Nazis wollen wieder durch Greifswald marschieren

Dieses Jahr will Udo Pastörs durch Greifswald marschieren.

Nazis wollen erneut versuchen, in Greifswald Fuß zu fassen. Nachdem im vergangenen Jahr die NPD damit scheiterte, einen Stand auf dem Greifswalder Fischmarkt aufzubauen, will sie am 1. Mai erneut den Versuch starten, in Greifswald auf sich aufmerksam zu machen.

Wie aus einer Mitteilung des Informationsdienstes Nena.MV hervor geht, planen die neuen Nationalsozialisten einen Aufmarsch durch die Universitäts- und Hansestadt. Angemeldet wurde die Versammlung von Michael Grewe, Landesorganisationsleiter der NPD. Geht es nach dem Willen und Wünschen der Rechtsextremisten, sollen bis zu 500 Neonazis am ersten Mai in die Hansestadt kommen.

Aufmarschgebiet ist Schönwalde I und II

Vom Südbahnhof beginnend, wollen die Neonazis über den Ernst-Thälmann-Ring durch die Stadtteile Schönwalde I und II marschieren. Als prominentester Teilnehmer wird Udo Pastörs, Fraktionsvorsitzender der NPD im Mecklenburg-Vorpommerschen Landtag, erwartet. Darüber hinaus hat der Landtagsabgeordnete Tino Müller seine Anwesenheit angekündigt. Nach Informationen der Universitäts- und Hansestadt Greifswald wollte die Stadt im Vorfeld der Demo ein Koordinationsgespräch mit den Rechtsextremisten führen, was diese jedoch ablehnten.

Oberbürgermeister Dr. Arthur König kündigte einer Pressemitteilung der Stadt Greifswald zufolge an, in enger Abstimmung mit der Polizei versammlungsrechtliche Schritte gegen die angemeldete Versammlung unternehmen zu wollen. “Dabei wird auch entschieden, ob Voraussetzungen für ein Versammlungsverbot vorliegen. Sollte die Chance bestehen, die Demo zu verbieten, werden wir diese natürlich nutzen. Parallel dazu sind alle Greifswalder aufgerufen, sich gemeinsam der NPD entgegenzustellen. Wir wollen den menschenverachtenden Parolen mit bunten und vielfältigen Aktionen antworten. Dazu sind die Ideen aller Demokraten gefragt”, so König abschließend.

Bürgerschaft will über Gegenwehr beraten

Wie Andrea Reimann, Pressesprecherin der Stadt Greifswald, mitteilt, wird am kommenden Montag das erweiterte Präsidium der Bürgerschaft zusammentreten, um über eine gemeinsame Strategie gegen die Neonazis zu diskutieren. In der kommenden Woche möchte der Oberbürgermeister Vereine, Verbände und Initiativen ins Rathaus einladen, um gemeinsam Pläne für eine Gegenaktion zu schmieden. Bei den Vorbereitungen wolle man auch auf die Erfahrungen der Gegendemonstration von vor zehn Jahren zurückgreifen. Institutionen und Vereine, die Aktionen gegen den Aufmarsch der neuen Nazis unterstützen wollen, können sich an die Koordinatorin des Präventionsrates Dr. Christine Dembski wenden.

NPD möglicherweise nicht im kommenden Landtag vertreten

Ob die NPD erneut im Schweriner Landtag residieren wird, ist bislang fraglich.

In den vergangenen Monaten sind Neonazis in Greifswald vorwiegend durch Graffitis in der Innenstadt aufgefallen, mit denen sie gegen Homosexuelle hetzten und für die Mitgliedschaft in einer angeblich existierenden Nationalsozialistischen Hochschulgruppe warben. Zudem beschädigten Greifswalder Rechtsextremisten in der Vergangenheit Banner des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Universität Greifswald und besprühten oder beklebten an mehreren Orten und Gebäuden der Stadt die Adresse ihres Internetportals.

