Das Prinzip einer Wohngemeinschaft ist simpel: ein paar arme, einsame Seelen tun sich zusammen und mieten gemeinsam eine Wohnung. Nüchtern betrachtet ist das aber eigentlich schon ein bisschen schräg. Man vertraut meist wildfremden Menschen einfach, dass sie einen nicht bestehlen und die Wohnung einigermaßen in Ordnung halten. (Oder auch beides nicht, wie es im Wohnheim bei mir der Fall war, da ich meist vom Zuschließen der Zimmertüren geweckt wurde…)

Dies fiel mir so aber auch erst auf nachdem mein 8-Jähriger Bruder, mitten in meiner WG stehend, mich mit weit aufgerissenen Augen fragte, ob ich wirklich mit Fremden ganz ohne Familie wohne. Eigentlich echt ein bisschen komisch auf den ersten Blick, da hat er schon recht. Ich meine die meisten kennen sich vom guten alten WG-Casting, wo man sich in einem 30-60 minütigen Gespräch kennen lernen soll? Wie kann man so überhaupt feststellen, ob man zusammen leben kann oder geht’s doch eher darum mit wem man das WG-Leben ÜBERleben kann?

Aber es muss ja alles schnell gehen und Probewohnen wäre ja noch gruseliger!

In der WG kriegt man ja vielleicht doch nicht so viel von einander mit…

Na klar, einen Plausch in der Küche über die Neuigkeiten von Pokémon GO oder die hypermotivierten Rentner im Schwimmbad gibt’s schon mal, aber die meiste Zeit frage ich mich eigentlich, wo meine Mitbewohner stecken.

Ein kurzes „Hallo“ und/oder „Tschüss“ zwischen Tür und Angel kann auch die einzige Konversation von drei Tagen sein.

So frage ich mich seit drei Tagen auch, ob mein einer Mitbewohner noch lebt, den andern habe ich gestern auf mein zögerliches „Hallooo?“ beim Reinkommen durch seine Zimmertür antworten gehört.

Aber wir sind auch alle ziemlich viel unterwegs, oft besteht das „Zuhause-sein“ nur daraus, die eine Tasche in die Ecke zu pfeffern und die andere schnell aufzuschultern und -schwupsdiwupps- ist man wieder weg und wo die beiden nachts sind, traue ich mich gar nicht mir vorzustellen.

Doch manchmal finden sich tatsächlich Lebenszeichen in der Wohnung, von irgendjemandem zumindest.

Der Klodeckel ist mal wieder oben, die leere Klopapierrolle steht 3cm entfernt vom dafür vorgesehenen Mülleimer im Bad rum, die Hälfte des nicht mir gehörenden, dreckigen Geschirrs ist abgewaschen und mitten in der Küche liegt eine verlassene, hoffentlich noch nicht vergessene Socke – jemand scheint also da gewesen zu sein, das beruhigt auf jeden Fall.

Ich hoffe, meinen Mitbewohnern geht’s gut, und dass ich sie mal wieder sehe, wir haben uns doch beim WG-Casting so gut verstanden…

Also falls ihr das lest und euch angesprochen fühlt: ein kurzes „Hallo“ und/oder „Tschüss“ für euch, bis in drei Tagen!

 

Beitragsbild: Symbolbild Lukas Thiel