von moritz.magazin | 18.12.2010
„Westprofessoren“ und gezielte Meinungsmache – eine nicht hinnehmbare Diskussionskultur für zwei Greifswalder Studenten. Sie nahmen sich der Probleme an und publizierten das Ergebniss in einem wissenschaftlichen Band.
Der 17. März dieses Jahres verlief relativ alltäglich und unscheinbar: Das Wetter in Greifswald war grau, viele Prüfungen waren erledigt, die Semesterferien näherten sich dem Ende. Was an diesem Tag hinter den Türen des Universitätshauptgebäudes passierte, in dem der akademische Senat tagte, war eine der lang erwarteten Entscheidungen. Zwei Lager haben sich beim Rubenowplatz eingefunden. Die einen sind für, die anderen gegen die Beibehaltung des Namenspatrons „Ernst Moritz Arndt“, der 1933 eingeführt wurde.
Eine fast einjährige Debatte mit vielen Höhen und Tiefen, insbesondere in der (Hochschul-)Politik, ging diesem Tag voraus. Durch eine Inszenierung Arndts von Sebastian Jabbusch und dem Vortragen von antisemitischen Zitaten wurde wieder eine ganze Welle an Streitgesprächen und manchmal auch Anfeindungen zwischen Studierenden, Bürgern der Stadt und anderen Beteiligten ausgelöst.
Bei der Vollversammlung der Studierendenschaft im Juni 2009 stimmte eine klare Mehrheit der Anwesenden dafür, dass die studentischen Gremien den Namen „Ernst Moritz Arndt“ ablegen sollten, und das Studierendenparlament (StuPa) sich dem Antrag anschließen solle. Noch dazu kam eine Entscheidung, die bisher einmalig in der 550-jährigen Geschichte der Universität war: Eine studentische Urabstimmung sollte her.
Unter anderem auf Initiative von studentischen Senatoren – darunter Fabian Freiberger und Thomas Schattschneider – gründete sich wegen der Debatte auch im akademischen Senat eine Kommission. Diese sollte erarbeiten, welche Argumente für und welche gegen Arndt als Namenspatron der Universität sprechen. Der Senat entschied sich – unabhängig vom Ergebnis der Urabstimmung – am 17. März 2010 für den Namenspatron. Die Senatsvorsitzende Maria-Theresia Schafmeister erklärte nach der Entscheidung in einem Beitrag von moritzTV: „Uns ist durch diese Entscheidung der Auftrag gegeben worden, sich kritisch mit der Person Arndt auseinanderzusetzen. Die Debatte um den Namenspatron wird nicht aufhören.“ (mehr …)
von moritz.magazin | 18.12.2010
Klischees gibt es über MV reichlich: Raue Inselbewohner, ein hoher Fischbrötchenverzehr und braune Politklandschaft. Doch wer bereit ist über den Tellerrand der Vorurteile zu blicken, wird Erstaunliches entdecken können.
In wenigen Tagen ist Weihnachten und sobald man die letzte Veranstaltung vor den vorlesungsfreien Tagen hinter sich gebracht hat, werden alle sieben Sachen in einer Tasche verstaut und die Wohnung verlassen. Der Weg führt zum nächsten Bahnhof. Viele Menschen werden sich dort bereits zum Ticketautomaten vordrängelt haben, um noch schnell einen Fahrschein zu ziehen, bevor der nächste Zug kommt. Fast alle haben ein gemeinsames Ziel: Es zieht sie über die Weihnachtsfeiertage zu ihrer Familie und zu Freunden.
Die Festung in Dömitz wird von Mauern und einem Burggraben umschlossen
Die Szenarien innerhalb des Zuges sind dabei immer die gleichen: Sobald man sich einen Platz ergattert und der Zug sich in Bewegung gesetzt hat, beginnt man zu lesen, Musik zu hören oder lässt einfach die Gedanken bei geschlossenen Augen schweifen. Die Umwelt oder die Orte, die auf der Heimreise durchquert werden, nimmt kaum jemand wahr, dabei hat Mecklenburg-Vorpommern noch so viel mehr zu bieten als graue Bahnschienen, die einen in die eigene Heimat bringen.
Es ist jetzt Sonntag, zehn Uhr, und von dem Gedrängel noch längst keine Spur. Wir, zwei Redakteure und eine Fotografin, machen uns auf den Weg quer durch unser Bundesland, um die Region einmal aus anderen Perspektiven zu betrachten. Der Himmel ist bedeckt und grau, eigentlich kein schöner Tag. Kaum haben wir Greifswald verlassen, ist um uns herum nichts als Natur: weite Felder, ein paar Waldabschnitte, hier und da ein paar Tiere, die noch recht unbeschwert Nahrung zu sich nehmen, bevor der Winter naht. Ein wohl typisches Bild für Mecklenburg-Vorpommern. (mehr …)
von moritz.magazin | 18.12.2010
In Mecklenburg-Vorpommern soll ab nächstem Jahr die Produktion in Europas größter Ferkelzuchtanlage beginnen. Dass es dabei stark um wirtschafliche Interessen ging, wurde während des dreijährigen Genehmigungsverfahrens deutlich.
