„Tief im Westen“ (Herbert Grönemeyer) liegt die von alten Bergwerken geprägte Arbeiterstadt Bochum, in der ich aufgewachsen bin. Auch wenn zum Zeitpunkt meiner Geburt bereits fast keine Zechen mehr existierten, war die Stadt in meiner Erinnerung stets von ihrer Bergwerksgeschichte geprägt. Heute liegen sie jedoch vielfach brach und diene so als Naherholungsgebiete mit ganz besonderem Flair. Einige spannende Informationen zu meiner alten Heimatstadt liefert dieser Artikel.
Vom winzigen Dorf, zum kleinen Dorf, zur Großstadt
Bochum ist eine sehr alte Großstadt und war zugleich bis ins 19. Jahrhundert nur eine sehr kleine Ortschaft. Erste Siedlungen existieren bereits seit dem Hochmittelalter. Vor 703 Jahren, im Jahr 1321, stellte Graf Engelbert II. von der Mark eine Urkunde aus, nach der einige Handelsmaße neu geregelt wurden. Das kann als Beginn einer politischen Beteiligung der Bochumer Bürger*innen gewertet werden, die dies vermutlich angestrebt hatten. Dieser Prozess war die Grundlage zur Stadtwerdung, der sich bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts hinzog. Klein blieb Bochum aber weiterhin. Bis 1800 hatte es konstant rund 1500 Einwohner*innen und wurde dann um 1900 durch die Industrialisierung und die Entstehung von Bergwerken sehr plötzlich vom kleinen Örtchen zur Großstadt. In den Jahrhunderten davor war das heute recht kleine Greifswald die meiste Zeit etwa doppelt so groß. Dennoch feierte die Stadt Bochum 2021 stolz sein 700-jähriges Jubiläum.
Ein Pseudo-Bergwerk für Tourist*innen und Kultur-Interessierte
Eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Stadt ist sicherlich das Deutsche Bergbaumuseum. Dank seinem Förderturm ist es auch gut zu sehen und bietet zudem „unter Tage“, also unter der Erdoberfläche, ein spannendes Besucherbergwerk. Das wirkt zunächst sehr authentisch. An der Stelle, wo heute das Museum steht, war aber nie eine Zeche. Stattdessen stand der Förderturm früher woanders und wurde, nachdem seine Zeche geschlossen wurde, extra an seinen heutigen Platz gebracht, um als Museumskulisse zu dienen. Das unter dem Museum gelegene Besucherbergwerk ist auch nicht wie echte Bergwerke mehrere Hundert Meter tief, sondern nur so weit unter der Erdoberfläche, wie ein normaler Keller. Sehenswert ist es trotzdem, da die darin ausgestellten Maschinen tatsächlich original sind und der Ort so einen recht realistischen, wenn auch künstlichen, Bergwerksstollen darstellt.
Graue Häuser, grüne Parks
„[D]ie Sonne verstaubt“ (Herbert Grönemeyer: Bochum) in Bochum zwar nicht mehr, weil es seit Jahrzehnten keine Bergwerke mehr gibt, grau ist vor allem die Innenstadt aber weiterhin. Da die Stadt im Zweiten Weltkrieg nahezu vollständig zerstört wurde, ist die westdeutsche Architektur der 1970er Jahre hier heute sehr präsent.
Man kann es auch anders formulieren: Der Greifswalder Plattenbau-Stadtteil Schönwalde ist heute architektonisch erheblich schöner. Zu bieten hat Bochum dafür eine Menge Parks. Die Anzahl der Naherholungsgebiete ist für die hohe Anzahl von Menschen im gesamten Ruhrgebiet ungewöhnlich groß. Im Süden der Stadt liegen bewaldete Hügel um das Ruhrtal, im Norden Wälder und Felder mit leichten Anstiegen. Hinzu kommen Halden, also künstliche Berge aus Müll, die heute begrünt sind. So sorgen die Verschmutzungen der Vergangenheit heute für eine lebenswertere Stadt. In den Grüngebieten kann man sehr gut Fahrradfahren oder Spaziergänge machen und merkt dabei oft kaum, dass man immer noch in einer Großstadt ist. Viele der Wälder sind hierbei relativ naturbelassen.
Alles in allem ist Bochum nicht wirklich eine Stadt, die ich zu besichtigen empfehlen würde. Wer es trotzdem tun möchte, hat durch diesen Artikel vielleicht einen ersten Einblick bekommen.
Beitragsbilder: Allan Kant
Zur Person des Autors
Allan wuchs im urbanen Ruhrgebiet in Bochum in Nordrhein-Westfalen auf. Um an der Ostsee zu leben, zog er zum Studium nach Greifswald, was eine sehr gute Entscheidung war. Er studiert seit dem Wintersemester 2022/23 Geschichte und Politikwissenschaft auf Bachelor und engagiert sich in vielen Gruppen in der Stadt.
Kommt mit auf eine Reise in eine heile Welt. In eine niedersächsische Kleinstadt, die in einigen Jahrzehnten sinnbildlich vom Tellerwäscher zum Millionär aufgestiegen ist. Dort, wo der Bundeskanzler Bier zapft, die Basketballer in Europa spielen und viele Tiere viel Geld bringen.
Anfang August fuhr ich mit meinem guten Freund Peter von einer Party in einer Gartenhütte in Vechta nach Hause. Es war ein lauer Sommerabend in der Kleinstadt zwischen Bremen und Osnabrück. Beide waren wir erst vor Kurzem aus unseren Unistädten zurück in unsere Heimat gekommen. Als wir die Straße erreichten, in der unsere Wege sich trennten, sagte Peter: „Immer wenn ich in Vechta zu Besuch bin, merke ich, was das für eine heile Welt hier ist.“ Ich schmunzelte und stimmte ihm kurz zu. Antworten konnte ich nicht, unsere Wege trennten sich just in diesem Moment.
