von moritz.magazin | 16.02.2011
Gruß aus dem Sommer
Das Silvester mit seinen guten Vorhaben und Wünschen liegt schon ein Monat hinter uns. Kaum einer erinnert sich noch an seine guten Versprechen. Besonders jetzt nicht, wo die Stunde der Wahrheit schlägt.
Der Klausuren-Marathon hat bereits angefangen und vielleicht sollte man sich seine guten Ziele noch ein Mal vor Augen führen, um sich im Alltag des Paukens nicht zu verlieren. Das Leben in Büffeltanien ist schwer: man beneidet oft die, welchen das Wissen förmlich zufliegt und verdammt sich selbst dafür, dass man wieder so spät mit dem Lernen angefangen hat. Doch ist es wirklich für alle Büffler immer nur das Gleiche? Wie schafft diese Hürde, jemand der, zum Beispiel an Autismus leidet und mit zusätzlichen Aufgaben kämpfen muss?
In diesen Zeiten von durchzechten Nächten, Kartei-Karten-Alpträumen und eiserner Selbstdisziplin hat das moritz-Team neben dem Studium weiter Ideen gesammelt, recherchiert, geschrieben und korrigiert. Das Ergebnis dieser Arbeit liegt gerade vor Euch. Der Hochschulpolitische Teil trägt mit der Bilanz der Wahlen vom Januar in dieser Ausgabe eine ganz besondere Bedeutung. Vielleicht kennt Ihr jemanden von den letzten Studierendenparlament- und Senatswahlen, das ist in Greifswald ja sehr gut möglich. Unfassbar, aber schon im Januar herrscht Tauwetter, dieses Mal nicht nur im StuPa, sondern auch draußen.
Wenn der graue Schnee seinen Zauber verliert und als hässliches Naturwrack abtaut, entdecken viele von uns ihre leidenschaftliche Liebe zur asphaltierten Straße neu. „Auf Wiedersehen“ dicke Ski-Jacken und „Hallo“ Fahrradfahren! Dieses frühe Tauwetter ist wie ein Gruß aus dem bevorstehenden Sommersemester. Es sagt uns: „Hey, hier ist es doch ganz nett im Frühling.“ Bald füllt sich die Stadt mit neuem Leben, sie wird plötzlich grün statt grau, wird wahnsinnig lecker nach Grill riechen und wieder kurze Röcke tragen. Doch allein über der WVG sammeln sich dunkle Wolken an, obwohl es in dem Fall Rekordeinnahmen regnet, wurde bereits die nächste Mieterhöhung angekündigt. Die Kritiker stehen Schlange.
Aber erst einmal kommen die Ferien und in ein, zwei Wochen werden wir uns in Richtung Süden verabschieden und verschwinden aus Greifswald. Dann wird die Hansestadt lange Zeit leer und ruhig sein, bis sie sich mit Frühlingsgefühlen und lachenden Studenten-Scharen füllt. Sehr bald schon werden uns die Sonnenstrahlen im Unterricht stören und blenden. Das ist doch das schöne am Winter, dass nach ihm der Frühling kommt und dann werden alle Wünsche und gute Vorhaben hoffentlich in Erfüllung gehen.
Bis zum Sommersemester!
Anastasia Statsenko
Das komplette Heft als pdf könnt ihr hier herunterladen, ausgewählte Artikel könnt ihr natürlich auch direkt online lesen und kommentieren.
von moritz.magazin | 14.02.2011
Politikverdrossenheit ist Sieger der Wahlen für die studentischen Vertreter im Senat, in den Fakultätsräten und für das Studierendenparlament. Die Wahlbeteiligung sank mit weniger als zehn Prozent auf ein selten erreichtes Rekordtief.
Eine kleine Gruppe von Wahlhelfern hat sich im Saal des Mensa-Clubs um einen Tisch versammelt. Die Wahlurnen werden ausgeschüttet, vereinzelt tummeln sich Journalisten im Raum. Das Interesse scheint geringer zu sein als noch im Vorjahr, als die Besucher noch mit Absperrband von der Auszählung ferngehalten werden mussten. Nach kurzem Auszählen der vorhandenen Stimmzettel steht fest: Die Wahlbeteiligung für das Studierendenparlament (StuPa) lag bei 9,89 Prozent. Die Zehn-Prozent-Hürde wurde in den 20 Jahren studentischer Selbstverwaltung nur selten unterschritten. Zuletzt war das 2007 der Fall.
