DVD: Sunny´s Boys

?AALTRA? von Gustave de Kervem und Benoit Delépine

Langsam führt der Mann seine Hand mit dem Knipser über die Krankenhausdecke zum Nagel. Der Fernseher läuft. Der Zimmernachbar sieht teilnahmslos hin. Selbstvergessen schneidet der Patient den Fußnagel. Die Lautstärke des Gerätes füllt das Zimmer aus. Die Hand mit dem Knipser wandert zum nächsten Nagel, stoppt ganz selbstvergessen und setzt an. Die Schneideflächen dringen tief in das Fleisch. Daumen und Zeigefinger erhöhen den Druck. Dunkles Blut tropft auf das weiße Laken. Der überstehende Nagel fällt.

 Die Hand mit dem Knipser wandert seelenruhig weiter. Kein Schrei ertönte. Denn das Gefühl in den Beinen fehlt, fehlt beiden Patienten des Zimmers. Beide, die in ihrem Dorf Nachbarn sind. Bis aufs Mark verfeindete, nun querschnittsgelähmte Nachbarn.     

Der zu Hause arbeitende Angestellte und sein Bauer jenseits des Gartenzaunes lassen keine Gelegenheit aus, um ihre gegenseitige Geringschätzung deutlich zum Ausdruck zu bringen. Ob mit dem Geländemotorrad auf dem Acker oder dem Düngerstreuer in Nachbars Garten. Nach einer Prügelei machen sich beide aus dem Norden Frankreichs zum Landmaschinenhersteller AALTRA nach Finnland auf. Natürlich per Rollstuhl. Denn bei der Schlägerei auf dem Felde gerieten sie unter den Hänger der besagten Marke. Nur hielt es AALTRA nicht so sehr mit der Sicherheit seiner Produkte. Ein Grund für Schadenersatz.
Benoit Delépine und Gustave Kervern gehören als Autoren und Stand-up Comedians zu den beliebtesten Stars im Bereich der frankophonen Komödie. „AALTRA“ ist ihr erster Spielfilm, wenn auch nicht ihr erster gemeinsamer Film, für den sie das Drehbuch schrieben, als Hauptdarsteller standen und die Regie führten. Beide trafen sich vor ungefähr sieben Jahren zum ersten Mal und probierten sich mit zahlreichen Kurzfilmprojekten immer wieder an neuen Erzählformen aus. Im Road-Movie „Don Quixote and the Revolution“ arbeiteten sie mit dem französischen Kultregisseur Maurice Pialat zusammen.

Der 35 mm-Streifen in schwarz-weiß besticht durch seine grobe Körnung, prägnanten Kameraeinstellungen und -schwenks. So werden Bergabfahrten mit dem Rollstuhl, die bis in die tiefe Nacht andauernde Jagd hinter einem Geländemotorad oder das Betteln um Almosen auf dem Bürgersteig zu Augenweiden und Prüfsteinen der Lachmuskeln. Trotz aller Schrulligkeit und Frechheit auf ihren Weg in das Land der tausend Seen stellen die beiden Nachbarn ungeschminkt die Widrigkeiten für Menschen im Rollstuhl dar. Ganz ohne Samthandschuhe. Dabei greifen Situationskomik und Drehbuch wunderbar ineinander. Delépine und Kervern ließen sich dabei auf die Drehorte ein und mischten unmerklich bei den Darstellern Laien mit Profis.

Während Till Schweiger in „Wo ist Fred?“ sich in der Abschlussentschuldigung in den politisch korrekten Rausch redet, schaffen Delépine und Kervern als an den Stuhl gefesselte Stand-up Comedians eines: AALTRA zeigt die zwei Rollstuhl-Rocker ungeschminkt und dadurch liebenswürdig als Menschen aus Fleisch und Blut. Anstelle einer griffigen Liebesgeschichte bewährt sich das schrullige Duo Infernale auf ihrer Odyssee in den Norden von Widrigkeit zu Widrigkeit. Künstlerisch betrachtet gerät die Reise nach Finnland zugleich zu einer cineastischen Pilgerfahrt zu Aki Kaurismäki (bitte am Ende genau hinsehen!) und bleibt doch in der Sache Albert Libertad gewidmet.   

Geschrieben von Uwe Roßner

Spontan und Frei

Die studentische Theatergruppe Improsant zeigt ihr Können

5…4…3…2…1… – Go! So werden sie eingezählt, was dann folgt ist Spontanität pur.
Die für Impro-Fans fast schon symtomatischen Klänge ertönten am 11. Mai im Lutherhof, als die studentische Theatergruppe „Improsant” zu ihrem Auftritt einlud.

