Entwicklungspolitische Tage: Veranstaltungen im Überblick

Ankündigungen von Felix Kremser und Christine Fratzke

Wie bereits erwähnt, beginnen diese Woche die zehnten Entwicklungspolitischen Tage Mecklenburg Vorpommerns in Greifswald. Aus diesem Anlass geben wir euch einen Überblick über einige Veranstaltungen dieser Woche und stellen diese etwas genauer vor:

Menschenwürde mit Rabatt – über dieses Thema informiert ein Vortrag am Donnerstag, dem 4. November, im Lutherhof in der Bahnhofstraße 48/49. Dabei wird es vorrangig um das Asylbewerberleistungsgesetz gehen und was man eigentlich dagegen tun kann. Ab 20 Uhr trägt Anja Matz vom Psychosozialen Zentrum für Migranten in Vorpommern über die Thematik vor, danach darf diskutiert werden. Der Eintritt ist frei.

In seinem Buch "Welt Macht Geld" analysiert Georg Zoche die modernen Strukturen des Geldes und erklärt, wie es zur Finanzkrise kommen konnte.

Das Literaturzentrum Vorpommern lädt am Freitag, dem 5. November um 20 Uhr zur Lesung Georg Zoches aus seinem Buch “Welt Macht Geld” ins Koeppenhaus ein. In seinem Buch setzt sich Georg Zoche nicht nur mit den fundamentalen Fragen “Was ist Geld, wo kommt es eigentlich her, und wer macht es?” auseinander, sondern klärt auf, wie Ereignisse wie die jüngste Finanzkrise 2009 geschehen konnten, welche Bedeutung sie haben und analysiert die Machtstrukturen des Geldes im 21. Jahrunhudert, in der Absicht ein neues Verständnis von Geld zu vermitteln, das auch internationale Politik und Kriege miteinbezieht. Den Hintergrund seines Werkes bilden jahrelange Recherchen unter anderem von bisher unveröffentlichten Protokollen der amerikanischen Zentralbank. Der Eintritt beträgt ermäßigt 3 und regulär 5 Euro.

Am Samstag, dem 6. November beginnt im soziokulturellen Begegnungszentrum St. Spiritus ab 19.30 Uhr die Lange Nacht der Geldgeschichten. Geldgeschichten, das sind nicht nur Episoden der Geschichte des Geldes, sondern auch persönliche Erfahrungen und Erlebnisse im Umgang mit Geld, die von verschiedenen Künstlern in ihren Medien aufgearbeitet wurden. So werden an diesem Abend Kurzfilme und literarische Episoden rund um die Erfahrungen der Autoren mit Geld gezeigt und gelesen. Und wer einmal einen Tapetenwechsel braucht oder sich die Füße vertreten möchte, dem bieten Ausstellungen oder der Markt der Möglichkeiten vielfache Anlaufpunkte, sich individueller mit dem Thema Geld auseinanderzusetzen. Der Eintritt kostet 3 Euro.

Bilder: Geldstücke – Jennifer Serabian via jugendfotos.de

Ausstellung: Wohnen. In Würde. Roma in Rumänien und Italien

Die französische Regierung machte in der Vergangenheit in Bezug auf ihre Abschiebungspolitik gegenüber der ethnischen Minderheit der Roma auf sich aufmerksam. Auch in anderen europäischen Ländern geht es ihnen nicht wesentlich besser, wie die Ausstellung “Wohnen. In Würde. Roma in Rumänien und Italien” zeigen soll. Diese wird im Rahmen der Entwicklungspolitischen Tage am 3. November um 20 Uhr eröffnet.

Ärmliche und katastrophale Wohnzustände für Roma in Italien und Rumänien.

In der Ausstellung soll über die ärmlichen Wohnverhältnisse und die häufig stattfinden Zwangsräumungen der Roma informiert werden. Dass die Wohnung nämlich vor willkürlichen Eingriffen geschützt ist, besagt der Artikel 12 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte aus: Niemand darf willkürlichen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. Jeder hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.

Die Austellung, die von der amnesty international-Gruppe Greifswald organisiert wurde, wird bis zum 13. November in der Galerie Vierquadratmeter im Antiquariat Rose, Steinbecker Straße 20, zu sehen sein. Der Eintritt ist frei.

Foto: Veranstalter

“Welt Macht Geld” – Entwicklungspolitische Tage in Greifswald

Am Dienstag, dem zweiten November beginnen die Entwicklungspolitischen Tage.