Zu Hause angekommen, hatte ich Zeit, um über seine Aussage nachzudenken. Viel zu grübeln, ist um 4.30 Uhr nachts eigentlich selten eine gute Idee. Ich machte es trotzdem, und da wurde mir klar: Dieser Begriff, die „heile Welt“, trifft das Gefühl, was Vechta mir gibt, zu einhundert Prozent. Eine (irrationale) Faszination für seine Heimatstadt hat wahrscheinlich jeder. Nur sie in Worte zu fassen, die Faszination greifbar zu machen, das gelingt nicht immer.
Vechta ist mehr als nur Deutschlands „Schweinegürtel“
Aber woraus besteht denn diese „heile Welt“ in der 34.000-Seelen-Stadt nun? Da kann man natürlich mit den rationalen Punkten argumentieren. Die Gegend um Vechta gehört zu den wirtschaftsstärksten in ganz Deutschland. Die eigenen vier Wände sind standardmäßig in Form eines Einfamilienhauses gestaltet. Arbeitslosigkeit ist so gut wie nicht vorhanden. Die ländliche Region ist eine der jüngsten und geburtenreichsten ihrer Art. Man könnte noch lange so weiter machen. Aber das hier soll keine bierzeltartige Lobeshymne eines Bürgermeisters werden. Fakten allein können keine heile Welt erklären. Vielmehr erklärt sich diese Welt, diese Stadt, durch die Menschen die sie schaffen.
Ein kitschiger Imagefilm: Jede Stadt hat ihn, ob jede Stadt einen braucht, ist die andere Frage.
Die Menschen können nämlich wortwörtlich aus Scheiße Gold machen. (Verzeiht mir die Ausdrucksweise an dieser Stelle, aber sie ist unumgänglich). Das ist auf der einen Seite auf die Gülle bezogen, deren Verwertung hiesige Firmen perfektioniert haben. Das ist auch bitter nötig, da das Gebiet um Vechta, von einigen als „Schweinegürtel Deutschlands“ verpönt, sehr viel von dem guten Stoff hat. Bei der höchsten Dichte an Massentierhaltung in der Bundesrepublik kommt da so einiges zusammen. Das muss irgendwie entsorgt werden. Das Zeug nur auf die Felder zu kippen, geht nicht mehr, da sind die Grenzwerte an Schadstoffen schon im dunkelroten Bereich. Auch wenn die seit einer Ewigkeit beständig gewählten CDU-Politiker*innen da gerne drüber hinwegsehen.
Das DDR-Fernsehen drehte einst Filme über die Armut in der Region
Die Vechtaer*innen sind also reiche, konservative Landwirt*innen, die die Umwelt verpesten? Wie sollen diese Menschen eine heile Welt darstellen? Es gibt einen Unterschied zu den Menschen in ebenfalls reichen, konservativen Regionen, etwa in Bayern: Die Leute in Vechta wissen es zu schätzen, wie gut es ihnen geht. Denn der Wohlstand war längst nicht immer gegeben. Das ist die andere Seite der Scheiße-zu-Gold-Metapher. Die Vechtaer Vergangenheit entsprach eher dem Ersteren. Noch Mitte des letzten Jahrhunderts galt das Oldenburger Münsterland, in dessen Mitte Vechta liegt, als „Armenhaus der Republik“. Die Lage war so schlimm, dass sogar das DDR-Staatsfernsehen vorbeikam, um über die schlechten Zustände beim kapitalistischen Klassenfeind zu berichten. Mit Fleiß und landwirtschaftlichem Unternehmertum wurden in den letzten Jahrzehnten dann die Kassen gefüllt.
Lecker Bierchen: Bundeskanzler Olaf Scholz stößt auf dem Stoppelmarkt 2024 mit Vechtas Bürgermeister Kristian Kater und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil an. Quelle: Bundesregierung/Marvin Ibo Güngör
Eine volle Kasse macht sicher noch keine heile Welt. Aber mit einer vollen Kasse lässt es sich besser feiern. Und das kann man in Vechta sehr gut. Natürlich auf Schützenfesten und mit den Alteingesessenen. Aber das haben andere Orte ja auch. Etwas, das andere Orte aber nicht haben, ist der Stoppelmarkt. Das sind sechs Tage im August, an denen 800.000 Menschen nach Vechta kommen, um seit 726 Jahren ein Volksfest der höchsten Güteklasse zu feiern. In etwa so wie das Oktoberfest, nur besser. In über 20 Festzelten wird dann mit alten und neuen Weggefährt*innen angestoßen. Zu diesem Fest kommt jeder, der in Vechta aufgewachsen ist, wieder in die alte Heimat zurück.
Mitte August kommen alle zurück in die Heimat
Egal, wohin es ihn oder sie auf der Welt verschlagen hat. Das ist in Vechta genauso wichtig wie das Heimkommen an Weihnachten. Mindestens. Auf dem Stoppelmarkt wird auf die alten Zeiten und die neuen Erfahrungen angestoßen. Dass es diese gemeinsamen Momente jedes Jahr gibt, das ist ein ganz großer Teil dieser heilen Welt Vechtas. In diesem Jahr waren sogar unser Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundeskanzler Olaf Scholz da. Sie wurden herzlich begrüßt und durften selbst leckeres Bier zapfen, auch wenn dem Großteil der konservativen Vechtaer Wählerschaft ihre Politik wohl nicht gut schmeckt. Aber das ist ja die Quintessenz des Stoppelmarkts: Dort, gerne mit einem Bier in der Hand, sind wir alle gleich.