Bereits 15 Minuten vor Vorstellungsbeginn waren die Sitzplätze schon rar. Punkt 20.30 Uhr, als sich der Lutherhof schon nicht mehr aufnahmefähig für die Menschenmassen zeigte, kümmerte sich die Moderatorin um die Aufwärmung des Publikums, dem laut Aussage älterer Improsant-Flyer unverzichtbarem integralsten Bestandteil der Aufführung.
Der Mechanismus ist einfach: Ihren Stoff nehmen die Spieler aus den Zurufen des Publikums und da auch das Publikum nie dasselbe ist, ist auch das Impro jedes mal andersartig.  Es wird gefragt nach Gefühlen, Orten, Handtascheninhalten. Kurz: nach dem, was szenisch auf der Bühne dargestellt werden soll.

Die Bühne ist requisitenleer. Die Kleidung der acht Spieler unterscheidet sich nur farblich voneinander. Wo soll da die Action entstehen? Die Darsteller sind auf sich allein gestellt, auf ihre Mimik, Gestik, ihren Erfindungstrieb und eigenen Ideenreichtum.  Ein paar Requisiten zur Unterstützung finden dann doch ab und an den Weg auf die Bühne. Nicht zu vergessen die musikalische Untermalung und Rahmung  durch einen schmucken Gitarristen.
Als Eröffnungsspiel stand erneut das Gröninger-Freeze, bei dem drei Spieler auf der Bühne stehen, einen Gegenstand mimen („Ich bin ein Baum”) und letztendlich  zum Standbild werden.

Dass dieses Standbild dynamisch bleibt, zeigt der Abgang. Nur zwei Personen verlassen die Bühne, um die dritte Übriggebliebene baut sich ein neues Szenario auf.
Als Improspieler muss man sich auf seine Gefährten verlassen können. Man bildet für die kurze  Dauer eines Spieles ein Team, dem es auch gelingen muss, einheitlich zu agieren. In so kurzer Zeit eine Handlung etablieren zu können, die dazu noch nicht allzu schnell an sich selbst ersticken  oder gar zu berechenbar werden soll, erweist sich als echte Kunst oder als echtes Problem. Mit diesem Problem hatte die Gruppe allerdings auch an diesem Abend zu kämpfen. Wie baut man den geforderten  Kugelblitz in die Handlung ein? Einfach umfallen und Ende. Gut geschlagen – auch wenn das Publikum ungeduldig den Kugelbitz in all seiner bitterbösen Erscheinung erhofft hatte. Der Besetzungswechsel machte sich eben doch bemerkbar. Gleich vier Stammspieler hatten die Gruppe zu Semesterbeginn verlassen.
Und dennoch bleibt es dabei: Als Zuschauer sollten feste Erwartungen und Maßstäbe gegen Unbefangenheit getauscht werden. Impro ist immer wieder neu, anders und sehenswert und das immer auf eine andere Weise.             

Geschrieben von Sara Vogel

Theater: Abgetaucht

Georges Bizets ?Die Perlenfischer?

Als der französische Opernkomponist Georges Bizet („Carmen“) 1863 Premiere mit seiner Oper „Die Perlenfischer“ feiern will, hat er wenig Erfolg. Zu unausgereift, zu laut ist seine Komposition, zu üblich das Libretto, an das er sich halten muss. Auch heute noch wird der musikalische Stoff aufgrund dieser Mängel und der Unvollständigkeit der hinterlassenen Partitur selten aufgeführt. Das Theater Vorpommern versuchte es trotzdem, mit heterogenen Ergebnissen.

Zurga, gerade zum Anführer der Perlenfischer auf Ceylon gewählt, trifft seinen Jugendfreund Nadir wieder. Die beiden hatten sich einst in dasselbe Mädchen verliebt, waren im Streit auseinander gegangen und wollen sich wieder versöhnen. Außerdem findet gerade das Fest zur Ernennung der saisonalen Hohepriesterin statt. Diese ist Leila, hinter einem Schleier verborgen, das Mädchen in das die jungen Männer verliebt waren. Nadir erkennt die Verschleierte und die beiden nehmen ihre heimliche Liaison wieder auf. Doch die Jungfrau wird mit dem Geliebten entdeckt, der älteste Priester Nourab verurteilt das Paar zum Tode. Zurga gerät in einen Gewissenskonflikt und zündet schließlich den Tempel an, damit die beiden fliehen können. Durch das fehlende Schauspiel macht es die konzertant aufgeführte Oper dem Zuschauer schwer, der Geschichte zu folgen.

