»Ich habe nie versucht die Leute zu agitieren « – Gerhard Schöne

Seine Lieder sind für Erwachsene wie Kinder seit Jahrzehnten vertonte Grüße von nah und fern. Im Theater Vorpommern sang der Liedermacher Gerhard Schöne die „Lieder der Briefkästen“ und traf den moritz zum Gespräch.

Von www.gerhardschoene.de, keine CC-Lizenz

In Ihrem aktuellen Programm erzählen Sie Geschichten zu bestimmten Briefen. Wie sind Sie darauf gekommen?
Ich kam auf Briefe, weil ich selber gerne Briefe schreibe und weil ich Briefträger war. Ich merke, dass es eine Kultur ist, die immer mehr in Vergessenheit gerät. Briefe kann man aufheben. Mails kann man zwar ausdrucken und speichern, Briefe sind aber etwas Sinnliches, man hat Papier gewählt, man setzt sich hin, manchmal macht man sich einen Tee oder zündet ein Kerzchen an. Irgendwie zelebriert man oftmals das Briefeschreiben. Ich habe im Bekannten- und Freundeskreis eine Zeit lang gefragt, was das Briefeschreiben noch für eine Bedeutung hat. Da war zum Beispiel ein Mann, der den Krieg miterlebt hat. Ein Enkel wollte wissen, wie das war und der Mann hatte auf dem Boden einen Pappkarton mit Feldpost. Da wurde das alles wieder lebendig.

Sie machen schon seit 30 Jahren Musik. Was treibt Sie an?
Ich glaube in allen künstlerischen Berufen steckt etwas Schöpferisches, das einen beglücken kann. In der Musik gehen Intellekt und Gefühl Hand in Hand, es werden noch andere Regionen als die „Denkmaschine“ erreicht. Das Schreiben und Komponieren eines Liedes, sowie das Musizieren mit anderen Musikern, erzeugt Glücksgefühle. Der schöpferische Prozess macht mir einfach Freude. Ich habe über die Jahre gemerkt, dass ich das am besten kann. Und solange ich mich nicht wiederhole oder die Leute langweile, habe ich auch Lust weiterzumachen.

Da Sie schon so lange auf der Bühne stehen, wie hat sich denn das Publikum verändert in dieser Zeit?
Das hängt natürlich mit meinem Alter zusammen. Geschmacksfragen spielen ja auch eine Rolle, damit kann ich aber leben. Zu DDR-Zeiten war ich zum Glück zeitweise so erfolgreich, dass die Nachfrage nach solchen Konzerten so groß war, dass die Leute gar nicht hineinpassten und ich manchmal durch irgendwelche Hintertüren Leute reingeschleust habe. Zu DDR-Zeiten war nicht allzu viel los, der Hunger nach geistiger Auseinandersetzung war groß, weil das, was in den Medien stattfand, schöngefärbt war. Da waren die Leute an Kunst interessiert, die sich der Lebenswirklichkeit hier stellte. (mehr …)

Sei dein eigener Schneider!

Stoffe zuschneiden, neue Muster kombinieren und dann ab unter die Nähmaschine. Schon hat man etwas Neues aus eigener Hand geschaffen. Die offene Nähwerkschaft Kabutze bietet die Möglichkeit kreative Kleidung zu kreieren.

Den Faden in die Öse fädeln, mit Bedacht und Geduld. Leicht ist das nicht. Die Zickzack-Naht ist eingestellt und eignet sich am Besten für meinen elastischen Stoff. Einmal tief durchatmen und dann kann das Vernähen von Oberteil und Zwischenstück beginnen. So betrachtet muss es doch leicht sein, ein eigenes Kleidungsstück herzustellen. Doch welche Stoffe welche Stiche erfordern oder welche Tricks man anwenden muss, um elastische und steife Stoffe irgendwie zu vereinen, war mir nicht bewusst.

Deshalb sitze ich nun im Kapuzenkleid-Workshop in der Kabutze, eine offene Nähwerkstatt, und versuche, drei verschiedene Stoffe zu etwas Neuem zu kombinieren. In meiner Vorstellung sieht es jetzt schon umwerfend aus. Neben mir sind noch drei andere Teilnehmer da, stöbern in der Kiste für Stoffreste, betrachten alte Oberteile oder wühlen sich durch den unglaublichen Berg von Knöpfen. Uns zur Seite steht die Workshopleiterin Babett Gibb, die uns alles Nötige erklärt und der wir oft verzweifelte Blicke à la „Ich glaube, ich habe die Nähmaschine kaputt gemacht.“ zuwerfen. Fäden haben eben manchmal ein Eigenleben.