Die NPD, welche am 1. Mai mit möglichst vielen ihrer Kameraden durch die Stadt Greifswald marschieren will, zog vor vier Jahren erstmals in den Mecklenburg-Vorpommerschen Landtag ein. Neuere Umfragen sehen die NPD jedoch nicht mehr im kommenden Landtag vertreten. Nach einer Spiegel-Online Befragung liegt die rechtsextreme Partei gegenwärtig bei 4 Prozent. In Greifswald holte die NPD bei der vergangenen Landtagswahl fünf Prozent der Stimmen, während im angrenzenden Landkreis Ostvorpommern die NPD mehr als doppelt so viele Stimmenanteile (zirka 12 Prozent) holte. An den vergangenen Bürgerschaftswahlen beteiligte sich die rechtsextremistische Partei nicht.

Foto: Torsten Heil (Udo Pastörs, Aufmacher), Erik Jalowy/ jugendfotos.de (Schweriner Schloss)

Rechtsextremismus-Szene-Aussteiger zu Gast im St.Spiritus

Manuel Bauer war über mehrere Jahre hinweg mitten drin in der neuen braunen Szene. Er hörte rechstextreme Musik, marschierte bei Demonstrationen mit, gründete die Wehrsportgruppe “Racheakt” und die Kameradschaft Dommitzsch in Sachsen. “In meinen Augen die geilste Gemeinschaft überhaupt”, kommentierte der Skinhead seinerzeit die Kameradschaftsszene. Vor zehn Jahren musste er, unter anderem aufgrund räuberischer Erpressung, ins Gefängnis.

Seitdem wandelte sich seine Einstellung zu Kameradschaften, Wehrsportgruppen und der rechtsextremen Szene. Die Aussteigerorganisation “Exit Deutschland” half dem damaligen Neonazi die Szene zu verlassen. Seitdem lebt er irgendwo in Deutschland, gibt seinen Wohnort keinesfalls Preis, weil er sich von der rechtsextremen Szene bedroht fühlt. Schließlich gilt er, nicht zuletzt aufgrund seiner zeitweiligen Tätigkeit für den Bundesverfassungsschutz unter Braunhemden als Verräter. Zudem leistet er seit mehreren Jahren bei “Exit Deutschland” Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus.

Am 28. Februar 2011 kommt Manuel Bauer für einen Vortrag und eine anschließende Diskussion zum Thema Rechtsextremismus unter dem Motto “Vom Verbrecher zum Künstler” ins soziokulturelle Zentrum St. Spiritus nach Greifswald. Los geht es um 18 Uhr. Die Veranstaltung wird von den Jusos Greifswald-Ostvorpommern und “Endstation Rechts” organisiert. Die Veranstalter weisen auf ihrem Flyer darauf hin, dass Mitglieder rechtsextremer Parteien sowie Menschen, die mit fremdenfeindlichen oder antisemitischen Äußerungen in Erscheinung getreten sind, als Gäste unerwünscht sind.

Flyer: Veranstalter

Anmerkung der Redaktion (13.02.2011): Auf Wunsch des auf der Person, die auf dem Veranstaltungsflyer abgebildet war, haben wir die Publizierung des Flyers rückgängig gemacht.

Nicht vergessen: 80 Menschen gedachten Eckard Rütz

Ein trauriger Anlass war es, weshalb sich etwa 80 Menschen am Donnerstagnachmittag vor der Mensa versammelten. Sie waren dort, um dem Obdachlosen Eckard Rütz zu gedenken. Er wurde in der Nacht vom 24. bis zum 25. November 2000 von drei Jugendlichen ermordet.

Der Gedenkstein vor der Mensa.

Während der bewegenden Gedenkveranstaltung zum zehnten Todestag zeigten die Redebeiträge die Hintergründe der Tat auf. Es wurde an die Umstehenden appelliert, Zivilcourage zu zeigen und dem Mord an Rütz zu gedenken. Mit den Worten, dass es nicht selbstverständlich sei, ein Dach über dem Kopf zu haben, wurde die Veranstaltung eingeleitet. Die Rednerin Juliane Teichert vom Bündnis “Schon vergessen?” führte anschließend aus, dass die drei Jugendlichen zuerst auf den schlafenden Rütz vor der Mensa einprügelten. Später kamen sie zurück, fügten ihm starke Kopfverletzungen zu, aus Angst, er würde sie verklagen. Der 42-jährige Greifswalder erlag seinen Verletzungen. Bei der Gerichtsverhandlung 2001 gaben die drei Täter an, dass sie Rütz “eine Lektion erteilen” wollten. Sie begründeten ihre Tat damit, dass  Rütz dem deutschen Steuerzahler auf der Tasche liegen würde. Damit sei eine nationalsozialistische Gesinnung bei den Tätern erkennbar, so der Richter bei der Verhandlung. Die drei Jugendlichen erhielten Haftstrafen von sieben beziehungsweise zehn Jahren.

