Zu Besuch bei “Youniq”

Eine Reportage von Florian Bonn

Wohnungssuche in Greifswald ist ja bekanntlich so eine Sache für sich. Wer sich zur Zeit  auf dem Greifswalder Wohnungsmarkt umsieht, wird neben den üblichen Wucherangeboten auch mit den Flyern des Unternehmens “Youniq” konfrontiert, die das hippste, coolste, geilste Wohnheim von allen hat und das schon ab 365€ im Monat! Da kommt man als Wohnungssuchender Hobbyjournalist ja gar nicht drumherum, da mal anzurufen! Allerdings unter falschem Namen und nachdem man selber eine vernünftige Wohnung gefunden hat.

Nach längerer Suche auf der eher unfunktionalen Webseite, stelle ich fest, dass man dort neben einem ewig langen Kontaktformular nur die Telefonnummer der Zentrale von “IBS-Ost” (der Besitzer von “Youniq”) bekommt.  Und dort rief ich auch eines schönen Freitagnachmittags an. Von der durchaus freundlichen Dame am anderen Ende bekam ich dann die (Leipziger) Nummer der Mietzentrale. Dort wurde ich dann mit einem freundlichen “Youniq, Guten Tag, kleinen Moment bitte” begrüßt. Die nächsten 30 Sekunden hörte ich lediglich ein Gespräch im Hintergrund, konnte aber leider nichts verstehen. Danach durfte ich dann meine Telefonnummer hinterlassen, damit mich der lokale “Scout” zurückrufen könne. Der folgende Samstag  brachte mir die erste Erleuchtung: Es wäre ziehmlich klug, meine Mailbox auszuschalten, da es sonst auffallen könnte, wenn unter der Nummer von Herrn Schmitt meine Mailbox rangehen würde.

Am Montag Mittag stellte ich fest, dass es eine gute Erleuchtung war, da mich der lokale Scout doch tatsächlich in Abwesenheit angerufen hatte.  Der Rückruf brachte eine gewisse Ernüchterung, da er an diesem Morgen eigentlich jemand anders anrufen wollte. Einen Besichtigungstermin konnte ich trotzdem “eigentlich immer” bekommen, ich entschied mich für den selben Nachmittag um 17:00 Uhr. Spätestens dort wurde mir klar: Diese Leute wollen verkaufen, verkaufen, verkaufen! Überwältigt von so viel Geschäftssinn rief ich meinen zukünftigen Vermieter an, um noch einige Details wegen des Mietvertrages zu besprechen.

dscn0333kleinAm späten Nachmittag machte ich mich für meinen Besuch bei “Youniq” bereit. In Anbetracht der Werbemaßnahmen erschien mir ein Outfit im Stile eines Klischeejuristen (Hemd, spitze Lederschuhe, Haare mit ganz viel Gel) angebracht. Nach einer recht kurzen Zeit hatte ich ein Level erreicht, auf dem ich mir selbst hochgradig unsympatisch erschien und machte mich auf den Weg. Auf Nebenstraßen und mit der inständigen Hoffnung, dass mir kein Bekannter begegnet.  Unerkannt erreichte ich das feindliche Hauptquartier in der Scharnhorst-Straße. Schon am Klingelschild stellte ich fest: Der Laden läuft noch nicht wirklich.

dscn0339kleinKurz drauf begrüßte mich ein Herr mittleren Alters, der anscheinend die wenig dankenswerte Aufgabe zu erfüllen hat, die Wohnungen unters Volk zu bringen.  Im Eingansbereich erwartete mich wirklich schönes Parkett, dieses lag allerdings auch nur im Eingangsbereich. Die Flure verspühten mit blauem Teppich hingegen eher den Eindruck eines nicht sonderlich teuren Hotels.

dscn0335kleinLos ging es zur ersten Musterwohnung. Kaum eingetreten umgab mich ein intensiver Farb- und Plastikgeruch, sonderlich oft gelüftet wurde hier jedenfalls nicht. Erster Eindruck: Studienarbeit eines kurz vor der Zwangsexmatrikulation stehenden Designstudenten. Insbesondere das Bild an der Wand würde vermulich auf keinem Flohmarkt dieser Welt verkauft werden. Auf Messen für moderne Kunst vielleicht schon, aber das ist ja ein anderes Thema. Nebenbei bitte ich auch, den wundervoll genau im durchs Fenster erzeugten Gegenlicht hängenden Minifernseher zu beachten. Aber immerhin Flachbild – ist ja hipp und so. Dieser wird übrigens durchs normale, nicht digitale Kabelnetz gespeist und das Internet ist “Highspeed”, genauere Infos gabs nicht.