Der 21-jährige Wahlleiter Stefan Damm zeigt sich enttäuscht: „Mit dieser Wahlbeteiligung kann man nicht zufrieden sein. Wir hatten uns wenigstens ein zweistelliges Ergebnis gewünscht. Das große Defizit im Vergleich zum letzten Wahljahr, als stolze 21,3 Prozent der Studierenden zur Wahl gingen, gehe vor allem auf die Urabstimmung um den Namenspatronen der Universität zurück. „Arndt kann mit Sicherheit nicht alles, aber doch sehr viel erklären. Die letztjährige ‚Hochschulpolitikbegeisterung‘ ließ uns hoffen, dass dadurch eine dauerhafte Erhöhung der Wahlbeteiligung erreicht wurde, wenn auch nicht auf das hohe Niveau des letzten Jahres. Die gesamte studentische Selbstverwaltung wird sich fragen müssen, warum die Wahlbeteiligung so niedrig ausgefallen ist.
In diese Kerbe schlägt auch die Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) Daniela Gleich. Die Politikwissenschaftsstudentin erklärt, dass das Verhalten des StuPas die Studenten von der Hochschulpolitik verscheucht. „Wenn das StuPa zum Beispiel die Beschlüsse der Vollversammlung nicht ernst nimmt, und damit auch die Studierendenschaft, ist es nicht verwunderlich, dass keiner sich an diesem Gremium beteiligen will. Doch auch bei den Senats- und Fakultätsratswahlen blieb die Wahlbeteiligung gering. Obwohl gerade diese Gremien einen wesentlich größeren, weil direkteren Einfluss auf den Universitätsalltag haben, als das StuPa, welches nur über die Tätigkeiten des AStA und im schlimmsten Fall der moritz-Medien direkt bestimmen kann. An den Senatwahlen nahmen zum Beispiel nur 8,65 Prozent der Wahlberechtigten teil. Das trotz der wesentlich höheren Kandidatenzahl: Auf zwölf Stellen bewarben sich 48 Studenten. (mehr …)
von moritz.magazin | 14.02.2011
Trotz des erwarteten Anstiegs der Studentenzahlen werden Häuser der WVG abgerissen. Die Orientierung der Mietpreise erfolgt zukünftig nicht am Durchschnitt des Mietspiegels, sondern am oberen Bereich des Mietpreisniveaus.
Weiblich, 20, sucht: hallo ich suche für das kommende Semester ein WG-Zimmer in der Innenstadt oder in Uninähe. Da ich Studentin bin, sollte das Zimmer nicht mehr als 250 warm kosten und circa 12 m² groß sein. Es ist sehr dringend, da ich bis jetzt nichts gefunden habe. Bitte meldet euch.
So eine Annonce hat wohl jeder, der in Greifswald studiert gelesen oder selber verfasst. Jedes Jahr zum Oktober bricht in der Hansestadt das „Wohnungschaos“ aus, berichtet der derzeitige AStA-Referent für Wohnangelegenheiten, Tommy Kube. Wer Mitbewohner sucht, hat mit bis zu 100 Bewerbern zu kämpfen. Das Hervorstechen aus der Menge ist hier das wichtigste. Wer dahingegen Wohnungssuchender ist, hat mit vielen Absagen, Zeitdruck und gestressten Vermietern zu rechnen. Als letzte Möglichkeit bleibt dann oft entweder nur ein überteuertes und zu kleines Zimmer in der Innenstadt oder eine günstigere Wohnung in schlechter Lage.
In den letzten Jahren kam immer wieder das Gerücht auf, dass Studenten vor der Mensa gezeltet hätten oder in einer Turnhalle schlafen mussten, da sie keine Wohnungen mehr gefunden hätten. Scarlett Faisst, damalige AStA-Referentin für Wohnangelegenheiten und Soziales, stellt klar, dass diese Gerüchte nicht stimmen würden. Es gab aber sehr wohl Studenten im ersten Semester, „die auf das Umland oder Stralsund vorübergehend ausgewichen sind oder aber als Untermieter bei Einheimischen zu teilweise horrenden Mieten für winzige Zimmer untergekommen sind.“ (mehr …)
von moritz.magazin | 14.02.2011
Seit einigen Monaten ist das Freizeitbad in Greifswald geschlossen. Grund hierfür ist die falsche Berechnung der Statik der Dachkonstruktion, wodurch die Sicherheit nicht mehr garantiert ist.