Es ist ein rauer kalter Novemberwind, der in diesen Tagen über die kahlen Felder von Alt Tellin zieht. Nach fast 45 Minuten Fahrt von Greifswald auf der A20, erfüllt sich hier die Vorstellung der tiefsten Provinz. Flaches Land und gefühlte zwei Häuser pro Quadratkilometer sind es, bis die Gemeinde Alt Tellin und dessen Ortsteil Siedenbüssow sich auftun. Siedenbüssow, das ist der Bereich im Kreis Demmin, in dem bereits nächstes Jahr die Produktion in einer der größten Ferkelaufzuchtsanlage Europas begonnen werden soll.
Einsam, aber nicht verlassen: ein Gebäude der ehemaligen LPG-Anlage in Siedenbüssow
Auf dem alten Gelände steht derzeit noch eine ehemalige Anlage der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) aus der DDR, deren Mästung von 3 600 Schweinen nach der Wende eingestellt wurde. Der Wind zieht durch alle Ecken und Kanten der beiden leer stehenden Hallen, geradezu morsch und faulig wirken die von der Zeit gezeichneten Tröge und Abzugsschächte. „LPG – Blühende Landschaften“ steht an einem der Gebäude – eine Forderung, die der Ortschaft jetzt gegönnt werden soll. Zwar wirkt das Gelände einsam, aber nicht verlassen – zahlreiche andere Graffitis zeugen davon. Ab nächstem Jahr wird voraussichtlich schon mit der Aufzucht von monatlich knapp 36 000 Ferkeln begonnen.
Nur zwei Kilometer weiter liegt der Ortskern, Alt Tellin. Auf den ersten Blick wirkt das 347-Seelen-Dorf mit seinen engen Straßen nahezu trostlos. Ein Ort, der zu unbedeutend wirkt, als das hier Halt zum Verweilen gemacht werden sollte. Viele Eigenheime mit Vorgärten, akribisch gestutzte Hecken und präzise gepflasterte Einfahrten. Man kennt sich in der kleinen Gemeinde, das Auto mit dem Greifswalder Kennzeichen scheint aufzufallen, Blicke werden geworfen. Schwer einschätzbar sind die Reaktionen der Dorfbewohner, sie schwanken zwischen Neugier und misstraulicher Distanz. (mehr …)
von moritz.magazin | 18.12.2010
Julia Lott, 26, hat ihr Praktisches Jahr für ihr Medizinstudium in Nepal verbracht. Was sie in diesen vier Monaten in der Chirurgie erlebt hat und wie anders es dort abläuft, hat sie dem moritz erzählt.
Im „Health Camp“ begrüßen die Nepalesen die Ärzte
moritz Hast du ein Stipendium bekommen oder musstest du alles selber bezahlen?
Julia Lott Ich habe mich kurzfristig für das Praktisches Jahr in Nepal entschieden, und so kein Stipendium mehr erhalten. Aber dadurch, dass die Lebenserhaltungskosten sehr niedrig sind und der Flug auch recht günstig war, bin ich im Endeffekt mit plus minus Null aus diesen vier Monaten gegangen. moritz Wie war die Umstellung für dich? War es schwierig, sich einzufinden?
Julia Du kommst an und bist erst mal total beeindruckt von den Farben, von den Gerüchen und auch abgeschreckt von dem Lärm in Kathmandu. Aber die Leute in ihren bunten Gewändern sind sehr herzlich. Auf der anderen Seite sieht man Straßenköter an jeder Ecke. Es gibt in Nepal viele Gegensätze zwischen Schönheit und Armut. Kathmandu ist so versmoggt, aber mit ein bisschen Glück kann man einen Blick auf das Himalayagebirge erhaschen. Nachmittags musste ich leider oft mit einem Atemschutz herumlaufen. Nach zwei Monaten tat es so gut einen Trecking-Ausflug in die beeindruckenden Berge zu machen und frische Luft zu atmen. Als ich wieder zurück nach Greifswald kam, ist mir das erste Mal aufgefallen, wie sauber hier die Luft eigentlich ist.
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von moritz.magazin | 18.12.2010
Einem der wichtigsten studentischen Vereine droht eine ungewisse Zukunft. Die Raumproblematik des Studententheaters spitzt sich weiter zu. Falls keine schnelle Lösung gefunden wird, fallen kulturelle Beiträge weg.