„Wir sind ja auch keine Profis. Hier kann jeder von jedem lernen. Wir freuen uns, wenn wir auch noch etwas dazu lernen. Zudem entsteht auch ein generationsübergreifender Austausch.“ Es ist jener Ansatz, berichtet Kabutzenmitglied Mel, der die Nähwerkstatt ausmacht.

Sie ist eine von denjenigen, die den Entstehungsprozess von Anfang an begleitet hat. Seit 2009 gibt es die Gruppe, doch erst ein Jahr später konnten sie sich in den derzeitigen Räumlichkeiten in der Friedrich-Loeffler-Straße 44a niederlassen. In der Zwischenzeit wurde viel geplant. Zurzeit besteht die Kabutze aus acht Mitgliedern. Der Gründerkreis bestand aus drei Leuten, die in Greifswald einen Ort des gemeinsamen Nähens etablieren wollten. Als Vorbilder dienten bereits bestehende Nähcafés in Großstädten. „Wir haben erst einmal überlegt, wie wir das Ganze gestalten wollen und ein Konzept geschrieben. Denn wir wollten eine Nähwerkstatt mit politischem Hintergrund aufbauen“, erinnert sich Mel. Gemütlich sitzt sie in der Ecke auf einem Sofa, welches wie der Rest der Einrichtung aus Spenden stammt.

Den Stoff, welchen ich mir für meinen Rock herausgesucht habe, war früher, allem Anschein nach, eine Tischdecke. Zugegeben, eine sehr hübsche Tischdecke mit blumigem Muster. Neben dem gemeinsamen Nähen und voneinander lernen gehört auch das Teilen zur Grundidee. Poltische, ökologische und soziale Komponenten bilden das Grundgerüst.

„Wir versuchen, alles mit dem Thema Kleidung zu verknüpfen“, erklärt Mel. So gibt es auch Filmabende, die zum Beispiel über Arbeitsbedingungen in der südamerikanischen Textilindustrie aufklären oder diverse Workshops zum nachhaltigen, privaten Wirtschaften. Geplant sind zum Beispiel ein Workshop zur Herstellung von Lampen oder das Basteln eines Sitzkissens aus alten Tetrapacks.

Mode ist ein sehr kurzlebiges Geschäft, was die Kleidungsstücke im Schrank schnell verblassen und altern lässt. Dabei ist es enorm, wie viele Ressourcen in der Textilproduktion ausgebeutet werden. So erzeugt die Herstellung eines einzelnen T-Shirts nach verschiedenen Berechnungen und je nach Größe, Webdichte und Herstellungsart fünf bis acht Kilogramm CO₂. Laut Statistischem Bundesamt verursacht jeder Einwohner in Deutschland 200 Kilogramm CO₂-Emissionen pro Jahr für Kleidung und Textilien. Einer World Wide Fund For Nature (WWWF)-Studie zufolge sind 2 700 Liter für die Herstellung eines einzigen T-Shirts notwendig.

Unvorstellbare Summen für einen täglichen Gebrauchsgegenstand, den man bereits für wenig Geld bei einschlägig bekannten Modeketten kaufen kann. Selber nähen bedeutet, neben der Entwicklung eines eigenen Konsumbewusstseins auch Entschleunigung vom hektischen Alltag. Eine sinnstiftende Handarbeit, die wir in globalisierten Zeiten auf unterster Ebene zurück erobern können.
In der Zwischenzeit ist die Mittagspause angebrochen. Wir haben uns in der behaglichen Sitzecke niedergelassen und genießen die eigens für uns gekochte Kartoffelsuppe. Nach der delikaten Suppenstärkung begeben wir uns alle wieder an unsere Werke, die sich nach Vollendung sehnen.

Wo bitte schön ist denn nun dieser tolle Stich, den ich an meiner gekauften Kleidung erblicke? Jener, der die Ränder so schön umnäht. Nach langem Suchen an meiner Nähmaschine Zuhause musste ich enttäuscht feststellen, dass es diesen wohl nicht gibt. „Overlockstich“ nennt sich das Ganze und dafür gibt es eine extra Nähmaschine in der Kabutze.

Doch warum überhaupt selbst nähen und nicht den Weg des geringsten Widerstandes nehmen und in Kleidungsgeschäften einkaufen? Das Nähen beansprucht, besonders am Anfang, viel Zeit. Und manchmal entspricht das Resultat dann nicht der eigenen Wunschvorstellung.

