Liberaler Boykott statt demokratischer Auseinandersetzung

Liberaler Boykott statt demokratischer Auseinandersetzung

Kommentar

Sind Polemik und Populismus die neuen Werte der Nachwuchs-Lobbyisten? Die Liberale Hochschulgruppe überrascht mit einem Antrag auf der Vollversammlung und wirft mit plumpen Behauptungen um sich.

„Beendet bitte endlich die dortige Ausrichtung & Finanzierung von Veranstaltungen“ kommentiert Moritz Harrer von der Liberalen Hochschulgruppe Greifswald unter einem Beitrag des AStA Uni Greifswald zur heutigen Vollversammlung. Es kocht bei der Lindner-Jugend und man sieht seine Zeit gekommen, erfolgreich die Welle der liberalen Empörung zu reiten. Wenn es sein muss, sogar bis in stürmische Gewässer am rechten Rand.
Doch zurück zum Anfang, worum geht es:
Während im IKUWO die Aftershow-Party des Festival contre le racisme stattfand, befanden sich auf dem Vorplatz eine Vielzahl von Menschen zum Rauchen und schnacken. Laut Polizeibericht kam um 1:20 Uhr ein Verbindungsstudent an genanntem Vorplatz vorbei und wurde dann durch drei Einzelpersonen angesprochen und attackiert. Laut Polizei entrissen sie ihm sein Verbindungsband im Handgemenge und gingen dann in die Veranstaltungsräume. Als dann die Polizei hinzugerufen wurde und sich in die Veranstaltungsräume begeben wollte, wurde ihnen der Zutritt verwehrt. Es wird geprüft ob es sich in diesem Fall um eine „Strafvereitelung“ handelt und sich die VeranstalterInnen dafür verantworten müssen.

Die Geister, die sie riefen

In den mehrstimmigen Gesang der Empörung stimmte zuerst natürlich AfD und CDU, in dem Fall vertreten durch Leif-Erik Holm und Sascha Ott ein. Dass sich ein AfD-Abgeordneter mit sachfremden Äußerungen zu einer Thematik hervortut, ist mittlerweile keine Überraschung mehr und ist nicht selten Ergebnis des eigenen Geltungsdranges und der bewussten Provokation. Sachsa Ott wiederum trifft genau die (entlarvenden) Aussagen, die sich auch u.a. bei der liberalen Hochschulgruppe entdecken lassen:

“Es ist bezeichnend und beschämend, dass zum Abschluss einer als Toleranzwoche ausgerufenen linken Veranstaltungsreihe, die auch noch mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde, dann ein Mensch attackiert wird, dessen vermutete Haltung diesen Menschen nicht behagt.“

Man enttarnt sich selber und merkt es nicht einmal. Eine gewaltsame Auseinandersetzung, die zu verurteilen ist, wird stellvertretend für eine gesamte, inhaltsorientiere Veranstaltungsreihe herangezogen. Als wenn man nur darauf gewartet hätte. Eben jener Maßstab wird auch auf das IKUWO angesetzt, welches im Moment einer Vielzahl von Anfeindungen gegenübersteht. Zwischen AfD und CDU, Junge Freiheit und rechtem Wutmob reiht sich nun auch die „Liberale Hochschulgruppe“ ein. Man fordere ein Ende der Finanzierung und der Ausrichtung von studentischen Veranstaltungen vor Ort. Dies sei nicht der erste Vorfall, lauten die ach so mahnenden Worte.

Hört die selbsternannte Freiheitsliebe beim politischen Pendant auf?

Ebenso wie man am 1. Mai eine Eskalation als Vorwand genutzt hat, um eine ganze Demonstration zu dämonisieren, setzt man hier auf den Vorfall am Samstagabend, um ein gesamtes Projekt zu verurteilen.
Regelmäßiger Tresenbetrieb, Vorträge, Theater, Filmvorführungen,Ausstellungen und Diskussionsrunden stehen dem aktuellen Vorfall gegenüber. Die Antwort auf Gewalt sollte im demokratischen Kontext, besonders im Rahmen einer „wehrhaften Demokratie“ nicht Boykott und Rückzug sein. Kritische Auseinandersetzung und Dialog sind es, die ein miteinander Leben ermöglichen. Weder von den Personen, die an diesem Abend vor Ort waren, noch von Personen aus dem IKUWO konnte ich eine zustimmende Meinung zu dem gewaltsamen Übergriff vernehmen. Im Gegenteil. Aber das zu erfragen und diesen Dialog zu suchen, hat anscheinend weder die LHG, noch CDU oder sonst wer im Sinn. Man lebt lieber von seinen vorgefertigten Meinungen aus der Schublade. Das IKUWO ist und bleibt ein wichtiger Anlaufpunkt für die verschiedensten Veranstaltungen in der Greifswalder Kulturszene und ein elementarer Bestandteil der Kneipenlandschaft. Ob und wie man sich einer derart unsachlichen und pauschalisierenden Debatte stellt, werden die kommenden Tage und Wochen zeigen. Was bleibt, ist letztlich ein großes Fragezeichen hinter der LHG und ihrem Verständnis von demokratischem Diskurs.