Alle gleich sind die Vechtaer*innen auch im Rasta Dome. Auf den Punkt 3.140 Vechtaer*innen, um genau zu sein. So viele Menschen passen nämlich in die Halle des Basketballvereins Rasta Vechta. Und dort sind eben alle gleich in Orange angezogen, der Farbe des Basketball-Bundesligisten. In dieser kleinen, dafür lauten und heißen Halle treffen sich die Vechtaer*innen alle zwei Wochen von September bis Mai, um ihre Mannschaft zu Siegen gegen Teams wie Bayern, Athen und Istanbul zu schreien. Nach den Spielen wird oft noch bis in die Nacht an den Theken der Halle gefeiert und über das Spiel philosophiert.
Alles in Orange: Spiele von Rasta Vechta sind ein gesellschaftliches Highlight in Vechta. Besonders, wenn man Teams wie Bayern oder Istanbul zu Gast hat. Quelle: Rasta Vechta/Christian Becker
Hier ziehen sich wieder Parallelen zur gesamten Stadt. Ich persönlich habe noch Spiele von Rasta in einer kleinen Schulsporthalle gesehen, wo in der fünften Liga eher rustikaler Basketball geboten wurde. Doch mit viel Herzblut (und etwas Kleingeld eines Tierfutterherstellers) begann der Siegeszug bis in den Europapokal. Und das Schöne ist: Man sitzt heute noch mit denselben Leuten auf der Tribüne, mit denen man schon in der fünften Liga als kleiner Bub zugeschaut hat. Der Verein und man selbst sind gleichzeitig groß geworden. Auch das ist ein Teil der heilen Welt.
Tante Mia, Golden Gels und schnelle Autos in der Innenstadt
Was gibt es sonst noch über Vechta zu sagen? Im Schnelldurchlauf fallen mir noch ein paar Dinge ein: Wir haben eine kleine, aber feine Universität sowie eine Innenstadt, deren Einkaufszone sich noch standesgemäß beidspurig mit der geleasten S-Klasse durchfahren lässt. Ein architektonischer Hingucker ist zudem eine Kopie der Golden Gate Bridge. Die erstreckt sich über unseren Bahnhof und wird im Volksmund auch „Golden-Gels-Bridge“ genannt. Herr Gels war ein ehemaliger Bürgermeister, dem man nachsagt, er habe sich mit diesem Bauwerk ein eigenes Denkmal setzen wollen. Fragen Sie den Chef dieses Mediums, er soll besondere Kontakte zu diesem Mann haben! Die Elektrofans unter euch kennen vielleicht das Tante-Mia-Festival, welches auch jedes Jahr in Vechta stattfindet. Dort werden dann auch im katholischen Vechta eher unchristliche Substanzen konsumiert.
Ich hoffe, diese sicher etwas überschwängliche Beschreibung der „heilen Welt“ Vechta hat euch diese Stadt etwas nähergebracht. Vielleicht bringt euch das ja zum Nachdenken darüber, welche kleinen oder großen Dinge eure Stadt oder euer Dorf zu einer „heilen Welt“ machen. Schreibt es gerne unter diesen Beitrag!
Mit 21 Jahren ist der Autor 2022 aus der niedersächsischen Kleinstadt in unsere Kleinstadt am Meer gezogen. Beflügelt vom Wissen der Politik- und Kommunikationswissenschaft möchte er die Medienwelt betreten. Beflügelt ist auch sein Lieblingstier, der Weißkopfseeadler.
Der moritz.mikrokosmos bekommt eine zweite Staffel. Mit neuem Thema und einer Änderung.
Für alle, die die erste Ausgabe verpasst haben ein kurzer Recap: Der moritz.mikrokosmos ist eine Kolumnenreihe, in welcher wir zu einem Thema Artikel verfassen. Das Thema der ersten Ausgabe war „Spiele“. Kurz und Knackig. Falls ihr die Artikel verpasst habt, findet ihr die Beiträge hier zum Nachlesen.
Aber kommen wir nun zur neuen Staffel. Diese hat das Thema „Meine Hood, deine Hood. Da komm ich her“. Unsere Redakteur*innen nehmen euch mit in ihre Heimat und zeigen euch, was man dort alles entdecken kann. Diese Reise führt euch durch das Ruhrgebiet über das friedliche Oldenburger Münsterland mitten in das schöne Mecklenburg-Vorpommern. Ihr könnt dieses Mal Neues über bekannte Orte erfahren oder lernt Orte kennen, von denen ihr bisher noch nie etwas gehört habt.
Aber kommen wir nun zu der Änderung: Die letzte Ausgabe wurde innerhalb einer sehr kurzen Zeit veröffentlicht. Diesmal haben wir vor, eine Ausgabe des moritz.mikrokosmos‘ pro Woche zu veröffentlichen. Seid also gespannt, was euch in dieser Ausgabe des moritz.mikrokosmos‘ alles erwartet.
Ursprünglich aus dem platten Land in Niedersachen, zog es ihn im Oktober 2022 für sein Jurastudium nach Greifswald. Er ist großer Fan der Hochschulpolitik und von Spaziergängen durch Greifswald. Von Mai 2023 bis Mitte Februar 2024 war er stellvertretender Chefredakteur und seitdem ist er Chefredakteur V.i.S.d.P des webmoritz. Sein Lieblingstier ist das Rotnackenwallaby.
Auch dieses Jahr hat die größte Spielemesse der Welt wieder mit zahlreichen kommenden Gaming-Hits überzeugen können. Die Rede ist natürlich von der Gamescom. Auch wir von den moritz.medien hatten dieses Jahr wieder die Möglichkeit, einen genauen Blick auf die Messe und deren Videospiele zu werfen. In diesem Artikel werden wir euch einige dieser Spiele vorstellen, also seid gespannt.