Doch eine Nähmaschine kann viel mehr, als nur Löcher in einer Hose zusammennähen. Sie haucht alten und neuen Stoffen frisches Leben ein und erschafft etwas Eigenes, in dem Herzblut, Geduld und Stolz stecken. Es formt das Individuelle. „Ich finde es spannend, wie man sich durch Kleidung ausdrücken kann“, erzählt Mel. Eileen, eine der Teilnehmerinnen ist inzwischen fertig mit ihrem Kleid.

Aus einem mitgebrachten bunt gestreiften T-Shirt hat sie ein entzückendes Kleidchen gezaubert. „Ach, das ist so schön, ich liebe es jetzt schon“, sagt sie mit einem breiten Grinsen. Am Ende des Tages werden wir entspannt und zufrieden mit unseren Werken nach Hause gehen. In Gedanken bin ich allerdings schon bei meinem nächsten, selbst genähten Kleidungsstück.

Ein Feature von Maria Strache

Ohrstöpsel-Automaten und andere Raritäten

Zurzeit stürmen Studenten wieder die Universitätsibliotheken um sich auf die Prüfungen vorzubereiten. Während andere Büchereien Sofas zum Entspannen bieten, müssen sich die Benutzer in Greifswald ihre Isomatten selbst mitbringen.

Faul, ständig auf Achse, aber selten in der Uni: So in etwa sieht das Leben eines Klischeestudenten aus. Ende des Semesters jedoch zieht es die Studierenden in Strömen zur Zentralen Universitätsbibliothek, der Bereichsbibliothek Am Schießwall oder eine der zehn Fachbibliotheken. Dicht an dicht drängen sie sich, um noch einen der begehrten Arbeitsplätze zu erhaschen. (mehr …)

moritz 96 – Januar – Wir haben nicht gewählt!

moritz 96 – Januar – Wir haben nicht gewählt!

Neues Jahr, alte Leier

Liebe moritz-Leserinnen und Leser,

der Volksmund sagt: „Früher war alles besser‘‘. Ob das vergangene Jahr besser war als das Neue? Es ist auf jeden Fall noch viel zu früh um das zu beantworten. Was aber sicher ist: Egal wie es ausgeht, die meisten Menschen werden von dem Spruch Gebrauch machen. Während die Nostalgiker unter uns auch im Jahr 2012 versuchen werden die unverständlich wahrgenommene Gegenwart zu verstehen, packen die Anderen die Tatsachen und Herausforderungen an. So auch die neugewählten Studenten in die verschiedenen Gremien.

In diesem Sinne mögen wir doch alle hoffen, dass wir durch unsere Stimmeabgabe bei den Gremienwahlen in eine schönere Zukunft der Universität investiert haben. Und wie es üblich ist für das neue Jahr, sich gute Vorsätze und Versprechen zu geben, planen dies auch die Gewählten für ihre Legislatur. Hoffen wir, dass sie ihre Ziele nicht aus den Augen verlieren. Und zum Beispiel die Salattheke in der Mensa bis zum bitteren Ende gefüllt halten oder das Wasserschmuggeln in die Bibliotheken legalisieren. Erwähnens- und bewundernswert ist unter anderem das Ziel die ganze Stadt mit einem WLAN-Netz abzudecken. Ja, die Gremienwahlen 2012 stehen beim moritz im Fokus.

Angesichts der Wahlbeteiligung in diesem Jahr ist es offensichtlich, dass sich viele Studierende auf ihr negatives Wahlrecht berufen haben. Stellt sich die Frage, wie großen Anteil daran die Dauerlerner hatten? Eben diese hat moritz in ihrem ‚Wissenstempel‘ besucht. In der Rubrik Uni.versum lest ihr, was dabei alles liegen bleibt. Während sie einen sicheren Platz in der Bibliothek haben, haben einige Andere einen sicheren Platz am Telefon. Es handelt sich um studentisches Engagement. Telefonseelsorge – von Studenten für Studenten. Vermutlich können auch die extremsten Nostalgiker dort einen Rat bekommen.

Aber gewiss ist nur die Qualität der Universitätsveranstaltungen. Traditionsgemäß ist die Qualitätssicherung durchgeführt worden und somit können einige Institute und Professoren neue Vorsätze für das kommende Semester einplanen. Wenn es eine Rangliste für in Vergessenheit geratene Vorsätze gäbe, würden sie dann nicht auf einem der obersten Plätze stehen? Apropos Qualität: moritz hat einen Dönertest durchgeführt. Eine interessante Bewertung ist daraus entstanden.

