von Archiv | 16.04.2008
In Mecklenburg-Vorpommern existieren zurzeit nur noch zwei beschrankte Bahnübergänge. Einer davon befindet sich in Greifswald. Seit 13 Jahren ist Manfred Plötz hier am Bahnübergang Gützkower Straße Schrankenwärter. Ursprünglich machte der 49 Jährige eine Ausbildung zum Facharbeiter für Gleisbautechnik. Später nahm er an einer Umschulung zum Schrankenwärter und zum Rangierleiter teil. Seit 1982 ist er nun durchweg als Schrankenwärter tätig.
moritz: Hunderte Studenten passieren täglich „Ihren“ Bahnübergang und immer ist jemand dort im Häuschen. Was machen Sie hier tagein tagaus?
Manfred Plötz: Ich bin für die Sicherheit an diesem und für die am Bahnübergang Feldstraße verantwortlich. In Absprache mit der Fahrdienstleitung am Hauptbahnhof schließe ich die Übergänge und kontrolliere, dass sich keine Personen, Fahrzeuge oder Tiere mehr zwischen den Schranken befinden, wenn ein Zug kommt. Diese Kontrolle kann nicht technisch erfolgen, das muss jemand persönlich überwachen. Die Züge fahren hier mit bis zu 120 Stundenkilometer durch, da darf keiner hinter den Schranken sein. Die Sogwirkung eines fahrenden Zuges ist riesig.
moritz: Woher kommen Sie?
Plötz: Usedom, aus der Nähe von Karlshagen, wo ich jetzt wohne.
moritz: Haben Sie Frau und Familie?
Plötz: Ja, eine Frau, einen Sohn und einen Rauhaardackel, der heißt Eiko vom Rügendamm.
moritz: Was sind Ihre Hobbys?
Plötz: Angeln. Mein größter Fang war ein 1,29 Meter langer Hecht aus dem Greifswalder Bodden! Ich bin sowieso ein Naturfreund. Ich fahre auch Motocross und sammle Bernsteine.
moritz: Ich dachte, die findet man nur an der polnischen Küste.
Plötz: Nein. In Peenemünde nach einem Nord-Ost-Wind mit Watthose ins Meer, da findet man eine ganze Menge. Mein größter wiegt 960 Gramm, der liegt bei mir Zuhause.
moritz: Was verbindet Sie mit Mecklenburg-Vorpommern?
Plötz: Es ist das herrlichste Land, das es gibt!
moritz: Andere Menschen haben ein Haus auf dem Land, Sie haben eins am Bahnübergang. Wo ist der Unterschied?
Plötz: Es ist kleiner. Aber ich hab auch noch ein Haus auf Usedom, das ist ein bisschen größer.
moritz: Haben Sie auch eine Eisenbahn zuhause?
Plötz: Klar, eine in N und eine in Z, das sind Größen bei den Modelleisenbahnen.
moritz: Eisenbahnromantik?
Plötz: Ach na ja, ich mag Dampfloks. Ab und zu fahren hier auch Traditionszüge lang, da guck ich immer gerne.
moritz: Was ist das Schönste an Ihrem Beruf?
Plötz: Dass ich seit 35 Jahren dabei bin. Nicht einmal kam das Gehalt unpünktlich und ich hab hier ja alles. Außerdem bietet die Bahn gute Weiterbildungsmöglichkeiten. Was braucht man mehr?
moritz: Was ist nicht so schön?
Plötz: Dass ich nicht so oft Zuhause bin. Mein Sohn ist 17 und da wäre man schon gerne öfter da.
moritz: Wie ist Ihr Tagesablauf?
Plötz: Also die Frühschicht beginnt um 5.45 Uhr. Da muss ich um drei Uhr aufstehen, der Hund muss ja auch noch raus. Die Fahrt von Usedom dauert eine Stunde. Ansonsten gibt es 8- und 12-Stunden-Schichten. Hier ist rund um die Uhr jemand.
moritz: Wie viele Züge fahren pro Tag durch Greifswald?
Plötz: Zirka 70. Früher waren es deutlich mehr. Zu DDR-Zeiten fuhren noch an die 150. Zu diesen Zeiten war auf den Schienen mehr los, da LKWs knapp waren.
moritz: Beobachten Sie manchmal die Menschen, die an Ihrem Bahnübergang vorübergehen oder –fahren?