Besonders ins Gewicht fällt dadurch die unausgereifte Artikulation des Chores, der seiner Aufgabe, die Handlung zu erklären, nicht gewachsen ist. Auffallend positiv ist hingegen die Leistung der männlichen Solisten. Ihre Arien und Duette begeistern. Leider gehen die starken Stimmen in der noch lautstärkeren Komposition Bizets streckenweise verloren. Der vom Publikum gefeierte Sopran versagt in seiner Darstellung der Leila, ist der Figur nicht gewachsen. Die ihr von Bizet zugedachten Kolleraturen bleiben aufgesetzt und bedeutungslos. Die Musik Bizets könnte den Kritikern seiner Zeit zu modern gewesen sein. Viele Sequenzen erinnern an opulente Filmmusiken aktueller Hollywood-Produktionen. Für eine Oper verschmelzen Handlung und Musik nicht eng genug miteinander, doch bietet gerade die musikalische Eigenständigkeit, vom Orchester des Theaters sehr gut dargeboten, ein sehr ansprechendes Hörerlebnis.   

Geschrieben von Sarah Bechimer

Theater: ″Scheiß auf Seemannsromantik″

Mit der von Sven Regener verfluchten Schwärmerei für das Seefahrertum ist das so eine Sache. Wird dieses Thema künstlerisch aufgegriffen, läuft man stets Gefahr sich in den Untiefen des folkloristischen Kitsches zu verlieren. Wer diese allerdings umschifft, kann auf ein Meer von Allegorien und Metaphern für Einsamkeit, Fatalismus und Fernweh zurückgreifen.

Kein Wunder also, dass Musiker verschiedenster Epochen und Stilrichtungen immer wieder die mythische Verbindung von Meer und Mensch beschwören.
Der Liederabend „Seemannsgarn“ von Markus Voigt und Thomas Bloch-Bonhoff im Theater Vorpommern nimmt sich des Themas nun in einer Weise an, wie sie in letzter Zeit in der deutschen Theaterlandschaft häufiger zu finden ist: Das inhaltliche Grundmotiv wird in eine musikalisch-komödiantische Szenenkollage samt passendem Setting eingebettet, deren Reiz vor allem in der an sich abwegigen Verwebung unterschiedlichster pop-kultureller und klassischer Versatzstücke zu einem harmonierenden Ganzen besteht. Nach musikalischen Rundumschlägen zum „Mann-Sein“, dem Altern und dem Dasein einer Schreibkraft folgt nun also ein solch universal-kulturelles Konglomerat zum Seemannsleben.
Und so geben ein alter Seebär und seine verwelkte Hafenliebe – vor dem Hintergrund einer Hafenspelunke – von Freddy Quinn und Achim Reichel über Rio Reiser, Jaques Brel, Keimzeit, Funny van Dannen und Element of Crime bis Celine Dion und einem inbrünstigen „Sail away“ so ziemlich alles zum Besten, was der musikalische Seesack hergibt. Kleinere komödiantische Einlagen bilden dazu einen losen Rahmen.
Leider gelingt es der Inszenierung nicht immer, Witz oder Ernsthaftigkeit stimmig auf den Punkt zu bringen, etwa wenn es um die  – als Idee großartige – melancholisch-nachdenkliche Umsetzung von Julis „perfekter Welle“ geht.
Der im Ansatz vorhandene Mut zur Überzeichnung wie auch zum ernsten Pathos geht selten weit genug, um im richtigen Moment tiefe Emotion und andererseits auch eine ironische Brechung des Seemannskitsches zu leisten. Da hätte es wohl noch eines Feinschliffs bedurft. Als totaler Rohrkrepierer erweist sich denn auch eine unsägliche „Fluch der Karibik“-Persiflage, die sich in der plumpen Wiedergabe banaler Filmzitate erschöpft.
Von der Stimmigkeit eines „Thalia Vista Social Clubs“ ist „Seemannsgarn“ leider einige Seemeilen entfernt.                   

Geschrieben von Johannes Kühl

Perspektive: Arzt und Forscher

Erster Bachelor-Studiengang in der Medizinischen Fakultät

Der Senat der Universität Greifswald hat am 16. Mai 2007 dem Wunsch der Medizinischen Fakultät, einen Bachelor of Sciences (BSc) der Humanmedizin mit naturwissenschaftlicher und biologischer Ausrichtung einzurichten, stattgegeben.

Diese Erweiterung zum „ BSc Biomedical Sciences“ bedarf  allerdings noch der Zustimmung durch das Land Mecklenburg-Vorpommern.

