Digitales Theater: Bist du fake oder T.R.U.E.?

Digitales Theater: Bist du fake oder T.R.U.E.?

Am 20.05. feierte der zweite Teil der digitalen Theaterreihe “Customerzombiefication” seine Premiere. Wie schon der erste Teil beschäftigt sich auch “DATA-Land” mit den großen Fragen unserer Zeit. Im Fokus stehen besonders die Selbstoptimierung und die Rolle der Menschen im Ökosystem unserer Erde. Dennoch hat sich gegenüber dem Vorgängerstück “Mein fremder Wille” einiges geändert.

T.R.U.E. ist für uns alle Neuland

Das Wichtigste zuerst: Der zweite Teil der Trilogie knüpft in der Geschichte nicht an den ersten an. Alle interessierten Nachzügler*innen können also problemlos mit einsteigen. In der futuristischen Welt des Stückes hat sich das Startup “T.R.U.E.” aus Berlin-Kreuzberg als Anbieter für körperloses Leben in der digitalen Welt bereits einen Namen gemacht. Nun sollen auf einer Kennenlern-Veranstaltung neue Kund*innen für das wunderbare, vollkommen virtuelle Leben akquiriert werden. Für dieses exklusive Produkt kommen allerdings selbstverständlich auch nur die erlesensten Personen infrage. Daher müssen alle Interessierten zunächst ein Coaching absolvieren und in einer Reihe von Prüfungen ihre “Human Essence Units” (H.E.U.) verbessern, bevor sie einen Blick auf T.R.U.E. werfen und vielleicht sogar die Erfinderin der scheinbar perfekten Welt selbst treffen können.

Vorsprung für Technik

Zeile 1 der Anweisungen auf dem (natürlich) digitalen Theaterticket lautet: “Bitte bereiten Sie sich circa 15 Minuten vor Beginn des Streamings vor”. Das gilt auch für alle Veteran*innen des digitalen Theaters, die in “Customerzombiefication Teil 1/Mein fremder Wille” die ersten Schritte dieses Projektes mitgegangen sind und wie ich die TotoGo-App aus Platzgründen danach wieder deinstalliert haben. Außerdem gab es da ja auch noch ein Passwort… das man aber zum Glück auch zurücksetzen kann. Die Zeit zur Vorbereitung sollte also in jedem Fall eingeplant werden, da neben der App auch der Stream gestartet werden muss. Der ist übrigens nach Teil 1 von YouTube auf Twitch umgezogen. Der Countdown im Stream tickt herunter, während auf anderen Channels Fortnite gespielt oder gechattet wird. Aber keine Zeit, um bis zum Vorstellungsbeginn nochmal kurz umzuschalten, denn die T.R.U.E.-Gründerin hat eine Videobotschaft in die App hochgeladen. Sie möchte, dass ich meinen H.E.U.-Basiswert bestimme. 51,3% – alles klar.

20:01 Uhr – die Frisur sitzt, das Mikro noch nicht ganz

Als der Countdown auf 00:00 springt, passiert… nichts. Technische Probleme? Haaaallloooo?? Geht die App zu, wenn ich nochmal kurz auf Insta gucke? Spoiler: Nein, tut sie nicht. Aber kaum habe ich das Sofa verlassen, um mir noch etwas zu trinken zu holen, erscheinen die beiden Coaches auf meinem Bildschirm. Erwischt! Auch wenn sie mich nicht sehen können, will ich trotzdem einen guten ersten Eindruck hinterlassen, um mir optimale Chancen auf einen Platz in T.R.U.E. zu sichern. Stimmungsvoll ist es also schon mal. In einem längeren Dialog stellen die Coaches Ella und Inga nun das Abendprogramm vor. Gemeinsam möchten Sie mit uns an der Verbesserung unserer H.E.U.-Werte arbeiten, denn ein guter Wert ist Voraussetzung für den Upload. Schon jetzt ist klar, dass der Abend arbeitsintensiv wird und tatsächlich sind es am Ende des Stücks etwa 30 Eingaben, die wir geleistet haben werden. Inklusive Photoshooting und Gesangseinlage. Und auch so manche (zum Beispiel meine) Internetverbindung wird bei der schnellen Abfolge an Videos wohl zwischendurch mal etwas in die Knie gehen (danke, Vodafone). Aber was tut man nicht alles für einen Platz im digitalen Paradies…