Plötz: Klar, immer! Zu gucken ist doch mein Job, ich muss hier für Sicherheit sorgen. Da darf man nicht einen Fehler machen.
moritz: Was bringt die Zukunft für Sie?
Plötz: Na ja, muss man sehen. Wenn die Unterführung am Hauptbahnhof fertig ist, wird dieser Übergang hier geschlossen. Ich hoffe, ich bekomme dann einen neuen Job.
moritz: Was würden Sie studieren wollen, wenn Sie noch mal könnten?
Plötz: Rechtsmedizin, das ist interessant.
moritz: Angenommen, Sie haben drei Wünsche frei…?
Plötz: Einmal, dass ich noch zehn Jahre bei der Bahn bin. Außerdem will ich gesund bleiben. Und ich wäre gerne mal Landesmeister im Motocross.
moritz: Ihr Lebensmotto?
Plötz: Immer lustig und gut drauf sein, das ist wichtig.
moritz: Wenn Sie einmal einfach in einen Zug einsteigen und hinfahren könnten, wo sie wollen. Wo würden Sie da ankommen?
Plötz: In Kanada.
moritz: Was liegt Ihnen am Herzen?
Plötz: Dass meine Familie gesund bleibt.
moritz: Gibt es etwas, dass Sie den Studenten sagen wollen?
Plötz: Jungs und Mädels, passt auf mit den Fahrrädern! Hier verlaufen die Gleise fast parallel zur Straße und es gibt hier ständig Stürze!Geschrieben von Arik Plazek
von Archiv | 16.04.2008
Aloha,
packt Der Spiegel mal wieder eine seiner Enthüllungsgeschichten über die dunkle Epoche des 20. Jahrhunderts aus, wälzt sich sogleich eine Welle der Entrüstung durch die Republik. Die Auflagen sind regelmäßig die Höchsten.
moritz hat seinen schönsten und beständigsten Aufreger scheinbar in seinem Namensgeber, dem Herrn Arndt gefunden. An dieser Stelle: Vielen Dank für die Leserbriefe!
Ein Mindestmaß an Emotionalität ist aber angebracht: Seltsam anmutende Pläne zur Beschränkung studentischer Mitspracherechte und Abschaffung von Freiversuchen kursieren in Form eines Diskussionspapiers durch das Schweriner Bildungsministerium.
Noch sprechen die Studenten mit: Doch machen diese im Studentenparlament auch von ihren Rechten Gebrauch? Nachdem wir im letzten Heft eine Tour durch den AStA gemacht haben, dürfen sich jetzt dessen Kontrolleure im StuPa über eine Beachtung ihrer Arbeit freuen.
Auf der Leipziger Buchmesse traf moritz auf eine Greifswalder Autorin, zur Berlinale kam Scarlett Johansson und auch die isländische Kulturministerin lässt Grüße ausrichten.
Wir schließen uns an und wünschen viel Spaß mit dem ersten Heft im Sommersemester 2008.
Euer moritz
von Archiv | 16.04.2008
moritz auf der Leipziger Buchmesse
„Buchmesse ist lustig, so wie das Wave-Gothic-Treffen, nur nicht so schwarz“, sagt eine langjährige Leipzigerin. Fakten zuerst: 129.000 Besucher, über 2000 Aussteller aus 39 Ländern, über 2700 Journalisten (ich habe die Nummer 1942 – na, dann auf in den Kampf!). Einen Stand kann eigentlich jeder mieten, der das Geld dazu hat und irgendwas mit Drucksachen oder Kunst und Geld zu tun hat.
Donnerstag um die Mittagszeit raus zur Messe. Als alter Messehase nimmt man natürlich die Dienste der Deutschen Bahn in Anspruch und nicht die überfüllten Blechkäfige der Tram. Drinnen ist es angenehm leer – der Donnerstag ist der Tag, an dem nur die sächselnden Schulklassen einem in die Hacken rennen. Am Samstag und Sonntag wird das Gedränge dann unaushaltbar. Auch die Aussteller wirken alle noch frisch und engagiert – bis Sonntag werden ihre Gesichter vom Schlafmangel und übermäßigem Alkoholgenuss eine gräuliche Patina ansetzen. Am Stand von Dumont sitzt Charlotte Roche. Sie hat heute schon zwei Lesungen auf der Messe absolviert und redet gerade mit einem Journalisten, der ihr irgendwas von Leichenteilen erzählt, die auf einem Tisch liegen.
