von moritz.magazin | 26.12.2009
Der Streit im Debattierclub – Ein Kommentar von Ewald Leppin
Zur Veranstaltung des Debattierclubs kam ich zufällig, ich ließ mich „mitschnacken“. Und es hat sich gelohnt, obwohl ich hinterher erschrocken und verärgert war. Gelohnt hat es sich, weil ich merkte, dass mich die Debatte um den Namenspatron Arndt doch etwas angeht, dass ich mich intensiver mit dieser für Pommern bedeutsamen Persönlichkeit beschäftigen sollte. Die Absicht, mehr über die Geschichte Pommerns, den deutschen Faschismus und die neuere Geschichte Deutschlands zu erfahren, war einer der Gründe für meinen Wechsel nach Greifswald. Der Uni- Name war kein Beweggrund für meine Entscheidung. Aber wenn er eine Rolle gespielt hätte, dann eine demotivierende.
Nachdem je zwei Vertreter von Befürwortern und Gegnern des Namens zu Wort gekommen waren, schien die gefühlte Argumentationslage klar für die Namensgegner zu sprechen. Der von den Befürwortern aufgezeigte Facettenreichtum Arndts war interessant, wenn es um seine Volksnähe beim Märchensammeln, sein soziales (vielleicht auch eher ökonomisches) Engagement zur Abschaffung der Leibeigenschaft, seine Naturschutzbemühungen oder auch um seine Verdienste bei der Revolution 1848 und der Entwicklung zu einem einheitlichen Deutschland ging. (mehr …)
von moritz.magazin | 26.12.2009
Laut skandierende Demonstranten mit Schildern und Transparenten – “Bildung ist keine Ware!”, “Wien ist überall!”, “Reiche Eltern für alle!” – ziehen ins Audimax ein und verkünden lauthals: Das Audimax ist besetzt! Euphorische Reden, tobende Massen und am Ende wird das ganze von einer Hundertschaft der Polizei aufgelöst.
So hatten sich das einige der knapp zehn Pressevertreter wohl erhofft, als sie sich am Montag dem 9. November in die Rubenowstraße begaben. Stattdessen fanden sie ein paar verirrte Gestalten, die rauchend vor dem Eingang des Auditorium Maximum standen und nichts von der Aktion gehört hatten. Drinnen sah es nicht wesentlich anders aus. Neben den studentischen Medien, der Ostseezeitung und GreifswaldTV waren selbst der Pressesprecher der Universität und der Kanzler vor Ort. Doch auch eine Stunde nach der über Mundpropaganda verabredeten Zeit, konnten sie kaum mehr als 30 angehende Aktivisten zählen.
Inzwischen machte die Nachricht die Runde, dass die Besetzung im Hörsaal 3 stattfinden soll, weil dieser im Moment frei war. Dort erklärte man jedoch der Presse, dass sie falsch informiert sei. Hierbei handele es sich nicht um eine Besetzung. Es soll nur in nicht öffentlicher Runde diskutiert werden, wie man an den anstehenden Bildungsstreik herangehen will. Nachdem die Kameras auf Bitten der Versammelten den Raum verlassen hatten, stellte sich heraus, dass das nicht so ganz der Wahrheit entsprach. Auf Initiative einiger hochschulpolitisch aktiven Studierenden wollte man sehen, wie viele Leute sich mobilisieren lassen würden, um eine Besetzung des Audimax in Angriff zu nehmen. Die unterste Grenze: 50 Studierende. (mehr …)
von moritz.magazin | 26.12.2009
Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik erforscht die Kernfusion
In den großen Hallen des Greifswalder Max-Planck-Institutes für Plasmaphysik (IPP) am Rande von Greifswald, herrscht schon seit Langem ein eifriges Treiben: Zweieinhalb Meter große Spulen schwingen an Trägern, in riesigen Stahlgehäusen werkeln Monteure fast ununterbrochen, Forscher arbeiten an präzisionsgenauen Plänen, laute Maschinen tönen hier und dort. Etwa 500 Mitarbeiter haben ein Ziel: Kernfusion für eine langfristige Energiegewinnung zu erproben. Kernfusion, der Antrieb der Sonne, ist die Verschmelzung zweier Atomkerne zu einem Neuen. Bei dieser Reaktion wird Energie produziert und genau an der ist man interessiert.
Doch bevor zwei Kerne fusionieren können, müssen sie die abstoßende elektrische Kraft, welche sie aufgrund ihrer positiven Ladung besitzen, überwinden. Dies gelingt nur unter bestimmten Voraussetzungen, wie zum Beispiel in der Sonne unter hohem Druck und hohen Temperaturen von etwa 15 Millionen Grad Celsius. Da wir aber auf der Erde einen so hohen Druck nicht aufbauen können, muss die Temperatur massiv erhöht werden. Genauer gesagt auf über 100 Millionen Grad Celsius. Eine echte Herausforderung! Dafür sollen Mikrowellen die Atome eines dünnen Gases aufheizen, bis sie die gewünschte Temperatur erreichen und sich in ihre Bestandteile auflösen. Die Kerne liegen nun getrennt von ihren Elektronen vor. Erst in dieser Phase kann Kernfusion stattfinden. Die heiße Wolke aus umher schwirrenden Kernen und Elektronen nennt man Plasma. (mehr …)
von moritz.magazin | 26.12.2009
Franziska Borges hat ein „1A“ Zimmer in Greifswald. Es liegt fast in der Innenstadt, nah an der Uni und kostet nur 170 Euro pro Monat. Es gibt nur einen Haken – das Zimmer befindet sich im Verbindungshaus der Burschenschaft Markomannia Aachen-Greifswald und die Mitbewohner dort sind nicht jedermanns Sache. Seitdem Franziska im Verbindungshaus eingezogen ist, gibt es Gerüchte, Markomannia würde Frauen in ihre Burschenschaft aufnehmen. Die meisten studentischen Verbindungen nehmen aber keine Frauen auf. Es gibt in Greifswald jedoch Frauen, die sich als Gegengewicht zu den rein männlichen Studentenvereinigungen zusammengeschlossen und die Schwesternschaften Athena und Gratia Aurora gegründet haben. Es bleibt die Frage, warum Frauen nicht aufgenommen werden und die weit verbreiteten Vorurteile, Verbindungen seien sexistisch und extrem konservativ.