Fragen über Fragen

Anders als noch im ersten Teil der Trilogie geht es in “DATA-Land” nicht darum, Entscheidungen zur Fortsetzung einer Geschichte demokratisch zu treffen, sondern durch die individuelle Beantwortung von Fragen einen möglichst guten Platz in der Rangliste für den Upload zu erkämpfen. Dabei geht es um alles, was uns als Menschen ausmacht, die besten Eigenschaften, die schlechtesten, geheime Wünsche und vieles mehr. Den eigenen H.E.U.-Score können die Zuschauer*innen/Kontrahent*innen jederzeit in der App nachlesen, die Werte der anderen werden immer wieder in Zwischensequenzen eingeblendet. So intensiviert sich nach und nach ein Konkurrenzkampf um die besten Plätze. Recht schnell wird zwar deutlich, dass gesellschaftlich akzeptiertes Verhalten mehr Punkte einbringt. Aber bin das wirklich ich? Und ist das tatsächlich besser, um sich die besten Chancen für den Upload zu sichern? Schließlich gilt ja immer noch: “Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommst du ohne ihr…”

Ein Abend wie ein Horoskop

“DATA-Land” ist sehr anders als ich es nach dem ersten Teil der Trilogie erwartet hatte. Durch die große Anzahl an, auch durchaus intimen, Fragen und Informationen, fühlt es sich an manchen Stellen eher wie eine Therapiesitzung als wie ein Theaterbesuch an. Fans des klassischen Geschichten-Erzählens werden daher vermutlich eher enttäuscht sein, denn das Stück ist durch den Fokus auf die Persönlichkeiten seiner Zuschauer*innen recht statisch. Auch wenn die Coaches nach und nach einige Hintergründe der Entwicklung des Uploads und ihrer eigenen Funktion im futuristischen Universum preisgeben, passiert auf dem Bildschirm nicht besonders viel. An manchen Stellen wirken außerdem Details noch ein wenig unausgereift, beispielsweise gibt es ein Credit-System, für das Zuschauer*innen Eigenschaften kaufen können, was aber auch bei negativem Credit-Score noch ohne Konsequenzen möglich ist. Trotz solcher Kleinigkeiten ist das Stück gerade durch das hohe Maß an Interaktion sehr kurzweilig und schöpft die Möglichkeiten der App gut aus. Wie schon im ersten Teil geht es um Fragen, die uns als Menschheit insgesamt, aber vor allem auch individuell immer mehr beschäftigen: Wie möchten wir leben und wie lässt sich das mit den Kapazitäten unserer Gesellschaft und unseres Planeten in Einklang bringen? Ist die Aufgabe des realen Lebens und der Transfer in eine digitale Parallelwelt die ultima ratio? Das Stück dürfte besonders interessant für die immer größer werdende Gruppe der selbstoptimierenden Yogis und Küchentischpsycholog*innen sein. Aber Vorsicht, ein bisschen fühlt sich der Ausblick wie ein Horoskop an: Egal zu welcher Gruppe ihr am Ende gehört, irgendwie sind die Vorhersagen doch immer die gleichen.

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Unterhaltungsfaktor

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Innovationsfaktor

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(Angst)Schweißfaktor

Das Wichtigste auf einen Blick:
Wann? (Fast) täglich bis zum 30.05.
Wo? Digital über Twitch und die TotoGo-App
Anmeldung? Über die Webseite des Borgtheaters

Titelbild: Igor Ovsyannykov auf Pixabay
Video: Borgtheater

Übertreibe ich? Fehlender Warnhinweis für den Film “365 Tage”?

Übertreibe ich? Fehlender Warnhinweis für den Film “365 Tage”?

Wenn wir einen Film zu Ende geschaut haben, behalten wir immer so ein “gewisses” Gefühl in uns. Schließlich haben wir uns mindestens 90 Minuten lang nur auf das Geschehen auf dem Bildschirm konzentriert (oft länger als bei Online-Vorlesungen!). Manchmal sind wir am Ende des Films traurig, weil die Superheldin überraschend gestorben ist, oder erfreut, weil das Liebespaar zum Schluss – nicht ganz so überraschend – heiratet. Wir denken über das Geschehene nach und reden mit unseren Freund*innen darüber. Vielleicht bringt der Film uns dazu, unsere eigenen Gedanken und Vorstellungen zu hinterfragen oder er erinnert uns an Vergangenes. Das müssen jedoch nicht immer positive Erinnerungen sein. Und genau darauf möchte ich in diesem Kommentar eingehen: Wenn vergessen wird, was Erzählungen bei Menschen auslösen können und verpasst wird, Maßnahmen zu ergreifen, die genau das verhindern könnten.

