Autor: Tom Peterson

Für das Jahr 2050 schätzt man, dass etwa 10 Milliarden Menschen auf der Erde leben werden. Angesichts der immer knapper werdenden Rohstoffe stellt sich die dringende Frage, wo die Nahrung für alle herkommen soll?

Auf der Suche nach einer Antwort begibt sich der bekannte Regisseur, Bestseller-Autor und Food-Fighter Valentin Thun in seinem neuesten Film „10 Milliarden – Wie werden wir alle satt?“ auf eine spannende Weltreise um Einblicke in die wichtigsten Grundlagen der Lebensmittelproduktion zu geben. Im Rahmen der diesjährigen Nachhaltigkeitswoche an der Universität konnte man sich den Film am vergangenen Dienstag anschauen und persönlich mit Valentin Thun darüber diskutieren.

Der Magen ist leer, der Kühlschrank auch. Also rasch in den nächsten Supermarkt und etwas Leckeres zu Essen holen. Die Auswahl ist groß, von lokalen Obst und Gemüse, über Fisch und Meeresfrüchte, bis hin zu exotischen Speisen und Zutaten aus der ganzen Welt. Zugegeben, Heuschrecken und Maden sind nicht unbedingt jedermanns Sache, doch vielleicht können wir in naher Zukunft bei unserer Nahrung nicht mehr ganz so wählerisch sein. Denn nach aktuellen Berechnungen der Vereinten Nationen wird sich die Weltbevölkerung bis 2050 auf knappe 10 Milliarden erhöht haben. Dies dürfte eine drastische Verschärfung der aktuellen Welternährungslage mit sich bringen. Bereits jetzt sind weltweit mehr Menschen durch Hunger als durch militärische Konflikte bedroht. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass 795 Millionen Menschen dieses Jahr akut von Hunger und Unterernährung betroffen sind. Das bedeutet, dass jeder neunte Mensch auf der Welt hungrig schlafen gehen muss.

Dargestellt wird dies auf der Welthungerkarte 2015. (Zum Link auf die Interaktive Karte auf das Bild klicken)

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Zu Recht trägt Thuns neuestes Werk also die Frage „Wie werden wir alle satt?“ mit im Titel. Eindrucksvoll stellt er dar, dass die aktuellen Praktiken der industriellen Landwirtschaft zwar schnell, viel und vor allem kostengünstig produzieren können, aber in keiner Weise nachhaltig sind. Große Chemiekonzerne wie Bayer CropScience haben Afrika als Markt für sich entdeckt und fördern dort vor allem die Großproduzenten – auf Kosten der Kleinbauern. Das verkaufte Hybrid-Saatgut ist vielleicht kurzfristig ertragsreicher, auf langer Sicht kann es jedoch nicht mit seinen natürlichen Vertretern mithalten. Hinzu kommt, dass ein hoher Einsatz von Düngemittel notwendig ist, der zum Absinken der wichtigen Humusschicht und damit zu einer niedrigeren Bodenfruchtbarkeit führt. Weiterhin verschärft der extensive Einsatz von Mineraldünger die Problematik des weltweiten Phosphormangels.

Auch der zunehmende Verzehr von Fleisch wird thematisiert und welche Probleme sich in Bezug auf Nachhaltigkeit damit ergeben. So nimmt der Fleischkonsum auch in eher vegetarisch geprägten Gesellschaften wie in Indien stetig zu. Als Folge bauen Großproduzenten in Afrika und Südostasien immer größere Soja-Felder für die Tiernahrungsproduktion an – und nehmen damit wertvollen Platz für die dortigen Maisfelder weg, die für die Ernährung der lokalen Bevölkerung dienen. Alleine um 15g Rindfleisch zu produzieren müssen etwa 100g pflanzliche Proteine produziert werden. Eine mögliche Alternative könnte hier künstliches Fleisch aus dem Labor sein. So entwickeln Forscher an der Universität Maastricht gerade eine Methode, bei der Rindfleisch aus Stammzellen gezüchtet werden soll.

Die Lösung für den Hunger in der Welt sieht Valentin Thuns Werk allerdings weniger in der Gentechnik, als mehr in lokalen Ansätzen, die in erster Linie der Selbstversorgung dienen sollen. Als Beispiel wird unter anderem das Modell der Solidarischen Landwirtschaft herangezogen. Das Prinzip der Solawi ist denkbar einfach: eine Gruppe von engagierten Privathaushalten trägt gemeinsam die Kosten eines landwirtschaftlichen Betriebes und erhalten im Gegenzug dessen Ernteertrag. Mittlerweile gibt es bundesweit 90 solcher Solawi-Höfe, unter anderem auch in Greifswald. Thun meint selber dazu:

Wir brauchen mehr solche Insellösungen.“ 

Eine der wohl innovativsten Entwicklungen für nachhaltige Nahrungsproduktion ist wohl das Aquaponik-Verfahren, welches Techniken der Fischzucht mit denen der Hydrokultur verbindet. Der große Vorteil ist, dass es sich um einen geschlossenen Wasser- und Nährstoffkreislauf handelt. Die Ausscheidungen der Fische bieten die Nährstoffgrundlage der Kulturpflanzen, die das Wasser von Stickstoffverbindungen wie Ammonium (NH4+) reinigen. Das auf diese Weise biologisch „gefilterte“ Wasser wird dann wieder zu den Fischen zurückgeleitet.

 

Aquaponics_at_Growing_Power,_Milwaukee

Valentin Thuns Film zeigt auf eindrucksvoll die Probleme der heutigen Nahrungsmittelproduktion und des weltweiten Hungers. Er klagt nicht an, zeigt aber auch, dass es wie bisher nicht weiter gehen kann. Andernfalls werden wir in naher Zukunft wohl kaum noch wählerisch sein können, wenn es um unsere Nahrung geht.

https://youtu.be/9wdds5eYqlo

Fotos: CC BY-SA 2.0 Lizenz