neue serie: fachschaftsräte

diesmal: germanistik/kommunikationswissenschaft

Germanisten interessieren sich nicht für Politik. Dies könnte man zumindest meinen, wenn man einige Monate zurückblickt. Was war geschehen? Im Mai dieses Jahres stand in der deutschen Philologie die Wahl des Fachschaftsrates (FSR) an. Das einzige Problem: Keiner der über 1000 Studierenden wollte kandidieren. Das konnte nicht sein, sagten sich damals fünf Mutige und traten an. Ein halbes Jahr später blicken sie nun zurück und ziehen eine positive Bilanz.

?Wir sind ein junger, motivierter Fachschaftsrat und stets offen für Anregungen?, sagt Gundula Fasold. Die Dreiundzwanzigjährige hat zu Beginn dieses Semesters Eileen Gorisch (23) als Vorsitzendes des FSR abgelöst, die wegen ihres Studiums etwas kürzer treten wollte. Dennoch engagiert sie sich nach wie vor für die Belange der Lehrämter, die leider nicht durch einen Vertreter im Fachschaftsrat unterstützt werden. ?Ich wollte eigentlich in meiner Amtszeit mehr durchsetzen?, sagt Eileen. Einiges, wie etwa ein Bücherflohmarkt, sei jedoch bisher am Finanziellen gescheitert. ?Zumindest haben wir unsere Öffentlichkeitsarbeit wesentlich verstärkt und sind damit auf positive Resonanz im Institut gestoßen. Dritte im Bunde ist Steffi Besch, die vor ihrer Kandidatur bereits von Erfahrungen an der Humboldt-Universität profitieren konnte. ?Zwei meiner Freundinnen sind dort im Fachschaftsrat und haben mir einiges erzählt und somit mein Interesse geweckt?, berichtet die Zweiundzwanzigjährige. ?Für mich ist es eine Herausforderung, mich mit den Problemen meiner Kommilitonen auseinanderzusetzen.? Dies findet auch das ?Nesthäkchen? des Fachschaftsrates, Christoph Schuchardt. Der Einundzwanzigjährige ist ebenfalls zum ersten Mal in den FSR gewählt worden und möchte sich deshalb auch besonders für die Erstsemester einsetzen. ?Meine eigene Ersti-Woche war recht ansprechend, aber es gibt sicher noch Reserven, die wir gemeinsam ausschöpfen sollten.? Es sei außerdem sein Ziel, das kulturelle Angebot des philologischen Instituts zu erweitern.
Das Quintett vervollständigt Alexander Gerberding (23), der sagt: ?Mir war damals wichtig, dass ein Fachschaftsrat zustande kommt. Jetzt ist unser Hauptanliegen, die derzeitigen Probleme am Institut zu bewältigen.? Probleme gab und gibt es genug. ?Der alte Fachschaftsrat hatte uns da ganz schöne Altlasten hinterlassen?, so Gundula. So musste zunächst der Haushalt vom Finanzreferenten Alex auf Vordermann gebracht werden, wofür sich die restlichen 4/5 des FSR herzlich bedanken. Wichtig sei nun, die Struktur des FSR an die wachsenden Studierendenzahlen des Instituts anzupassen. ?Zurzeit arbeiten wir daher an einer neuen Ordnung.? Nach dieser werden dann bis zu 8 Studierende den Fachschaftsrat bilden. Engagierte Vertreter für eine große Fachschaft – für Politikverdrossenheit ist da wirklich kein Platz!

Geschrieben von Kai Doering

Wenn Kinder in die Uni gehen

Tausend schöne Sachen, die gibt es überall zu sehen

Wer, wie, was, wieso, weshalb, warum? Als wir noch in dem Alter waren, in dem wir all-abendlich vor dem Fernseher gesessen haben um uns die Sesamstraße anzusehen, haben wir nicht davor zurückgeschreckt, unseren Eltern Löcher in den Bauch zu fragen. Frei nach dem Motto: Wer nicht fragt bleibt dumm. Unbekümmert und frei heraus stellten wir unsere Fragen, wollten alles ganz genau wissen, ausweichende Antworten akzeptierten wir nicht.