“Na und? Es ist doch nur ein Film. Mach es doch nicht schlimmer als es ist! Man kann es auch wirklich übertreiben!” Ein Freund und ich diskutieren über den umstrittenen Film “365 Tage”. Seine Aussage hat mich dazu bewogen, diesen Artikel zu schreiben. Denn seinen Kommentar kann und will ich nicht so stehen lassen, wenn es wie in diesem Fall um die starke Romantisierung eines Gewaltverbrechens in einem Erotik-Film geht. Beziehungsweise wenn Filme und Serien keinen Warnhinweis geben, dass gewaltverherrlichende Szenen, Darstellungen von Drogenmissbrauch oder Suizid gezeigt werden, die Menschen verstören oder triggern könnten. Natürlich ist es bei manchen Filmen und Serien absehbar, um was es gehen wird. Man kann es im Trailer oder in der Kurzbeschreibung erahnen. Meistens sind diese (natürlich auch, um nichts Wichtiges zu spoilern) aber sehr vage formuliert, wodurch man oft auf das Folgende nicht gut vorbereitet ist. So ist es auch mir bei dem Film “365 Tage” ergangen. Der Film war monatelang in den Top 10 Charts auf Netflix. “Ein ‘Fifty-Shades of Grey’-Abklatsch‘ “, dachte ich. “Okay… könnte man sich ja mal anschauen”, entschieden meine beste Freundin und ich. Vielleicht wird es trashig und kann uns von dem öden Corona-Alltag ablenken.

Tja, in welches Genre soll man den Film einordnen, den ich hier ins Visier nehme? Softporn und/oder Trash? Für Netflix ist es ein Drama. Das Genre “Drama” ist natürlich sehr weit gefächert. Hier ein kurzer Überblick, für alle, die den Film nicht gesehen haben (das ist auch völlig unnötig!). Ich zitiere Netflix’ Filmbeschreibung: “Eine Frau fällt einem dominanten Mafiaboss zum Opfer, der sie einsperrt und ihr ein Jahr Zeit gibt, sich in ihn zu verlieben.” Hmmm… Er sperrt sie ein. Kann aber nicht so schlimm sein, schließlich befindet sich schon im Nebensatz das Zauberwort “Liebe”. Und schon lasse ich mich in den Bann des Filmes ziehen.

Und bin dann ganz, ganz schnell wieder in der Realität angelangt: Dieser zuvor benannte Mafiaboss ist Massimo. Massimo ist sehr gutaussehend und sehr reich. Die sehr hübsche Laura wird von Massimo entführt, gegen ihren Willen festgehalten, erpresst und sexuell missbraucht. Dennoch verliebt sie sich in den sehr gutaussehenden und sehr reichen Massimo. Der Film lässt stark vermuten, dass Laura im Laufe der Handlungsgeschichte das Stockholm-Syndrom entwickelt. Meiner Meinung nach wäre ein Warnhinweis für diesen Film das mindeste, was Netflix zum Schutz der Zuschauer*innen tun müsste.

Der Film ist gewaltverherrlichend und nimmt dadurch keine Vorbildfunktion ein. Unter anderem entstand durch den Film der Tik-Tok-Trend, wie man sich und andere am besten fesseln kann und die gefährliche Ansicht unter Mädchen und Frauen, dass es romantisch sei, blaue Flecken von seinem Freund zu haben. Ob diese blauen Flecken eventuell gefakt sind, sei mal dahingestellt.

Trotz des Aufschreis in den Medien und Petitionen, den Film zu löschen, wurde klar, dass Netflix den erfolgreichen Film nicht von der Plattform herunternehmen würde. Es soll noch zu zwei Fortsetzungen des Filmes kommen. Wie diese ausschauen, kann sich ja wohl jede*r denken: Hochzeit, Kinder, Laura wird noch zweimal weggesperrt, Massimo hat eine Nahtoderfahrung und wird der hingebungsvollste Ehemann und Vater, den wir uns vorstellen können. Ich hoffe, ich habe jetzt nicht zu viel gespoilert.