dscn0334kleinAuch die Kochnische machte den Eindruck perfekter, rein aufs funktionelle oriernter Planung. Die Arbeitsplatte ist absolut eben, nur der Rand des Spülbeckens ist erhöht. Hätte der Planer a) schonmal abgewaschen und b) länger als 2 Sekunden nachgedacht, wäre ihm vielleicht bewusst geworden, dass diese Konstruktion dazu führt, dass so abzuspülen mit zwischenzeitlichem Abstellen des Geschirs auf der Arbeitsplatte zu einer ziehmlichen Sauerei führt.

Anschliessend bekam ich auch noch die etwas größere Wohnung zu sehen. Diese ist ungefähr 50 cm breiter, so dass neben der Kochnische noch ein Regal passt und der Duscheingang deutlich breiter ist.

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Auf dem Weg dorthin und auch in der Wohnung nervte mich permanent das automatisch angehende Licht. Insbesondere im Foyer ging beim Betreten dieses schräg über den Köpfen eine sehr helle Lampe an, die einen durch fröhliches Blenden förmlich dazu aufforderte, sie einzuschlagen. Eine solche Lampenschaltung macht eigentlich nur im Fensterlosen, dunkeln Durchgangsraum zwischen Waschmaschinenraum und Flur Sinn. Dort gab es sie nicht, dafür zwei Toilettenkabinen. Auf einer der Toiletten stand aus unerfindlichen Gründen ein Papierkorb.

dscn0338Die groß angepriesenen Zusatzangebote bestehen im Moment nur aus der Learning Lounge. Diese sollte ganz toll gestaltet werden, da dies nicht ging (Brandschutz und so) stehen jetzt halt ein paar Hocker um einen großen Plasmabildschirm. Auf diesem soll irgendwann mal Werbung für die Partner laufen, bei denen man als Bewohner Rabatte bekommt. Auf Nachfrage erfuhr ich immerhin, dass es eher weniger Möchtegernhippies im Haus gibt und man sich für 25€ im Monat einen abschließbaren Parkplatz sichern kann (13 von 16 frei).

Einige besondere Schmankerl bot der Interessentenbogen. Wer bei “Youniq” einziehen will muss neben einem Passfoto auch einen Gehaltsnachweis eines Elternteils sowie Angaben zu möglichen Pfändungen und früheren Wohnheimaufenthalten abgeben. Nebenbei wollen sie auch noch eine Schufaauskunft von einem selbst und einem Elternteil.

Mit diesem Bewerbungsbogen verabschiedete ich mich (“Sie hören von mir!”) und freute mich umso mehr auf meinen kommenden Umzug. Dieser wird allerdings in keine Youniq-Wohnung gehen.

Anmerkung der Redaktion: Mit dem Thema hat sich vor einigen Wochen Jockel Schmidt auf seinem “Fleischervorstadtblog” auseinandergesetzt.

Gebäudeeinsturz an der Loefflerstraße *2x Update*

An der Loefflestraße in Greifswald ist am Mittag der Dachstuhl eines leerstehenden Hauses eingestürzt und hat auch Teile der darunter liegenden Stockwerkes unter sich begraben. Das Haus auf dem Teilstück zwischen der Steinbeckerstraße und der Hunnenstraße stand bereits seit längerem leer. Außerdem waren Türen und Fenster vermauert.

Gegen 14:30 Uhr stand noch nicht fest, ob sich womöglich dennoch Personen in dem Haus aufhalten. Insbesondere falls sich diese in den Obergeschossen aufgehalten hätten, könnte der Einsturz dramatische Folgen gehabt haben. Die Retter der Feuerwehr hatten jedoch noch keine Anzeichen für Verletzte oder Verschüttete. Gegen 14:30 Uhr suchte man nach einer Zugangsmöglichkeit für einen Rettungshund.