Pfarrer Gürtler der Domgemeinde: Zusammenhang zwischen Gedanken und Taten.

Ziel: Pflege von Gedenkkultur

“In Greifswald gab es kaum eine Reaktion auf die Tat, auch keine Gedenkplatte”, führte Teichert in ihrer Rede weiter aus. Erst 2006 wurde eine Steinplatte auf dem Mensa-Vorplatz eingelassen, die an Eckard Rütz erinnert. Dahinter steckte das Bündnis “Schon Vergessen?”, welches 2005 mit der Antifa Greifswald entstand. Daraufhin setzte sich das Bündnis mit verschiedenen Initiativen und Privatpersonen für den Gedenkstein ein. Das Ziel des Bündnisses ist es seither, eine aktive Gedenkkultur zu pflegen und die beiden Opfer von rechtsextremer Gewalt, Klaus-Dieter Gehricke Klaus Dieter Gerecke und Eckard Rütz, nicht zu vergessen.

Als weiterer Redebeitrag folgte der des Dompfarrers Matthias Gürtler, der in seiner Rede Gewalttaten mit ähnlichem Hintergrund darstellte: In der Nacht vom 24. auf den 25. November 1990 wurde Amadeu Antonio in Eberswalde von einer Gruppe Neonazis misshandelt. Im Dezember verstarb er. “Es gibt einen Zusammenhang zwischen Gedanken und Taten”, erläutert Gürtler. Er schloss seine Ansprache: “Ich bin dankbar, dass Jugendliche, Schüler und Studenten Eckard Rütz aus dem Vergessen holen, weil wir es ihm schuldig sind.”  Zwischen den einzelnen Beiträgen spielte ein Gitarren-Geigen-Duo. Die Stücke gaben der Veranstaltung einen würdigen Rahmen. Abschließend konnten die Besucher Eckard Rütz und den Opfern rechtsextremer Gewalt gedenken und Kränze, Kerzen und Blumensträuße niederlegen.

An der Gedenkveranstaltung nahmen deutlich mehr Menschen als in den vergangenen Jahren teil. Zahlreiche Initiativen und politische Gruppen, wie Mitglieder der Jungen Union, dem SDS, der Greifswalder Hedonisten, der Grünen Hochschulgruppe und der Jusos waren vertreten. Aber auch Vertreter des Studierendenparlaments (StuPa) und des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) nahmen zum ersten Mal an der Veranstaltung teil und legten einen Strauß und einen Kranz im Namen der Studierendenschaft nieder. Ebenfalls anwesend war die Koordinatorin des kommunalen Präventionsrates Dr. Christine Dembski, die einen Kranz im Namen der Stadt ablegte. Zudem berichtete Juliane Teichert vom Bündnis “Schon vergessen?”, dass Anfang November in der Bürgerschaft eine Gedenkminute abgehalten wurde. Das Verhältnis zwischen dem Bündnis und der Stadt war in den vergangenen Jahren eher angespannt.

Gedenkkränze vom Oberbürgermeister und dem AStA.

Am Sonnabend, dem 27. November, findet eine Demonstration des Bündnisses statt. Dabei soll den Greifswalder Bürgern die Person Eckard Rütz in Erinnerung gerufen werden. “Wir wollen den Opfern in einem würdigen Rahmen gedenken und überlegen, wie es soweit dazu kommen konnte und daher auch auf soziale Verhältnisse aufmerksam machen”, stellt Juliane vom Bündnis dar. Der Auftakt zur Demonstration ist um 13 Uhr an der Mensa. Auch im kommenden Jahr wird “Schon vergessen?” wieder an die Tat erinnern, um sich weiterhin für ein aktives Gedenken einzusetzen.

