Was sonst noch war: webMoritz kompakt (2)

Zwar ist die Zahl der Ereignisse in Greifswald derzeit sommerferienbedingt niedriger als zu den übrigen Jahreszeiten, aber es gab auch einige Nachrichten, die wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen. Die zweite Ausgabe von “webMoritz kompakt“, fasst zusammen, was sich in den letzten Wochen getan hat, auf dem webMoritz aber bisher keinen Eingang fand:

FDP: Stadthalle soll in städtischen Händen bleiben

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(Bild: FDP Greifswald)

Oft assoziiert man die FDP ja mit der Privatisierung gesellschaftlichen Eigentums. Im Fall der Greifswalder Stadthalle und der Greifswalder FDP-Fraktion sieht das allerdings anders aus: Die Liberalen fordern in einer Mitteilung, dass die WVG-Tochtergesellschaft “PSG” auch nach der Fertigstellung der Stadthalle für deren Betrieb zuständig sein soll. Die Frage der Betreiberschaft ist derzeit noch ungeklärt. Im vergangenen Jahr hatten die beiden FDP-Mitglieder in der Bürgerschaft allerdings für die Privatisierung der gesamten WVG gestimmt. Der Landtags- und Bürgerschaftsabgeordnete Sebastian Rathjen hatte dies später als Fehler bezeichnet. Dass sich die FDP mit Klaus-Peter Adomeit, dem Geschäftsführer der WVG, zu einem exklusiven “konstruktiven Meinungsaustausch” trifft, ist indes nicht verwunderlich. Im Zuge der Kommunalwahlen im Juni war Adomeit ursprünglich als FDP-Listenkandidat für die Bürgerschaft im Gespräch gewesen. Adomeit hatte dann allerdings auf die Nominierung verzichtet, nachdem es innerhalb der Stadtverwaltung Unmut darüber gegeben hatte.

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Was sonst noch war: webMoritz kompakt Podcast

Hier hört ihr was der webMoritz nicht berichtete:

Mit folgenden Themen:

  • Grüne jetzt feingliedriger
  • Kein Einkfauszentrum am Fischmarkt
  • Ärger um Straßenreinigung und Müllabfuhr
  • Landesrechnungshof empfiehlt: Leute rauswerfen
  • Senator Arenskrieger geht angeblich nach Schwerin
  • Demographie: Greifswald ist einsame Spitze

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Was sonst noch war: webMoritz kompakt

In der Ferienzeit passiert zwar weniger als an sonst in Greifswald, aber dennoch gab es in den letzten Tagen eine ganze Reihe von Ereignissen und Entwicklungen, denen wir uns bisher nicht gewidmet haben – teils, weil sie keinen ganzen Artikel hergaben, teils, weil es an personeller Kapazität in der Redaktion mangelte. Nun stellt der webMoritz die wichtigsten Meldungen aus dieser Zeit in einem Überblick zusammen:

Grüne jetzt feingliedriger

gruene-250x151-bundesverband_grueneDie Grünen haben sich im Bereich Vorpommern neu aufgestellt. Auf einer Mitgliederversammlung Anfang des Monats in Anklam beschlossen die Mitglieder einstimmig, den bisherigen Kreisverband in zwei neue Verbände aufzuteilen: Einen für Ostvorpommern und einen für Uecker-Randow. Die Grünen wollen damit der Tatsache Rechnung tragen, dass sie ihre Mitgliederzahl und ihre Aktivitäten erhöht haben. So erklären die Greifswalder Grünen die Teilung zumindest auf ihrem Blog. Dass die Grünen trotz Mitgliederzuwachses weiterhin nach Mitstreitern für ihre Ideen suchen, geht aus ihrer Meldung über die Neugliederung ebenfalls hervor.

Kein Einkfauszentrum am Fischmarkt (mehr …)

Was Grüne Roth von braun hält

Im Rahmen ihrer Sommertour statte Claudia Roth, Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, am vergangenen Dienstag auch Greifswald einen Besuch ab.  Hatten die Grünen es bereits im Kommunalwahlkampf geschafft, zwei ihrer Spitzenpolitiker aus Berlin (Özdemir und Trittin) in die vorpommersche Provinz zu locken, zeigten sie damit, dass ihr vielgelobter Wahlkampf am 7. Juni noch kein Ende gefunden hat.

Zu einem Gespräch über den Umgang mit Rechtsextremismus hatte man geladen und betonte, dass es sich dabei nicht um ein Expertengespräch handeln solle, sondern vielmehr um eine Diskussion mit interessierten Bürgern. Beide Gruppen blieben jedoch der Veranstaltung zu großen Teilen fern. Ein knappes Dutzend Grüner und die gleiche Anzahl an Journalisten blieben im Museumshafen weitestgehend unter sich. Nach etwa 30 Minuten hatten sich auch die Reporter größtenteils verzogen, dafür rückten gegen Ende der Veranstaltung einige Touristen nach, die das prominente Gesicht erkannten.