Was uns Eltern, Großeltern, Lehrer oder ältere Geschwister nicht beantworten konnten, erklärten uns Ernie, Bert, Krümelmonster und Co. aus der Sesamstraße oder Christoph aus der Sendung mit der Maus.
Heute stellen die Kinder ihre Fragen Dozenten an Universitäten und Fachhochschulen. Zwischen acht und zwölf Jahren alt sind die neuen Studenten, die seit einigen Monaten in die Hörsäle der deutschen Hochschulen strömen. Mögen einige denken, es sei der Regierung neu-ster Streich in Sachen Bildungspolitik. In Wirklichkeit handelt es sich um das deutschlandweite Projekt der ?Kinder-Uni?. Sicherlich scheint die berüchtigte PISA-Studie unter anderem der Anstoßpunkt für dieses Projekt gewesen zu sein. ?Mit der Kinder-Uni möchten wir bei den Kindern möglichst früh das Interesse für Wissenschaft und Forschung wecken?, meint Dr. Hans Plagemann, persönlicher Referent des Rektors der Fachhochschule Wismar. Seit Sep-tember finden jeden letzten Freitag im Monat Vorlesungen für die ?kleinen? Studenten statt.
Auch am 26. November 2004 ist der Hörsaal mit fast 250 Kinderstudenten bis auf den letzten Platz gefüllt. Wie im wirklichen Unialltag müssen Stühle aus dem Nebenraum geholt werden, damit alle einen Platz finden. Wissbegierig sitzen sie in den Reihen, einige von ihnen haben sogar Stifte und Schreibblock herausgeholt und warten auf den Dozenten. Das Thema der Vorlesung lautet ?Trinkwasser – Von der langen Reise eine Wassertropfens?. Der Wassertropfen heißt Fritz und erklärt den Kinderstudenten auf spielerische Weise die Trinkwasseraufbereitung. Im Hörsaal sitzt auch Tim Kuhlow, der bereits zum dritten Mal dabei ist und heute von seiner Oma begleitet wird. Viele Eltern stehen an der Tür zum Hörsaal und sind genauso neugierig wie ihr Nachwuchs. Aber drin bleiben dürfen sie nicht. Das würde die Kinder eventuell verunsichern oder ablenken. Wer möchte, kann sich im ?Elternhörsaal? die Vorlesung per Videoübertragung ansehen. Für viele ist das sehr wichtig, denn mitunter wollen die Kinder die gezeigten Experimente zu Hause noch einmal ausprobieren. ?Nach der ersten Veranstaltung bekam ich von einigen Eltern die Rückmeldung, dass am Wochenende zu Hause sämtliche Flugexperimente ausprobiert werden mussten?, erzählt Dr. Hans Plagemann.
Ohne Scheu und wie selbstverständlich bewegen sich die Nachwuchs-Studenten in den Gängen und Räumen der Hochschulen und viele Universitäten und Hochschulen können den Andrang der Kinder kaum bewältigen. Daher müssen sie sich vorher anmelden. Zum richtigen Studenten gehört auch ein Studentenausweis. Den bekommt jedes Kind und die meisten zeigen ihn stolz den Eltern und Freunden. Für jede besuchte Vorlesung wird der Studentenausweis abgestempelt. Da kann keiner schummeln. Wer nicht da war, bekommt auch keinen Stempel.
Abgesehen davon gibt es kaum Unterschiede zu ?großen? Studenten festzustellen. Wer ehr-fürchtiges Schweigen erwartet hätte, als der Dozent den Hörsaal betrit, der irrt. Ein unter-schwelliges Gemurmel begleitet die gesamte Vorlesung. Dafür werden die Fragen des Dozenten mit mehr Eifer beantwortet, als wir es tun würden. Die Arme schnellen nach oben und (fast) jeder möchte etwas beitragen.
Probleme, Mitstreiter für die ?Kinderuni? zu finden, hatte Dr. Plagemann keine. ?95% der Kollegen haben sofort ihr Interesse signalisiert, obwohl mir zu Anfang nicht bewusst war, was es an Arbeit bedeutet, eine `Kindervorlesung` vorzubereiten?, erzählt der heutige Referent Prof. Matthias Wilichoskij. Für die Dozenten ist es eine große Herausforderung, die Themen kindergerecht umzusetzen. Wie er-klärt man Kindern, wie eine Email auf den Bildschirm kommt (Thema in Bamberg) oder was es mit „Isaac Newton and the Philosopher`s Stone“ (Thema in Oldenburg) auf sich hat. Aber auch Themen wie ?Warum knabbert ein Kaninchen??, ?Warum brauchen wir Geld?? ?Wahlen und Wahlkampf? oder gar der ?Einblick in die Geschichte der Erziehungswissenschaft – Den Eltern auf der Spur. Wie Kinder früher erzogen wurden? – stehen auf den Stundenplänen der Kinderstudenten.
Angesichts der großen Erfolge der ?Kinder-Unis? stellt sich die Frage, warum es sie nicht schon längst an der EMAU gibt. Interesse von Greifswalder Schülern gäbe es reichlich. ?Ich würde eine Kinder-Uni in Greifswald es sehr begrüßen!?, so Rektor Rainer Westermann. ?Derartige Projekte kann man aber leider nicht einfach im Rektorat oder im Senat beschließen, sondern sie brauchen auch immer eine Persönlichkeit, die sie mit Herzblut konzipiert und organisiert, und zwar zusätzlich zu ihren zahlreichen eigentlichen Aufgaben in Forschung, Lehre und Selbstverwaltung?, so der Greifswalder Rektor Rainer Westermann. Veranstaltun-gen wie die Vortragsreihe ?Universität im Rathaus? zeigen bereits, dass das Interesse durchaus vorhanden ist, akademische Welt und Alltag miteinander zu verbinden. Wenn am 13. Januar 2005 die Naturwissenschaftler wieder zur ?Langen Nacht der Physik? einladen, scheint das ein weiterer Schritt zu sein, um die Universität für interessierte Kinder und auch für ihre Eltern zu öffnen.
Ihnen die Angst vor der Institution Uni zu nehmen und ihr Interesse zu wecken, ist das Ziel der ?Kinder-Uni?. Dr. Hans Plagemann ist sich sicher, dass das eigene Erleben während der Vorlesungen die Kinder prägt. Vielleicht kann dadurch die Motivation – bei Kindern und El-tern – gesteigert werden, sich nach der Schule für ein Hochschulstudium zu entscheiden.
Aber noch einmal zurück zur Kindervorlesung in Wismar. Während wir ?Großen? durchaus zufrieden sind, wenn der Dozent seine Veranstaltung mit einer Power-Point-Präsentation auflockert, reicht das bei den ?Kleinen? keinesfalls aus. So hat Wichilowskij einige Experimente vorbereitet und erklärt den Kindern auf diese Weise, warum die Oberflächenspannung des Wassers für Wassertiere überaus wichtig ist. Auch die Frage, wie das Wasser zu Trinkwasser wird, zeigt er mithilfe eines Experiments. Und immer noch dabei ist Fritz der Wassertropfen. Als Fritz den gesamten Wasserkreislauf einmal durchlaufen hat, schwimmt er wieder glücklich in seinem Fluss.
Ein Blick auf die Uhr sagt, dass es kurz vor Dreiviertel ist. Die Kinder werden unruhig, da stehen sie den ?Großen? in nichts nach. Nachdem sich der Dozent von seinen Studenten ver-abschiedet hat, erzählen die Kinder ihren Eltern was sie heute gelernt haben. Einige von ihnen schauen sich die Experimetaufbauten an oder stellen den Dozenten einige Fragen. Eins ist sicher. Zur nächsten Vorlesung werden sie auf jeden Fall wiederkommen.

