Die Überraschungen der Erstiwoche

Die Überraschungen der Erstiwoche

Ein neues Semester steht an und traditionell geht damit die Erstiwoche einher. Von überall kommen Studienanfänger und Studienanfängerinnen zusammen, um den neuen Wohnort und das neue Leben kennenzulernen. Manche sind grade 18 geworden und machen einen Umzug quer durchs Land, andere hängen seit neun Semestern in einem Studiengang fest und probieren jetzt doch noch einmal einen neuen aus. So oder so – in der Erstiwoche treffen die unterschiedlichsten Menschen aufeinander und sammeln neue Erfahrungen.

So passiert das natürlich auch bei uns in Greifswald. An dieser Stelle wollen wir, die moritz.medien, euch erst einmal herzlich begrüßen: schön, dass ihr da seid! Als ich hierher zog wurde mir gesagt, dass in Greifswald immer zweimal geweint wird. Einmal wenn man kommt und einmal wenn man geht. Fand ich damals irgendwie unverständlich und konnte ich nicht nachvollziehen. Ich fand Greifswald einfach kacke und wollte eigentlich die ganze Zeit nur weinen und sofort wieder gehen. Mein Studium begann aber auch während Corona und ich hatte nur online Kurse. Die wenigen Kontakte, die ich hatte, stammten aus der Erstiwoche.

Diese fand damals mehr schlecht als recht statt, aber sie fand statt. Eine meiner engsten Freundinnen habe ich in den ersten fünf Minuten kennengelernt und ich war und bin sehr froh sie zu haben. Im Gegensatz zu mir war sie nämlich auf jeder Party dabei während ich “nur” die Hälfte mitgemacht habe (was immer noch sehr viel war). Wir haben unvernünftiger Weise trotz Corona ungefähr 100 Leute am Tag kennengelernt und waren absolut überfordert davon wohin wir jetzt als nächstes mitgehen wollten. Der Anspruch an die Erstiwoche ist bei jedem unterschiedlich. Primär geht es darum die neue Stadt, die neue Uni und die neuen Leute kennenzulernen. Alle sind gleichermaßen aufgeregt und unsicher und man versucht alles mitzunehmen was man kann, sodass die soziale Batterie am Ende der Woche total leer ist. Manchmal geht man vielleicht auch über seine Grenzen.

Mit den Tagen lernte ich auch Studierende kennen, die bereits länger in Greifswald waren und mir dabei halfen Clubs, Bars und Menschen auszusuchen. Ich hatte zwar mein Bauchgefühl, war aber so neu, dass ich es nicht nur einmal ignoriert habe. Wir lernten gefühlt ganz Greifswald kennen. Darunter Langzeitstudierende, den Mensaficker, Mitglieder von Corps, die verschiedensten Vereine und Burschenschaften. Alles war dabei und am Ende der Woche hatte ich das Gefühl einen guten Einblick in alle Möglichkeiten bekommen zu haben. Trotzdem habe ich mein Bauchgefühl weiterhin ignoriert und hab in meiner ersten Zeit auch den einen oder anderen unangenehmen Abend auf dubiosen Partys und in Bars verbracht. Über Sicherheit hätten wir uns damals vielleicht etwas mehr Gedanken machen können.

Im letzten halben Jahr wurde hier in Greifswald eine sehr zähe Debatte über die allgemeine Sicherheit, safe spaces und Umgangsformen geführt. Es müsste davon ausgegangen werden, dass es sich um eine klare Situation handelt: es darf keine Situation entstehen, in der übergriffig gehandelt werden kann. Sollte es doch passieren, was schlimm genug ist, wird entsprechend darauf reagiert. Betroffene Personen werden ernst genommen und Täter und Täterinnen werden ernsthaft zur Rechenschaft gezogen. Leider müssen wir euch an dieser Stelle mitteilen, dass dem nicht so ist. Trotz langwierigen Diskussionen ist es in vielen FSRs noch nicht angekommen, dass es sinnvoll ist Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen zu erarbeiten und entsprechend gekennzeichnete Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen zur Verfügung zu stellen, falls jemand sich unwohl fühlt. Dies sind nur wenige von vielen Maßnahmen, die getroffen werden könnten, um aktiv zu werden. Das ist ein Prozess, der im Gange ist und anscheinend noch etwas Zeit braucht.