 

Anmerkung zur PM der Polizei:
Der Autor konnte keine 15 Personen umfassende Kette erkennen. Jedoch konnte er Polizeibeamte sehen, die sich durch eine Masse von Menschen geschoben hat, ohne offene Kommunikation. Dass man sich, wenn man sich zwischen Tür und Angel gepresst hat, dann übermannt fühlt, ist keine Überraschung. Viel überraschender ist es dann, daraus einen Skandal zu konstruieren. Mangelnde Kommunikation und kopfloses Vorsprechen haben in diesem Fall vermutlich eher dazu geführt, dass sich die Situation nur durch „deeskalieren“ der eingesetzten Beamten entspannen ließ. Eine „No-Go-Area“, wie sie ein Leif-Erik Holm zu konstruieren versucht, wird durch solche unreflektierten Pressemitteilungen der Polizei befeuert. Es standen genug Polizeibeamte in der Reserve und hätten hinzugerufen werden können, was aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht getan wurde.
Dies wäre ein wichtiger Zusatz in der PM gewesen.

 

Edit 23:20 Es wurde die Kennzeichnung als Kommentar ergänzt. Diese wurde zu Beginn der Veröffentlichung fehlerhafterweise lediglich auf Facebook vorgenommen.

Jan Fleischhauer liest in Greifswald

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kultur kompakt vom 19. bis 22. April: Da ist Entscheidungsfreudigkeit gefragt!

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Liberale Hochschulgruppe wählte neuen Vorstand

Am vergangenen Mittwoch wählte die Liberale Hochschulgruppe Greifswald (LHG) einen neuen Vorstand. Dabei kam es wohl zu einem Generationenwechsel – keines der alten Vorstandsmitglieder setzt seine Arbeit fort. Jurastudent Patrick Kaatz, der erst vor wenigen Monaten sein Jurastudium in Greifswald begann führt nun die der FDP nahestehende Studentengruppe. Zu seinen Stellvertreteren wählte man Christoph Klein (PoWi/Wirtschaft) und Ann Kristin Zalcmans (Lehramt Geschichte und Religion). Neuer Kassenwart ist der ehemalige AStA-Finanzer Tim Krätschmann.

Um die Liberalen an der Universität Greifswald war es in den vergangenen Monaten recht ruhig geworden. Im Januar war man mit nur zwei Kandidaten zur StuPa-Wahl angetreten, lediglich David Wulff schaffte den Einzug ins Parlament. Nun, so heißt es in der Pressemitteilung, wolle der neue Vorstand “konsequent gegen Missstände an der Universität vorgehen, aktiv in den hochschulpolitischen Gremien mitwirken und den Dialog mit den Studenten suchen.” Dazu will man künftig enger mit den Jungen Liberalen (JuLis) Vorpommern zusammenarbeiten.

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LHG-Vorsitzender Patrick Kaatz

Der neue Vorsitzende Patrick Kaatz nahm sich Zeit für ein kurzes Interview mit dem webMoritz.

webMoritz: Warum hast du dich für ein Engagement in der Hochschulpolitik entschieden? Und warum gerade für die Liberale Hochschulgruppe?

Patrick Kaatz: Ich bin seit etwas über einem Jahr bei den Jungen Liberalen aktiv. Freiheit, Eigenverantwortung und Leistung sind Werte, die ich aber schon deutlich länger verinnerlicht habe. Mit Aufnahme des Studiums trat ich daher der LHG bei. An der Hochschulpolitik reizen mich die umfangreichen Betätigungsfelder. Als ich einem nichtstudierenden Freund davon berichtete, sprach er von einem „Staat im Staate“. Hier hat man direkt vor Ort Einflussmöglichkeiten auf Gegebenheiten und kann das Wohl der Gemeinschaft unmittelbar fördern – und sich dabei ganz nebenbei auch noch persönlich weiterentwickeln.

webMoritz: Was sind deine Ziele als Hochschulgruppenvorsitzender? Was willst du erreichen?

Patrick Kaatz: Blickt man auf die Erfolge der LHG Greifswald, so ist das Ziel klar definiert. Wir waren stärkste Kraft und wollen es wieder werden.

webMoritz: Du bist derzeit weder im Fachschaftsrat noch im StuPa. Soll sich daran etwas ändern? (mehr …)

Mitgliederversammlung der Liberalen Hochschulgruppe

lhgVor wenigen Tagen fand die halbjährliche Mitgliederversammlung der Liberalen Hochschulgruppe (LHG) statt. Dort wurde unter anderem das erste Grundsatzprogramm der LHG beschlossen.

Interne Wahlen standen bei der Versammlung nicht an, aber man hatte sich zum Ziel gesetzt, einige inhaltliche Punkte zu diskutieren. Unter anderem wurde angeregt, über die geplante Angleichung der Semesterzeiten diskutiert (Webmoritz berichtete). Während der Bundesverband sich dafür aussprach, lehnt die örtliche LHG, wie auch AStA und Stupa, das Vorhaben ab. Die Forderung nach Auflösung des fzs (freier zusammenschluss von studentInnenschaften) spielt für Greifswald wohl eher eine geringe Rolle, da die hiesige Studierendenschaft ohnehin nicht Mitglied der fzs ist.

Des Weiteren wurde von den Anwesenden das erste Grundsatzprogramm der Greifswalder LHG beschlossen. Gleichermaßen unterstreicht es den Ruf nach Verantwortung des Staates und des Einzelnen. Vor allem im Bereich studentisches Wohnen wird das Programm sehr konkret:

“Bezahlbarer Wohnraum ist Voraussetzung für eine freie Wahl des Studienorts. Um dieses zu gewährleisten ist eine individuelle Förderung der Studierenden (Subjektförderung) erforderlich. Dazu müssen die ortsüblichen Vergleichsmieten bei der Festlegung der individuellen Studienförderung berücksichtigt werden.”

Auffällig ist zudem die – für eine LHG nicht unbedingt typische – Ablehnung von Studiengebühren.