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von moritz.magazin | 26.12.2009
Was wissen wir eigentlich über Polen? Es ist ein Nachbarland von Deutschland, klar. Die Flagge ist rot-weiß, die Hauptstadt heißt Warschau und unser östlicher Nachbar ist seit Mai 2004 Mitglied in der EU. Und dann?
Das diesjährige Kulturfestival polenmARkT, das je nach Zählung bereits zum 12. beziehungsweise 14. Mal stattfand, soll einen Beitrag leisten, die polnische Kultur und Geschichte dem Greifswalder Publikum näher zu bringen. Zum ersten Mal standen die diesjährigen Kulturtage unter einem Motto: Polen und seine Nachbarn. Die Veranstalter wählten diese Thematik, um Polens kulturelle Offenheit gegenüber den ost- und westeuropäischen Ländern darzustellen und zu zeigen, dass es ein Land der bewegten Grenzen ist. Dabei wurde einerseits ein thematischer Schwerpunkt auf das Verhältnis Polens zur Ukraine gelegt, da diese zahlreiche gemeinsame Verbindungen teilen. Das wurde bereits bei der feierlichen Eröffnung am 20. November deutlich, bei der die ukrainische Schriftstellerin Natalia Sniadanko, die ebenfalls als Deutsch-Übersetzerin arbeitet und bereits Greifswald schon einmal besuchte, las. Nebenbei ist die Uni Greifswald die einzige Hochschule bundesweit, die den Studiengang Ukrainistik anbietet.
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von moritz.magazin | 26.12.2009
Es ist über 2000 Jahre alt, hält sich hartnäckig wie kein zweites und ist auch in Deutschland fest verwurzelt: Das Vorurteil, dass die Jugend nichts taugt. Doch was ist dran an dem Ausspruch?
Es ist ein Prinzip der Philosophie. Man kann für eine Behauptung, oder auch ein Vorurteil, endlose Bestätigungen finden und sie wird niemals endgültig wahr. Doch man braucht nur ein einziges Gegenbeispiel, um zu beweisen, dass eine These falsch ist.
Vor dem Supermarkt riecht es nach Bier. Eine Flasche liegt gesprungen auf dem Parkplatz. Der Alkoholkonsum in Deutschland ist in allen Altersgruppen extrem hoch. Allein bei den zwölf bis 17-Jährigen beläuft er sich auf 50,4 Gramm pro Woche pro Kopf (alle Nicht-Trinker sind in der Statistik enthalten). Auf einem Kasten Billigbier sitzt ein Junge um die sechzehn und lacht lauthals, während er mit blankem Finger abwechselnd auf zwei Mädchen vor sich zeigt. Anbei stehen drei weitere Gestalten in weiten schwarzen Sachen, welche man aus der Entfernung kaum wahrnimmt. Auf die Frage, ob sie einem Bachelorstudenten für Journalismus bei der Arbeit helfen würden, antwortet der Junge auf dem Kasten: „Es gibt keinen Bachelorstudiengang Journalismus. Zumindest nicht hier in Greifswald.“ Seine Gefährten brechen in Gelächter aus.
Als sie verstummen, stellt sich der Kastenjunge mit seinem Namen vor. Marco* heißt er, ist seit zwölf Minuten siebzehn Jahre alt und feiert mit Freunden an der frischen Luft. Auf ein Stirnrunzeln hin wirft eines der Mädchen ein, dass Marco Partys hasse und lieber abseits der Clubs und der eigenen Wohnung sei. Das alles kann die Gruppe um Marco sympathisch machen, doch ein konkreter gesellschaftlicher Nutzen ist ihnen bis zu diesem Punkt nicht nachgewiesen. Keiner der sechs zeigte sich bis zu diesem Zeitpunkt sozial oder politisch engagiert, das ging aus einem Gespräch hervor. Abgetan wird diese Tatsache von Marco mit den Worten: „Oma liebt mich und das nicht nur, weil ich ihr beim Einkauf helfe.“ Es drängt sich die Frage auf, woran Wörter wie nutzbringend oder tauglich gemessen werden. Ein Kran ist nutzbringend wenn er große Lasten heben kann, aber ein Mensch? Angestachelt von diesem spontanen Gedankenexperiment, soll Marco den Bierkasten heben. Wenig überraschender Weise schafft er es. Macht ihn das nützlich? Kaum. Er erzählt, wie er sich seine Zukunft vorstellt: „Studieren, wenn‘s das Geld hergibt, Lehramt Deutsch und Geschichte soll es sein“, sagt er. Dann bittet er darum, seinen Geburtstag fragenfrei weiterfeiern zu dürfen. Einen Wunsch den man nicht abschlagen kann. (mehr …)