Rektorat von Gottes Gnaden

Ein Kommentar von Carsten Schönebeck

Als der Senat vor einigen Wochen entschied, dass die Greifswalder Universität ihren umstrittenen Namenspatron behält, gab es naturgemäß geteilte Meinungen zum Ausgang des Tagesordnungspunktes. Allerdings machte sich auch das Gefühl eines kommunalen Aufatmens breit. Selbst viele der aktiven Debattenteilnehmer schienen froh, dass die Senatsentscheidung einen vorläufigen Waffenstillstand zwischen Befürwortern und Gegnern des Namens in Aussicht stellte.

Pressesprecher Meßerschmidt (seit Juni 2008 im Amt): Arndt ist kein Thema

Was sich niemand wünschen konnte, ist allerdings der Rückfall in die Zeiten vor der studentischen Vollversammlung 2009, die als Stein des Anstoßes für eine neunmonatige Debatte gedient hatte: Eine Universität, die ihren Namenspatron in der untersten Schmuddelschublade zu verstecken versucht. Doch wer vergangene Woche die Ostseezeitung las, musste feststellen, dass genau dies das Ansinnen der Universitätsleitung ist. Weder eine Überarbeitung des umstrittenen Infotextes zu Arndt auf der Uni-Homepage, noch eine mögliche Würdigung des pommerschen Volkshelden sei laut Uni-Pressesprecher Jan Meßerschmidt “ein Thema”.  Für jeden, ob Student, Professor oder Bürger, der sich in den letzten Monaten mit der causa Arndt befasst hat muss dies wie ein Schlag ins Gesicht wirken. Neun Monate Diskussionen – Vollversammlung, Urabstimmung, Unterschriftensammlungen, Senatsdebatten-  und -komissionen, öffentliche Anhörungen – für die Uni-Leitung aber ist Arndt “kein Thema”.

Es scheint, als hätte man aus dem Rektoratspalast die Ereignisse des letzten Jahres maximal mit einem amüsierten Lächeln betrachtet, eventuell darauf bedacht, den universitären und städtischen Pöbel nicht zu nahe herankommen zu lassen – auf dass die weißen Fassade des Hauptgebäudes möglichst nicht mit dem Blut der verbalen Straßenschlachten beschmutzt werde. Das ist, wie erwähnt, noch die freundliche Interpretation, die voraussetzt, dass am Rubenowplatz noch ein funktionstüchtiger, wenn auch nicht zwingend wacher Geist haust.

Fühlt sich nicht zuständig: Rektor Professor Westermann

Der Namenspatron einer weltlichen Institution erlangt seine Daseinsberechtigung über zwei Aspekte: Die Würdigung einer herausragenden Persönlichkeit und die Identifikation mit einem personifizierten Ideal, für all jene, die sich mit dieser Einrichtung verbunden fühlen. Der zweite Punkt kann meist nur durch den ersten erreicht werden.

Rektor Prof. Rainer Westermann hatte bereits vor ziemlich genau einem Jahr gegenüber dem webMoritz geäußert, dass Arndt für ihn “kein Vorbild” ist. Der Name sei für ihn aber auch kein Problem, denn: “Ich habe mir den Namen nicht ausgesucht und ich bin für die Namensgebung nicht zuständig.” Etwas ungewöhnlich für einen Rektor, der sonst nicht gerade dafür bekannt ist, vor dem Senat den Bückling zu mimen, im Gegenteil den Eindruck vermittelt, es handle sich dabei um ein für ihn eher lästiges Kontrollgremium.

Wenn es dabei bleibt, dass trotz des Festhaltens am Patron eine Würdigung Arndts für die Universität kein Thema ist, ist das nicht nur peinlich und enttäuschend, sondern die gesellschaftlich-kommunikative Bankrotterklärung der Universitätsleitung: für beide Fraktionen des Streits das wohl schlechtmöglichste Ergebnis.

Fotos:

  • Prof. Westermann – Arik Platzek
  • Foto  Jan Meßerschmidt –  Uni-Pressestelle via webMoritz-Archiv
  • Montage “Hauptgebäude” – webMoritz-Archiv

Senat entscheidet: Arndt bleibt Namenspatron

Der Akademische Senat der Greifswalder Universität hat sich heute klar für die Beibehaltung des umstrittenen Namenspatron ausgesprochen. Damit dürfte die universitäre Debatte der vergangenen 9 Monate, die auch bundesweite Beachtung fand, in den kommenden Tagen ihr Ende finden.

Nachdem eingesetzte Komission im vergangenen Monat bekannt gab, keine Empfehlung über Beibehaltung oder Ablegung des Namens geben zu wollen, hatte bereits im Februar eine Aussprache über den Abschlussbericht derselben im Senat stattgefunden. Wie erwartet war zur heutigen Sitzung des Gremiums ein Antrag eingegangen, der die Ablegung forderte. Gestellt wurde er von den Senatoren Prof. Hubertus Buchstein, Thomas Schattschneider und Fabian Freiberger.