Geschrieben von Verena Lilge

Das Internet-Desaster

Wie Rektor und Verwaltung im koordinierten Chaos Geld und Reputation der Uni vernichten.

„Willkommen/Welcome“ flimmert es in schroffem Rot dem Gast auf der Uni-Homepage entgegen. Unwahrscheinlich jedoch, dass sich wirklich noch jemand auf diesen Seiten willkommen fühlt. In verschwenderischer Einfalt sind einige wahllos ausgewählte Stichpunkte auf der vergilbten Titelseite verstreut. Scheinbar unsortiert verstecken sich wichtige Informationen in den Tiefen der unüberschaubaren Struktur des Gesamtkunstwerks. Wer sich beispielsweise ein Zimmer mieten will, muss obskurerweise auf „Studium und Lehre“ klicken.

„Als ich die Homepage zum ersten mal gesehen hatte, wollte ich eigentlich gar nicht mehr nach Greifswald“, resümiert Ingo Meyenburg, der in diesem Jahr sein Physikstudium begonnen hat. Wie viele andere, war auch er vom desolaten Zustand der offiziellen Uni-Homepage entsetzt. „Zum Glück war es hier dann doch nicht ganz so schlimm“, scherzt der Ersti.

Doch es ist nicht witzig. Während das Hauptgebäude der Universität gerade mit 16 Millionen Euro aufwendig restauriert wird, um das epochale Ansehen der ehrwürdigen Anstalt wieder aufzupäppeln, vergammelt die Homepage seit nun schon fast einem Jahrzehnt. Selbst Greifswalder Grundschulen haben bessere Internetseiten. Dabei ist die Homepage das wichtigste Aushängeschild der Universität: Sie ist jederzeit für jedermann an jedem Ort erreichbar und dient als erste Anlaufstelle und Hauptinformationsquelle für Studenten, Forscher und Personalchefs. Der Image-Schaden durch den angestaubten Auftritt für die Greifswalder Hochschule, die sich am liebsten zur Elite-Universität erklären möchte, ist kaum abschätzbar. (mehr …)

Kommentar: Ist das nötig?

Ein umweltfreundlicher Kommentar zur Ersti-Woche

Endlich geschafft! Die Erstsemesterwoche ist Vergangenheit. Das bunte Treiben auf den Straßen und in den Clubs verzog sich in die Gemäuer der Institute. Was bleibt, sind Erinnerungen und Müll. Das kann das gleiche sein, muss es aber nicht.

Brauchen wir das? Diese Frage können sich nicht nur die Organisatoren stellen, welche mit viel Engagement, Kreativität und Nervenverlust jedes Jahr diese besondere Woche durchführen. Dabei wissen die meisten (Neu-)Studenten noch nicht einmal, dass ihnen an anderen Universitäten nichts Vergleichbares geboten wird. Die Frage nach dem Sinn und Zweck dieser Veranstaltung, oder besser: dieses Veranstaltungsmarathons, zielt auch nicht auf das WAS an sich, sondern auf das WIE. Party ja! Verschwendung nein! (mehr …)