von Felix Kremser | 06.05.2010
Kurz vor zehn, das Licht geht aus. Kein Vorhang, der fällt. Unentschlossenes Klatschen ertönt zaghaft von vereinzelten Sitzen. Das Licht geht wieder an. Endlich lösen die Darsteller durch unsichere, nach Rückmeldung suchende Blicke, die beklemmend-intensive, den Raum erfüllende Spannung. Es ist offensichtlich, dass die letzten neunzig Minuten an keinem der Beteiligten, weder Publikum noch Schauspielern, spurlos vorbei gegangen sind.
v.l.n.r. Jan Bernhardt, Elke Zeh und Katja Klemt
Dabei beginnt die Handlung des Stückes unspektakulär: In einem von Bürgerkrieg beherrschten Land treffen sich der krebskranke Lokaljournalist Ian (Jan Bernhardt) und seine ehemalige Geliebte Cate (Elke Zeh) in einem Hotelzimmer. Er will mit ihr schlafen, sie sucht Geborgenheit und Zuwendung.
Wieder einmal das Thema gestörter Alltagskommunikation zwischen Mann und Frau? Nicht ganz: Nachdem Cate mehrmals Ians Annäherungsversuche ablehnt, vergewaltigt dieser sie schließlich. Plötzlich dringt der Bürgerkrieg in das private Geschehen. Nahe dem Hotel detoniert eine Granate, kurz darauf stürmt ein Soldat (Katja Klemt) in das Zimmer und das private Machtgefüge wird gesprengt, denn der vom Krieg gezeichnete Soldat ist vielmehr der Auslöser eines verstörenden Gewaltszenarios als ein Heilsbringer.
Entfremdete Gewalt
Ziemlich schnell wird klar, dass „Zerbombt“ entgegen seines Titels kein weiteres Drama über den Krieg darstellt, sondern – zugleich allgemein und intim – mittels Gewalt das Bild des Menschen skizziert. Ähnlich der Griechischen Tragödie werden hier Abgründe des menschlichen Handelns schonungslos offen gelegt. Die geschickte Erzählweise bewahrt das Stück allerdings davor, in ein bloßes Gewaltspektakel zu verfallen, die Gewalt bricht sich nicht auf der Bühne Bahn, sondern wird entfremdet, lediglich skizziert. Es ist die Vorstellungskraft des Zuschauers, welche die Ausmaße der Gewalt bestimmt, sie tobt im Inneren, der Übergang ist fließend. (mehr …)
von Felix Kremser | 04.05.2010
An diesem Donnerstag, dem 6. Mai, um 20 Uhr und am Samstag, dem 8. Mai, um 19 Uhr, führt das Greifswalder Studententheater (StuThe) das polnische Kultstück „Das Kleintheater Grüne Gans“ von Konstanty Idelfons Galczynski im Offenen Kinder- und Jungendhaus LABYRINTH (Maxim-Gorki-Str.1) auf.
v.o.n.u. Jan Holten, Kristine Jahnke, Nikolaus Roos, Dominik Wachsmann
Das Stück, das vom StuThe bereits auf dem letztjährigen Polenmarkt aufgeführt wurde und sich großer Beliebtheit erfreute, gehört in Polen mittlerweile zum bedeutenden Kulturinventar. Die von Galczynski, im Rahmen der „Grünen Gans“ geschriebenen Theaterstücke faszinieren dabei vor allem durch ihre interessant-abstrusen Regieanweisungen, wie „Hamlet stirbt mangels einer Entscheidung und wegen Darmverschlingung an einer scharfen historischen Wende“ (aus: Hamlet und die Kellnerin), denn im Gegensatz zu gängigen Dramen und Komödien wurden die Werke der „Grünen Gans“ nicht für die Bühne, sondern einzig zum Lesen geschrieben. Darüber hinaus karikieren die Stücke Galczynskis menschliche Schwächen an Hand satirischer Darstellungen Großer Politiker und kleiner bürger. Angesichts solch fantastischer Feinheiten schrieb der berühmte polnische Literaturkritiker Karl Dedecius: „Das Theater der Grünen Gans ist lesbar, noch besser denkbar, kaum aber aufführbar“.
Wer neugierig geworden ist auf das von Lukas Goldbach inszenierte Werk, sollte pünktlich im LABYRINTH erscheinen, da der Kartenkauf nur an der Abendkasse möglich ist.