Vor dem Rubenow-Denkmal hatten sich die Arndt-Kritiker versammelt - auf der anderen Straßenseite standen die Befürworter.

Zahlreiche Aktivisten hatten sich aus diesem Anlass heute vor dem Universitäts-Hauptgebäude versammelt und demonstrierten ihre Meinung. Geschätzt standen sich auf beiden seiten je fünfzig bis sechzig Demonstranten gegenüber, auf Seiten der Arndt-Befürworter unter anderem auch der Fraktionsvorsitzende der CDU in der Greifswalder Bürgerschaft, Axel Hochschild, und der Vorsitzende des Uni-Fördervereins und Landtagsabgeordnete Sebastian Ratjen (FDP). Beide hatten sich im Verlauf der Debatte mehrfach öffentlich zu Wort gemeldet und positioniert. (mehr …)

Gastkommentar: Der kernlose Mythos Ernst Moritz Arndt

Die Anfrage zur Veröffentlichung dieses Kommentars erreichte uns bereits am vergangenen Montag, dem 8. März. Wegen personeller Engpässe und einiger technischer Unstimmigkeiten kommt es erst heute zu einer Veröffentlichung. Vorab konnte der Kommentar allerdings schon auf dem Fleischerovrstadtblog gelesen werden, von dem wir auch die Zwischenüberschriften übernommen haben.

Aus aktuellem Anlass weisen wir noch einmal darauf hin, dass Kommentare im Allgemeinen und Gast-Kommentare im Besonderen nicht die Meinung der webMoritz-Redakteure widerspiegeln.

Ein Gast-Kommentar von Alexander Köcher

Arndt auf dem Rubenowdenkmal

Am 17. März wird der Senat der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald über die Ablegung ihres Namenspatrons abstimmen. Viel ist in den vergangenen Monaten darüber debattiert worden und es ist damit ein Diskurs entstanden, der in diesem Zusammenhang höchst überfällig war. Ernst Moritz Arndt war ein antisemitischer Hetzer, Franzosenhasser und völkischer Nationalist, sagen die einen. Ernst Moritz Arndt war ein standhafter Vorkämpfer gegen Unterdrückung und für Demokratie und Freiheit, sagen die anderen.

Der Austausch der Argumente für diese divergierenden Positionen ist nicht immer sachlich verlaufen – so wie das bei politischen Debatten oft der Fall ist, weil das Politische auch von Befindlichkeiten lebt und eben häufig agonistisch statt konsensual funktioniert. Deshalb ist die vielfach angebrachte Kritik an der Debattenkultur, wie sie sich hier vollzogen hat, unberechtigt. (mehr …)

Mittwoch: Showdown in der Arndt-Debatte

Am kommenden Mittwoch, dem 17. März, wird der Senat der Universität aller Voraussicht nach darüber entscheiden, ob sich die Universität von ihrem Namenspatron Ernst Moritz Arndt trennt oder ob sie ihn behält. Für die Namensablegung wäre die Zweidrittelmehrheit der 33 Senatoren erforderlich.

Der webMoritz wird über den Kurznachrichtendienst Twitter (hier klicken) über den Verlauf und das Ergebnis der Debatte live berichten.

Mit der Entscheidung findet die vor neun Monaten auf der Sommer-Vollversammlung der Studierendenschaft begonnene Debatte über das Für und Wider des umstrittenen Patrons zumindest ein offizielles Ende. Ob auch die streitendenden Initiativen, die Gruppe “Uni ohne Arndt” sowie die “Pro Arndt AG”, im Anschluss an die Entscheidung ihren öffentlichen Disput beenden werden, bleibt abzuwarten.

“Offizielle Arndt-Abschieds-Feier” auf dem Rubenowplatz

Logo "Uni ohne Arndt"

Vorher wird es auf jeden Fall noch einmal zur Sache gehen: Die Initiative “Uni ohne Arndt”, die den Namensstreit im vergangenen Sommer wieder auf die Tagesordnung gesetzt hatte und die Urabstimmung initiiert hatte, wird auf dem Rubenowplatz im Vorfeld der Senatssitzung ab 12 Uhr eine “offizielle Arndt-Abschieds-Feier” abhalten, wie es in einer Mitteilung auf der Homepage der Initiative heißt.

