Vor zwei Wochen waren die moritz.medien mit der South Coast Baltic Boating Rally an der Küste Polens unterwegs. Das Projekt ist EU-gefördert und soll Schiffsliebhaber aller Art für die südliche Ostseeküste begeistern, die Gegend touristisch beliebt machen und dem intereuropäischen Austausch dienen.  

Am 06.08 lag unser Schiff in Swinemünde, von wo uns ein 20-minütiger Radwed nach Ahlbeck führte. Dort trafen wir die 31-jährige Laura Isabelle Marisken, die vor einer Woche zur Heringsdorfer Bürgermeisterin gewählt worden war. Die in Berlin studierte Juristin arbeitete seit 2012 an der Universität Greifswald als wissenschaftliche Mitarbeiterin und schloss hier noch einen Master in Kriminologie und Strafrechtspflege an – ein Studiengang, der mittlerweile nicht mehr angeboten wird. Wir trafen sie am Ahlbecker Strand.

Laura Isabelle Marisken

moritz: Frau Marisken, eine Juristin, die in Berlin studierte, in Greifswald arbeitete und in Heringsdorf zur Bürgermeisterin gewählt wurde – wie passt das zusammen?

„Der besondere Bezug zu Heringsdorf besteht seit meiner Kindheit, in der ich viele Urlaube auf der Insel verbrachte. Diese Verbindung habe ich durch regelmäßige Besuche in der Gemeinde nie verloren, auch wenn ich in Berlin und Greifswald gelebt habe. Offensichtlich haben die Einwohnerinnen und Einwohner genau jemanden gesucht, der durch seine Herkunft unabhängig die Geschicke der Gemeinde lenken soll“

moritz: Wurden Sie als ortsfremde Person gut angenommen?

„Absolut! Ich wurde sehr freundlich, aufgeschlossen und warmherzig vor Ort empfangen. Auch das Wahlergebnis kann dies bestätigen. Politisch betrachtet, ist der Blick von außen für viele Einwohner positiv. Er garantiert die Unabhängigkeit und Neutralität meiner Handlungen zum Wohle der Gemeinde, nicht zum Wohle Einzelner.“

moritz: Sie sind parteilos zur Wahl angetreten und geblieben. Sehen Sie denn Ihre Zukunft in der Politik?

„Ich möchte Lösungen finden, die die besten für unsere Gemeinde sind, nicht solche, zu der mich parteiinterne Vorgaben zwingen. Deshalb erachte ich es für absolut sinnvoll, in diesem Amt nicht parteigebunden zu agieren. Ich übe das oberste Verwaltungsamt aus. Die Neutralität in diesem Amt ist meine Prämisse.“

moritz: Heute redeten Sie vor den Teilnehmern einer Bootsrally, die auch durch ihr Gebiet zieht. Was bedeutet das Projekt für Sie?

„Der Tourismus spielt eine zentrale Rolle für die Region und auch für den Austausch mit unseren polnischen Nachbarn. Die Rally zeigt eindrucksvoll, wie Verständigung über Grenzen hinweg gelingen kann. Diese Grenzen sind ja auf dem Wasser sowieso viel weniger zu spüren als hier an Land. Ich halte das Projekt daher für einen gelungenen Teil der internationalen Zusammenarbeit, die es in Zukunft noch weiter auszubauen gilt.“

moritz: Hat die „einheimische“ Bevölkerung manchmal das Gefühl, im Tourismus mit ihren eigenen Interessen unterzugehen?

„Das ist drastisch formuliert, aber nicht ganz abwegig. Im Wahlkampf habe ich knapp 3000 Haushalte besucht und auch darüber gesprochen. Die Einwohnerinnen und Einwohner wissen, dass der Tourismus sehr wichtig für unsere Region ist und unsere Lebensgrundlage darstellt. Kaum einer will ihn abschaffen. Aber die Art, wie er sich entwickelt hat, wird kritisch gesehen. Dies wirft die Frage auf, wo wir touristisch konzeptionell in unserer Gemeinde in Zukunft hinwollen. Meines Erachtens muss es das Ziel sein, den Tourismus mit dem Leben vor Ort in Einklang zu bringen. Es gilt, den Wirtschaftsfaktor Tourismus zu fördern, aber dabei nicht die Interessen und die Lebensgrundlage der Einheimischen sowie der Natur aus den Augen zu verlieren. Dieses Austarieren stellt einen Balanceakt dar.“

moritz: Viele der Medienbeiträge, die ich im Vorfeld des Interviews gelesen habe, betonen ihr gutes Aussehen – eher ungewöhnlich für eine Wahlberichterstattung. Stört Sie das?

Lacht „Ja, in der Tat ungewöhnlich. Insgesamt wohl ein Kompliment und das möchte ich auch nicht zerreden. Allerdings bin ich dabei etwas zurückhaltend. Ausstrahlung, Einzigartigkeit und Verstand sind für mich so viel mehr Ausdruck von Schönheit als das Aussehen. Für manche Menschen scheint die Optik eine so übergeordnete Wichtigkeit zu haben. Das sehe ich kritisch. Es gibt eindeutig Wichtigeres in der Welt: zum Beispiel Politik. Lacht.

Im Wahlkampf offenbarte meine Optik – mag man sie gut oder schlecht finden- durchaus auch ihre negativen Seiten. So zeigten sich etwa neben „klassischen“ aufdringlichen Offerten wiederholt partielle Reduzierungen meiner Person auf das Äußere mit teilweise recht interessanten Konklusionen. Ich muss dies in seinem Detailreichtum hier gewiss nicht wiederholen. Psychologisch und soziologisch interessant ist es allerdings allemal, dass es doch immer noch Menschen gibt, die beispielsweise schlussfolgern, dass man mit einer gewissen Optik seine universitären Abschlüsse und die Auslands- und Promotionsstipendien nicht durch wissenschaftliche Leistung erworben haben müsse. Das ist schlichtweg inakzeptabel und Ausdruck chauvinistischer Unterbelichtung.

moritz: Frau Marisken, vielen Dank für Ihre Zeit.

Laura Marisken (2 v.l.) und der Stadtpräsident von Swinemünde, Janusz Żmurkiewicz (3 v.l.)
Teilnehmer der South Coast Baltic Boating Rally erwarten gespannt die eröffnenden Worte der zwei Stadtvorsteher.

Mehr zur Rally und unseren Erlebnissen erfahrt ihr bald ausführlich bei moritz.tv!

Interview und Blder: Jonas Greiten