„Jetzt erklärt mir mal wo ich hier bin!“

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Claudia Roth (l). und Regina Krüger-Finke

Betont freundlich begrüßte Claudia Roth die Anwesenden und bat erstmal um eine Ortsbeschreibung. Für einen Stadtrundgang war der Bundestagsabgeordneten wohl im Vorfeld keine Zeit geblieben. Sie erinnerte sie sich jedoch, vor mehreren Jahren bereits Greifswald besucht zu haben.

Nach der Klärung der Ortsfrage und allen wichtigen Basisinformationen zur Marienkäferplage eröffnete sie die Diskussionsrunde mit einigen Erlebnisberichten rund um den Rechtsextremismus in Deutschland und zog Vergleiche zwischen Mecklenburg-Vorpommern und anderen Bundesländern. Riss Themenfelder wie NPD, freie Kameradschaften, rechten Vandalismus und die Rostocker Hooligan-Szene an. Sie warnte davor, das Problem zu verharmlosen, auch vor dem Ausgrenzen der Rechtsextremen: „Die Nazis haben ein langfristiges Konzept: Kampf um Straßen, um Köpfe, um Parlamente. (…) Es muss also eine kontinuierliche und langfristige Auseinandersetzung mit ihnen geben.  Ich werfe der Bundesregierung vor, dass sie zugelassen hat, dass gute Projekte vor dem Aus stehen.“

Gemeinsam mit Regina Krüger-Finke vom Regionalzentrum für demokratische Kultur Südvorpommern sprach Claudia Roth über die Unterschiede zwischen dem Rechtsextremismus in MV und in Bayern.  Beide Länder, so Roth, wiesen die größten Zustimmungsraten zu rechtsextremen Thesen in der Bevölkerung auf.

„Ick werd nich jerne totjequatscht“

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Vor der hitzigen Diskussion noch ein freundliches Shakehands: Jürgen van Raemdonck und Claudia Roth

Ein wenig Leben in die Diskussion brachte der anwesende Landwirt Jürgen van Raemdonck aus dem Greifswalder Umland, der mit Berliner Zungenschlag unfreundlich bis patzig forderte, die Grüne Parteivorsitzende möge doch auch mal die anderen, insbesondere ihn selbst, zu Wort kommen lassen. Claudia Roth war sichtlich „not amused“ und nach einem kurzen Wortgefecht zog sie sich für eine Weile aus dem Gespräch zurück. Van Raemdonck, der für das Willi-Weise-Projekt im September für den Bundestag kandidiert, zog in dieser Zeit die Diskussion an sich. Er kritisierte die Grünen seien mit ihrer „kruden und krassen Politik“ eine Ursache des Rechtsextremismus. Die Partei hätte jahrelang die größtmögliche Konfrontation mit den Rechten gesucht, statt auf die Ursachen und Bedürfnisse der Bürger einzugehen.

Der ehemalige Grüne brachte die rot-grüne Koalition unter Gerhard Schröder mit der derzeitigen Wirtschaftskrise in Zusammenhang und griff die Parteivorsitzende für die Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010 an. Die Gesetzgebung dieser Jahre habe maßgeblich dazu beigetragen die äußeren Umstände für die Bürger zu verschlechtern und so den ideologischen Rattenfängern Tür und Tor zu öffnen.  Claudia Roth wies diese Vorwürfe naturgemäß zurück. Jürgen van Raemdonck selbst beschrieb, wie er in seinem sozialen Umfeld versuche auch latent Rechtsextremen ein „guter Nachbar“ zu sein, den Leuten zu helfen, sie auch beispielsweise bei Behördengängen zu unterstützen.

Ein anderer Anwesender kritisierte die Demokratie als Regierungssystem, sei an sich deutlich zu hierarchisch angelegt und bilde damit einen guten Nährboden für rechtsextreme Ideologien, von den anderen anwesenden wurde dieser Einwurf jedoch nur geringfügig ernstgenommen.

Dorfmanager

Konkret wurde es nur noch mal gegen Ende der Debatte, als der omnipräsente Sebastian Jabbusch vorschlug, das Land solle doch eine Reihe von „Dorfmanagern“ einstellen, die sich in den dünn besiedelten Gebieten MVs um die Einwohner „kümmern“ sollen. Dazu sollten gesellschaftliche, kulturelle und Sportveranstaltungen organisiert werden, die den Kameradschaften und der NPD das Wasser abgraben könnten. In der DDR, so wurde der Vorschlag begründet, habe man sich deutlich mehr um den Einzelnen gekümmert. Nach der Wende seien viele Menschen in ein gesellschaftliches Loch gefallen, als in den ländlichen Gebieten Angebote wegbrachen.