Achtung: freilaufende Autoren
Das wirklich Schöne an der Messe ist, dass überall etwas laut gelesen wird. Man kann stehen bleiben und wenn es einem nach dreißig Sekunden nicht gefällt, einfach weitergehen ohne unangenehm aufzufallen. Bezahlen all diese Leute dafür die elf Euro Eintritt? Oder möchten sie Kontakte knüpfen? Zum Beispiel an einem der Stände, auf denen sinngemäß steht „Sie schreiben? Wir suchen Autoren.“ Für ein paar tausend Euro kann jeder seine dreibändige Familiensaga hier publizieren. Und das ist auch gut, denn gehaltvolle Literatur fällt ja oft durch die Netze der etablierten Verlage. Umso besser, dass einer der Helden dieses Jahres ein underdog ist: Clemens Meyer hat sein zweites Buch veröffentlicht, wird überall rezensiert, als Lokalmatador mit Proletenvergangenheit und -gegenwart geradezu zärtlich behandelt und bekommt den Preis der Leipziger Buchmesse verliehen; woraufhin er – wie man lesen kann – prompt sein Bier verschüttet. Kurz vor dem Ausgang dann das: Eine Gruppe Teenager-Mädchen, die sich mit Geisha-Schminke, Hotpants und geblümten Fächern auf pseudoasiatisch gestylt haben. Ach ja, in Halle 2 ist ja noch eine riesige Manga-Abteilung und dies scheint jetzt eine zeitgemäße Form des fictional reenactment zu sein. Bloß schnell weg hier.
Dafür dann abends auf die wichtigste Lesung des Tages, die L3 in der Moritzbastei. Am Einlass steht ein ganz wichtiger Literaturleipziger: Claudius Nießen prüft die Ankömmlinge auf Geld oder Namen. Früher studierte Herr Nießen am Deutschen Literaturinstitut, jetzt ist er hier einer der Strippenzieher in der Zwischenwelt von Literaturuntergrund und Kommerz, quasi der Charon zwischen E und U. Ja, was? Wir stehen nicht auf der Liste. Nein, das kann nicht sein, wir haben uns angemeldet und guck: Wir sind Journalisten. Bei wem angemeldet? Der hat hier nichts zu sagen, worüber schreibt denn unsere Zeitschrift so? Äh, öh. Dann kommt zum Glück jemand Wichtigeres und wir werden stehen gelassen. Ein Security-Mann kommt und zeigt uns seine Liste auf der wunderbarerweise unsere Namen stehen, also rein da.
Greifswald, deine Literaten
1500 Besucher werden es bei der L3 und von den circa vierzig „jungen Autoren“ sind zwei quasi Greifswalder. Bertram Reinecke hat ‚bei uns im Norden’ lange Germanistik studiert und ging dann ans Literaturinstitut. Er liest Gedichte um 22 Uhr. Judith Schalansky hat in Greifswald Abitur gemacht und liest aus ihrem ersten Roman, auch um 22 Uhr, auch hier. Es gibt vier Lese-Locations. Ebenfalls um 22 Uhr liest Clemens Meyer. Zeitmanagement wird damit zu einem Problem. Ab 23 Uhr wird der Raucherbereich immer voller, Literaten trinken Bier und unterhalten sich mit Komponisten, Künstler reden mit Journalisten, Verleger bespaßen ihre Autoren. Die Party soll noch bis in die Morgenstunden gehen. Als wir um halb zwei verschwinden, wird am Einlass immer noch kassiert. Statt zehn jetzt nur noch sieben Euro.
