Die Nachricht der letzten Woche war selbstverständlich der Rückzug von Hillary Clinton aus dem Rennen ums Weiße Haus.

Bemerkenswert war dabei nicht allein der Fakt, dass sie zurückgezogen hat, sondern vor allem die Art und Weise ihres Rückzugs. Die knapp dreißigminütige Rede, in der sie ihre Unterstützer zur bedingungslosen Unterstützung Barack Obamas aufforderte, war sicher ihre beste Rede dieses Wahlkampfes, wenn nicht gar ihres bisherigen politischen Lebens. Die NY Times bietet die Rede zum Anschauen und Mitlesen an.

Nun ist also auch offiziell klar, wer die Kontrahenten im November sein werden. An der Vizepräsidenten-Front gibts nichts neues, mal davon abgesehen, dass Obama ein paar Probleme mit einem Mitglied seiner Auswahlkommission hat. Und deshalb will ich heute beginnen, einen Blick auf die sogenannten “battleground states” zu werfen. Den Anfang macht der Stern den Nordens, Minnesota:

Flagge des Staates MinnesotaHauptstadt: Saint Paul

Spitznamen: North Star State, Land of 10,000 Lakes, The Gopher State

Motto: L’Étoile du Nord

Einwohner: 4,9 Mio. (21.)

Fläche: 225.365 km² (12.)

Durchschnittseinkommen: 56.102 $ (8.)

in der Union seit: 1858 (32.)

Region: Midwest

Gouverneur: Gov. Tim Pawlenty (R)

Senatoren: Sen. Norm Coleman (R), Sen. Amy Klobuchar (DFL)

Ich verzichte auf längere Ausführungen zur Geschichte des Staates, wer sich für dieses zweifelsfrei spannende Thema interessiert, wird bei Wikipedia recht gut bedient (Wenn irgend jemand einen guten Link zur Geschichte der US-Bundesstaaten hat, immer her damit). Kommen wir also zum hier und jetzt und zur Politik. Wer den Steckbrief gelesen hat, wird sich vielleicht über das Kürzel hinter dem Namen von Sen. Klobuchar gewundert haben.

Nein, die Frau ist nicht nebenberuflich deutsche Fußball-Funktionärin. DFL steht vielmehr für Democratic-Farmer-Labor, einer Partei, die es ausschließlich in Minnesota gibt. Die Farmer-Labor-Party war eine in Minnesota recht erfolgreiche dritte Partei in den zwanziger und dreißiger Jahren, die 1944 mit der Minnesota Democratic Party fusionierte. Ideologisch stand die FL (und steht heute die DFL) der Richtung des Progressivism nahe, die Anfang des 20. jahrhunderts vor allem in Norden der USA sehr einflussreich war.

Seit Beginn der Roosevelt-Ära 1932 ist es nur zwei Republikanern gelungen, Minnesota zu gewinnen: Eisenhower ’52 und ’56 sowie Nixon ’72. 1984 war Minnesota hingegen der einzige Staat, den Reagan nicht gewinnen konnte. Also eine Hochburg der Demokraten, möchte man denken. Aber die Mehrheiten der Demokraten sind erheblich geschrumpft, so kamen Kerry/Edwards vor vier Jahren mit gerade einmal 100.000 Stimmen Vorsprung ins Ziel.

Damit ist Minnesota ein logisches Ziel für die Republikaner, wenn sich die Gesamtstimmung wenden sollte und sie in die Offensive kommen. Zumal Obama in diesem Bundesstaat kaum noch zusätzliche Wählermobilisierung wird erreichen können: 2004 gingen für US-Verhältnisse astronomische 77,2% der Bürger zur Präsidentschaftswahl. Interessant wird übrigens auch die Frage, wer im Northern Star State noch so alles auf den Wahlzettel kommt. Minnesota hat eine große Tradition unabhängiger Parteien und Kandidaten. So gelang es der Reform Party vor einigen Jahren, den Ex-Profi-Wrestler Jesse Ventura zum Gouverneur zu machen.


Wo wir gerade bei schrägen Vögeln sind: In diesem Jahr wird ja nicht nur der Präsident, sondern auch ein Drittel der Senatoren neu gewählt. Zu diesem Drittel gehört auch Sen. Coleman, der aufgrund der ausgeglichenen politischen Landschaft in Minnesota zu den “top targets” der Demokraten gehört. Diese haben in der vergangenen Woche Al Franken, einen ehemaligen Comedian und Schauspieler, vor allem bekannt als Schreiber und Performer bei “Saturday Night Live”, zum Gegenkandidaten nominiert. Eine mutige Entscheidung, denn Franken hat in seiner Zeit als Satiriker immer hart an der Grenze des guten Geschmacks gesegelt und dabei reichlich Material für seinen Gegner geliefert. Und er muss natürlich gegen das Image mangelnder Ernsthaftigkeit ankämpfen, wie z.B. in diesem Spot

Franken liegt im Fundraising knapp vor dem Amtsinhaber, in den Umfragen knapp dahinter. Dieses Rennen wird auf jeden Fall heiß.

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