„The First Berserker: Khazan“
Actionreiches Gameplay und ein einzigartiger Artstyle bilden in der Regel eine gute Basis für ein Soulslike. Was dabei häufig auf der Strecke bleibt, ist die Story oder die erfolgreiche Einbindung dieser in das große Ganze. The First Berserker: Khazan schafft es, alle drei Elemente gleichermaßen einzubinden, und vermittelt den Spieler*innen direkt zu Spielbeginn, was für eine Atmosphäre sie erwarten können. Zu Beginn des Spiels sehen wir unseren Protagonisten Khazan: ein Gefangener, der von einigen Soldaten durch eine dunkle und düstere Schneelandschaft transportiert wird. Khazan ist an Ketten gebunden und befindet sich in einem Käfig. Der gefangene Krieger muss neben der Kälte auch noch die demütigenden Bemerkungen der Soldaten ertragen. Ein unvorhergesehener Unfall scheint dem Krieger nun endgültig den Gnadenanstoß versetzt zu haben. Khazans blutige Wunden verwandeln den puderweißen Schnee in ein scharlachrotes Chaos, ehe er zusammenbricht. Doch in letzter Sekunde spricht eine unheilvolle Stimme zu Khazan. Die Stimme verspricht ihm das Leben und unvorstellbare Macht, im Austausch gegen seinen Körper. Der sterbende Krieger ergreift seine wohl einzige Möglichkeit und schließt einen Pakt mit dem dubiosen Wesen. Von Magie und Kraft erfüllt erhebt sich Khazan wieder und lässt sich auf seinem Weg von der dunklen Macht leiten, welche ihm das Leben rettete. Die Atmosphäre des Spiels wird deutlich und lässt einen schnell in die dunkle und melancholische Stimmung eintauchen. Das Spiel schafft einen gelungenen Einstieg, und das ohne sich auf lange Dialoge oder Textpassagen verlassen zu müssen. Ihr könnt euch in diesem Trailer selbst noch mal einen Eindruck von dem Game und seiner Stimmung machen.
Ab dem Punkt des Spiels bekommen wir als Spieler*innen nun selbst das Zepter der Handlung in die Hand gedrückt. Wir werden an die Steuerungen und die Kernelemente des Spiels herangeführt. Und es wird sehr schnell klar, dass das Spiel auf klassische Elemente eines Soulslike zurückgreift. Der Fokus des Gameplays sind die actionreichen Kämpfe. Blindes Draufloshauen ist hier aber nicht angesagt. Wie in jedem bekannten Soulslike spielen das Timing der eigenen Angriffe, das Ausweichen und das Parieren der gegnerischen Angriffe eine enorm wichtige Rolle, um bestehen zu können. In den ersten paar Minuten treffen wir auf einige stationierte Soldaten und können erstmalig unsere Fähigkeiten im Kampf prüfen. Was mir persönlich gefallen hat, war, dass man als Spieler*in auch mehrere Möglichkeiten hat, um dem direkten Kampf zu entgehen. So hat man zum Beispiel die Möglichkeit, Gegner*innen von Abhängen herunterzustoßen, sie von oben herab zu exekutieren oder schleichend von hinten zu beseitigen. In einem Soulslike, wo die Kämpfe mehr und mehr an Schwierigkeit zunehmen, ist es echt dankbar, auch an einigen Stellen etwas risikoloser voranschreiten zu können.
Woran man noch mal klarer vermittelt bekommt, dass es sich bei diesem Spiel um ein forderndes Soulslike handelt, sind die Bosskämpfe. Diese haben nämlich individuelle Angriffsmuster und mehrere Phasen im Verlauf des Kampfes, die einem als Spieler*in echt zusetzen können. Wer hier nicht das volle Potenzial seiner Möglichkeiten ausschöpft, sieht leider schwarz. Ich habe mir persönlich nicht allzu viele Hoffnungen gemacht, einen der zwei Bosse, die ich angetroffen habe, besiegen zu können, bin aber dennoch etwas stolz, einen der beiden immerhin in seine zweite Phase gezwungen zu haben. Das Sterben in dem Spiel gehört dabei aber auch einfach dazu. Wenn ihr sterbt, spawnt ihr wieder an dem letzten Safe Point, den ihr freigeschaltet habt. An diesen Punkten hat man übrigens auch die Möglichkeit, seine Stats und Fähigkeiten zu verbessern, insofern man genug Gegner*innen besiegt hat und daher genug Ressourcen zur Verfügung hat. Die Demo auf der Gamescom hat einen tollen ersten Eindruck in das Spiel gegeben und macht Lust auf mehr. Wir können also gespannt sein darauf, wenn The First Berserker: Khazan offiziell 2025 auf PlayStation, Xbox und PC releast wird.
(Für alle Interessierten gibt es hier auch noch einmal ein etwas ausführlicheres Showcase der ersten 15 Minuten des Spiels.)