Was heißt das jetzt aber? Passt auf euch auf. Leute kennenzulernen, zu Veranstaltungen zu gehen und in Bars rumzuhängen macht Spaß. Und das solltet ihr nicht missen, wenn ihr das nicht wollt. Greifswald ist kein rechtsfreier Raum und Übergriffe finden hier nicht an jeder Ecke statt. Auch wenn auf die Handlung von einigen Veranstaltern und Veranstalterinnen nicht gesetzt werden kann, bedeutet das nicht, dass ihr jeglichen Veranstaltungen fern bleiben müsst. Es bedeutet, dass ihr nicht den selben Fehler wie ich machen solltet, sondern es sinnvoll ist euer Bauchgefühl ernst zu nehmen. Wenn ihr euch mit etwas unwohl fühlt, dann sprecht es an bzw. entfernt euch sicher aus der Situation. Ihr könnt jederzeit Kontakt zum AStA oder zu anderen Stellen der Universität aufnehmen, bei denen ihr ernst genommen werdet und auch nach Wunsch anonym bleiben könnt!

Zu guter Letzt lässt sich sagen: Genießt eure Erstiwoche! Das ist ein neues Kapitel in eurem Leben und ihr werdet viele schöne Erfahrungen sammeln können. Meiner persönlichen Wahrnehmung nach sind die Menschen hier grundsätzlich sehr offen und nett und freuen sich über neue Gesichter. Mittlerweile kann ich sehr gut verstehen, dass man hier zweimal weint und auch ich werde nach meiner tollen Zeit hier in Greifswald keine Ausnahme darstellen, wenn ich gehe. Dasselbe wünsche ich euch!

Beitragsbild: Samantha Gades auf Unsplash

Umgekrempelt: Ein Leben ohne Uhrzeit

Umgekrempelt: Ein Leben ohne Uhrzeit

Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns sieben Tage als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.

Ich starte mein Selbstexperiment am Mittwoch. Nicht, weil es da besser passt, sondern einfach, weil ich es vorher vergessen habe. Planung und Zeitmanagement gehören einfach nicht zu meinen Stärken. Tatsächlich halte ich mich nicht besonders gern an Uhrzeiten. Wenn es wirklich wichtig ist, bei Prüfungen, Arztterminen, schaffe ich es sogar oft, ein wenig früher zu kommen. Aber davon abgesehen? Manchmal nehme ich mir vor, mein Leben mehr zu strukturieren. Erstelle mir einen genauen Plan für den Tag, was ich um welche Uhrzeit erledigen möchte. Der letzte Plan hängt noch angepinnt an der Wand, die Zahlen starren traurig auf mich hinab. Nicht ein einziges Mal habe ich mich an sie gehalten.

Um die verschiebbaren Dinge kümmere ich mich eher nach dem Prinzip: Was erledigt werden muss, wird erledigt. Vielleicht ist es das kreative Chaos. Und es funktioniert. Warum also ändern? Aus irgendeinem Grund sehe ich mich dadurch auch prädestiniert, das Experiment anzupacken und zu meistern.

Mittwoch

Oh, how fast the turns table.

Der erste Punkt auf der Tagesordnung: Aufwachen. Heute mal ohne Wecker. Funktioniert ganz gut, vielleicht auch, weil meine Schwester schon früh zu einem Termin muss und ich mit ihr aufwache, als sie aufsteht. Das wäre erledigt. Der erste Schritt des Tages führt zu meinem Handy. Über Nacht ist es ausgestellt und jeden Morgen wird erst einmal gecheckt, was in den letzten Stunden so passiert ist. Ich drücke den Knopf, das elektrische Licht strahlt mir ins Gesicht, mein erster Blick geht automatisch zur Uhrzeit. Nicht nur, weil sie so dominant im Zentrum des Screens steht, sondern aus Interesse. Wie spät ist es jetzt eigentlich? Wie viel Zeit habe ich noch bis … bis wann eigentlich?

