geschrieben von Magnus Schult und Philipp Schulz

Der Wahlprüfungsausschuss tagte seit den letzen Berichten mittlerweile, mehr oder weniger öffentlich, dreimal und auch die Bürgerschaft der Hansestadt hat sich zu einer Sitzung am vergangenen Montag zusammengerauft – die letzte vor den Sommerferien. Bei beiden Gremien der Entscheidungsfindung ging es heiß her. 

In der Bürgerschaft (hier geht es zu der Tagesordnung) sollte unter anderem über die weitere Zukunft des Theaters, einen Frauenbeirat und die Fällung mehrerer Pappelbäume entschieden werden. Ersteres wurde von dem Bürgerschaftsmitglied und studentischen Senator Milos Rodatos, stellvertretend für den Kulturausschuss, angeregt. Er wünschte sich per Beschluss eine tiefergreifende Einbindung von Bürgerschaftsmitgliedern in den Entscheidungsfindungsprozess um die Neustrukturierung der Theaterlandschaft in MV. Diese wird im Moment aus Schwerin diktiert und soll, nach dem Vorstellen der Zielvereinbarungen Ende Oktober, in Arbeitsgruppen ausgearbeitet werden. Das diese jedoch nur von Mitarbeitern der Landesregierung und Vertretern aus der Verwaltung der Kommunen besetzt werden soll, wurde kritisiert. Aus Reihen der CDU und Verwaltung gab es Gegenstimmen, der Antrag wurde jedoch beschlossen. Auch ein Frauenbeirat für die Stadt Greifswald konnte ohne die Stimmen der CDU und AfD installiert werden. Dieser soll sich mit der Interessenvertretung der weiblichen Bürger der Hansestadt befassen und aus verschiedenen Gruppen, u.a. Studentinnen und Rentnerinnen zusammengesetzt sein.

Emotional wurde die Diskussion bei einem Antrag der Alternativen Liste, welcher das Fällen von insgesamt 37 Pappeln entlang der Pappelallee, im Zuge des Ausbaus des Radweges, kritisiert. Argumente hinsichtlich der CO2-Bilanz oder das Pappeln eh nur minderwertiges Holz seien wurden genannt – der Antrag wurde mit einer großen Mehrheit abgelehnt, begründet damit, dass es keine Alternativen zum Neubau des Weges gibt.

Wahlprüfungsausschuss prüft und prüft

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Eingang des Büros 093 im Thälmann-Ring mit der Fußmatte des Grauens

Am 8. und 17. Juli traf sich des Weiteren der Wahlprüfungsausschuss und die Frage um die Rechtmäßigkeit der Stichwahl zu prüfen. Am  8. wurde das Wahlbüro, in dem sich das Drama begab besichtigt. So konnte man ein gutes Dutzend Frauen und Männer sehen, die etwas unsicher durch die Räumlichkeiten gingen, über die Fußmatte scherzten, den Weg von Durchgängen erfragten und eine Klingel klingelten. Ergebnis: Die Tür war wohl kurzzeitig zu, keine Ahnung wie lange, keine Ahnung ob es jemanden gestört hat.

Die Anhörung der Beteiligten begann pünktlich am 17. Juli mit dem Glockenschlag um 18 Uhr. Geladen waren neben den Mitgliedern des Wahlvorstands auch die Personen, die Einspruch eingelegt hatten sowie eine Zeugin. Doch zunächst gab es einen Paukenschlag: Neben den drei bereits bekannten Einsprüchen war inzwischen ein weiterer Einspruch eingegangen. Dieser war allerdings nicht innerhalb der geforderten Frist eingegangen. Außerdem war die Person nicht in Greifswald gemeldet und somit bei der Wahl des Oberbürgermeisters der Hansestadt auch nicht stimmberechtigt.

Daraufhin wurden die Personen befragt, deren Einsprüche fristgerecht eingegangen waren. Diese wollten ihren Ausführungen, die sie in der Bürgerschaft gemacht hatten, nicht viel hinzufügen. Lediglich Herr Sievers, der zwei Einsprüche einlegte, nahm einen wieder zurück – er hatte bemängelt, dass es im Wahlbezirk 62 nicht zu Ausweiskontrollen gekommen sei. Nachdem er diesen Einspruch zurückgezogen hatte, konnte die Schriftführerin, ohne angehört zu werden, nach Hause gehen – aus dem Wahlprüfungsausschuss hätten einige gerne das Gleiche getan. Die Anhörung des Wahlvorstands vom Wahlbezirk 93 sollte das allerdings noch eine Weile hinauszögern.