Fotos: StuThe
von Gristuf | 03.05.2010
Die Zeit rast, und es sind nur noch drei Wochen bis zur feierlichen Eröffnung des GrIStuF 2010 – Grund genug, den Countdown weiterzuzählen auf der zweiten Countdownveranstaltung!
Flyer
Das StuThe präsentiert euch: VerANTWORTung.
Wo ist die response-ability? Das StuThe übernimmt VerANTWORTung und macht sich auf die Suche, verrückt, absurd und abenteuerlustig. Unterstützt werden sie dabei von Ziganka, die seit 2004 unterwegs sind und sich mit Musik aus den verschiedensten Ecken der Welt und einer reichen Ausstattung an Instrumenten durch Greifswalds WG-Zimmer, Küchen und über Bühnen spielen. Um dem Ganzen noch die Krönung zu verleihen wird Dj Burns den Abend an den Plattentellern geschmackvoll abrunden.
Begebt euch mit dem StuThe auf die Suche am 7. Mai ab 21 Uhr im IKuWo. Eintritt ist vier Euro.
Noch 18 Tage bis zum Festival!
von Gabriel Kords | 03.05.2010
Am Donnerstag beginnt in der Hansestadt zum 19. Mal das Kulturfestival „Nordischer Klang“, das von einem Trägerverein und vielen Freiwilligen am Nordischen Institut organisiert wird. Auch andere Kultureinrichtungen Greifswalds beteiligen sich. Im Mittelpunkt steht dieses Jahr das Land Norwegen. Allgemein geht es dem Festival um Kultur verschiedenster Coleur aus dem Norden Europas – insgesamt stehen mehr als 30 Veranstaltungen auf dem Programm.
Das diesjährige Veranstaltungsmotiv
Die Veranstalter preisen ein „breites Spektrum an Musik, Theater, Filmen, Lesungen, Vorträgen und Ausstellungen aus den nordeuropäischen Ländern.“ Weiter heißt es, das Programm entstehe im direkten Kontakt mit Künstlern und Kulturinstitutionen in Nordeuropa, darunter auch aus Greifswalds Partnerstädten Hamar (Norwegen), Kotka (Finnland) und Lund (Schweden). Daraus folgern die Veranstalter: „Die auf diese Weise zustandekommenden zahlreichen Deutschland-Debüts machen den Nordischen Klang einzigartig in der hiesigen Festivallandschaft.“
Schirmherrschaft: Norwegische Kulturministerin und Ministerpräsident Sellering
In diesem Jahr haben die norwegische Kulturministerin Anniken Huitfeldt und M-Vs Ministerpräsident Erwin Sellering die Schirmherrschaft übernommen. Dem Programmschwerpunkt Norwegen wird mit Auftritten der Folkrock-Band Valkyrien Allstars (6. Mai), der Sängerin Frida Ånnevik (9. Mai), der Autorin Hanne Ørstavik (11.5.) sowie Henrik Ibsens Schauspiel „Peer Gynt“ (7. Mai, 3. Juni) in der Inszenierung des Theaters Vorpommern und mit der Afropop-Band Banjo Mosele and The Veterans (15.5.) Rechnung getragen.
Savage Rose
Als „Exklusive Highlights“ bezeichnet der Trägerverein ein Gastspiel der dänischen Rocklegende The Savage Rose (15.5.) und ein Konzert der Entertainerin Sylvia Vrethammar (8.5.), die gemeinsam mit der Roger Berg Big Band aus Schweden auftritt. Aus Finnland kommen u.a. der Klassik-Pianist Väinö Jalkanen (8.5.), das Finnische Baryton-Trio (12.5.) und ein Improvisationsprojekt zum Nationalepos Kalevala mit dem Vokalisten Heikki Laitinen und dem Tänzer Reijo Kela (14.5.). Weitere klassische Konzerte werden das Bläserquintett Pollux (10.5.) und auch das Universitätssinfonieorchester Greifswald (9.5.) beisteuern. Beide Instrumentalensembles werden Werke des schwedischen Komponisten John Fernström zur Aufführung bringen. Beim Konzert des Uni-Sinfonieorchesters ist der Fagottist Erik Ullmann Solist.
Mit Peter Schuback (13.5.) ist zudem ein zeitgenössischer schwedischer Komponist als Cello-Improvisator zu hören. Selbst aus Island reisen Künstler an: Die Band Múgsefjun (11.5.) wird ihren „liebevoll-vertrackten“ Popsound vorstellen.
