Retro, retro, retro yeah! Die neue Kolumne über alte Dinge. Kennt Ihr diese Spiele, Filme, Accessoires noch? Aus der Kindheit, meist noch aus den 90ern stammen sie und sind vielleicht ja doch noch eine Guilty Pleasure des ein oder anderen.

Dieses Mal mit dem Thema: Wendy.

Die 15-jährige Wendy Thorsteeg lebt mit ihrer Familie auf dem Gestüt Rosenborg … so oder so ähnlich fing in meiner Kindheit jede Woche eine heiß ersehnte neue Geschichte an. Für Pferdemädchen wie mich, oder solche, die gerne eines sein wollten, brachte die Wendy regelmäßig neue Abenteuer ins Kinderzimmer. Damals, als wir Pferdemädchen uns nichts sehnlicher wünschten als ein eigenes Pferd, mit dem wir wie Wendy am Ostseestrand entlang galoppieren können, während wir spannende Abenteuer mit Pferdedieben und Umweltsündern erleben. Ganz normale, realistische Wünsche eben.

Quell der Inspiration und Projektionsfläche war die talentierte, zu jeder Zeit ewig 15-jährige Springreiterin und Pferdeflüsterin. Die Zeitschrift Wendy erschien zum ersten Mal 1986, ursprünglich mit wechselnden Heldinnen im Hauptcomic. Irgendwann kristallisierte sich dann der heutige alterslose Teenager als titelgebende Protagonistin heraus. Die absolute Hochzeit der Zeitschrift und der Figur Wendy waren allerdings die 1990er Jahre. Damals erschien die Zeitschrift wöchentlich. Es gab sogar eine Fernsehserie. Die hieß im Original Riding High und ist eigentlich aus Neuseeland. Für Filmnerds ein Highlight: der junge Karl Urban spielt Wendys Freund und Rivalen Jerry. Die Schauspieler der Serie wurden in den 90ern hin und wieder auch im Heft sichtbar, wenn der Comic für einzelne Ausgaben zur Fotostory wurde. Und nicht nur Neuseeland beteiligte sich an der Wendy – sie wurde ein Exportschlager im deutschsprachigen Ausland und inspirierte lokalisierte Versionen in Spanien, Dänemark und Norwegen. Auch Helge Schneider wurde von der Wendy zu seinem ersten Theaterstück inspiriert: Mendy- das Wusical in dem sich Mendy am Ende als Schlachtopfer anbietet, um ihr eigenes Pferd vor der Verwurstung zu retten.

Obwohl fast jeder Comic eine in sich geschlossene Geschichte ist, gab es schon immer Entwicklungen, die sich über Generationen hinzogen und immer wieder auftauchten. Wahre Expert*innen wissen deswegen auch, dass die Familie Thorsteeg früher auf Lindenhöhe gewohnt hat, bis der Hof einer Feuersbrunst zum Opfer fiel. Das war so dramatisch, dass die Geschichte nochmal in einer Sonderausgabe irgendwann in den frühen 2000ern veröffentlicht wurde. Neben dem Comic hat die Zeitschrift auf ihr Publikum zugeschnittene Reportagen, Fotostorys und Gewinnspiele – es wurden sogar schon lebendige Fohlen an Leser*innen verlost!

Die Zeitschrift hat sich über die Jahrzehnte von einer Spartenzeitschrift für Pferdesport über Tierschutzthemen bis zu einer Art Lifestylemagazin weiter entwickelt. Und das für die Altersgruppe der Neun- bis Elfjährigen. Obwohl die Zeitschrift nur noch ungefähr einmal im Monat erscheint, hat sich die Marke behaupten können. Online kann man Comics und Pferdereportagen lesen oder Quizze lösen, im Kino kann man ab und zu neue Wendy-Filme sehen und auf KiKa gab es eine Animationsserie. Es gab schon immer Imitationen auf dem Markt, aber nur die Wendy steht stellvertretend für ein Genre, das auch mit einem behutsamen Problembewusstsein um Tier- und Umweltschutz eine heile Traumwelt für jede Generation der Pferdemädchen anbietet. Und ganz ehrlich: Einmal am Strand entlang zu galoppieren steht immer noch auf meiner Bucketlist.

Foto Veronika Wehner