Damit man nicht völlig vom Prüfungsstress aufgefressen wird, finden sich die verschiedensten Maßnahmen, um sich zu entspannen und neue Energie zu tanken. Ein Saunagang, ein Essen mit Freunden oder ein paar Bahnen im örtlichen Freizeitbad zu ziehen sind beispielsweise solche Mittel. Doch zurzeit ist das Schwimmen dort nicht möglich, da das Bad seit dem 3. November 2010 geschlossen ist. Nur der Sauna- und Gastronomiebereich ist von der Schließung nicht betroffen und kann weiterhin genutzt werden.
Schon im September 2010 erfolgten Sanierungsarbeiten am Dach des 1998 erbauten Schwimmbads, weil im Bereich der Oberlichter auffallende Durchbiegungen der Pfetten, den Längsträgern der Dachkonstruktion, bemerkt wurden. Die Pfetten verteilen die Last des 87 Meter langen Daches auf den sogenannten Bindern. Binder sind Trägerelemente, um große Weiten stützenfrei überspannen zu können. Im Falle des Greifswalder Schwimmbaddaches muss eine Spannweite von 32 Metern überbrückt werden.
Als ausführende Bausachverständige waren das Ingenieurbüro Schüler aus Neubrandenburg, das Ingenieurbüro für Tragwerksplanung und Baudynamik von Mario Binder aus Schwerin und das Ingenieurbüro von Herrn Kessel aus Hildesheim tätig. Sie empfahlen den Stadtwerken Greifswald, die Betreiber des Freizeitbads sind, die Ursachen für die Durchbiegungen zu ergründen.
Obwohl die Genehmigung der Baubehörde zur Wiedereröffnung für Anfang Oktober schon existierte, entschlossen die Stadtwerke sich dazu, ein erneutes Gutachten einzuholen, um die Konstruktionsdaten zu überprüfen. „Fest steht, dass hier keiner badet bevor nicht alles in Ordnung ist“, sagte Arnold Saweliev, der Geschäftsführer des Freizeitbads, Ende August letzten Jahres. Das vom Ingenieurbüro Binder angefertigte Gutachten stellte fest, dass „die rechnerische Sicherheit für die Statik des Daches nicht ausreichend gegeben ist“, so Steffi Borkmann, Pressesprecherin der Stadtwerke Greifswald. (mehr …)
von moritz.magazin | 14.02.2011
Alles begann 1970 mit einem gewissen Herrn Krimmel, der im „Taxi nach Leipzig“ fuhr. Auch vierzig Jahre danach ist der „Tatort“-Kult und seit geraumer Zeit Konstante im Wochenendplan vieler „Nachwuchsbildungsbürger“.
Naja, Sonntagabend ist ja sonst auch nicht viel los.“ Eine Beschreibung, die man für Greifswald sicherlich guten Gewissens gelten lassen kann. Aber in Berlin? Hier nämlich kam ein findiger Gastronom vor einigen Jahren auf die Idee, gemeinsam mit seinen Gästen „Tatort“ zu schauen. Eine Institution ward wiedergeboren. Schnell bahnte sich das „Kollektiverlebnis Tatort“ einen Weg in die restlichen Kneipen der Republik. Seit 2006 lädt auch das „Caspar“ in der Greifswalder Innenstadt jeden Sonntag zum dosierten Blick aufs bundesdeutsche Verbrechen.
Knapp zwanzig Zuschauer haben sich pünktlich zur Primetime eingefunden, Männlein und Weiblein bunt gemischt, allerdings überwiegend studentisches Milieu. Der Tatort als Bindeglied zwischen jung und alt-zumindest in Greifswald eine Utopie. Trotzdem, Tatort ist wieder in, besonders in Gesellschaft und gemütlichem Ambiente. Nein, ein Lieblingsermittlerduo habe man eigentlich nicht, so die Anwesenden, der Münsteraner sei ganz gut, aber auch der heutige aus Köln scheint den Raum überdurchschnittlich zu füllen. Man kennt sich, die meisten kommen regelmäßig. Zur Einstimmung kommt die Tagesschau, aber das ist Vorgeplänkel, die Zeit in der man Getränkekarten durchforstet und bestellt. (mehr …)
von moritz.magazin | 14.02.2011
PJ studiert seit 2010 Biochemie im ersten Wintersemester an der Universität Greifswald unter ganz besonderen Bedingungen: Er wurde mit der autistischen Entwicklungsstörung Asperger-Syndrom geboren.
