Im webmoritz gibt’s eine neue Kolumne! Passend zu meinen größer werdenden Geheimratsecken (der Kenner nennt es Oberschenkeldruckstellen) heißt die Sendung: Der Geheimrat. Ihr wolltet schon immer nutzlose Lebenstipps von einem Mann mit Haarausfall bekommen? Weiterlesen!

Ist das Mensch oder kann das weg?

Denkst du auch manchmal, dass dir dein Leben entgleitet? Das macht doch nichts. Denn das stimmt und aufhalten lässt sich der ganze Schlamassel eh nicht mehr. Mittlerweile wird uns allen jedwede Eigenständigkeit abgesprochen. Apps steuern unseren Schlaf, Twitter unsere Meinung und Trump unsere Angst vor dem Atomkrieg. Die Zeiten, in denen wir uns selbst Gedanken machen konnten und in denen Erlebnisse unsere Entscheidungen beeinflussten, sind vorbei. Die Menschheit ist zu einem amorphen Konglomerat verbacken, ein widerlich stinkender, massenmedial gelenkter Einheitsbrei, aus dem nichts hervorkommt außer Zorn und Kampf. Noch schlimmer als die Menschen sind nur die Roboter. Milliarden und Abermilliarden künstlicher Intelligenzen wollen uns sagen, was wir zu tun und zu lassen haben. Weil wir keine Fehler machen sollen. Dabei machen gerade Fehler das Leben und damit die Menschlichkeit aus. Nur aus Fehlern lernen wir, nur aus vertanen Chancen ziehen wir die Kraft, eine Gelegenheit diesmal beim Schopfe zu packen. Denn wenn uns ein Computer sagt: Machs!, sehen wir vielleicht ein, dass er Recht hat. Aber der Grund, die Kausalität, kurz gesagt das Warum bleibt uns für immer verborgen. Neue Banken lassen Algorithmen entscheiden, wer kreditwürdig ist und wer nicht. Dafür muss der Kreditbegehrende nur seine sozialen Netzwerke offenlegen und der Roboter entscheidet. Doch warum jemand als würdig oder unwürdig eingestuft wird, versteht niemand. Früher war das einfach. Trägt er einen Anzug, bekommt er eine Million D-Mark zum Hausbau. Riecht er nach Pisse und hat lange Haare: nix da. Das war keine perfekte Welt, weil sie von Vorurteilen und ersten Eindrücken lebte. Aber es war eine nachvollziehbare Welt, die von Menschlichkeit (oder Unmenschlichkeit) bestimmt war. Heutzutage ist alles elektronisch kalt und gefühllos geworden.

Solche Gedanken drängen sich gerne Mittwochs auf, denn das ist der Tag, an dem diese Kolumne entsteht und sich der Mensch mit dem Klassenfeind, dem PC, auseinandersetzen muss. Dieser ist der Überzeugung, alles besser zu wissen.

Der Wichser. Schlägt einfach Verbesserungen an diesem Text vor. In seiner an Königin Niobe grenzenden Hybris erlaubt sich der PC, dem Autor, dem Schriftgelehrten, dem letzten Universalwissenschaftler dieser Zeitrechnung eine Zurechtweisung angedeihen zu lassen.

Für alle, für die Hybris (anmaßender Übermut, Überheblichkeit) ein neues Wort ist, folgt ein Zwischenspiel von der Webseite www.neueswort.de:
Die Annahme der Unsinkbarkeit der Titanic ist bis heute ein Inbegriff menschlicher Hybris gegenüber der Natur.

Was für ein grausamer Fehler die Maschine an dieser Stelle macht. Denn mit der Macht des Menschen rechnen selbst die intelligentesten Roboter nicht. Der Zeigefinger ist ein sträflich unterschätztes Organ, kann er doch zum Benützen des Ausschalten-Buttons verwendet werden. Ha, was sagst du nun, Stromfresser?

Für alle, die auch der Meinung sind, dass Maschinen ihnen das Leben klauen (und ja, lieber PC, hier wird absichtlich Umgangssprache verwendet), kommt an dieser Stelle der Geheimrat der Woche. Diesmal von www.wunderweib.de mit der Bitte, die sexuelle Unlust des Mannes zu therapieren:

Nicht rauchen, ausgewogen ernähren, nur wenig Alkohol trinken, viel bewegen, Übergewicht abbauen, Blutdruck, Blutzucker und Blutfette regelmäßig kontrollieren und bei schlechten Werten behandeln lassen.

Das sorgt nicht nur für mehr Feetz im Bett, sondern auch für einen niedrigen Stresspegel, wenn die Maschine mal wieder die Führung über dein Leben übernehmen möchte.

PS: Bei „Versuchen Sie die Umgangssprache zu vermeiden“ handelt es sich um eine von einem Substantiv abhängige Infinitivgruppe und muss nach Duden D117 § 75 (2) mit Komma geschrieben werden.
Mensch: 1, Maschine: 0.