Am nächsten Tag weiter im Messeprogramm. Sehr empfehlenswert ist die Leseinsel der Jungen Verlage. Dort sind die potentiellen Suhrkamps von morgen geballt: Mairisch, Voland & Quist, Blumenbar, Kookbooks. Die jungen Literaturzeitschriften haben einen gemeinsamen Stand: die Bellatriste, die Edit, die Sic!, das Wespennest. Am Nachmittag Treffen mit einem Exilgreifswalder: Jan Decker studierte in Greifswald Germanistik und wechselte dann zum Literaturinstitut. Sein Hörspiel über Wolfgang Koeppen – für das er drei Jahre lang Absagen bekommen hatte – wird eventuell beim SWR produziert. Vor kurzem war er einige Monate in Japan und hat die Zeit genutzt, um dort ein – wie er sagt – Manga-Hörspiel zu schreiben. Dieses wurde von einem Sender sofort angenommen. Sind die verkleideten Mädchen von gestern dann die Zielgruppe? Mit Japan sei er literarisch aber fertig, sagt Jan. Auf der Messe nimmt der Comic- und Mangabereich fast ein Viertel der Ausstellungsfläche ein. Wie ich den Pressemeldungen entnehme, sind die Veranstalter sehr zufrieden. Neue Impulse wurden gesetzt und über achtzig Prozent der Aussteller wollen auch nächstes Jahr wieder kommen. Und warum auch nicht – lustig ist die Buchmesse doch immer.
Geschrieben von Innokentij Kreknin
von Archiv | 16.04.2008
Isländische Kulturministerin über Kultur in ihrer Gesellschaft
Island ist das kleinste der skandinavischen Länder. Dass es trotzdem mehr als Geysire und töltende Pferde zu bieten hat, darüber spricht Kulturministerin Thorgerdur Katrin Gunnarsdottir. Sie ist Schirmherrin des Nordischen Klanges, der in diesem Jahr vom 2. bis 9. Mai stattfindet.
moritz: Der Nordische Klang ist das größte Festival für nordische Kultur außerhalb Skandinaviens und Finnlands. Welchen Wert messen Sie Ihrer Schirmherrschaft bei?
Thorgerdur Katrín Gunnarsdóttir: Es ist für mich eine große Ehre, die Schirmherrschaft für den Nordischen Klang 2008 übernehmen zu dürfen. Der Nordische Klang hat sich zu einer wichtigen Institution im deutsch-nordischen Kulturaustausch entwickelt. Mit meiner Schirmherrschaft möchte ich die Bedeutung, die auch wir dem Festival in unserer wechselseitigen Kulturarbeit beimessen, unterstreichen.
moritz: Dennoch kommen Sie selbst nicht zur Eröffnungsveranstaltung.
Gunnarsdóttir: Aufgrund bereits bestehender anderer terminlicher Verpflichtungen ist es mir leider nicht möglich, der Eröffnung des Nordischen Klangs beizuwohnen. Aber mit dem isländischen Botschafter in Deutschland, S.E. Ólafur Davídsson, habe ich, denke ich, einen würdigen Vertreter!
moritz: Dem bisherigen Programm sind keine Auftritte aus Ihrer Heimat zu entnehmen. Ist es dann angebracht, Sie zur Schirmherrin zu ernennen?
Gunnarsdóttir: Wir freuen uns, dass wir mit insgesamt acht Beiträgen beim diesjährigen Festival vertreten sind: Am 1. und 2. Mai tritt das deutsch-isländische Ensemble Adapter mit Neuer Musik auf, am 5. Mai folgt das Ragnheidur Gröndal Duo. Yrsa Sigurdardóttir wird drei Programmpunkte bestreiten: eine Krimi- sowie eine Kinderbuchlesung am 6. Mai. Und in ihrer Eigenschaft als Ingenieurin wird sie am 7. Mai über die Nutzung erneuerbarer Energien in Island sprechen. Außerdem wird es am 7. Mai einen Vortrag über Björk geben sowie eine Ausstellung über „Sprachglossen auf isländischen Milchkartons“. Hinzu kommt ein Übersetzungsworkshop am 5. Mai, bei dem es u.a. um eine Kurzgeschichte von Hermann Stefánsson geht.
moritz: Welchen Künstler aus Ihrer Heimat sollten die Besucher des Festivals unbedingt kennen lernen?
Gunnarsdóttir: Dem deutschen Publikum mag Island vielleicht vor allem als touristisches Urlaubsziel und Land der Geysire bekannt sein. Doch die isländische Kunst- und Kulturszene zeugt von ebenso großer Dynamik und Vielfalt, wovon die isländischen Beiträge zum Nordischen Klang einen Eindruck geben mögen. Und eine Schriftstellerin wie Yrsa Sigurdardóttir, die in drei unterschiedlichen Sparten in Greifswald zu erleben ist, ist vielleicht eine recht typische Vertreterin der isländischen Kunst- und Kulturszene. Denn diese zeichnet sich, so glauben wir, auch im internationalen Vergleich vor allem durch ihre spartenübergreifende Tätigkeit, ihren Hang zum Interdiziplinären aus.
moritz: Island ist mit etwa 300.000 Einwohnern sehr klein. Es gibt aber eine Menge international bekannter Künstler, wie Björk, Sigur Ròs or Gusgus. Fördert der Staat kreative Köpfe in besonderem Maß?