Auch die Serie “Tote Mädchen lügen nicht”, war vor einiger Zeit in den Medien ein Thema, da in der Serie Suizid glorifiziert wird. Nach großer Kritik gibt es inzwischen seit geraumer Zeit einen Warnhinweis vor Beginn der Folgen. Warum gibt es so etwas sonst nicht für mehr Filme und Serien? Unter anderem für den Film “365 Tage”?

Dass Netflix mittlerweile aus Skandalen profitiert, merkt man z.B. auch an dem Film “Cuties”. Das Problem hier ist ein Poster gewesen, auf dem Mädchen in freizügigen Outfits aufreizend posieren. Die Mädchen sind 11 Jahre alt. Man mag zu dem Film stehen, wie man will, aber den Skandal, den diese Poster mit sich brachten, hatte Netflix höchstwahrscheinlich einkalkuliert. Immerhin wurden diese Poster wieder aus der Öffentlichkeit entfernt.

Aber es geht nicht nur um eingeplante Skandale oder darum, dass ein Warnhinweis für den Film “365 Tage” angebracht wäre. Es geht auch darum, dass mich der Film veranlasst hat, zu hinterfragen, welche Rolle die Legitimierung von (mindestens) fragwürdigen Handlungen durch Reichtum und gutes Aussehen in Filmen und Serien spielt. Würde man sich vorstellen, dass Massimo nicht gutaussehend und nicht reich wäre, wäre für alle sofort klar gewesen, das es sich um eine Entführung und um Missbrauch von Laura handelt. Warum hinterfragen das einige nicht, nur weil jemand attraktiv ist? Insbesondere dieser Film trägt dazu bei, dass den Zuschauer*innen vermittelt wird: “Wenn du gut aussiehst und reich bist, kannst du dir alles erlauben.” Ohne jegliche oder zumindest allzu harte Konsequenzen. Auch in der Netflix-Serie “You” wird ein gutaussehender Stalker als der perfekte Freund inszeniert und man nimmt ihm als Zuschauer*in seine begangenen Verbrechen weniger übel, als wenn es ein durchschnittlich aussehender Mann getan hätte.

Streaming-Anbieter scheinen nicht erkennen zu wollen oder sogar in Kauf zu nehmen, dass, auch wenn es sich nur um eine 10-Sekunden-Szene handeln mag, die zum Beispiel sexuelle Gewalt zeigt, dieser kurze Ausschnitt bei manchen Menschen bereits traumatische Erinnerungen hervorrufen kann. Vielleicht betrifft das nicht die Mehrheit der Personen, die solche Filme oder Serien schauen, dennoch sollte man gerade auf diese Einzelnen besonders achten.

Falls du Hilfe brauchst, kannst du dich unter den folgenden Links informieren und dort anrufen:
Hilfsportal sexueller Missbrauch
Telefonseelsorge
Weisser Ring
Sucht & Drogen Hotline

Beitragsbild: Mohamed Hassan auf Pixabay

“Ich studiere KIL” – “Du studierst WAS???”

“Ich studiere KIL” – “Du studierst WAS???”

Der Masterstudiengang Kultur – Interkulturalität – Literatur ist deutschlandweit einzigartig.

Man hat drei Module (drei Kurse) in Kulturwissenschaft, drei Module (sechs Seminare) in Interkulturalität, was eigentlich Deutsch als Fremdsprache ist, und je nach Schwerpunkt (Anglisitik/Amerikanistik, Germanistik, Skandinavistik und Slawistik) verschieden viele Kurse und Module. Da man den Studiengang mit insgesamt vier verschiedenen Schwerpunkten studieren kann, hatte ich gedacht, dass der Studiengang sehr beliebt sein würde. Denkste!

Bei nicht einmal 30 von über 10.000 Studierenden an der Universität Greifswald, haben nur die wenigsten Studierenden und Lehrenden eine Ahnung, was sich hinter dem Akronym KIL überhaupt verbirgt. Mir ist es auch schon oft vorgekommen, dass meine eigenen Dozenten nicht wussten, was ich studiere. Und so war ich zu Beginn meines Studiums erst mal überfordert, denn es gab keinen FSR (erst nach knapp einem Jahr habe ich bei den FSR-Wahlen mitbekommen, dass alle KIL-Studierenden zum FSR Nordistik gehören), der mich in der Erstiwoche begrüßte, es gab keine Infoveranstaltungen und zahlreiche Kurse haben sich bei der Stundenplanerstellung überschnitten.