Fotos: Christine Fratzke

Podiumsdiskussion der moritz-Medien

Im Rahmen der 24-Stunden-Vorlesung veranstalteten die Moritz-Medien eine Podiumsdiskussion zum Thema “Rechtsextremismus – nur eine Phänomen?”. Wer die Debatte verpasst hat, findet hier einen kurzen Zusammenschnitt.

Gegen die “Antifa-geschulte Linke”: Wie Rechtsextreme die Hochschulen erobern wollen

Ein Bericht von Marco Wagner

November 2009 wurde das IKuWo zur Zielscheibe Rechtsextremer

Sonntag, 1. November 2009, 2 Uhr: Drei Betrunkene bewerfen das Internationale Kultur- und Wohnprojekt (IkuWo) in der Bahnhofstraße mit verschiedenen Gegenständen. Es entstehen Schäden an der Fassade des Hauses. Auf der Flucht zeigt einer der Täter einen Hitlergruß, ein anderer lässt einen Schlagring fallen. Ein Teil der Täter flüchtete zum Haus der Markomannia am Karl-Marx-Platz. Die Täter sind Zeugenberichten zufolge Mitglieder der Greifswalder Burschenschaft Rugia. Der Deutschlandfunk berichtete im Februar 2008, dass die Studentenverbindung „quasi den Hort der Rechtsextremen“ bilde und mit „rechtsextremen Kameradschaftsstrukturen“ zusammen arbeite. So waren beispielsweise die Brüder Stefan und Mathias Rochow Mitglied der Burschenschaft Rugia. Stefan Rochow war von 2002 bis 2007 Bundesvorsitzender der Jungen Nationaldemokraten, und arbeitete für die NPD-Fraktionen im Landtag von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Beide sind 2008 beziehungsweise 2009 aus der NPD ausgetreten. Wie der Allgemeine Studierendenausschuss in einer Pressemitteilung berichtete, wurden Stefan und Mathias Rochow  auf Grund von Disziplinarverstößen 2008 aus der Rugia ausgeschlossen. Das Greifswalder Straßenmagazin Likedeeler berichtete in einer Sonderausgabe 2006 darüber, dass  „gute Kontakte“ zu den in Greifswald wohnenden „Neonazikadern“ Lutz Giesen und Paul Schneider bestünden.

Auch die Burschenschaft Markomannia musste sich in der Vergangenheit mit dem Vorwurf, im rechtsextremen Spektrum angesiedelt zu sein, auseinandersetzen. So schreibt beispielsweise die Frankfurter Rundschau 2005, dass immer dann, „wenn Rechte in der Stadt aufmarschierten, Markomannia, Rugia, gelegentlich auch die Schwesternschaft Athenia mit von der Partie“ seien. So habe man Burschen beider Verbindungen 2005 bei einer Kundgebung des Heimatbundes Pommern gesehen. 1994 brachte die Markomannia auf dem Burschentag in Eisenach einen Antrag zur Eingliederung Österreichs in die Bundesrepublik Deutschland ein. Darüber hinaus wurde in dem Skript die Wiedereingliederung der nach 1945 vorwiegend an Polen abgetretenen Deutschen Ostgebiete als erstrebenswertes Ziel erachtet. Diese Forderung ist auch heute noch in den Grundsätzen Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) verankert. Die Markomannia ist Mitglied dieser Organisation. Vor etwa einem Jahr gab der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) ein Informationsblatt mit dem Titel „Burschenschaften im rechtsextremen Spektrum“ heraus, in dem Erstsemester vor den Burschenschaften Rugia und Markomannia gewarnt wurden. Letztere druckte daraufhin eine Gegendarstellung, in der sie betonte, dass keine Kontakte zum rechtsextremen Spektrum bestünden.

„Wenn man bedenkt, dass diejenigen, die ihre Heimat vor 60 Jahren wirklich verteidigt haben, heute zum Teil als Mörder beschimpft werden, dann sieht man wie weit wir von dem entfernt sind, was Patriotismus wirklich heißt“, erklärt Professor Dr. Ralph Weber, Lehrstuhlinhaber für Arbeitsrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Greifswalder Universität während eines Vortrages vor dem Verein Deutscher Studenten (VDSt). „Migration und Einbindung sind Verrat an der eigenen Kultur“, heißt es nach Angaben Carsten Schönebecks, der als Besucher auf der genannten Veranstaltung war, weiter.