„Monster Hunter Wilds“
Ein weiteres Highlight der Gamescom 2024 war der neueste Eintrag von Capcoms Monster-Hunter-Serie, Monster Hunter Wilds. Als das Spiel im Dezember 2023 offiziell angekündigt wurde, sorgte der Titel bereits für einen immensen Hype in der Community. Mit mehr als 100 Millionen verkauften Einheiten gehört das Monster-Hunter-Franchise zu einer der beliebtesten Spielreihen. Für diejenigen, die dennoch nicht ganz vertraut sind mit der Spielreihe, folgt nun eine kurze Beschreibung. Die Kernessenz des Spiels steckt eigentlich schon im Titel und ist daher auch relativ selbsterklärend. Monster Hunter, also zu Deutsch Monsterjäger heißt das Spiel. Wie ihr euch mit Sicherheit schon denken könnt, ist es in diesem Spiel das Ziel, Monster zu erlegen. Klingt simpel, ist aber in der Praxis doch ganz schön kompliziert. Als Jäger*in habt ihr ganze 14 unterschiedliche Waffen zur Verfügung. Jede davon spielt sich komplett unterschiedlich und hat ihre Vor- und Nachteile. Wenn ihr euch etwas vertrauter machen wollt mit den Waffen, dann schaut doch mal in Capcoms Waffenvorstellung rein. Euch erwartet eine Vielzahl an verschiedenen Monstern, die ebenfalls alle ihre Eigenheiten haben. Drachen, Bären, Spinnen, es gibt so viele unterschiedliche Gegner, die euch als Jäger*in auf die Probe stellen wollen. Um die Monster zur Strecke zu bringen, erfordert es nicht nur Expertise und Können mit dem Umgang eurer Waffe, sondern auch eine gute Strategie, damit ihr als triumphierende Sieger*innen des Schlachtfeldes hervorkommen könnt. In diesem Trailer könnt ihr euch selbst mal einen Eindruck davon machen, was euch als Jäger*in in Monster Hunter alles erwartet.
Auch der für 2025 angesetzte Teil Monster Hunter Wilds hat den Gamer*innen erstmals die Möglichkeit gegeben, hautnah in das Spielgeschehen des neuesten Teils einzutauchen. Capcom stellte insgesamt zwei Demos zur Verfügung auf der Spielemesse. Zum einen gab es eine Singleplayer-Demo, welche den Beginn der Hauptgeschichte und den Einstieg ins Spiel thematisiert. Was in diesem Teil erstmals neu ist, ist, dass man dem*der Protagonist*in endlich eine Stimme verleihen kann, welche dann auch wirklich im Spiel und vor allem in den Cutscenes zur Geltung kommen soll. Aber nicht nur wir als Jäger*innen haben nun eine Stimme, sondern tatsächlich auch unser Palico-Partner, welchen wir ebenfalls zu Beginn des Spiels erstellen können. Die pelzigen Palicos sind ja schon immer für ihre Niedlichkeit und Nützlichkeit bekannt gewesen, aber nun helfen sie dem*der Protagonist*in auch noch mit dem ein oder anderem hilfreichen Ratschlag. Diese Demo verfolgte mehr oder weniger den Zweck eines Tutorials, jedoch haben wir als Spieler*innen anschließend auch noch die Möglichkeit gehabt, uns unserem ersten Gegner zu stellen, in Form eines Chatacabras. An sich setzte die Singleplayer-Demo den Fokus jedoch eher auf das Kennenlernen der Controls und der ganzen neuen Charaktere.
Bei der zweiten Demo handelte es sich um eine Multiplayer-Mission, bei welcher man mit insgesamt bis zu vier Spieler*innen direkt ins Getümmel schreiten konnte. In der Mehrspieler-Demo hatte man die Möglichkeit, die weite Overworld des Spiels zu erkunden, während man nach seinem Jagdziel, einem Doshaguma, Ausschau halten musste. Hier musste man als Team nun gut zusammenarbeiten, den die Doshaguma reisen immer in einem Rudel, weshalb der Anführer des Rudels zunächst einmal vom Rest getrennt werden musste, ehe man mit dem Gemetzel loslegen konnte. In dieser Mission konnte man sich zudem erstmalig mit den Neuheiten von Monster Hunter Wilds bekannt machen. Eine Neuerung sind die zufällig auftretenden Wetterphänomene wie Sandstürme oder Blitzgewitter. Für die Jagd können diese sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben, abhängig davon, wie man mit dem Umständen umgeht. Für das Spielgeschehen ist dies aber in jedem Fall eine tolle Bereicherung, weil es für unterwartete Überraschungen sorgen kann.
Eine weitere Neuerung sind die flüssigen Übergänge vom Lager zum Jagdgebiet. Es gibt keine langen Ladezeiten mehr zwischendurch, man kann sofort loslegen. Was ebenfalls neu ist, ist, dass man nun ganze zwei Waffen gleichzeitig mitbringen kann auf die Jagd. Bis dato war es immer Standard, dass man lediglich eine Waffe mitnehmen kann und sich daher auch meistens immer nur auf eine Waffe spezialisiert hat. Nun hat man noch mehr Möglichkeiten zur Verfügung und hat wortwörtlich ein größeres Waffenarsenal in seinem Besitz.
In einem Live-Gameplay-Showcase stellten Ryozo Tsujimoto, Producer der Monster-Hunter-Serie, Executive Director und Art Director Kaname Fujioka sowie Director Yuya Tokuda selbst noch mal vor, was der neueste Monster-Hunter-Teil alles zu bieten hat. Zusammen bestritten sie eine verlängerte Version der Multiplayer-Demo und sorgten dabei für sehr viel Unterhaltung auf der Capcom-Bühne. Während sie die Mission bestritten, gingen sie zudem nochmals auf die Neuerungen des Spiels ein, welche ja schon im obigen Abschnitt angesprochen wurden. Eine weitere Neuerung, die bestimmt für viel Vorfreude bei allen kosmetischen Perfektionist*innen gesorgt hat, ist der Fakt, dass man nun sowohl die männlichen als auch die weiblichen Ausrüstungsteile nutzen kann, unabhängig davon, welches Geschlecht bei der Charaktererstellung gewählt wird. Dies war bisher nicht möglich und hat einen als Spieler*in dahingehend immer etwas eingeschränkt in der Auswahl der visuellen Darstellung des eigenen Ingame-Charakters. Auf dieses Feature freue ich mich tatsächlich auch schon sehr, denn es gibt einem als Spieler*in einfach so viel mehr Möglichkeiten zur Customization. Die Präsentation und Einblicke auf der Gamescom haben natürlich nur einen Bruchteil des Spiels vorgestellt, aber haben zeitgleich für eine Menge Vorfreude auf den Titel gesorgt. Man kann also nur gespannt sein, wenn Monster Hunter Wilds 2025 auf PlayStation, Xbox und PC wieder einmal zur Jagd ruft.