Für Jazz-Freunde steht auch eine Jazz-Nacht (13.5.) auf dem Programm, bei der der texanische Saxophonist Ed Epstein mit seinem schwedischen Ensemble auftritt. Im Anschluss spielt das SO Jazz Quartet aus dem polnischen Stettin mit ihrem Trompeter Piotr Wojtasik und dem US-Amerikaner Wayne Dockery.
Nicht alle sind glücklich
Vom Fleischervorstadtblogger Jockel Schmidt wurde heute Kritik an der Programmgestaltung laut. In einem Beitrag auf seinem Blog, in dem er einige Highlights des Programms vorstellt, fragt er, ob das Programm nicht ein bisschen zu langweilig geraten sei. Er schreibt:
„Das diesjährige Programm ist dabei so aufgeräumt und gediegen wie die Veranstaltungsorte; befreit von Kanten und allem, was wehtun kann.“
Zudem stellt er fest, dass die Eintrittspreise „nicht billiger“ werden. Hierbei lässt sich für Stark-Frequentierer der Veranstaltungen allerdings etwas sparen: Für diese gibt es einen „Festivalpass“, der zu freiem Eintritt in allen Veranstaltungen berechtigt – ausgenommen sind allerdings insgesamt fünf Veranstaltungen in Landesmuseum, Café Koeppen, Koeppenhaus, Theater und Cinestar. Der Pass kostet für normale Besucher stolze 50 Euro – Studenten müssen allerdings nur 35 Euro bezahlen. Der Pass ist personalisiert, man kann ihn (genau wie die Karten) in der Touristen-Information am Markt im Vorverkauf sowie an den Abendkassen erwerben. Die Abendkassen bei den meisten Veranstaltungen öffnen 45 Minuten vor Beginn.
Informationen zu diesen und weiteren Programmpunkten gibt es im ausführlichen Programmheft auf der Homepage des Nordischen Klangs.
Bilder: Veranstalter
von Felix Kremser | 03.05.2010
Klimaschutz ist ein heikles Thema. Auf der einen Seite gibt es hoch motivierte Aktivisten, die mit immer neuen Vorschlägen zum Klimaschutz aufwarten, und auf der anderen Seite, nicht wenige Leute, die von dem ganzen Brimborium um das Klima langsam die Nase voll haben. Unter dem Motto „Kohle für das Klima“ fand am letzten Freitag, dem 30. April, das vom AStA organisierte Klima-Konzert im Dom St. Nikolai statt, das zum Ziel hatte, das Projekt „Uni Solar“ zu unterstützen. Angesichts des zähen Vorverkaufs schien es zunächst so, als seien die Greifswalder Bürger nicht sonderlich für die Sache zu begeistern. Allen Skeptikern zum Trotz fanden sich dennoch knapp 700 Besucher im Dom ein, um das aufwendige und abwechslungsreiche Programm zu verfolgen.
Ständiger Begleiter des Abends war Johann Sebastian Bach, dessen Werke dem ehrwürdigen Dom ein erhabenes Ambiente verliehen und den musikalischen Rahmen der ersten Hälfte des Konzertes darstellten. Der Auftritt des Domkinderchors mit dem Stück „Alles hängt mit Allem zusammen“ rief dabei allen Anwesenden gleich zu Beginn den Zweck der Veranstaltung in Erinnerung.
Abwechslungsreich wurde der Abend durch die Auftritte des „Cantemus“-Chors und der Balletttanzgruppe der Hochschulsportgemeinschaft weitergeführt. Letztere war kurzfristig für die krankheitsbedingt ausfallende Inszenierung von Rolf Dören eingesprungen. Eine Boogie-Woogie Tanzeinlage sowie die musikalische Darbietung der Jazz-Band „…und Hans“ stimmten mit ihren Big-Band-Anleihen auf die zweite Hälfte des Abends ein.
Diese wurde dementsprechend von den musikalischen Einlagen der Universitätsbigband und ihrer Solisten (besonders von Lena Stippl am Alt-Saxofon) gestaltet. Einen Kontrast zu den musikalischen Darbietungen des Abends stellte der Auftritt des Studententheaters (StuThe) dar, der das Publikum zu später Stunde noch auf unterhaltsame Art und Weise in das eigene Programm einbezog.
Dauer: fast vier Stunden
Damit man bei aller Kunst den Zweck des Abends nicht aus den Augen verlor, wurde zwischen den einzelnen Auftritten zu Spenden aufgerufen und ein 20-minütiger informativer Vortrag über die produktive und erfolgreiche Zusammenarbeit der Stadtwerke Greifswald und „Uni Solar“ gehalten. Mit einer Walzereinlage von Kristina Kühn und Benjamin Dähne neigte sich der Abend allmählich dem Ende zu. Dabei endete dieser, wie er angefangen hatte, knapp vier Stunden später mit Kompositionen von Johann Sebastian Bach.