Die DVU-Abgeordnete Birgit Fechner äußerte sich 2004 während einer Rede vor dem Brandenburgischen Landtag nahezu identisch, indem sie meinte, dass „Integration und Assimilation Raub an Heimat und Volkstum“ bedeuten und dass, „wer seine innere und äußere Heimat nicht mehr kennt, natürlich sehr viel leichter regiert und beherrscht werden“ könne. Dieser sei eher bereit, „sich zum kosmopolitischen Spaßbürger, Konsumsklaven und zum unmündigen Ja-Sager umerziehen zu lassen.“

Professor Weber ist die CDU zu links geworden. Er wünscht sich eine Deutsche FPÖ

Zudem soll nach Angaben der Ostsee-Zeitung, ein Treffen zwischen Weber und Udo Voigt dem Vorsitzenden der NPD sowie zwischen dem Professor der Rechtswissenschaften mit Mathias Faust von der DVU stattgefunden haben. Grund hierfür war die Erörterung einer Parteineugründung rechts der CDU. Für Weber sei die konservative Partei in den vergangenen Jahren zu weit nach links gerückt. Deshalb erwäge er die Gründung einer Partei rechts der CDU nach dem Vorbild Jörg Haiders FPÖ.

Nachdem am 30. Juni in der Ostseezeitung die Vorwürfe gegen Weber thematisiert wurden, verfasste dieser am 2. Juli eine Gegendarstellung, in der er sich in erster Linie über den journalistischen Stil, in dem die Autoren Kleine-Wördemann und Schönebeck berichteten, beschwerte. So hätten die Verfasser den Artikel mit der Absicht verfasst, den Jura-Professor aufgrund seiner konservativen Positionen „sofort auf den Eilzug ins rechtsextreme Lager“ setzen zu wollen. Weber beschwert sich weiter, dass „political correctness nur für Ansichten von ganz links“ gelte. „Rechts der Mitte dagegen wird man zum Freiwild von Fehlberichterstattungen und Ehrverletzungen übelster Art.“

Als besonders beklagenswert empfindet es der Jurist, dass „rechte, das heißt konservativ-christliche und patriotische Standpunkte“ nicht strikt von rechtsextremen Standpunkten getrennt werden. So würden politische Standpunkte, „die früher von namhaften Ministerpräsidenten der CDU wie Alfred Dregger, Franz-Josef Strauß, Hans-Karl Filbinger oder Altbundespräsident Karl Carstens vertreten wurden und das politische Erscheinungsbild der CDU prägten, heute als rechts gleich rechtsextrem bezeichnet und durch die Antifa geschulten Linken bekämpft.“

Unter den genannten, die Weber als rechts ungleich rechtsextrem bezeichnet, befinden sich zwei Nationalsozialisten: Hans-Karl Filbinger und Karl Carstens. Der spätere CDU-Politiker Hans-Karl Filbinger hatte als Marinerichter und NSDAP-Mitglied 1943 und 1945 vier Todesurteile beantragt beziehungsweise selbst gefällt. Karl Carstens, zwischen 1979 und 1984 Bundespräsident, war zwischen 1940 und 1945 ebenfalls Mitglied der NSDAP und trat bereits 1934 der SA bei.

Weber stellt in dem Brief an die Ostsee-Zeitung darüber hinaus klar, dass für ihn eine Zusammenarbeit mit der NPD und DVU nur dann in Frage käme, wenn diese sich von den Verbrechen des Naziregimes distanzierten und die freiheitlich-demokratische Grundordnung anerkennen würden. Da dies gegenwärtig nicht der Fall sei, käme keine Zusammenarbeit mit beiden Parteien in Frage, wenngleich es für ihn „keinen Unterschied“ ausmache, ob er „mit Herrn Voigt oder Frau Merkel“ rede.

Nach Angaben des Fachschaftsrates (FSR) Jura soll sich Weber zudem fremden- und frauenfeindlich geäußert haben, weshalb die betroffenen Studentinnen und Studenten Beschwerden beim FSR einreichten. Dieser habe daraufhin Weber ein Gesprächsangebot zur Klärung der Vorwürfe gemacht, dass der Jurist bisher nicht angenommen hat.