(In diesem Video könnt ihr noch etwas mehr Gameplay beobachten und euch mit weiteren Features des Spiels vertraut machen.)
Dieser Beitrag hat einen ersten Einblick in die zwei Spiele The First Berserker: Khazan und Monster Hunter Wilds gegeben. Die Gamescom 2024 hatte noch sehr viel mehr zu bieten, hier habt ihr zum Abschluss noch mal einen Überblick über alle Spiele, die dieses Jahr auf der Gamescom vertreten waren. Auf welche kommenden Games freut ihr euch schon? Haben The First Berserker: Khazan und Monster Hunter Wilds vielleicht euer Interesse geweckt? Lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen.
In seinem Thrillerdebut Views verbindet Marc-Uwe Kling scharfe Gesellschaftskritik mit fesselnder Krimihandlung. Zwischen Rechtsruck und viralen Videos in sozialen Medien malt Kling ein düsteres Deutschlandbild mit der Frage: Wie lange, bis das Realität wird? Ein mitreißendes Must-read, nicht nur für Fans der Känguru-Chroniken.
Virale Videos
„Nun, es gibt da so ein … so ein Video, das gerade viral geht. Es ist furchtbar und …“ Stefan zögert kurz, sucht wohl nach den richtigen Worten. „… und es ist Sprengstoff.“
Views, S. 12
Yasira Saad, Hauptkommissarin beim BKA, Abteilung Schwere und Organisierte Kriminalität, ist auf einem Date, als sie von dem Video erfährt, das ihr Leben verändern wird. Ein virales Video zeigt, wie drei mutmaßliche Migranten der 16-jährigen Lena Palmer brutale Gewalt antun – gefundenes Fressen für rechte Gruppierungen. Denn kurze Zeit später macht ein weiteres Video die Runden, in denen „Bär“, ein Vertreter des „aktiven Heimatschutzes“, zu Selbstjustiz durch Lynchen aufruft. Yasira und ihre Kolleg*innen müssen die Täter und das Mädchen finden, bevor es der immer größer werdende rechte Mob tut.
Gelungener Genrewechsel für Kling
Marc-Uwe Kling kennen die meisten als Autor der Känguru-Chroniken, doch in seinem neuen Roman gibt es weder kommunistische Kängurus noch gemäßigt-sozialdemokratische Koalabären. Views ist ein brutaler, politischer Thriller und entsprechend nur wenig lustig. Komische Elemente tauchen zwar immer wieder in der Handlung auf, werden aber durch die Ernsthaftigkeit der Materie verzerrt. Jeder Witz, jedes kleine Detail ist bewusst platziert und entpuppt sich als Hinweis auf die Lösung des Rätsels.
Der Roman ist geschickt geschrieben, folgt zwar dem typischen Krimischema, wird dabei aber nie langweilig oder vorhersehbar. Die Kapitel sind genau richtig lang und so fesselnd, dass ich davon abraten muss, Views beim Zugfahren zu lesen, weil die Gefahr, bei der Lektüre den Ausstieg zu verpassen, real ist. Die Spannung hält sich über die 272 Seiten gut, wird dabei aber nicht unerträglich. Ebenso sind die Gewaltverbrechen, denen Yasira und ihre Kolleg*innen begegnen, derartig beschrieben, dass deren Brutalität zwar deutlich wird, wir als Leser*innen aber untraumatisiert davonkommen – ein Kunststück, das nicht allen Thrillerautor*innen gelingt.
Während Gesellschaftskritik in allen Werken Klings mitschwingt, ist die Härte, mit der in Views über die aktuelle gesellschaftliche und politische Lage geurteilt wird, etwas Neues. Der Rechtsruck in Deutschland ist nichts, was ein „Anti-Terroranschlag“ verhindern oder gar rückgängig machen könnte. Die Gefahr von rechts ist real, und die Tatenlosigkeitvonseiten des Staates nicht nur im Roman beängstigend.
„Den Rest des Vormittags verbringt sie damit, die verschiedenen rechten Gruppierungen in Deutschland unter die Lupe zu nehmen. Es sind erstaunlich viele. AfDler, Libertäre, Identitäre, Reichsbürger, Rechtsesoteriker, völkische Ökos, Autonome Nationalisten, Querfrontler, NSU-Fans, Infokrieger, rechte Hooligans, Neonazis … Die Liste scheint endlos. Und wenn man sich ihr Wirken gebündelt ansieht, ist der Schaden, den sie bereits angerichtet haben, enorm. Es ist Yasira völlig unverständlich, dass die angeblich doch wehrhafte Demokratie nicht schon längst mit voller Härte zurückgeschlagen hat.“
Views, S. 178
Ab hier wird gespoilert!
Düstere Zukunftsvision
Ungefähr in der Mitte der Ermittlung (auf Seite 144 von 272, um ganz genau zu sein) beschleicht Yasira der Verdacht, das Video von Lena und das Video von „Bär“ könnten fake sein. Aber wie soll man das beweisen, wie geht man vor, wenn man Bildern und Videos nicht mehr glauben kann? Gibt es im Zeitalter von Fake News und KI überhaupt noch Wahrheit?