Als ich bei anderen Studierenden Anschluss gefunden hatte, wurde schnell deutlich, dass viele Studierende mit dem Studiengang nicht zufrieden waren, und übers Abbrechen nachdachten. Auch viele Lehrende sind alles andere als begeistert. Besonders im DaF-Bereich darf ich mir seit mehreren Semestern wöchentlich anhören, dass die Seminare für uns ja nicht wirklich relevant sind, da wir ja eh nie unterrichten werden, wobei einige Studierende durchaus deutlich gemacht haben, dass sie schon Erfahrungen im Unterrichten haben und auch gerne als DaF-Lehrende arbeiten würden. So gut wie keiner der Studierenden hat vorher DaF studiert und da es keine aufeinander aufbauenden Module und keine Grundkurse gibt, haben nun einmal alle andere Voraussetzungen. Auch noch nach drei Semestern fällt es einigen schwer, grundlegende Dinge, wie den Unterschied zwischen DaF und DaZ zu erklären. Zudem gibt es auch DaF-Dozenten, die sich andauernd über uns lustig machen – mit einem Literaturstudium könne man später schließlich nichts anfangen. Pädagogisch wertvoll? Eher nicht.

Wie die meisten deutschen Masterstudiengänge ist auch der KIL-Master so angelegt, dass man ihn in zwei Jahren (also vier Semestern) abschließen kann. Doch nur die wenigsten machen ihren Abschluss in der Regelstudienzeit. Von rund 30 Studierenden sind über zehn Studierende im fünften, sechsten, achten oder neunten Semester. Doch wie kommt das? Zum einen ist das Konzept des Studienganges eher schlecht. Die DaF-Module finden nur jedes dritte Semester statt, kulturwissenschaftliche Module jedes zweite. Und auch in den Philologien werden Kurse nicht jedes Semester angeboten.

Viele Kurse überschneiden sich und der Arbeitsaufwand ist extrem hoch! Schon klar, es ist ein literaturwissenschaftlicher Masterstudiengang. Aber nur die wenigsten schaffen es, den Berg an Hausaufgaben zu bewältigen. Da es keine Anwesenheitspflicht gibt, fällt das nicht unbedingt auf. Das Angebot der Kurse ist teilweise auch sehr enttäuschend. Ich kam mit der Erwartung nach Greifswald, dass ich mich hier spezialisieren könnte, dass ich selbst die Wahl hätte, welche Kurse und Dozenten ich wählen würde. Aber nein; da die meisten Kurse nur versetzt angeboten werden, hat man keine Auswahl. Parallelkurse mit anderen Themen und Dozenten sind in der Kulturwissenschaft und Interkulturalität nicht vorgesehen. Lediglich in drei meiner Schwerpunkt-Module kann ich das Thema und den Dozenten frei wählen, vorausgesetzt, es überschneiden sich nicht zu viele Kurse mit meinen Pflichtkursen.

Ich hatte naiverweise auch angenommen, dass sich die Schwerpunkte nicht groß voneinander unterscheiden würden. Doch in der Germanistik darf/muss man ein vierwöchiges Pflichtpraktikum absolvieren, in der Skandinavistik hat man mehr Sprachpraxis-Module als in der Anglistik und in der Skandinavistik dürfen Haus- und Masterarbeiten auf Deutsch geschrieben werden – dass das viel leichter ist, ist ja wohl keine Frage.

Das einzig Positive an dem Studiengang ist, dass die verantwortlichen Lehrkräfte bemüht sind, den Studiengang zu optimieren. Es gab dazu Gespräche mit Studierenden und jedes Semester wird der Studiengang evaluiert. Dass wir von den Evaluationsergebnissen nichts mitbekommen und dass Änderungen oft erst nach Semestern bzw. Jahren vorgenommen werden, ist allerdings wieder suboptimal.

Wäre ich nicht von meinen BAföG-Auflagen abhängig gewesen (bei einem Studiengangswechsel im Master bekommt man keine weitere Förderung), dann hätte ich wohl auch abgebrochen.

Beitragsbild: archiv

Skyfall – 007 Auferstehung

Skyfall – 007 Auferstehung

Eine Rezension von Nikita Günter

Passend zum 50. Jährigen Jubiläum der James Bond Filmreihe, begann am 1. November der offizielle deutsche Kinostart des 23. James Bond Filmes mit dem Titel „Skyfall“ (Himmelssturz).