Zukunftsweisend

Dies könnte zukunftsweisend für den Forschungsstandort Greifswald sein. Professorin Barbara Bröker aus dem Fachbereich Immunologie sieht mit der Einrichtung des neuen Studienganges viele Chancen für Studierende und für die Universität Greifswald, sich zu profilieren. „Es können zwar nur fünfzehn qualifizierte Studenten jährlich diesen Weg einschlagen, doch wir hoffen, dass diese später der Universität als Lehrende und Forschende zur Verfügung stehen“, sagt Bröker. Sie ist als Vorsitzende des Prüfungsausschusses des Studiengangs Humanbiologie sowie als Sprecherin eines Deutsche Forschungsgemeinschaft-Graduiertenkollegs, welches Doktoranden in ihrer wissenschaftlichen Arbeit betreut, an dem Konzept des neuen Studiengangs beteiligt.

Die Immunologin Bröker sieht in der Forschung das Problem, dass aus naturwissenschaftlicher Sicht die Humanbiologie den Bereich „Mensch“ unzureichend abgedeckt. Jedoch qualifiziert ein Medizinstudium mit Bezug zum Patienten leider nach heutiger Betrachtung noch nicht zum modernen biomedizinischen Forscher. So entstand in Zusammenarbeit zwischen der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen und der Medizinischen Fakultät die Idee des neuen Studiengangs „BSc Biomedical Sciences“, welcher sowohl modernes wissenschaftliches als auch praktisches Arbeiten am Menschen vereint. Zurzeit gibt es schon die Möglichkeit für Medizinstudenten, ein Jahr zur medizinischen Forschung zu nutzen. Nachdem sie ein Jahr geforscht haben, gehen sie wieder in die Vorlesungen. Am Ende haben sie ein um ein Semester verlängertes Studium hinter sich, doch dies reicht bei weitem nicht aus, um forschende Mediziner auszubilden.

Das Konzept

Der neue, um den Doktor der Naturwissenschaft (Dr. rer. nat) erweiterte Studiengang der Medizin (Dr. med.) soll für eine qualifizierte Forschung in Greifswald stehen und das Ansehen der wissenschaftlichen Promotion erhöhen. Dieses Vorhaben orientiert sich auch an den Vorschlägen der Kultusministerkonferenz  im Beschluss vom 2. Februar 2006 zur Anhebung der wissenschaftlichen Qualität der Promotion in der Medizin.

Die ersten drei Jahre des „Biomedical Sciences“ werden sich nach dem Greifswalder Modell für Humanmedizin richten. Diese Phase sieht die so genannte Vorklinik und das erste klinische Jahr vor, in der die naturwissenschaftlichen Grundlagen für ein Medizinstudium gelegt werden. Hinzu kommt ein vertiefendes Semester im naturwissenschaftlichen Bereich. Erreicht wird dadurch nach dreieinhalb Jahren Regelstudienzeit der Abschluss des „BSc Biomedical Sciences“; zu einem Zeitpunkt, an dem für den regulären Medizinstudenten Selbststudium vorgesehen ist. Danach hat der nun höhequalifizierte Medizinstudent die Möglichkeit, seinen Doktor in der Greifswald Graduate School of Science zu machen. Das hier angewandte Medical Doctor/ Philosophie Doctor-Programm Greifswald lehnt sich an der Idee des Harvard-Modells an. Dies wird in Deutschland einzigartig sein.

Zu diesem naturwissenschaftlich ausgelegten Abschluss werden allerdings nur diejenigen 20 Prozent der Studierenden zugelassen, welche ihr Physikum (Prüfung in der Humanmedizin nach zwei Jahren Vorklinik) mit der schriftlichen Note 2,0 und besser bestehen. Fünfzehn Studienplätze sollen es zunächst sein. Der Bachelor, welcher eine zweimonatige  experimentelle Bachelorabschlussarbeit einschließt und eine mündliche Modulprüfung, die dem Niveau einer Diplomhauptfachprüfung entspricht, muss mit der Mindestnote 2,5 abgeschlossen werden. Danach kann eine strukturierte naturwissenschaftliche Ausbildung mit experimenteller Doktorarbeit in Angriff genommen werden. Sechs Semester dauert dieser Studienabschnitt.

Dabei sollen die schon vorhandenen Angebote der Mathematischen-Naturwissenschaftlichen Fakultät genutzt werden. „Wir müssen das Rad nicht neu erfinden“, meint Bröker. Verpflichtend wird lediglich das Modul Mathematik/ Statistik sein. Daneben kann eines aus sechs naturwissenschaftlichen Fächern, beispielsweise Mikrobiologie/ Virologie, ausgewählt werden. Mit dem naturwissenschaftlichen Doktortitel (Dr. rer. nat) in der Tasche, wird die begonnene medizinische Ausbildung fortgesetzt. Vor allem die praktische Ausbildung mit Bezug zum Patienten steht im Vordergrund.Während dieser Studienphase soll idealerweise die eigene Forschung nicht zu kurz kommen. Auch die Betreuung von Forschungsgruppen ist vorstellbar.