“Geld ist … der Geburtshelfer beinahe allen Fortschritts in der Geschichte”, schwärmt Niall Ferguson, Historiker der Harvard Universität. “Die erfolgreichste Erfindung der Menschheit erweist sich als ebenso genial wie zerstörerisch”, heißt es hingegen im Film “Der Schein trügt” von Claus Strigel. “Welt Macht Geld” ist das Motto der diesjährigen Entwicklungspolitischen Tage (EP-Tage) Mecklenburg-Vorpommerns, die bereits zum zehnten Mal in Greifswald und Rostock stattfinden und am Dienstag, dem 2. November im Pommerschen Landesmuseum feierlich eröffnet werden. Bis zum 13. November finden zahlreiche Veranstaltungen rund um das Thema Geld statt. Im Mittelpunkt stehen dabei die aktuelle Finanzkrise und deren Ursachen. In der Pressemitteilung der Organisatoren heißt es unter anderem:

“Die aktuelle Finanzkrise ist nicht aus heiterem Himmel gefallen. Vielmehr ist ihr Ablauf typisch für viele zurückliegende Krisen. Warum ziehen wir so wenig Lehren aus der Geschichte? Mit dem heutigen Geldsystem werden wir die Probleme unserer Zeit nicht lösen: Armut und Hunger, Konflikte um Ressourcen, Umweltzerstörung und Klimawandel. Liegt es in der Natur des Geldes, dass die Mehrheit der Weltbevölkerung den Preis für den Reichtum Weniger bezahlt? Kann die Macht des Geldes über die Menschheit wieder abgelöst werden von der Macht der Menschen über das Geld?”

Mit diesen Problemen und Fragen beschäftigen sich die Veranstaltungen der Entwicklungspolitischen Tage. In diesem Zusammenhang soll aus unterschiedlichen Perspektiven an das Thema Geld heran gegangen werden. Es sollen Möglichkeiten alternativen Wirtschaftens aufgezeigt und der Versuch unternommen werden, diese gemeinsam mit den Teilnehmern weiter zu entwickeln.

Zur Einführung in das komplexe Thema zeigen die Veranstalter in Kooperation mit dem Filmclub Casablanca den Streifen “Let’s make Money” während der Eröffnungszeremonie am Dienstag, dem zweiten November um 19 Uhr im Pommerschen Landesmuseum. Anschließend gibt es einen kleinen Empfang mit Buffet.

Seit 2001 findet die sich an gesellschaftlichen, von globaler Relevanz orientierende Veranstaltungsreihe regelmäßig einmal im Jahr statt und wird vom Eine- Welt- Landesnetzwerk in Zusammenarbeit mit dem Greifswalder Weltladen organisiert. Beteiligt sind unter anderem die Greifswalder Ortsgruppe von Amnesty International oder die Vereine „Kultur- und Initiativenhaus Greifswald e.V.“ und „DAZ e.V.“.

Das Programm2010 der diesjährigen EP-Tage gibt es hier.

Bildnachweis: Veranstalter (Flyer Welt Macht Geld, keine CC-Lizenz)

Folter als Mittel zur Weltmacht – Eine Betrachtung zur Lesung von Alexander Bahar

“Folter sollte verboten bleiben weil…!” Wer sich auf diese Frage eine Antwort erhoffte, wurde in der Veranstaltung mit Alexander Bahar zum Thema Folter am vergangenen Mittwoch enttäuscht.  Vielmehr erläuterte der 49 Jährige Publizist aus Schwäbisch Hall die Entwicklung von Folter in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg bis in unsere Tage.  Er leistete damit einen Beitrag im Rahmen der Greifswalder Entwicklungpolitischen Tage zum diesjährigen Thema „MenschenRecht haben“ geleistet.

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Bei der Lesung mit Alexander Bahar blieben einige Aspekte offen.

Bei der Lesung aus seinem Buch „Folter im 21. Jahrhundert – Auf dem Weg in ein neues Mittelalter“ legte der Autor daher seine Gedanken zur Rolle der Folter in heutiger Zeit dar. Anhand vieler Beispiele in Folge der Geschehnisse am 11. September 2001 unterstrich er, dass auch in unseren Tagen der Schutz der Menschenwürde und das Recht auf körperliche Unversehrtheit zur „Verteidigung“ unserer technischen Zivilisation immer wieder verletzt werden. Die Folterungen in Guantanamo Bay und Abu Grahib sind sicherlich auch eindrucksvolle Belege für diese Aussage.