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Wie das Internet den Wahlkampf verändert: Bierzelt oder Blog? Eine Buchkritik

Bierzelt oder Blog? (Cover)

Bierzelt oder Blog? (Cover)

In den letzten Jahren hat sich der Wahlkampf durch das Internet merklich verändert. Zumindest war es so beim Präsidentschaftswahlkampf von Barack Obama. Wie sieht es in Deutschland aus? Setzen auch hierzulande Parteien und Politiker auf das Web 2.0 und lohnt sich das überhaupt?

Dieser Frage geht Andreas Elter in seinem im März erschienenen Buch “Bierzelt oder Blog? Politik im digitalen Zeitalter” nach. Der Autor ist Studiengangleiter für Journalistik an der privaten Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation. Zuvor war er 15 Jahre lang als Redakteur und Reporter beim WDR, ZDF und bei RTL tätig. Man kann also davon ausgehen, dass er sowohl die klassischen Wege kennt, als auch die neuen digitalen Medien.

Der Titel des Buches ist ein wenig irreführend, denn der Schwerpunkt liegt ganz eindeutig auf der Blog-Seite, d.h. wie sich Parteien und Politiker im Internet präsentieren und wie ihr Wahlkampf in diesem Medium bei der Bundestagswahl 2009 aussah. Vorher jedoch wird im ersten der drei Teile “Das Vorbild” betrachtet, d.h. wie in Amerika der Präsidentschaftswahlkampf 2008 ablief. Ein abschließender Vergleich macht deutlich, dass die Übertragung von den USA nach Deutschland aufgrund politischer und demographischer Unterschiede nicht so einfach ist.

Im Hauptteil des Buches (Die Analyse) wird die “heiße Phase” des Bundestagswahlkampfs betrachtet, d.h. die vier Wochen vom 1. bis 27. September 2009. Elter wirft einen Blick auf die Webauftritte der Parteien und welche Arten von sozialen Netzwerken sie wie nutzen. Auffällig ist die durchgängige Kleinschreibung aller neuen Medienkanäle (twitter, newsletter, facebook, youtube, aber: studiVZ), was wahrscheinlich eine Folge der verwirrenden Schreibweisen im täglichen Gebrauch ist und somit für das Buch die einzig konsequente Möglichkeit.

Die Beschreibung der Webseiten und Medienarten wird für jede (im Bundestag vertretene) Partei einzeln gemacht und es liest sich teilweise wie ein Schulaufsatz à la “Was ich in den Ferien erlebt habe”. Natürlich ist es schwierig, fünf Mal das Gleiche zu erzählen und Jeden gleich zu behandeln, aber mit ein paar Bildern hätte die ausführliche Beschreibung der einzelnen Seitenelemente und Links etwas knapper ausfallen können. Andererseits ist das kleine Format des Buches (18 x 12 Zentimeter) schlecht für Bilder geeignet. Elter kommt jedenfalls zu dem Schluss, dass die Parteien größtenteils nicht im Web 2.0 angekommen sind, da sie eher auf Information denn auf Kommunikation setzen.

Sowohl im Hauptteil, als auch im dritten Teil (Die Bewertung) werden einzelne Blogger und Twitterer zitiert. Elter hat eine Vorauswahl getroffen und nur die wichtigsten und bekanntesten Vertreter ausgewählt (z.B. netzpolitik.org, nachdenkseiten.de), aber eine teilweise willkührlich anmutende Auswahl von Tweets und Kommentaren verwendet. Die Darstellung des allgemeinen Querschnitts wurde dadurch nicht erreicht, sondern eher eine verzerrte Momentaufnahme aufgrund der Hervorhebung einiger von Millionen von Tweets. Die komplette Auswertung von Print und Fernsehen soll seit März auf der Seite des Studiengangs verfügbar sein, aber dort lässt sich nichts finden.

Insgesamt liefert das Buch für den interessierten Leser ein kompaktes Bild zur Fragestellung ab. Wobei der “interessierte Leser” hier wahrscheinlich Politik- oder Kommunikationsstudent ist, der eine gute Referenz zum Thema Politik 2.0 sucht und sich eine Menge Analyse- und Recherchearbeit ersparen möchte. Verantwortliche im Wahlkampf werden dieses Buch wohl leider nicht lesen, obwohl es ihnen zu empfehlen wäre, wie Elters Arbeit gezeigt hat.

Bild: Verlag