeben können, dass auch sie sich nicht in jeder Situation klimagerecht verhalten. Es kann also auch helfen, im Gespräch Bereiche zu nennen, die einem selbst umzusetzen schwer fallen. Damit vermeidet man, das Gefühl zu vermitteln, moralisch auf das Gegenüber hinabzuschauen.
Und wie sieht eure Arbeit konkret aus? Habt ihr schon Pläne für/in MV oder Greifswald?
Als Lokalgruppe sehen wir uns als zuständig für die hiesigen For-Future-Gruppen an. Auf Anfrage können wir Beratung oder Workshops zur Unterstützung anbieten. Wir planen zusammen Aktionen auf dem Klimaaktionstag in Schwerin am 04.09.2021 sowie zum nächsten Klimastreik am 24.09.2021 an verschiedenen Orten. In Greifswald ist für den Herbst ein Vortrag zusammen mit dem Fachschaftsrat Psychologie geplant.
Wer kann bei euch mitmachen und wie funktioniert das? Wo findet man euch?
Personen, die Psychologie studiert haben oder sich noch im Psychologiestudium befinden, können bei uns mitmachen. Wir treffen uns etwa einmal pro Monat online und besprechen aktuelle Vorhaben. Nach der Sommerpause wird das etwas häufiger, weil im Herbst mehrere Aktionen geplant sind. Wer neugierig ist, kann uns einfach eine Mail an mv@psychologistsforfuture.org senden, um uns kennenzulernen und mal reinzuschnuppern. Beratung für Aktive darf für uns nur anbieten, wer mindestens einen Diplom- oder Masterabschluss in Psychologie hat.
Wollt ihr sonst noch irgendetwas loswerden?
Vielen Dank für das Interview. Wir freuen uns über Mitstreiter*innen, die Lust haben, bei uns mitzuwirken. Zu guter Letzt ist es mir noch wichtig zu sagen: Noch können wir die Folgen des Klimawandels abmildern. Es ist also ein guter Zeitpunkt, um aktiv zu werden.