Ein Patientengespräch: „Ich habe in den letzten Monaten das Verhalten Ihres Sohnes sorgfältig beobachtet und studiert und kann nun zu einer dezidierten Auswertung kommen: Felix ist ein ganz besonderes Kind. Er zeigt neben autistischen Merkmalen ganz spezielle Begabungen, die wie abgetrennt von seinen sonstigen Verhaltensmustern scheinen. Autismus heißt, dass Felix sich nie so verhalten wird wie andere Menschen, er kann sich nicht in die Gefühle anderer hineinversetzen oder sich in die sozialen Regeln einer Gemeinschaft hineindenken. Ein österreichischer Arzt, Hans Asperger, hat diese Form von Autismus Anfang der 40er Jahre erstmals beschrieben. Felix wird sich immer schwer tun mit sozialen Kontakten und den Regeln menschlichen Miteinanders. Er kann einfach nicht nachvollziehen, was sich in den Köpfen anderer abspielt. Felix wird sich immer anders fühlen und verhalten“, erklärt der Arzt. Betroffen reagiert die Mutter:“ Immer anders, nie normal?“
Die dargestellte Szene stammt aus dem deutschen Film „Der kalte Himmel“ von Andrea Scholl und zeigt die Situation in der den verzweifelten Eltern die Diagnose zum andersartigen Verhalten ihres Sohnes gestellt wird: Asperger-Syndrom.
„Immer anders, nie normal“, diese Hiobsbotschaft muss nicht immer so definitiv eintreten, wie sie in dem Film formuliert wird. Dies wurde mir in den letzten Wochen durch ausführliche Eindrücke und Gespräche bewiesen. In unserer kleinen Stadt Greifswald studiert seit diesem Wintersemester PJ (auf Wunsch nur Initialen verwendet) Biochemie im ersten Semester. Seit seinem neunten Lebensjahr weiß P, dass auch er von der angeborenen Entwicklungsstörung, dem Asperger-Syndrom, betroffen ist. Allerdings tritt diese besondere Form von Autismus mit unterschiedlicher Intensität auf. Bei PJ sind zwar die Symptome von geringen Fähigkeiten zur sozialen Interaktion und besondere Intelligenz in bestimmten Bereichen (Spezialinteressen) beispielsweise deutlich zu erkennen, aber trotzdem ist es ihm möglich relativ „normal“ am Uni-Leben teilzunehmen. Aber was ist schon normal? Für den naturwissenschaftlich begabten Studenten sind die anderen „seltsam“ und er „normal“. Dies war für mich zu Beginn schwer zu begreifen, aber nach einigen Überlegungen schien es ganz klar: Für jeden Menschen ist das normal, was für ihn seit der Kindheit das Leben ausmacht und dies gilt auch für Betroffene dieser Entwicklungsstörung.
P hat nicht das Gefühl auf einem falschen Planeten gelandet zu sein, wie das englische Synonym „wrong planet syndrom“ impliziert. Diesen Eindruck kann ich nun bestätigen. Zwar schien es mir fremdartig mich mit einem Menschen zu unterhalten, der weder Mimik noch Gestik verwendet und Blickkontakt strikt vermeidet, trotzdem hat P ein so selbstbewusstes und aufgeklärtes Auftreten, dass man ihm alles, auch studieren, zutraut. Er hat mit den üblichen Hindernissen des Studienanfangs zu kämpfen: Sich in einer neuen Stadt zurechtfinden, an das selbstständige Leben gewöhnen und rechtzeitig zu den Uni-Veranstaltungen erscheinen. Lediglich der Trubel des Kontakteknüpfens bleibt ihm erspart. Er muss nicht oberflächliche Gespräche führen, bis die richtigen Bezugspersonen gefunden sind und endlos scheinende Abende durchstehen, um möglichst viele neue Leute kennen zu lernen. (mehr …)