Überlegungen zu den ethischen Dimensionen von KI und Algorithmen kennen Fans von Klings Werk schon aus der Qualityland-Reihe, aber während es dort um die Rückkehr eines rosafarbenen Delfinvibrators und gelangweilte selbstfahrende Autos geht, geht es in Views buchstäblich um Leben und Tod; die Erfindung der künstlichen Intelligenz wird mit der Erfindung der Atombombe verglichen.
Teile der Romanhandlung wirken schmerzhaft real und drängen die Frage auf: Wie lange, bis das Realität wird? Oder ist es das schon längst? Views könnte als „speculative fiction“ gelesen werden, weil sich die fiktive Handlung auf echte, historische Ereignisse bezieht, wie in Margaret Atwoods Der Report der Magd. Wenn amerikanische Politiker behaupten, Bilder großer Menschenmassen, die ihre politischen Gegner bejubeln, seien fake, und ihre eigenen Anhänger dazu bewegen können, das Kapitol zu stürmen, was hält deutsche Politiker davon ab, das Gleiche zu tun?
Harsches Ende
Das typische Krimischema, das ich oben angesprochen habe, schreibt eine bestimmte Herangehensweise an das Ende der Erzählung vor: Unser Held (Views ist mit einer Heldin noch eine Ausnahme) steht alleine in einem Kampf gegen das Böse. Er scheint alles verloren zu haben – seine Verbündeten und fatalerweise auch seine Dienstwaffe –, doch es gelingt ihm trotzdem, den übermächtigen Schurken zu stellen; David besiegt Goliath, Gut besiegt Böse. Alle Handlungsstränge werden innerhalb weniger Minuten (bzw. Seiten) gerafft und aufgeklärt, und zum Abschluss gibt es ein Feierabendbier oder ein Stück von Tante Matildas Kuchen. In moderneren Thrillern gibt es zwar keine Abschlusslacher wie bei den drei Fragezeichen, aber es gibt ein temporäres Aufatmen. Das ermittelnde Team ist durch die Ereignisse gezeichnet und ist sich schmerzhaft bewusst darüber, dass sie nur die Spitze des Eisberges gesehen haben, nicht alle Rätsel sind gelöst und es gibt immer noch Böses in der Welt. Aber sie können nach Hause zurückkehren, ihre Kinder ins Bett bringen und für ein paar kostbare Momente die Erleichterung genießen.
Das Ende von Views bietet keine solche Erleichterung. Yasira kann zwar das Rätsel um die Videos lösen, aber Beweise oder Schuldige hat sie nicht. Ein Handlungsstrang bleibt offen, und ein anderer drängt sich in letzter Sekunde in den Fokus; die Handlung endet mit Yasira in Lebensgefahr, ob Rettung kommt, bleibt offen.
Das Ende des Romans tut weh. Es liefert keine Erleichterung, und alle Hoffnung scheint verloren. Und wie die Frage, wie lange wir noch haben, bis die Handlung von Views Realität wird, scheinen auch die letzten Worte des Romans die Fiktion hinter sich zu lassen, um uns in der Realität zu warnen:
„Es ist nicht alles Fake, ist ihr letzter Gedanke, bevor sie wieder das Bewusstsein verliert. Echt ist die Empörung. Echt ist die Wut. Echt ist der Hass.“
Angelockt von nordischen Klängen ist Luise für einen Master in Skandinavistik und Kulturwissenschaften aus dem flachen Münsterland ins flachere Vorpommern gezogen. Sie weiß viel zu viel über norwegischen Hiphop und prokrastiniert, indem sie zu Hochschulpolitik recherchiert. On all levels except physical ist sie ein Waschbär.
„Wir konnten Sie leider nicht antreffen“, „Ihr Paket liegt beim Nachbarn“, „Holen Sie das Paket bitte in folgender Packstation ab“. Kommen euch diese Sätze bekannt vor? Bestimmt, denn jede Person, die mal online etwas bestellt hat, wird eventuell mal mit diesen Phrasen konfrontiert worden sein. Paketlieferdienste machen den ganzen Prozess der entspannten Online-Bestellungen überhaupt erst möglich, jedoch ist der Prozess nicht immer so entspannt, wie eigentlich gedacht. Der folgende Artikel soll sich daher um die vielen Probleme der Lieferdienste drehen.
„Wir konnten Sie leider nicht antreffen“
Das Szenario kennt ihr bestimmt. Ihr habt euch was Schönes bestellt, sei es nun ein neues Buch, ein Spiel oder meinetwegen auch neues Set Lavendel-Duftkerzen. Die Lieferung ist auf einen bestimmten Tag zwischen 10 und 18 Uhr angekündigt, darum nehmt ihr euch extra den Tag frei, damit ihr auch sichergehen könnt, dass das Produkt in euren Händen landet. Eine Stunde vergeht, zwei Stunden vergehen, auf einmal ist es 18 Uhr. Geklingelt hat jedoch niemand. Komisch, dabei war die Bestellung doch für heute angekündigt. Ihr checkt den Status eurer Bestellung und seht, dass das Paket in der nächsten Packstation abgegeben wurde, weil der Lieferant oder die Lieferantin euch nicht antreffen konnte. Die Fragezeichen häufen sich. Irgendwie ergibt das ja keinen Sinn, denn es hat ja niemand geklingelt. Schnell zählt man eins und eins zusammen und kommt zur Schlussfolgerung, dass der Lieferdienst absichtlich nicht geklingelt hat und direkt weitergedüst ist. Ihr könnt mir glauben, dass ich diese Situation schon unzählige Male erlebt habe und ich bin jedes Mal aufs Neue geladen wie sonst noch was. Wofür nehme ich mir den ganzen Tag frei, wenn am Ende gar kein Paket bei mir persönlich ankommt? Das Beste an der ganzen Sache kommt aber erst. Nicht gerade selten kommt es dann auch noch vor, dass die nächste Packstation gar nicht so nah ist, wie gedacht. Ich konnte des Öfteren mehrere Kilometer Fußweg antreten zu einem Paketshop oder einer Packstation, die ich noch nie im Leben gesehen oder wahrgenommen habe. Ich frage mich am Ende dieser ganzen Schikane immer, was genau jetzt so „entspannt“ an diesem ganzen Prozess sein soll. Man verschwendet damit teilweise mehr Lebenszeit, als wenn man das Produkt einfach in der Stadt besorgt.