Im Sinne von Georg C. Lichtenberg kann man freilich nicht sagen, ob nach den vielen Qualitätssicherungen, den Hilfsangeboten, mit den neuen Gremien an der Universität oder den Vorsätzen für das neue Jahr, die nächsten 366 Tage auf der Erde besser werden. Aber so viel kann man sagen: Es muss anders werden, wenn es gut werden soll.

Macht es gut und bis zum nächsten Semester.

Gjorgi Bedzovski

Ausgewählte Artikel könnt ihr wie immer direkt online lesen und kommentieren, das komplette Heft als pdf gibts hier.

TITEL Warst du wählen?

Über zehn Prozent der Greifswalder Studierendenschaft könnten diese Frage mit „Ja“ beantworten. Denn sie haben vom 9. bis 13. Januar 2012 sowohl das Studierendenparlament (StuPa) als auch den Senat und die Fakultätsräte gewählt.

Gähnende Leere erstreckte sich am Dienstag gegen neun Uhr an den Wahltischen des Studierendenparlaments in der Mensa am Wall. Zwei Stunden später sah das ganz anders aus: Die ersten Schlangen bildeten sich an den Wahlkabinen. Auch in der Universitätsbibliothek sammelten sich die Studierenden an den Wahltischen des Senats und der Fakultätsräte.

Einen Erfolg konnte das StuPa verzeichnen, das mit einer Wahlbeteiligung von 14,4 Prozent im Gegensatz zum letzten Jahr die Zehn-Prozent-Marke knackte. Das lag unter anderem an den Öffnungszeiten und Standorten der Wahllokale: 96 Stunden lang hatten die Studenten an vier verschiedenen Plätzen die Möglichkeit, ihre Stimmen abzugeben. Der StuPa-Wahlleiter Henri Tatschner und sein Stellvertreter Kay Nitsch zeigten sich erleichtert: „Wir sind mit der Wahlbeteiligung im Großen und Ganzen zufrieden, zumal wir froh waren, schon am Mittwoch die Zehn-Prozent-Wahlbeteiligung erreicht zu haben, was unser Anspruch für die Wahlwoche war.“ (mehr …)

TITEL Alles zu (s)einer Zeit

Im Januar wurden einige Fachschaftsräte (FSR) mit den anderen Gremien gewählt. Zuvor mussten Wahlordnungen geändert und neue Kandidaten gefunden werden, was nicht allen FSR gelang. Die Umstrukturierung soll 2013 abgeschossen sein.

Da es keinen FSR mehr gibt, muss 2012 leider sowohl unsere Mittsommerfeier als auch das Luciafest ausfallen.“ Diese E-Mail verschickte der Fachschaftsrat der Nordistik Mitte Dezember, um die Studenten des Instituts wach zu rütteln. Es ließen sich zu wenig Kandidaten für die Wahl aufstellen. Nach nur einem halben Jahr sollten die Skandinavisten und Fennisten wieder an die Wahlurne. Dabei hatten sie doch erst im Sommer letzten Jahres gewählt – warum nun schon wieder?

Die Zusammenlegung der Fachschaftsrats- mit den anderen Gremienwahlen hatte vor allen Dingen organisatorische Gründe: Sie sollte die Beteiligten entlasten, da zum Beispiel die Wählerverzeichnisse alle mit einem Mal ausgedruckt werden können. „Zudem hatten wir uns eine Erhöhung der Wahlbeteiligung versprochen“, so Felix Pawlowski, Referent für Fachschaften und Gremien vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA). Insgesamt entschlossen sich 15 FSR zu einer Wahl im Januar. Vor allem an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät wählen die FSR schon seit Jahren in diesem Zeitraum. Für sie war es demnach keine Umstellung. Die anderen mussten im Vorfeld ihre Wahlordnung ändern. Einige FSR wollten jedoch ihren jetzigen Wahltermin behalten. Die Mitglieder wussten nichts davon, dass ihnen eine verkürzte Amtszeit bevorstehen sollte. Zudem hätte es Probleme für BAföG-Empfänger geben können. Wer sich zwei Semester beim FSR einsetzt, bei dem verlängert sich die Regelstudienzeit um ein Semester; mit der kürzeren Amtszeit wäre das nicht gegangen. Nach Gesprächen mit den Dekanen und dem Studentenwerk wird die verkürzte Amtszeit der ehemaligen FSR nun auch als ganze angerechnet. (mehr …)