Unterdessen wurde die Universitätsleitung Ende Juli von der Landesregierung dazu aufgefordert, die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen Weber aufgrund des Verdachtes rechtsextremer Tätigkeiten zu prüfen. Zudem sollen Möglichkeiten überprüft werden, das Tragen der Kleidermarke Thor Steinar via Hausrecht zu verbieten.

Thor Steinar ist eine Kleidungsmarke,  auf deren Produkten Abwandlungen rechtsextremer Symbole gezeigt  werden. So mussten die Hersteller des in Königs Wusterhausen sitzenden Unternehmens ihr altes Logo verändern, da es der, aus Gründen der Verfassungsfeindlichkeit verbotenen Wolfsangel zu ähnlich war.

Die Ware wird fast ausschließlich in rechtsextremen Szeneläden feil geboten. Nach Angaben des Brandenburgischen Verfassungsschutzes betrachten Neonazis die Marke als „zur Szene gehörig“.

Wenngleich die Firma nicht mehr deutsch ist, sondern mittlerweile einem Unternehmer aus Dubai gehört, so hat sich an den Motiven der Kleidung nichts geändert. Die rechtsextremen Inhalte werden nach wie vor transportiert. So findet in der diesjährigen Winterkollektion das alte Logo erneut auf einem Feuerzeug mit dem Namen „TS-Sturm“ Verwendung. In dem Namen des Feuerzeugs verbirgt sich sowohl das Kürzel „S-S“ für Schutzstaffel, als auch die Silbe „Sturm“ der Sturmabteilung (SA) der NSDAP. In der Kapuzenjacke „Wings“ wird das Kürzel „TS“ dergestalt von Adlerflügeln flankiert, dass ein Bezug zum Hoheitszeichen der NSDAP hergestellt werden kann.

Am 3. September änderte die Universitätsleitung die Hausordnung der Universität dahingehend, dass „Verhaltensweisen zu unterlassen sind, die geeignet sind, die öffentliche Wahrnehmung der Universität als weltoffenes, pluralistisches, freiheitliches und demokratisches Zentrum von Forschung und Lehre zu beeinträchtigen.” Darüber hinaus werden insbesondere “die Verwendung von Kennzeichen mit verfassungswidrigen, rassistischen, fremdenfeindlichen, gewaltverherrlichenden oder anderen menschenverachtenden Inhalten” untersagt. Nachdem in den Medien, so unter anderem in der Wochenzeitung Die Zeit, vorerst fälschlicherweise die Nachricht übermittelt wurde, dass das Rektorat das Tragen von Thor Steinar verbieten wolle, dementierte Pressesprecher Jan Meßerschmidt kurz darauf, dass dies der Fall sei.

Ungeachtet dessen ist weder die Universität Greifswald, noch irgendeine andere Universität von dem Problem des Rechtsextremismus befreit. So berichtete beispielsweise der Unispiegel im Januar 2010 von Aktivitäten Rechtsextremer an verschiedenen deutschen Universitäten. Greifswald wird in diesem Zusammenhang ebenfalls erwähnt. Aktivitäten von Rechtsextremisten seien dem Unispiegel zufolge nicht zufällig. Neonazis studieren demnach vorrangig geisteswissenschaftliche Fächer und geben sich als „Vordenker einer neuen, rechten Avantgarde“.  Eine Begründung dieser These bleibt die Autorin Ine Brzoska hingegen schuldig.