Die Anzahl der Krankenwagen und Notärzte wurde gegen 14:30 Uhr jedoch bereits wieder stark reduziert. Gegen 16 Uhr war auch die Feuerwehr, die zunächst mit der Drehleiter Teile des Hausdaches abgetragen hatte, wieder abgezogen. Zu Evakuierungen in den angrenzenden Gebäuden kam es nicht. Die Loefflerstraße blieb auf dem betroffenen Teilstück allerdings gesperrt. Auch die städtischen Linienbusse werden derzeit umgeleitet.

webMoritz.de versucht im Laufe des Nachmittags, weitere Informationen über den Einsturz zu sammeln und wird sie an dieser Stelle nachreichen.

Update 17:30 Uhr:

Auf Anfrage des webMoritz teilte die Polizei mit, dass bei dem Einsturz niemand zu Schaden gekommen sei. Auch keine fremden Gegenstände wie etwa Autos seien in Mitleidenschaft gezogen worden. Eingestürzt sei der Dachstuhl, der dabei aber auch erhebliche Schäden am Mauerwerk verursacht habe.

Die Loefflerstraße bleibt vorerst gesperrt. Zunächst müsse geklärt werden, ob der Eigentümer die Sicherung des Gebäudes vornehmen müsse oder ob das durch die Stadt vorgenommen werden müsse. Wie lange das dauern werde, konnte man uns bei der Polizei nicht sagen: “In der Steinbecker Straße hat das acht Jahre gedauert”, war der lapidare Kommentar. Tatsächlich besteht aber derzeit die berechtigte Hoffnung, dass die Straße in wenigen Tagen wieder freigegeben werden kann.

In der Stadt äußersten Passanten bereits ihren Unmut über die behelfsmäßig eingerichtete Umleitung der Stadt. Kritisch ist die Umleitung auch, weil die Straße täglich von zahlreichen Rettungswagen frequentiert wird.

Update, 3.7., 15:00 Uhr:

Als hätte man schon länger darauf gewartet, ist bereits heute ein Abrissunternehmen angerückt und hatte schon bis Freitagmittag erhebliche Teile des Hauses abgetragen. Bis der Abriss halbwegs abgeschlossen ist, bleibt die Loefflerstraße noch gesperrt. Aufgrund der Verkehrsbehinderungen empfiehlt es sich, die Loefflerstraße derzeit zu meiden – auch Fahrradfahrer und Fußgänger können die Sperrung nur sporadisch passieren.

Wann die Sperrung aufgehoben werden kann, ist derzeit noch nicht klar. Die Angaben hierzu differieren erheblich. Auf den Seiten der Stadtwerke, die derzeit Busse der Linien 1, 4 und 6 umleiten müssen, heißt es daher auch, ein Ende der Sperrung sei noch nicht absehbar.

Stadt: Theater-Streit ist beigelegt

Der Streit um das Theater Vorpommern zwischen den Gesellschaftern Greifswald, Stralsund und Rügen ist nach Ansicht von Oberbürgermeister Arthur König beigelgt. Die drei Gesellschafter haben sich auf eine Änderung des von Greifswald gekündigten Vertrags geeinigt. In Zukunft müssen alle Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einstimmig getroffen werden.

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Kultursenator Ulf Dembski und Oberbürgermeister Arthur König (Archivbild von April 2009)

Greifswald hatte den Vertrag im März gekündigt, nachdem die beiden anderen Gesellschafter gegen den Willen Greifswalds ein Verlängerungsangebot für den Vertrag von Intendant Anton Nekovar gemacht hatten. Damals bedurften die Entscheidungen der Gesellschafter lediglich eine Stimmenmehrheit. Greifswald hatte eigentlich fokussiert, dass die beiden großen Gesellschafter Stralsund und Greifswald einstimmig entscheiden müssen, da Rügen nur einen Anteil von 4,7 Prozent der Anteile am Theater hält. In der neuen Regelung ist das allerdings nicht berücksichtigt. Da Einstimmigkeit erforderlich ist, hat Rügen nun die Möglichkeit, Beschlüsse zu verhindern wie Greifswald. (mehr …)

Ordnungsamt versteigert Fahrräder

Am Mittwoch dem 24. Juni versteigert das Greifswalder Ordnungsamt rund 80 Fahrräder, die im vergangenen Jahr im Fundbüro abgegeben, aber nie abgeholt wurden.