Gunnarsdóttir: Es existiert gemessen an der Einwohnerzahl wohl kein Land weltweit, in dem derart viele Menschen im Bereich der Kunst und Kultur aktiv sind wie in Island. In einer kleinen Gesellschaft wie der isländischen gehört Kreativität fast zum Alltag dazu, Spezialistentum ist dabei weit weniger gefragt. So gibt es beispielsweise auch viel mehr Quereinsteiger in die Kunst. Hinzu kommt, dass für viele der isländischen Künstler die künstlerische Idee oberste Priorität besitzt. Künstlerisches Handwerk wird damit nicht zum Selbstzweck, und das führt nicht selten zu Lösungen, die neu und andersartig erscheinen, weil für die Idee eine unverbrauchte, unverkrampfte Umsetzung gefunden wurde.
moritz: Im isländischen Parlament, dem Alþing, liegt der Frauenanteil bei 33,3 Prozent. Das ist im europäischen Vergleich eine hohe Zahl. Für einige Zeit gab es in der Republik sogar eine Partei, die sich ausschließlich für die Rechte von Frauen einsetzte, die Frauenallianz. Was machen die Isländer besser?
Gunnarsdóttir: Auch die Isländerinnen haben über einen langen Zeitraum hinweg dafür kämpfen müssen, die gleichen Rechte wie die Männer zu erlangen – und dieser Prozess ist sicher noch nicht abgeschlossen! Heutzutage sind die isländischen Frauen allerdings sehr gut ausgebildet und haben mit etwa 80 Prozent eine hohe Beteiligung am Arbeitsmarkt. Deshalb ist es nur natürlich, dass sie auch in der Politik in zunehmend stärkerem Maße vertreten sind.
Althing, das isländische Parlament, setzt sich aus 63 Abgeordneten zusammen. 1999 wurde die damals 34-jährige Thorgerdur Katrin Gunnarsdottir dort hinein gewählt. Die heutige Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur machte einen Abschluss in Jura an der Universität Island in Reykjavik. Sie ist mit dem Managing Director der isländischen Kaupthing Bank, Kristján Arason verheiratet.
Geschrieben von Maria Trixa
von Archiv | 16.04.2008
Klein-Jenny verbringt ihre Ferien kurz vor der Wende bei den Großeltern auf Usedom. Sie schwimmt im Meer, sucht Bernstein und phantasiert über Matrosen und die Ferne, in die sie fahren möchte. Die erwachsene Ich-Erzählerin ist auf Reisen: Riga, New York und zuletzt ihre Geburtsstadt Greifswald. In ihren Blick auf die Umgebung mischt sich permanent die Vergangenheit ein.
Was als ein Heimat-Schmöker-Kamikaze-Unternehmen desaströs hätte scheitern können, erweist sich beim Lesen als ein rundum gelungener artistischer Akt. Die Sprache des Buches ist poetisch und bildreich. Sie schafft es trotzdem immer, die Kitschklippen zu umschiffen. Vor allem die Kindheitserinnerungen sprühen vor Lebendigkeit. Nichts ist überdehnt oder überzeichnet. Die immer wieder dem Text beigegebenen Bilder aus alten Archiven (und eventuell dem privaten Familienalbum) zeigen an: Schaut her, es sah wirklich so aus. Die beiden Erzählebenen bleiben strikt getrennt, haben aber ein gemeinsames Motivgerüst, das nach und nach ausgebaut wird. Die Vergangenheit findet über gut ein Dutzend kleine Geschichten ihren Weg in die erzählte Gegenwart, und wenn diese Historien doch mit einer Pointe aufgelöst werden, ist Vorsicht geboten – der wahre Kern verweist auf den Zeichenvorrat, der das ganze Buch zusammenhält. Was bleibt ist eine poetische Reflexion über Ferne und Heimat, bzw. das, was man dafür hält. Einziger Wehmutstropfen ist die kurze Lesezeit dieses hervorragenden literarischen Debüts.
Geschrieben von Innokentij Kreknin