Der Biologiestudent Ragnar Dam auf einem Zeltlager der HDJ

Vor etwa einem Jahr veröffentlichte „Recherche Nord“ Informationen über rechtsextremistische Tätigkeiten des Greifswalder Biologiestudenten Ragnar Dam. Bis zum Verbot der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) war er Chef der HDJ-Einheit „Mecklenburg-Pommern“ und „Führer“ der Leitstelle Nord. Hausdurchsuchungen in Dams Wohnungen in Berlin und Greifswald ergaben Berichten von „Recherche Nord“ zufolge, dass er in seiner Funktion „Rassenschulungen“ durchgeführt habe. Ziel der HDJ war es, für die „Blutsreinheit“ und das „Fortbestehen des Deutschen Volkes“ einzutreten. Aus diesem Grund wurde die Vereinigung am 31. März 2009 vom Bundesinnenministerium verboten. „Der Kampf um die Köpfe“, den Udo Voigt vor Jahren ausrief, hat längst begonnen. Universitätsstudium, Kleidung von Thor Steinar, Consdaple und die Schulhof-CD: Das ist das Gepäck, mit dem sich die Neuen Nazis auf den Weg in die Mitte der Gesellschaft machen. Regional ist es ihnen bereits gelungen. So erlangte die NPD bei den Wahlen zum Landtag Mecklenburg-Vorpommern in den Landkreisen Uecker-Randow, Demmin und Ostvorpommern zwischen 10 Prozent und 15 Prozent der Zweitstimmen. Nach Angaben der Sozialraumanalyse für Anklam seien etwa 17,5 Prozent der Befragten Bevölkerung der Ansicht, dass die Partei helfe, die Probleme vor Ort zu lösen. Die NPD hat die SPD bei der Wiederholung der Kommunalwahl am 27. September 2009 um 0,1 Prozent mit 7,4 Prozent knapp überholt. Ob den Rechtsextremen dies jedoch bundesweit gelingen wird, ist von der Zivilcourage derer abhängig, die sich keine Neuauflage des Dritten Reiches wünschen.

Eine Frage der (Doppel)moral

Ein Kommentar von Florian Bonn

Sollte der Staat seinen Bürgern vorschreiben dürfen, was sie anzuziehen haben? Diese, durch die Änderung der Hausordnung der Universität Greifswald aufgeflammte Debatte, wurde vor einigen Jahren schon einmal in Deutschland geführt. Damals kamen Befürworter und Gegner allerdings aus der politisch entgegengesetzten Richtung als in der heutigen Debatte. Heulen heute Konservative ob dieses Eingriffs in ihre Freiheit empört auf, hatten sie vor wenigen Jahren keinerlei Probleme damit, angehenden Lehrerinnen und anderen Staatsbediensteten das Tragen eines Kopftuches zu verbieten. Um Kleidung geht es in beiden Debatten nur sekundär, der Kern ist die Symbolkraft, die dahinter steckt. Ist also die Marke Thor Steinar ein Symbol für Rechtsextremismus, auch wenn keine verfassungsrechtlich zu beanstandenden Symbole auf den Kleidungsstücken zu finden sind? Diejenigen, die das nicht so sehen, argumentieren, dass Thor Steinar keine zu beanstandenden Symbole mehr verwendet und mittlerweile im Besitz eines ausländischen Investors ist. Doch zur Geschichte der Marke gehören das mittlerweile verbotene alte Logo, die rechtsextremen vormaligen Besitzer und recht eindeutige T-Shirt Motive wie eine große „88“ im Lorbeerkranz. Das ist auch der Weg, mit dem Thor Steinar zu einer profitablen, umsatzstarken Marke geworden ist. Thor Steinar Kleidung kann also durchaus als Symbol der Rechtsextremen bezeichnet werden Die aktuellen, vergleichsweise harmlosen Motive passen gut ins Bild eines Strategiewechsels innerhalb der Neonaziszene. Der Trend geht weg vom klassischen Skinheadoutfit. Autonome Nationalisten kann man rein optisch kaum als Neonazis identifizieren. Auch sonst versuchen sich NPD und andere durch Bürgerfeste und andere Veranstaltungen in der Mitte der Gesellschaft zu etablieren. Ein Thor Steinar tragender Professor kann für diese Bewegung schon fast als Maskottchen dienen. Durch ein Verbot von Thor Steinar Kleidung wird niemand aus der Uni ausgesperrt, kaum jemand dürfte ausschließlich Thor Steinar Kleidung in seinem Besitz haben. Was das Verbot allerdings darstellt, ist ein Verbot des Werbens für Rechtsextremismus. Ein solches ist kaum zu beanstanden, gerade weil auch Politische Parteien in den Räumen der Universität nicht werben dürfen.

Bildnachweis: Archiv/ Homepage des Trägervereins (“ikuwo.de”) – IKuWo, Archiv/ Homepage “Recherche Nord” (“www.recherche-nord.com”) – Ragnar Dam, Dana via Wikipedia (FPÖ-Plakat), Archiv/ Artikel: Neonazis marschieren ungehindert durch Anklam

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