„Wir haben ein Paket für Sie“
Aber wisst ihr, was mindestens genauso nervig ist, wie gar keine Pakete zu bekommen? Genau, zu viele Pakete zu bekommen. „Hä, was labert der?“, fragt ihr euch wahrscheinlich gerade. Ich rede hierbei von Paketen, die gar nicht für euch bestimmt sind, sondern für eure werten Nachbar*innen. Es kommt nämlich auch öfters mal vor, dass bei euch geklingelt wird, weil die Nachbar*innen gerade nicht anwesend sind. Ist ja kein Problem, gibt man das Paket einfach der jeweiligen Person, wenn sie wieder da ist. Zum Problem wird das Ganze, wenn es nicht bei dem einen Paket bleibt. Ich weiß nicht, ob meine Nachbar*innen komplett Amazon leer gekauft haben, dass täglich neue Sachen geliefert werden. Und die Frage, die ich mir dann stelle, ist: „Warum wird immer bei mir geklingelt?“. Immer und immer wieder wird sofort die Klingeltaste mit meinem Namen darauf betätigt. Ich kann mich nicht daran erinnern, eine Packstation eröffnet zu haben, also warum werden alle Pakete bei mir abgeladen? Als ich noch klein war, hat mir der Lieferbote sogar gesagt, dass er mittlerweile immer bei uns klingelt, weil die Nachbarn eh nicht da sind. Ich dachte, ich werde hier gerade veräppelt. Das kann er ja jetzt nicht wirklich ernst gemeint haben, oder? In Kombination mit dem ersten Punkt, dass die Lieferdienste bei mir teilweise gar nicht klingeln, wenn ich was für mich bestellt habe, ist das alles noch viel schlimmer. Bei meinen Nachbar*innen wird nichts abgegeben, die nehmen auch nichts für mich an. Aber ich muss eine hauseigene Packstation aufmachen und alles horten? Ja, alles klar. Danke für nichts. Mittlerweile ignoriere ich daher jegliches Klingeln an der Haustür, weil ich es auch einfach nicht mehr einsehe, als Einziger immer was annehmen zu müssen.
„Ihr Paket ist uns leider abhandengekommen“
Ein weiteres Vorkommnis, was zwar nicht so oft auftritt wie die ersten beiden Punkte, aber trotzdem hin und wieder passiert, ist das Verschwinden oder der Diebstahl von Paketen oder deren Inhalt. Mir persönlich ist nur Ersteres einmal passiert. Ich hatte mal ein paar Dämpfer für meinen Tennisschläger bestellt, aber das Paket kam nie an. Auf Rückfrage beim Support konnte mir auch niemand helfen, weil das Paket anscheinend schon geliefert wurde. Eine Rückerstattung gab es natürlich auch nicht. Bei ein paar Tennisdämpfern war das jetzt auch nicht die Welt, aber ich finde es trotzdem extremst frech, dass man bei sowas einfach komplett fallengelassen wird. Die Paketlieferdienste sind dafür verantwortlich und trotzdem wird einem nicht geholfen. Der Fall des Diebstahls ist nochmal eine Nummer schlimmer. Ich habe natürlich im Vorlauf auf diesen Artikel mal rumgefragt, ob Leute aus meinem Freundeskreis ebenfalls schonmal schlimme Erfahrungen mit der Zustellung von Paketen hatten und tatsächlich ist der Fall des Diebstahls Thema geworden. Bei einem Kumpel wurde eine Grafikkarte verschickt, die gute 600 € wert war. Das Paket wurde an jemand anderes verschickt und als es schließlich ankam, stand es leer vor der Haustür, direkt nach der Zustellung. Der/die Lieferant*in hat also ganz entspannt mal eine 600 € teure Grafikkarte eingesackt. Mit Sicherheit wird der Support sich aber hier eingeklinkt haben, richtig? Nö, absolut kein Stückchen. Die einzige Antwort, die mein Kumpel bekam, war: „Ja, also das können wir leider nicht nachverfolgen, passen sie nächstes Mal vielleicht besser auf, was sie verschicken“. Ach so, ja ok, danke schön. Muss man ja mit rechnen, dass die eigenen Arbeitskräfte die Pakete einstecken könnten und es deshalb nicht ankommt. Obwohl ich nicht einmal betroffen war, machte es mich einfach nur wütend, davon zu hören
Für die nächste Lieferung
Paketlieferdienste und ich werden wohl weiterhin eine never-ending-story bleiben, weil die Probleme einfach nicht weniger werden bei meinen Lieferungen. Eine Alternative, der ich nun endlich mal eine Chance geben werde, ist die Registrierung für eine Packstation. Damit kann ich immerhin das Problem umgehen, dass die Lieferant*innen nicht einmal bei mir klingeln. Die Lieferdienste scheinen die Packstationen anscheinend selber auch zu bevorzugen, darum scheint das die einzige Lösung zu sein. Mal sehen, was wird. Ob ich wohl irgendwann nochmal ein Paket persönlich entgegennehmen werde? I doubt it.
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