Ob sich allerdings Studenten nach drei Jahren naturwissenschaftlicher Ausbildung und Forschungsreputation wieder für den normalen Studienalltag mit Besuchen von Vorlesungen begeistern können, ist fraglich. Hilfreich könnte ein verpflichtendes zweites Klinisches Jahr sein, um die Motivation der Studenten zu steigern.

Medizin Plus statt Minus

„Gewollt sind exzellente Wissenschaftler in Greifswald“, sagt Alexander Laske, der sich   im Fachschaftsrat Humanmedizin engagiert: „Die Bildung einer Elite stellt dann ein Problem dar, wenn es Hochstudierte, jedoch keine Praktiker gibt.“ Denn Medizinstudenten mit  sehr guten Noten sind seiner Meinung nach nicht automatisch die besseren Ärzte. Grundsätzlich stünde Laske dem Modell einer Zusatzqualifikation nach dem Studium aber positiv gegenüber „wenn eine solche Qualifikation genau das ist, was der Student machen will.“ Dem schließt sich auch der Medizinstudent Ullrich Wuttke, ebenfalls Mitglied im Fachschaftsrat, an. Allerdings bevorzugen beide die Möglichkeit eines medizinischen Abschlusses vor dem des Dr. rer. nat., wie es an anderen Hochschulen in Deutschland schon möglich ist.
Eine einstimmige Meinung zum geplanten Studiengang gibt es von Seiten des Fachschaftrates bisher nicht.

„Den Studenten soll eine hoch qualifizierte, anerkannte Arbeit im Forschungsbereich erschlossen werden“, sagt Bröker. Studenten mit dem Wunsch einer Zusatzqualifikation neben dem Humanmedizinstudium gehören zur angesprochenen Zielgruppe. Schließlich schlagen über 50 Prozent der Absolventen nicht den Weg eines praktizierenden Arztes ein, sondern wählen berufliche Alternativen wie den Gang in die Forschung. Am Ende des Studiums soll nicht nur der Titel des Dr. rer. nat., sondern ebenfalls der des Dr. med. stehen. Medizin Plus.

Normale Humanmedizinstudenten können einen Wechsel zum BSc Biomedical Sciences beantragen, müssen aber nicht ins erste Semester zurück, sondern können einen Wechsel in ein höheres Fachsemester erwirken. Denn Staatsexamens- und Bachelorstudenten besuchen die gleichen Lehrveranstaltungen.

Segnet das Schweriner Kultusministerium den BSc Biomedical Scienses ab, werden frühestens ab dem Wintersemester 2007/08 erstmals Bachelor-Studenten in der Medizinischen Fakultät ausgebildet. Durch die längere Dauer dieses Aufbaustudiums – drei Jahre bis zum Bachelor-Abschluss und jeweils drei weitere Jahre für die naturwissenschaftlichen und medizinischen Doktortitel – gegenüber dem Staatsexamensstudium, müssen ausreichend Finanzierungsmöglichkeiten für die BSc-Studenten gewährleistet sein.

Während der drei Jahre für die naturwissenschaftliche Ausbildung, müssen sich die Studenten von ihrem Medizinstudium beurlauben lassen. Die Förderung durch das BAföG-Amt ist bisher noch nicht geregelt. Ob Stipendien als Finanzierungsquelle in Frage kommen, ist ebenfalls offen. Die  Frage der Lebenssicherung muss aber geklärt sein, um Interesse für den neuen Studiengang zu wecken. Auch sind die Bewerbungsmodalitäten noch nicht geklärt.

Modularisierte Ausbildung

Die Umsetzung der Bologna-Richtlinie ist auch an der hiesigen Medizinischen Fakultät gewünscht. Dem kompletten Umbau der bisherigen Studiengänge – Human- und Zahnmedizin – in ein System aus Bachelor- und Masterabschlüssen steht die Fakultät grundsätzlich positiv gegenüber. „Im Bereich der Medizin liegt dies allerdings noch in weiter Ferne. Allerdings ist mit dem BSc Biomedical Sciences der erste Schritt in die Richtung einer solchen flexiblen, modularisierten Medizinausbildung getan“, meint Bröker.

Geschrieben von Martina Pape