Die Künstler und Organisateure des Domkonzerts genießen ihren Applaus
In Anbetracht dieses prallen Programms verwundert es nicht, dass einige Besucher bereits vorzeitig den Dom verließen. So glich das von Raik Harder gespielte letzte Stück von Bach auch mehr einem Schlaflied, als einem aufrüttelndem Rausschmeißer. Denn so engagiert der Abend auch organisiert wurde, und so lobenswert der gute Zweck dahinter auch sein mag, die Länge des Konzerts überschritt bei weitem die Aufnahmefähigkeit des Durchschnittsbesuchers.
Nichtsdestotrotz kann der Abend von Seiten des AStA und „Uni Solar“ als voller Erfolg verbucht werden, nicht nur, weil man insgesamt 3.230 Euro einnahm, sondern auch, weil für das Projekt „Uni Solar“ nun die Anschubfinanzierung sichergestellt ist.
Weitere Links:
Uni Big Band Greifswald
…und Hans
Allgemeiner Studierendenausschuss Greifswald (AStA)
Studententheater Greifswald
Bilder
Flyer: Veranstalter
Fotos: Felix Kremser
von Julia | 02.05.2010
Wie angekündigt fand am Freitag die Greifswalder Premiere von Mutter Courage und ihre Kinder statt. Das Stück von Berthold Brecht wurde 1941 uraufgeführt und spielt während des Dreißigjährigen Kriegs (siehe Wikipedia). Das Publikum wurde mit dieser Tatsache gleich zu Beginn konfrontiert, als die durch die Zuschauerraumtüren einfallenden Darsteller ihren Slogan proklamierten: „Gebt mir ein K!“, „Gebt mir ein R!“ usw. Etwas zögerlich kam die Reaktion aus der Menge, aber immerhin war die Aufmerksamkeit geweckt.
Frühstück im Krieg (v.l.n.r. Grian Duisberg, Eva-Maria Blumentrath, Hannes Rittig und Anja Taschenberg)
Die einzelnen „Bilder“ des Stücks werden jeweils im Chor durch die zwei Clowns eingeleitet. Diese Figuren (gespielt von Markus Voigt und Christian Holm) wurden von der Regisseurin Johanna Schall eingeführt und vereinigen zahlreiche militärische Figuren des Stücks, sie „bringen Konflikte, sie schüren Unfrieden, sie initiieren Störungen, sie haben Spaß.“.
Bei der Stralsunder Premiere (OZ-Bericht auf der Theater-Seite) fiel vor allem der schwäbische Dialekt von Mutter Courage und den drei Kindern auf. Dieser ist jedoch sehr verständlich und so gesprochen, wie sich „Neigschmeckte“ das vorstellen und wurde außerdem nicht durchgängig beibehalten. Der Zuschauer hat also keinerlei Verständnisschwierigkeiten zu befürchten.
Markt im Krieg (Hannes Rittig und Eva-Maria Blumentrath)
Die schauspielerischen Leistungen waren durch die Bank hervorragend. Ebenfalls hervorzuheben sind die zusammengewürfelt erscheinenden aber aussagekräftigen Kostüme, die die Zeitlosigkeit des Themas unterstützen. Natürlich durfte auch ein bisschen eingestreuter Humor nicht fehlen, der das ernste Thema ein bisschen auflockerte. Nach dem etwas abrupten Ende feierte das Publikum mit mehreren Minuten Beifall die Darsteller und Verantwortlichen des Stücks:
Inszenierung: Johanna Schall
Bühne: Horst Vogelgesang
Kostüme: Jenny Schall
Musikalische Leitung und Klavier: Andreas Kohl
Choreographie: Sabrina Sadowska
Dramaturgie: Catrin Darr
Wer sich selber ein Bild machen möchte, hat dazu noch vier Mal Gelegenheit:
Sonntag, 16. Mai, 16:00 Uhr in Greifswald
Samstag, 22. Mai, 19:30 Uhr, Stralsund
Sonntag, 6. Juni, 16:00 Uhr, Stralsund
Freitag, 18. Juni, 19:30 Uhr, Greifswald
Karten gibt es z.B. auf der Webseite des Theaters, telefonisch (57 22 224) oder an der Theaterkasse (Di–Fr 10–18 Uhr).
Fotos: Vincent Leifer Poster: Theater Vorpommern