Anwohnerbeschwerden, Umbauten und wenig Gäste: Nach dem turbulenten vergangenen Jahr könnte 2009 für den Mensaclub ein schicksalhaftes Jahr werden.

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Foto: Alexander Müller

Es ist ein ungewohntes Bild in dem sonst so bekannten Raum. Aus den Boxen ertönt der Wiener Walzer von Johann Strauß, einige Pärchen tanzen eng umschlungen die immer wieder gleichen Schritte dazu. Heute Abend übt hier eine Tanzgruppe des Hochschulsports, doch normalerweise geht es nicht so gesittet zu. Sonst schallen die White Stripes durch den Raum und bringen eine dem Bier frönende Menge zum schwitzen.

Vorbei an der Bar und durch einige verwinkelte, bis an die Decke voll gestellte Kammern geht es ins Herz, in die Schaltzentrale einer Institution, ohne die Greifswald nicht Greifswald wäre – der Mensaclub. In dem kleinen Raum mit dem unaufgeräumten Schreibtisch sitzen Krishna, schwarze lange Haare, dunkel geschminkte Augen und Kilian Otto, freundliches Gesicht, Baseballmütze auf dem Kopf. Beide sehen müde aus. Die beiden Studenten, er für Wirtschaftsinformatik an der FH Stralsund, sie für Skandinavistik an der Uni Greifswald, sind Mitglieder des Vorstands des beliebten Studentenclubs.

Sie sind gerade dabei die Students-only Party für den Abend vorzubereiten. Sie ahnen schon, dass nur wenige kommen werden. Das Jahr 2008 war kein Gutes für den Mensaclub und seit der Neueröffnung im September werden die Sorgenfalten der Mensaverantwortlichen nicht unbedingt kleiner. „Uns bleiben die Gäste weg, besonders am Donnerstag ist der Club so gut wie leer”, sagt Krishna, die Vorstandsvorsitzende. Was ist passiert?

Die Geschichte des im Juni 1993 gegründeten Mensaclubs ist nicht nur eine unzähliger feuchtfröhlicher Partys, sondern auch ständiger Probleme mit Anwohnern. Da das Gebäude, ursprünglich eine Bierstube aus der DDR, nicht für den Discobetrieb geeignet ist, war der hohe Lärmpegel stets ein schwerwiegendes Problem. Die Folge waren ständige Umbaumaßnahmen, um das Problem mit der Lautstärke in den Griff zu bekommen. Erschwerend hinzu kamen noch die unzähligen Querelen mit verschiedenen Ämtern, die dazu führten, dass der Keller, in dem sich der so wichtige zweite Floor befindet, aus Sicherheitsgründen 2007 geschlossen werden musste.

Die daraus resultierenden Einschränkungen für den Diskobetrieb waren katastrophal. „Wir haben bei jeder Veranstaltung drauf gezahlt”, erzählt Kilian, „so konnte es nicht weitergehen”. Im Frühjahr 2008 spitze sich der Streit zwischen Mensa und Anwohnern, durch das neue Rauchverbot und die damit verbundene wachsende Zahl an Rauchern vor dem Club, so sehr zu, dass ein radikales Einlenken seitens des Clubs die einzige Lösung blieb.

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Foto: Arik Platzek

„Uns wurde klar, dass wir einen radikalen Schnitt machen müssen, wenn wir weiter bestehen wollen”, denkt Krishna an die schwere Entscheidung zurück. Es folgte die vorübergehende Schließung des Clubs im März 2008, die bis zum September andauern sollte. Der Club sollte von vorne bis hinten umgekrempelt werden, Ziel war die völlige Geräuschlosigkeit nach vorne raus. Hauptaugenmerk lag dabei auf der Verlagerung des Eingangs nach hinten und die dadurch notwendige neue Außentreppe. Aber auch Barbereich und Garderoben wurden umgestaltet und ein kleiner Anbau errichtet. Stolz zeigt Krishna auf den neuen Schrank für die Gläser hinter dem Tresen, er hat die Form eines großen „M”.

Insgesamt bewegten sich die Kosten des Umbaus im niedrigen fünfstelligen Bereich, der Mensaclub hat sie komplett alleine gestemmt. Eine finanzielle Gradwanderung, deren Folgen noch nicht abzusehen sind. Vorerst verzichten alle Mitarbeiter auf ihren Lohn.
Fragt man Kilian und Krishna, wie sie mit den Herausforderungen fertig werden, entlockt man ihnen nur ein Schulterzucken: „Umbauten gehören eben genauso zur Mensa wie das Bier. Wenn man Fragen hat, wendet man sich halt an die Altclubbies”.

Es war eine schwierige Zeit für alle Beteiligten und es war nicht immer klar, ob der Club überhaupt würde wieder öffnen können. Die Gerüchteküche rund um den Club brodelte, „Rettet den Mensaclub”-Aktionen wurden gestartet und Geographenkeller und Kiste halfen mit Exilpartys. „Es gab einige, die haben schon den Kopf hängen lassen, doch Gott sei Dank gab es genug Optimisten, die gesagt haben: Morgen geht’s los Leute, reißt euch zusammen!”, erzählt Krishna.

Nach der Neueröffnung im September ist es nun absolut still vor der Mensa, die Lärmprobleme scheinen gelöst. Vorerst. Doch für Kilian und Krishna ist es etwas zu still geworden um die Mensa, die Gäste bleiben aus. Die beiden glauben, dass der Besucherschwund mit der langen Schließung zusammenhängt, doch scheint das Problem weitaus tiefer zu liegen. Der Mensaclub hat ein Imageproblem. Jahrelang vom Erfolg verwöhnt, ist er nun etwas in die Jahre gekommen. Wenig Abwechslung im musikalischen Programm und ein nicht jedermann ansprechendes Publikum treiben viele Studenten zur Konkurrenz. Den Mensaverantwortlichen scheint das nicht ganz entgangen zu sein, so soll das Programm nun vielfältiger und mehr auf Studenten zugeschnitten werden. Es ist geplant, auf dem zweiten Floor zu jeder Veranstaltung eine andere Musikrichtung zu spielen und enger mit den Fachschaftsräten der Institute zusammenzuarbeiten.

Dennoch ist der Club auf Hilfe angewiesen, neue Mitglieder werden dringend benötigt. Wer Interesse hat mitzuwirken, kann sich jeden zweiten Montag im Monat um 19.30 Uhr auf der Vollversammlung im Mensaclub vorstellen. Mitglieder können verschiedenste Aufgaben wie Garderobe, Ausschank an der Bar oder Flyer verteilen, übernehmen. „Die Uni ist das Studium”, sagt Krishna, „aber der Mensaclub ist das wahre Studentenleben.” Bleibt zu hoffen, dass das auch in Zukunft noch so sein wird.

Autor: Alexander Müller Fotos: Alexander Müller, Arik Platzek