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Mehr als 80 Räder wurden gefunden, aber offenbar nicht vermisst.

Die Versteigerung beginnt um 11 Uhr vor dem Ordnungsamt in der Spiegelsdorfer Wende Haus 1. Bereits ab 9 Uhr hat man die Gelegenheit sich die zu versteigernden Fundstücke dort genauer anzusehen und schon mal einen Favoriten auszusuchen. Die Stadt weist in ihrer Pressemitteilung extra darauf hin, dass die Bezahlung der ersteigerten Räder sofort erfolgen muss.

Foto: Cornelia Bertram via www.jugendfotos.de

Am Wochenende: Drachenbootfest auf dem Ryck

Neben diversen kulturellen Highlights gibt es an diesem Wochenende auch eine sportliche Großveranstaltung in Greifswald. Am Samstag und Sonntag werden sich beim 8. Greifswalder Drachenbootfest circa 1200 aktive Sportler auf dem Ryck tummeln und dafür sorgen, dass in Greifswald auch in diesem Jahr eine der größten Sportveranstaltungen Mecklenburg-Vorpommerns stattfindet.

drachenLos geht es am Samstag ab 9 Uhr mit den ersten Läufen auf der Kurzstrecke, die bis circa 13-14 Uhr andauern dürften. Danach wird es besonders für die Zuschauer interessant, die 1300 m Langstrecke mit Wende wird wieder für viele Überholmanöver sorgen, die bei mehreren zwei Tonnen schweren und 14 m langen Booten auf dem Ryck auch mal enger werden können. Nach dem Ende der Langstrecke und der zugehörigen Siegerehrung gibt es noch eine Party mit Livemusik. (mehr …)

Massenkonsum & Gesellschaft

Dass, wenn alle Menschen dieser Erde, so lebten, wie die Menschen im „Goldenen Westen”, die Ökosysteme dieser Welt schön längst vollkommen in sich zusammengebrochen wären, ist allgemein unumstritten. Der Massenkonsum, den viele von uns betreiben, wird mit Blick auf nachhaltiges ökologisches Verhalten immer wieder kritisiert. Neben den häufig thematisierten internationalen Umweltregimen, spielt politisches und privates Verhalten, in Hinblick auf eine lebendige Demokratie, im öffentlichen Diskurs nur eine geringe Rolle.

konsum„Können wir von den Konsumenten erwarten, dass sie Politiker wählen, die ihrer Kauflust Steine in den Weg legen? Lassen sich Zielkonflikte durch „öko-sozial” korrekten Konsum, aus dem Weg schaffen? Gibt es realistische Alternativen?”

Mit diesen und anderen Fragen beschäftigt sich an diesem Dienstag, die AG Konsumkritik der Grünen Hochschulgruppe im Rahmen eines Themenabends. Unter dem Motto „Massenkonsum & Gesellschaft – Bringt politisch korrekter Konsum die ökologische Wende?”, wird es von 17:00 bis 19:30 eine Podiumsdiskussion mit Prof. Konrad Ott (Professor für Umweltethik an der Universität Greifswald) und Toralf Staud geben. Letztgenannter ist Journalist und schreibt u.a. für DIE ZEIT und das Greenpeace Magazin. Moderiert wird die Veranstaltung von Anne Klatt, Studentin und Mitglied sowohl in der Grünen Hochschulgruppe als auch in der AG Konsumkritik.

Nach der Diskussion wird es, bei einer kleinen Stärkung, eine halbe Stunde lang die Möglichkeit zu persönlichen Gesprächen geben. Ab 20:00 wird Toralf Staud aus seinem Buch „Grün, grün, grün ist alles, was wir kaufen” lesen.  Das 2009 im Kiepenheuer & Witsch Verlag erschienene Buch beschreibt, wie Unternehmen, durch geschicktes Marketing, Produkten ein „Öko-Image” verleihen, die im Grunde genommen umweltschädlich sind. Toralf Staud ist auch Autor des Buches „Wir Klimaretter” und Initiator des Blogs klima-luegendetektor.de. Alle Interessierten sind ab 17:00 in die Galerie des St. Spiritus eingeladen, Eintritt wird keiner verlangt.

Foto: spanaut via flickr