Schließlich wurde dieser Vorschlag aber nicht ausdiskutiert, sondern mehr als guter Ansatz abgenickt. Nach zwei Stunden endete das Gespräch, das ein bloßer Gedankenaustausch blieb, aber kaum Konkretes hervorbrachte. Zum Ende wurde Claudia Roth noch über die derzeit laufende Arndt-Debatte informiert, dann ging es für die Abgeordnete auch schon weiter nach Prora und später nach Stralsund.

Ein Kommentar von Carsten Schönebeck

Spannende Ansatzpunkte boten sich nach der ersten halben Stunde des Gesprächs zur Genüge. Wie weit darf man mit Rechtsextremen in Dialog treten? Welche Gründe kann es für dieses Gedankengut geben, wenn ganz unterschiedliche Bundesländer mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben? Was kann man konkret gegen die Vereinnahmung von Jugendlichen durch die NPD tun?

Leider verpasste die Runde, mangels Struktur und Gesprächsleitung, die Chance und ging auf keinen dieser Punkte intensiver ein. Stattdessen drehte man sich klischeehaft betroffen darum, diese Fragen im Gespräch immer neu zu formulieren, historische Anknüpfungspunkte für rechte Gewalt im vorpommerschen Junckertum zu finden, den kritisierten Begriff „Kampf gegen Rechts“ als „nichts Martialisches“ zu definieren oder auch, mehr oder weniger aufgebracht, allgemeine Floskeln abzusondern.

Es bleibt der Beigeschmack der Wahlkampfveranstaltung, die aber mangels Beteiligung eher dürftig verlief. Sicher lässt sich jedoch feststellen, dass Frau Roth, wie auch ein Großteil der Beteiligten, nach zwei Stunden stereotyper Luftblase deutlich ruhiger schlafen können – man hat ja mal darüber gesprochen.

Fotos: Carsten Schoenebeck

Von Bettvorlegern und Hetzern: Ein Abgesang auf den Wahlkampf

Ein Kommentar von Gabriel Kords

Ach, was hatten wir uns alle doch auf die Zeit nach den Wahlen gefreut! Da würden die CDU-Politiker endlich wieder tun und lassen können, was sie wollten, ohne dass es jemand interessiert, könnte die OZ endlich wieder in Ruhe über Großmutters Gemüsebeet berichten, anstatt an investigativem Polit-Journalismus zu scheitern und die Grünen hätten sich in Ruhe dem Natur- und Umweltschutz widmen können, anstatt mit haarsträubender Wahlkampf-Rhetorik ihre  politische Umwelt zu be- und verschmutzen. Auch der webMoritz, hatten wir naiv gehofft, könne sich endlich wieder der Hochschulpolitik zuwenden. O, welch trügerischer Irrtum!

Denn es kam anders: Der Wahlkampf ging zu Wochenbeginn einfach weiter. Da ätzten die Grünen in Person von Michael Steiger Ulrich Rose am Montag in altbekannter Weise über die Ostsee-Zeitung, deren Wahlberichterstattung vom selben Tag in der Tat nicht gerade ein Glanzstück war. Das Lokalblättchen hatte nämlich eine äußerst unpräzise Hochrechnung von 22:17 Uhr unter dem Titel “So hat Greifswald gewählt” veröffentlicht und überdies eine reichlich unrefklektierte Analyse des CDU-Ergebnisses produziert.

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Redaktionsgebäude der Ostseezeitung in der Joh.-Seb.-Bach-Straße

So weit, so normal. Was aber nicht normal war, war die Reaktion des OZ-Lokalchefs Reinhard Amler, der postwendend am Dienstag in der Kolummne “Guten Tag, liebe Leser!” zurückschoss. Die Grünen könnten wohl nicht verlieren, spöttelte er, und bezichtigte sie gleich zwei Mal der “Hetze” gegen CDU und Ostsee-Zeitung. Amlers Kommentar war gleich mehrfach verwerflich – warum, erläutert (wenn auch parteiisch) der Fleischervorstadtblog. Hinzu kommt noch: Der Terminus der “Hetze” zählt nicht unbedingt zu dem Vokabular, dass man unbedarft verwenden sollte. Für den medieninteressierten Greifswalder dürfte Amlers Reaktion jedenfalls ein Novum gewesen sein, denn bis dato saß die OZ die meisten ihrer redaktionellen und journalistischen Fehler einfach aus, die Korrektur übernehmen schon seit langer Zeit andere für sie. So wurde auch das falsche “Wahlergebnis” aus der Montags-Ausgabe in den Folgeausgaben nicht adäquat korrigiert. Auch die Grünen waren sichtlich verwundert über Amlers Reaktion und erwiderten sie dann gleich zweimal. (mehr …)