Mit der von Sven Regener verfluchten Schwärmerei für das Seefahrertum ist das so eine Sache. Wird dieses Thema künstlerisch aufgegriffen, läuft man stets Gefahr sich in den Untiefen des folkloristischen Kitsches zu verlieren. Wer diese allerdings umschifft, kann auf ein Meer von Allegorien und Metaphern für Einsamkeit, Fatalismus und Fernweh zurückgreifen.

Kein Wunder also, dass Musiker verschiedenster Epochen und Stilrichtungen immer wieder die mythische Verbindung von Meer und Mensch beschwören.
Der Liederabend „Seemannsgarn“ von Markus Voigt und Thomas Bloch-Bonhoff im Theater Vorpommern nimmt sich des Themas nun in einer Weise an, wie sie in letzter Zeit in der deutschen Theaterlandschaft häufiger zu finden ist: Das inhaltliche Grundmotiv wird in eine musikalisch-komödiantische Szenenkollage samt passendem Setting eingebettet, deren Reiz vor allem in der an sich abwegigen Verwebung unterschiedlichster pop-kultureller und klassischer Versatzstücke zu einem harmonierenden Ganzen besteht. Nach musikalischen Rundumschlägen zum „Mann-Sein“, dem Altern und dem Dasein einer Schreibkraft folgt nun also ein solch universal-kulturelles Konglomerat zum Seemannsleben.
Und so geben ein alter Seebär und seine verwelkte Hafenliebe – vor dem Hintergrund einer Hafenspelunke – von Freddy Quinn und Achim Reichel über Rio Reiser, Jaques Brel, Keimzeit, Funny van Dannen und Element of Crime bis Celine Dion und einem inbrünstigen „Sail away“ so ziemlich alles zum Besten, was der musikalische Seesack hergibt. Kleinere komödiantische Einlagen bilden dazu einen losen Rahmen.
Leider gelingt es der Inszenierung nicht immer, Witz oder Ernsthaftigkeit stimmig auf den Punkt zu bringen, etwa wenn es um die  – als Idee großartige – melancholisch-nachdenkliche Umsetzung von Julis „perfekter Welle“ geht.
Der im Ansatz vorhandene Mut zur Überzeichnung wie auch zum ernsten Pathos geht selten weit genug, um im richtigen Moment tiefe Emotion und andererseits auch eine ironische Brechung des Seemannskitsches zu leisten. Da hätte es wohl noch eines Feinschliffs bedurft. Als totaler Rohrkrepierer erweist sich denn auch eine unsägliche „Fluch der Karibik“-Persiflage, die sich in der plumpen Wiedergabe banaler Filmzitate erschöpft.
Von der Stimmigkeit eines „Thalia Vista Social Clubs“ ist „Seemannsgarn“ leider einige Seemeilen entfernt.                   

Geschrieben von Johannes Kühl