Wer nun aber erwartete, im Anschluss daran erläutert zu erhalten, weshalb dies ein Frevel gegen die Menschlichkeit sei, wurde enttäuscht. Alexander Bahar unterstrich in seinem Vortrag stattdessen die These, dass von den Folterungen nur deshalb so viel in der Öffentlichkeit bekannt sei, um die Völker der ersten Welt immer in einer latenten Angst zu halten: vor der terroristischen Bedrohung einerseits und der Staatlichen Willkür im Falle eines Angriffes gegen die Staatsmacht andererseits. Allein durch diese Angst sei es den Nationen möglich die Machtinstrumente zu entwickeln und zu schärfen, die benötigt werden, um bei weiterem Öffnen der Schere zwischen Arm und Reich, weiterhin die Kontrolle innerhalb der Länder zu behalten: Eine neue Version von Orwells “1984”. Dazu würden unter den verschiedensten Gründen -als Stichwort sollten hier Begriffe wie Antiterrordatei, der große Lauschangriff, oder Internetzensur aufgrund pädophiler Videos genügen- die Rechte der Menschen beschnitten, verängstigende Nachrichten lanciert und die Duldung der vorgenommenen Maßnahmen erkämpft.

Der Gewissenskonflikt beim Foltern

Die Frage nach dem Warum eines  Folterverbotes im Sinne der Menschenrechte, unter deren Motto die entwicklungspolitischen Tage stehen, blieb leider unbeantwortet. Im Zusammenhang, wie ihn Alexander Bahar in seinen Ausführungen erläuterte, ist Folter eigentlich nur als Mittel zur Stabilisierung und Erweiterung der Macht der Industrienationen zu verurteilen. Die konsequente Ablehnung von Folter schien sich für ihn demnach im besten Fall von selbst zu verstehen.

Nun mag zwar die Brisanz für die Menschenrechte auch ohne den expliziten Hinweis seitens des Autors auf die Unmenschlichkeit von Folter durchaus evident zu sein. Fraglich ist aber ob ein Blick, der sich im Wesentlichen auf die Folgen der Duldung von Folter reduziert nicht unangemessen kurz ist. Schließlich existieren Fälle in denen Folter zumindest nicht völlig unangemessen erscheinen könnte.

Immerhin sind vielen noch die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Bankierssohn Jacob von Metzler durchaus präsent. Damals hatte der damalige stellvertretende Polizeipräsident von Frankfurt, Wolfgang Daschner, dem mutmaßlichen Täter Magnus Gäfgen durch Androhung von Folter das Versteck des Jungen abgenötigt. Zwar war der Junge zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben, doch immerhin bestand aus Sicht der Polizisten zu dieser Zeit noch die realistische Chance den Jungen lebend aus seinem Gefängnis befreien zu können. Kaum einer wird sich eines gewissen Verständnisses für die Entscheidungen Daschners entziehen können. Somit bleibt auch nach dem Vortrag die Frage bestehen: Sollte bzw. muss Folter auch weiterhin verboten bleiben. Und wenn ja aus welchem Grund.

Es wäre schön gewesen hätte Alexander Bahar an dieser Stelle seine Gedanken noch weiter ausgeführt. Somit bleibt das Gefühl zurück eine der entscheidenden Fragen im Zusammenhang mit der Recht- oder Unrechtmäßigkeit der Folter nicht gebührend diskutiert zu haben.

Bilder:

Bild Startseite – takomabibelot via flickr

Foto Alexander Bahar – privat

Menschenrechte – Artikel 19: Twittern für die Freiheit

Artikel 19: Recht auf Meinungsfreiheit

“Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.”

Heute erscheint der siebter Artikel in unserer Serie über Menschenrechte aus Anlass der Entwicklungspolitischen Tage. In dieser Woche stellen wir täglich ein anderes Menschenrecht vor. Die Texte wurden uns von den Organisatoren zur Verfügung gestellt. Auch in der nächsten Woche wird die Serie fortgesetzt, dann allerdings nicht mehr täglich.

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In Teheran gingen dieses Jahr tausende Menschen auf die Straße

Eines der elementarsten Menschenrechte ist die in Artikel 19 der Menschenrechtserklärung festgeschriebene Meinungsfreiheit. Sie gilt auch gerade für politische Äußerungen. Wie es in einigen Teilen der Welt um das Menschenrecht der Meinungsfreiheit steht, haben uns die Ereignisse im Juni dieses Jahres im Iran eindrucksvoll vor Augen geführt.

Die uns erreichenden Berichte und Videos über die anfangs friedlichen Demonstrationen nach der Präsidentschaftswahl, die in der Folge brutal niedergeschlagen wurden, zeigten uns, dass die Meinungsfreiheit und insbesondere die politische Meinungsäußerungsfreiheit nicht selbstverständlich ist. Obwohl das Rechtssystem des Irans auf der Scharia basiert, ist eben auch die Meinungsfreiheit in Artikel 23 der iranischen Verfassung verankert. Demnach ist es verboten, Überzeugungen anzugreifen oder gar zu bestrafen. Selbst die Demonstrationsfreiheit, sofern friedlich und ohne Waffen, ist hier in Artikel 27 garantiert – theoretische Grundlage, die nicht für die Demonstranten gilt. (mehr …)