Es ist nicht so, als würde heute irgendetwas anstehen. Aber es ist dieser Gedanke, die Zeit sinnvoll einzuteilen. Auch ohne feste Planung habe ich den Tag immer zumindest grob gegliedert – Mittag, Nachmittag, Abend, Nacht. Alles mit ungefähren Uhrzeiten versehen, nach denen ich mich richten kann. Es sind noch zwei Stunden bis zur vermeintlichen Abendbrotzeit? Perfekt, um noch ein neues Kapitel anzufangen. Ohne Uhrzeit entfällt diese Planung. Ich bin ziellos. Wie, wenn man weiß, dass man in wenigen Augenblicken zu einem wichtigen Termin los muss und die Zeit nicht reicht, um noch etwas anzufangen. Nur dass kein Termin ansteht. Trotzdem fühlt es sich so an, den ganzen Tag lang.

Donnerstag

Für heute nehme ich mir vor, von vornherein einen Plan zu erstellen. Keine Uhrzeiten, nur Ziele. Nach Wichtigkeit gegliedert, falls ich die Zeit nicht richtig einschätze und einige Punkte nicht mehr erledigen kann. Und ich recherchiere. Früher gab es doch auch keine Uhrzeit und trotzdem konnten die Menschen funktionieren. Ich tippe meine Frage in die Suchmaschine: „Wie teilten die Menschen ihre Zeit ein, als es noch keine Uhrzeit gab?“ Wie konnten die Menschen überhaupt existieren, trifft die völlige Ratlosigkeit in meinem Kopf vielleicht besser, aber das ist nicht das, was ich eigentlich wissen möchte. Ein wenig später habe ich zwölf Tabs geöffnet – die Süddeutsche, Bayerischer Rundfunk, Welt, Die Zeit (hehe).

Ich widme mich heute erst einmal den Videos. Es gibt wirklich schon einige Freaks, die das gleiche Experiment ausprobieren wollten wie ich, ihr Leben ohne Uhrzeit gestaltet und das Ganze aufgezeichnet haben. Nur wirklich helfen tut mir keines davon. Die einen ziehen das Experiment nur für einen Tag durch und nutzen es, um mal alles zu erledigen, für das sie sonst keine Zeit haben. Die anderen orientieren sich an den Menschen in ihrem Umfeld – oh, du gehst nach Hause? Dann ist es wohl Feierabendzeit. Es beruhigt mich zwar, dass auch sie von diesem Gefühl der Ziellosigkeit erzählen, aber was nützt es mir, wenn ich am Ende wieder nach der Uhr lebe, nur eben nicht nach meiner eigenen? Mir fällt auch zunehmend auf, dass die Uhrzeit überall um uns herum ist. Auf dem Thermometer sticht sie mir noch vor der Temperatur selbst ins Auge, sie steht unter jeder abgeschickten Nachricht oder Mail, ich verliere ein Leben in einem Spiel und eine Uhr beginnt abzulaufen – die Sekunden rinnen wie Sand davon, zeigen mir an, wann das Leben wieder aufgefüllt ist.

Für die Redaktionssitzung am Abend, der einzige Termin, der heute ansteht, mache ich es mir leicht: Ich schalte einfach schon mal den Laptop an und warte. Etwa eine Stunde lang. Irgendwann trudeln die anderen auch ein und ich weiß, dass es jetzt los geht. Aber es funktioniert eben auch nur, weil ich mich nach der Uhrzeit anderer richte – ein Leben für alle ohne Uhrzeit? Nicht wirklich vorstell­bar.

Freitag

Im Sommer 2019 machte tatsächlich eine Schlagzeile die Runde. Die nordnorwegische Insel Sommarøy will die Uhrzeit abschaffen. Die braucht nämlich niemand mehr, wenn es sowieso für ein Viertel des Jahres nie dunkel wird, und man alles, was man sonst tagsüber erledigt, auch genauso gut nachts erledigen kann. Im Interview zeigt sich Zeitforscher Prof. Dr. Karlheinz Geißler tatsächlich optimistisch. Die Uhr sei immerhin auch erst 600 Jahre alt und davor haben sich die Menschen nur nach der Natur gerichtet – nach der inneren (habe ich Hunger, bin ich müde?) und nach der äußeren (ist es hell oder dunkel, Winter oder Sommer?). Das sei auch viel entspannter, die durch den Kapitalismus verstärkte Hektik ginge dadurch verloren. Ich durchforste ein wenig das Internet und stelle fest, dass das so nicht ganz richtig ist. In doppelter Hinsicht. Uhren gibt es schon weitaus länger, im nicht-westlichen Teil der Welt – wie im arabischen und chinesischen Raum – auch schon in mechanischer Form. Selbst während der Eiszeit haben sich Menschen schon Kalender angelegt, um zu wissen, wann die beste Zeit für bestimmte Früchte oder für die Jagd ist, um produktiver zu sein. Und: Sommarøy wollte nicht wirklich die Uhrzeit abschaffen. Das war nur ein Werbegag. Man freut sich aber, dass man mit der Aktion auf das große Thema Entschleunigung aufmerksam machen konnte.