Was die Initiative dazu befugt, “offizielle” Feiern abzuhalten, sei zwar dahingestellt, geplant ist die Veranstaltung offenbar als Kundgebung gegen den Namenspatron. Sebastian Jabbusch erklärte dem webMoritz auf Anfrage, man habe nicht vor, eine übermäßig große oder laute Veranstaltung abzuhalten. Die Arndt-Gegner wollten lediglich Präsenz zeigen, womöglich ein wenig Musik machen und ihre Position abschließend noch einmal unterstreichen. Da man ja nicht wisse, ob Arndt tatsächlich verabschiedet werde, habe man sich auch von dem Namen der Feier wieder distanziert. Auf der Homepage der Initiative wird er derzeit aber noch verwendet. (mehr …)

Zum Nachlesen: Ticker aus der letzten StuPa-Sitzung

Am morgigen Dienstagabend wird das Studierendenparlament zum voraussichtlich letzten Mal in dieser Legislatur zusammenkommen. Die Sitzung beginnt um 20 Uhr im Konferenzsaal des Uni-Hauptgebäudes am Rubenowplatz. Es handelt sich um eine “außerordentliche Sitzung”, die letzte ordentliche Sitzung hatte bereits letzten Dienstag stattgefunden. Die morgige Sitzung soll lediglich dazu dienen, die beim letzten Mal vertagten Tagesordnungspunkte abzuarbeiten.

stupa-liveticker-300x200StuPa-Sitzungen außerhalb der Vorlesungszeit sind wie üblich nicht gelpant, in dieser Zeit “vertritt” der AStA das StuPa. Theoretisch könnte der Präsident aber auch in der vorlesungsfreien Zeit eine Sitzung anberaumen. Ab dem kommenden Semester tritt das StuPa dann in seiner neuen Zusammensetzung entsprechend den StuPa-Wahlen in diesem Monat zusammen.

Neben den liegengebliebenen Punkten vom letzten Mal stehen morgen vier neue Finanzanträge in zum Teil erheblicher Höhe auf der vorläufigen Tagesordnung, die das Ziel, die Sitzung bereits um 22 Uhr zu beenden, gefährden könnten. Allerdings entfallen dieses Mal die Berichte von AStA und moritz-Medien, die nur in den ordentlichen Sitzungen erforderlich sind und bis zu anderthalb Stunden dauern können. Nach 22 Uhr will sich das StuPa dann mit geladenen Gästen zum geselligen Ausklang der Legislatur zusammenfinden. (mehr …)

Uni plant Einführung einer Rückmeldegebühr

Die Hochschulverwaltung plant die Einführung einer Rückmeldegebühr von voraussichtlich 6 Euro pro Semester. Die Immatrikulationsgebühr für die Einschreibung soll gleichzeitig von 10 auf 11 Euro angehoben werden. Damit würden sich die Kosten für den Einschreibung von 50,50 Euro auf 51,50 Euro erhöhen, die Rückmeldungen würden jeweils mit 46,50 Euro (bisher 40,50 Euro) zu Buche schlagen. Bisher ist die Rückmeldung an sich kostenlos: Die 40,50 Euro Semesterbeitrag fließen größtenteils an das Studentenwerk (32,50 Euro), der Rest geht an die Studierendenschaft (8 Euro).

Die Verwaltung hat für die Neuregelung eine Vorlage entwickelt, die nun von der Satzungskomission des Senats auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft wird. Anschließend entscheidet der Senat, ob die Gebühren eingeführt werden oder nicht. Wenn alles problemlos läuft, könnte die Erhöhung bereits ab dem nächsten Wintersemester (2010/11) wirksam werden.

10euroEine Rückmeldegebühr von 10 Euro pro Semester gab es bereits bis zum Jahr 2008. Die damalige Gebühr war jedoch wegen einer fehlenden rechtlichen Grundlage für rechtswidrig erklärt worden, die Uni musste die erhobenen Beiträge zurückzahlen. Die Einschreibegebühr blieb hingegen bis heute bestehen. Inzwischen hat sich die Rechtslage geändert, sodass die Universität die Gebühren nun einführen kann – theoretisch sogar bis zu 50 Euro pro Semester. Der jetzt zum Beschluss stehende Vorschlag hat gute Chancen, verwirklicht zu werden, auch wenn der AStA bereits erklärt hat, die Gebühren grundsätzlich abzulehnen. Nachdem am Freitag ein Bericht über das Vorhaben in der Ostsee-Zeitung erschienen war, gab der AStA noch am selben Tag  eine entsprechende Pressemitteilung heraus. Darin heißt es unter anderem: “Der AStA sieht in der Gebühr einen Versuch, Studierende mit schrittweise steigenden Beiträgen an höhere Kosten zu gewöhnen, um langfristig Studiengebühren in Mecklenburg-Vorpommern einzuführen.”

Christian Wuntke hat sich für den webMoritz mit der geplanten Gebühr auseinandergesetzt und gibt in seiner Analyse einen Überblick über die politischen sowie rechtlichen Hintergründe und die Haltung von Studierendenschaft und Hochschulleitung:

„Verwaltungsgebühr, Studiengebühr – oder was?“

Ein Beitrag zum Beitrags-ABC

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