Mittagessen und Fußmatte

Der Wahlvorstand bestand aus vier Frauen und einem Mann. Alle gaben an, bereits seit den neunziger Jahren bei Wahlen auszuhelfen. Außerdem besaßen sie alle keine Uhren, was bei allen Anwesenden für Heiterkeit sorgte. Lediglich der Mann gab an, während des Wahltages die Uhrzeit zumindest auf seinem Handy überprüft zu haben. So kam es dann auch zu unterschiedlichen Aussagen, wann die Wahlhelferinnen ihre Mittagspause machten. Als zeitliche Orientierung diente hierfür lediglich der Mann, der bereits seit 20 Jahren jeden Tag pünktlich um 11.45 Uhr Mittag isst. Bei einer Aussage herrschte allerdings Einigkeit: durch die verschlossene Tür – der genaue Zeitraum, wann die Tür verschlossen war, ließ sich auch diesmal nicht eingrenzen – kam es nicht zu einem Einbruch der Wählerzahlen.  Einigkeit herrschte auch darüber, woher das Essen für den Wahlvorstand kam: der Mann fuhr dafür nach Hause, die Frauen aßen etwas von einem nahegelegenen Fastfood Restaurant. Was genau sie aßen, blieb unklar; auch die Zeugin, die als letzte befragt wurde, konnte sich nur an Essensgeruch erinnern, diesen aber keinem Gericht zuordnen. Sie gab dafür an, den Wahlvorstand auf die verschlossene Eingangstür hingewiesen zu haben, nachdem sie recht unwirsch an der Terrassentür darauf hingewiesen wurde, dass der Zugang zum Wahlbüro durch den ausgeschilderten Seiteneingang zu erfolgen habe. Dies wurde vom Wahlvorstand sogleich dementiert; die Zeugin sei außerdem nicht diejenige gewesen, die am Tag der Stichwahl auf die verschlossene Tür hingewiesen habe. Dass die Tür mehrfach geschlossen gewesen sei, bezweifelte der Wahlvorstand: die Tür sei nur am Anfang des Wahltages und nach dem Hinweis der unbekannten Zeugin durch den Wahlvorstand geöffnet worden. Zudem gab der Vorstand an, dass, entgegen der Aussage der Zeugin, Wähler das Wahlbüro auch durch die Terrassentür betreten durften und auch taten. Die Terrassentür war auch wiederholt geöffnet – vier von fünf Mitgliedern des Wahlvorstands gaben an, Raucher zu sein – und die Terrasse war die nächste Möglichkeit, diesem Laster zu frönen.

Die Fußmatte, die am Wahltag auch zugegen war, aber als Einzige nicht befragt wurde, war laut dem Mann, der um 11.45 Uhr Mittagspause machte und dabei den ausgeschilderten Eingang kontrollierte, zu diesem Zeitpunkt in Keilform (nicht angelehnt!) an ihrem Arbeitsplatz. Von diesem ließ sie sich laut Aussage von verschiedenen Menschen auch nicht so einfach entfernen, dies hätte beispielsweise durch einen ängstlichen Menschen, der sich Sorgen macht, dass fremde Menschen im Haus sind, geschehen müssen.

Eine Bewohnerin des Hauses, die gegen 11 Uhr wählen war, bestätigte per Brief, dass die Tür offen stand. An die Uhrzeit konnte sie sich noch genau erinnern, da ihr Urnengang zwischen Peter Hahne und dem ZDF Fernsehgarten stattfand. Die Zeugin, die persönlich vorsprach, gab an, sich ganz genau an die Uhrzeit erinnern zu können: sie begegnete unterwegs einem Bekannten, der jeden Sonntag um Punkt 12 Uhr diesen Weg entlangging; eine Uhr war daher nicht notwendig. Diesen Sonntag verspätete er sich jedoch, es musste demnach kurz nach 12 Uhr sein. Im Wahlbüro selber habe sie den Anwesenden einen guten Appetit gewünscht und damit genau den Zeitpunkt erwischt, den die vorherigen Befragten nicht genau benennen konnten. Zur Verwunderung der Ausschussmitglieder gab sie zudem an, dass der einzige Mann aus dem Wahlvorstand ebenso zugegen war; laut der bisherigen Aussagen müsste er zu diesem Zeitpunkt zu Hause gewesen sein. Zweifel an ihrer Aussage kamen nicht zuletzt dadurch auf, dass sie angab, dass die Tür bei ihrem Eintreffen verschlossen gewesen wäre. Eine Klärung, ob die Zeugin oder der Wahlvorstand sich irrte, erfolgte nicht mehr im Rahmen des öffentlichen Sitzungsteil. Die Befragung der Beteiligten war nach knapp anderthalb Stunden vorbei, nach einer kurzen Raucherpause vor dem Haupteingang ging die Arbeit für den Ausschuss im nichtöffentlichen Teil weiter.

Grafik: Philipp Schulz