Zeitforscher Geißler selbst lebt übrigens auch schon seit 30 Jahren ohne Uhrzeit. Aber auch nicht wirklich. Denn auch er richtet sich nach der Uhrzeit anderer, die im Gegensatz zu ihm wissen wie spät es ist. Und verurteilt gleichzeitig Menschen, die mit der Hektik der Zeit leben und nicht wie er aus ihrem Trott ausbrechen. Meiner Meinung nach ein etwas egoistischer Gedanke. Denn was wäre, wenn wirklich alle Menschen ohne Uhr leben würden? Wenn Läden keine wirklichen Öffnungszeiten mehr hätten, weil die Mitarbeiter*innen einfach kommen und gehen müssten, wann sie es für richtig halten? Wenn Zugführer*innen nach ihrem Bauchgefühl entscheiden müssten, wann es Zeit ist, loszufahren? Wenn Ärzt*innen und Pflegekräfte nicht mehr wüssten, wann sie sich zu einer wichtigen OP einfinden müssen?

Ich selbst stelle mir heute morgen tatsächlich einen Wecker, denn ich habe einen Termin, den ich nicht verschieben kann. Das anschließende Treffen mit einer Freundin ist schnell und ohne Uhrzeit organisiert: Ich bin fertig, holst du mich ab?

Samstag

Diese Art der Terminvereinbarung behalte ich vorerst bei. Natürlich ist das nur möglich, weil nichts Dringliches ansteht. Aber trotzdem merke ich, dass mich das nicht mehr auf die Uhr schauen, das nicht wissen, wie spät es ist, nicht mehr so viel stresst wie am Anfang. Ich bin mit einem Freund zum Skypen verabredet und biete ihm einfach an, dass er mir schreibt, sobald er fertig ist. Und ich merke, dass es mir leichter fällt, nicht an die Zeit zu denken, wenn ich beschäftigt bin. Dann sind meine Gedanken fokussiert und ich weiß, dass ich bereits etwas Sinnvolles mit meiner Zeit anfange und muss nicht krampfhaft darüber nachdenken, wie viel Zeit mir eigentlich noch bleibt, um etwas anzufangen. Aber was ist überhaupt sinnvoll? Wann hat man Zeit sinnvoll verbracht?

Sonntag

Schon Seneca (geb. 65 n. Chr., also lange vor der Erfindung der mechanischen Uhr und damit der Wegbereitung für die Hektik des bösen Kapitalismus) sagte: „Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist zu viel Zeit, die wir nicht nutzen.“ Zumindest erzählt mir das eine Internetseite mit den 111 schönsten Zitaten über Zeit. Das Bedürfnis, die Zeit sinnvoll zu nutzen, keine Zeit zu „verschwenden“, scheint also schon immer da gewesen zu sein. Arthur Schopenhauer (1788–1860, also vielleicht schon Sklave der teuflischen mechanischen Uhr) soll ebenfalls behauptet haben: „Gewöhnliche Menschen überlegen nur, wie sie ihre Zeit verbringen. Ein intelligenter Mensch versucht, sie auszunutzen.“ Gleiche inspirierende Website. Und noch ein Zitat sticht mir ins Auge, eins von Marie von Ebner Eschenbach (eine ehemalige Germanistik-Dozentin von mir würde sich freuen): „Wenn die Zeit kommt, in der man könnte, ist die vorüber, in der man kann.

Ich nehme mir heute die Zeit, in der ich kann, um das zu tun, was ich mit der Zeit machen könnte. Treffe mich mit einer Freundin, gehe raus in den Regen, verbringe mit ihr eine Stunde dicht an dicht gekauert unter einem Regenschirm an einer Häuserwand. Rede, lache und vergesse dabei die Zeit. Denn dabei stimme ich Geißler zumindest zu: Die Zeit ist hektischer geworden. Aber nicht, weil sich die Zeit selbst geändert hat, sondern, weil wir immer mehr Möglichkeiten gefunden haben, mit der wir sie füllen können und füllen wollen. Ein Überangebot an Potential, das uns konstant unter Stress hält, unter dem Druck, etwas „Sinnvolles“ mit der Zeit anzufangen. Und genau solche Momente – unter dem Schirm im Sturzregen, mit nichts anderem im Kopf als den Themen, zu denen das Gespräch hinführt, mit keinem anderen Gefühl als dem durchnässten Shirt und der Wärme des anderen und definitiv ohne Zeitstress – solche Momente kommen dabei viel zu oft zu kurz.