Das Studententheater (StuThe) existiert seit dem Jahre 1995 und entstand in Folge der Einstellung des Modellstudiengangs „Darstellendes Spiel“. Trotz der großen Beliebtheit, der Professionalität der Nachwuchsschauspieler und der internationalen Tätigkeit des studentischen Vereins sei die Geschichte vom Theater „eine permanente Umzugsgeschichte“, meint der Präsident des Studierendenparlamentes (StuPa), Erik von Malottki. „Das StuThe bekam von der Universität Räume zur Verfügung gestellt, die aber dann, sobald die Uni die Räume für Vorlesungen oder Seminare brauchte, wieder verloren gingen. Daraufhin wurden dem StuThe erneut neue Räume zur Verfügung gestellt.“
Noch rollt der Ball, wie hier beim Stück „Homo Pilicrepus“
Die Palette an Orten war weit gefächert, sie reichten von der Makarenkostraße über die Stralsunder Straße 10 bis hin zur jetzigen Probestätte in der Falladastraße. Franz Küntzel, Referent für Hochschulpolitik beim Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA), erklärt dazu: „Das Problem ist, dass Greifswald allgemein keine adäquaten Räume hat, wo man das StuThe unterbringen könnte. Man müsste die einsturzgefährdeten Häuser sanieren oder Häuser neu bauen.“ Noch gehört das Haus in der Falladastraße 2 der Universität. Doch diese wird das Gebäude zum Januar 2011 hin an das Land Mecklenburg-Vorpommern, genauer gesagt an den Betrieb für Bau und Liegenschaften (BBL), zurückgeben.
Das Theater allerdings würde die Probestätte gerne behalten. Denn das StuThe braucht einen Saal und möglichst zwei Proberäume, einen Fundus, eine Werkstatt, Garderobe, Räume für die Technik und ein Büro, um qualitativ gute Arbeit leisten zu können. „Das Haus ist wirklich gut, weil es relativ zentral liegt. Was Zentraleres in der Größe findet man wahrscheinlich nicht“, bemerkt Ulrike Kurdewan, stellvertretende Vorsitzende des StuThe. Allerdings ist das Gebäude sehr baufällig, da es lange Zeit leer stand. Es gibt Löcher in den Decken und in vielen Räumen schimmelt es. Eine Sanierung und baurechtliche Sicherung ist deswegen unumgänglich. Noch gibt es kein offizielles Gutachten des BBL, die ersten Schätzungen bewegen sich zwischen 10700 und 250000 Euro. (mehr …)
von moritz.magazin | 18.12.2010
Für Greifswalder Studiengängen soll die Mindestnote nun abgeschafft werden, im neuen Landeshochschulgesetz sei sie unzulässig. Beim Bildungsstreik 2009 gab es Forderungen, die Zulassungshürden zum Masterstudium abzuschaffen.
Der erste richtige Abschluss, den sie bekommen ist der Doktortitel.“ Diese Aussage wird angehenden Naturwissenschaftlern bekannt vorkommen. Das Schreiben einer Doktorarbeit nach dem Diplom ist zwar keine Pflicht, aber der Regelfall, da viele Arbeitgeber promovierte Mitarbeiter bevorzugen. Im Bologna-Modell hingegen sollten lediglich ein Drittel der Bachelorabsolventen einen Master machen dürfen und sich so für die Promotion qualifizieren. Ein drei- bis vierjähriges Studium sollte also ein achtjähriges ersetzen.
In Zukunft kann die Master-Hürde nicht nur von den besten Pferden übersprungen werden
Elf Jahre nach der Einführung des Bachelors setzt sich nun die Erkenntnis durch, dass das nicht funktionieren kann. Der Fakultätsrat der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät forderte im Oktober den Senat der Universität Greifswald auf, die Mindestnote von 2,5 als Voraussetzung für die deutschsprachigen Masterstudiengänge in den naturwissenschaftlichen Fächern zu streichen. Franz Küntzel, Referent für Hochschulpolitik beim Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA), zeigte sich überrascht und erfreut, dass die Fakultätsleitung diesen Antrag selbstständig und ohne vorherigen Druck durch die Studierendenschaft stellte.
Deutlich mehr studentisches Engagement war einen Monat später gefragt. Nach dem Abschaffen der Master-Hürde an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät wollten Franz Küntzel und der Präsident des Studierendenparlaments (StuPa), Erik von Malottki, die Zulassung zu Masterstudiengängen auch an der Philosophischen Fakultät kippen. Um ihrem Antrag eine breitere Unterstützung zu verschaffen, redeten die beiden mit den gesamten Fachschaftsräten der Fakultät und schafften es auch die meisten von ihrem Antrag zu überzeugen.
Da keiner der Antragssteller berechtigt war, im Fakultätsrat einen Antrag zu stellen, wurde der Antrag formell von Alexander Wöll, seines Zeichens Dekan der Philosophischen Fakultät, eingebracht. Für Franz Küntzel wurde der Antrag im Fakultätsrat „überraschenderweise“ nach relativ kurzer Diskussion ohne Gegenstimmen angenommen. Damit ist die Masterhürde in beiden Fakultäten, die Masterstudiengänge im größeren Maßstab anbieten, so gut wie gekippt. (mehr …)