Montag

Jonas Geißler, Sohn von Karlheinz Geißler und ebenfalls Zeit-Nachgrübler, erklärt in einem Interview mit dem Institut für Zeitberatung „Times and More“, dass das dauerhafte Überangebot an Möglichkeiten und der Drang, alles gleichzeitig zu erledigen – zu multitasken – unsere Aufmerksam­keitsspanne zunehmend beeinträchtige. Zwar scheint schon Martin Luthers Aufmerksamkeitsspanne etwas begrenzt gewesen zu sein („Ihr könnt predigen, über was ihr wollt, aber predigt niemals über vierzig Minuten“, wieder einmal die gleiche Website), aber diese „Zeitverdichtung“, wie Geißler senior sie gerne nennt, ist in unserer heutigen Zeit definitiv spürbar. Jede Sekunde muss genutzt werden. Jeder Augenblick des Wartens, der Stille wird sofort mit etwas anderem gefüllt.

Ich nehme mir heute etwas vor, bei dem ich meine Aufmerksamkeit für einen langen Zeitraum fokussieren muss. Ich male. Für etwa vier Stunden knie ich in meinem Zimmer auf dem Boden und tue kaum etwas anderes, als den Pinsel in Farbe zu tauchen, die Farbe auf der großen Leinwand zu verteilen, die vor mir liegt. Gut, etwas anderes tue ich schon noch: Ich habe eine Sendung nebenbei laufen, lausche den Gesprächen, der Musik, stelle mir das vor, was ich die meiste Zeit über nicht sehen kann, weil meine Aufmerksamkeit auf das Bild gerichtet ist. Damit komme ich zwar nicht gänzlich vom Multitasking weg, aber zumindest bleibe ich fokussiert. An die Zeit denke ich dabei nicht einen Augenblick lang.

Dienstag – Zeit für ein Fazit

An das Aufstehen ohne Wecker hat sich mein Körper mittlerweile gewöhnt. Was natürlich auch dadurch begünstigt wird, dass ab etwa 9 Uhr morgens die Sonne dort steht, wo sie unbarmherzig auf meinen Kopf brennt und das Bett in eine Sauna verwandelt. Abends werde ich früher müde als sonst. Vielleicht, weil sich mein Körper ohne Uhrzeit nur an der untergehenden Sonne orientieren kann, um zu wissen, wann die Schlafenszeit gekommen ist, vielleicht auch einfach, weil ich zurzeit viel zu tun habe.

Zurzeit. Da ist sie wieder, die Zeit. In einer etwas pessimistischen, aber doch spannenden Doku, die ich in dieser Woche für meine Recherche geschaut habe, erklärt der Moderator fasziniert, dass „Zeit“ das zweithäufigste Wort in unserem Sprachgebrauch wäre. Direkt nach „Mama“. Als Linguist weiß ich: Was wir sagen, beeinflusst unser Denken und damit auch unser Handeln. Karlheinz Geißler, der ältere der beiden zeitlosen Zeitmenschen, erklärt der Süddeutschen ZEITung, dass es ihn störe, wenn wir „hetzen, wo es gar nicht nötig ist, und wenn es nur Worte sind, die Druck machen. Schnell den Radiergummi rübergeben, die Oma eben besuchen, mal kurz wohin.“

Vor drei Wochen etwa habe ich mich in einer Redaktionssitzung zu diesem Selbstexperiment bereiterklärt, eigentlich als Joke und um es mal auszuprobieren. Dass ich bei dem Versuch, die Zeit wegzulassen, so viel über sie nachdenken würde, hätte ich nicht gedacht. Vielleicht ist es genau dieses Weglassen, die Tatsache, dass etwas „fehlt“, das uns dazu bringt, darüber nachzudenken, was dieses fehlende Etwas eigentlich bedeutet. Und dass die Zeit eben nicht fehlt, nur weil wir keine Uhrzeit zur Verfügung haben.

An der hellgrau gestrichenen, sonst völlig kahlen Wohnzimmerwand meiner Großeltern hängt eine Uhr. Ihr Sekundenzeiger läuft nicht schrittweise voran, sie gibt kein monotones Ticken von sich, wie die meisten anderen Uhren es tun würden. Der Zeiger bleibt nie stehen. Er erinnert einen nicht nur jede Sekunde, sondern jeden einzelnen minimalen Augenblick daran, dass die Zeit kontinuier­lich voranschreitet. Aber macht es einen Unterschied? Denn auch auf dieser Uhr vergeht die Zeit nicht schneller, es wird einem nur stärker bewusst. Voranschreiten tut die Zeit immer, ob mit oder ohne Uhr. Wirklich wichtig ist nur, dass wir etwas daraus machen. Die Website mit den 111 Zitaten über Zeit hat auch dazu einen passenden Spruch parat, dieses Mal von George Orwell: „Die Zeit vergeht nicht schneller als früher, aber wir laufen eiliger an ihr vorbei.

Beitragsbilder: Julia Schlichtkrull
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Film-Rezension: In Time

Film-Rezension: In Time

Filmplakat zu In TimeEin Artikel von Jasmin Sarah Hahn und Erik Lohmann

Zeit ist Geld. Jeder kennt dieses Sprichwort. Aber was wäre, wenn dies die Realität wäre? Wenn wir unsere Miete, unseren Kaffee und unsere Kleidung mit Zeit bezahlen würden? Eine interessante Vorstellung, aber irgendwie auch beängstigend. Denn was passiert, wenn wir pleite sind? Normalerweise müssen wir Privatinsolvenz anmelden, aber wenn sprichwörtlich unsere Zeit abläuft?!

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Das Magazin-Am Puls der Stadt am Freitag

Wisst ihr schon, was ihr heute Abend zwischen 19 und 20 Uhr machen wollt?
Wie wäre es denn, wenn ihr euch gute Musik, interessante Berichte und die wichtigsten Neuigkeiten des Tages anhört?
Und das bequem von Zuhause.

In unserer heutigen Sendung ‘Das Magazin-Am Puls der Stadt’ erfahrt ihr, was ihr heute Abend und am Wochenende in Greifswald erleben könnt, ihr hört die Spotlights mit den Ereignissen des Tages aus Greifswald und Umgebung und unsere Moderatorin erzählt euch, auf welche Wetterbedingungen ihr euch einstellen solltet.
Außerdem hört ihr ein Interview mit dem Vorsitzenden des Greifswalder Debattierclubs, welcher an diesem Wochenende die renommierten ZEIT-Debatten ausrichten wird.
Seid ihr auch schon gespannt, wie unser Hörspiel ‘Verhängnisvolles Wissen’ weitergeht?
Heute hört ihr in unserer Sendung den zweiten Teil unserer neuen Rubrik “Die Kassette”. Seid gespannt!

Also, macht es euch auf dem Sofa bequem, stellt das Radio auf die Frequenz 98,1 und genießt eine Stunde ‘Das Magazin-Am Puls der Stadt’

Uns gibt es übrigens auch über Livestream zu hören auf www.98eins.de

Am Wochenende: ZEIT-Debatte in Greifswald

Student Oliver Bock beim Training des Debattierclubs.

Der Greifswalder Debattierclub wird am kommenden Wochenende vom 29. bis 31. Oktober einen bundesweiten Debattierwettstreit ausrichten. Die renommierte „ZEIT-Debatte“ ist die bekannteste Plattform für junge Debattierkünstler im deutschen Sprachraum und findet fünf Mal im Jahr statt. Im Februar 2010 hatten Mitglieder des Greifswalder Debattierclub eine solche Debatte in Stuttgart gewonnen.

Die Tradition studentischer Debattierclubs kommt eigentlich aus dem englischen Sprachraum. In Deutschland gibt es die meisten Debattiervereine erst seit etwa 10 Jahren. Seitdem gibt es auch den Greifswalder Club.

Debatten im parlamentarischen Stil

Der Vorsitzende Rafael Heinisch und sein Team vermitteln an Kommilitonen, wie man in Debatten erfolgreich ist. (mehr …)