Nazis marschieren ungehindert durch Anklam

Etwa 200 Neonazis marschierten am 31. Juli unter dem Motto “Gegen kinderfeindliche Bonzen – für eine lebenswerte Zukunft in unserer Heimat – Freiheit statt BRD” ungehindert durch Anklam. Ursprünglich hatte die NPD ein Kinderfest angemeldet, was jedoch von Seiten der Stadt nicht genehmigt wurde, da zur selben Zeit am selben Ort eine Jungbürgerversammlung abgehalten wurde.

Nachdem die NPD sich gerichtlich gegen diese Entscheidung nicht durchsetzen konnte, kündigte sie eine Demonstration unter besagtem Motto an. Diese wurde von Michael-“Poleninvasion stoppen”-Andrejewski angemeldet. Darauf hin folgte eine Mobilisierung zur Gegendemo durch die Antifa. Nachdem beide Demonstrationen durch den Landkreis Ostvorpommern verboten wurden, rief die Antifa dazu auf, nicht nach Anklam zu fahren. Es folgte einen Tag später, am 29. Juli von Seiten des Verwaltungsgerichtes Greifswald eine Aufhebung des Verbotes des Neonaziaufmarsches. Im Gegenzug entschied der Landkreis, das Verbot der Gegendemo wieder aufzuheben.

Ungeachtet dessen hielten die Organisatoren an der Demobilisierung fest. Der Anklamer SPD-Ortsverband und Greifswalder Jusos hofften bis zuletzt, dass sich ungeachtet der Demobilisierung dennoch genügend Antifaschistinnen und Antifaschisten einfinden würden, sodass doch noch eine  Gegendemo in kleineren Rahmen stattfinden könnte. Diese Hoffnung ging nicht in Erfüllung. Zwar kamen aus Greifswald Vertreterinnen und Vertreter der Jusos, Linke.SDS, Jungen Union, Grüne und Liberale nach Anklam, allerdings reichte die Teilnehmerzahl nicht für eine Gegendemo oder Kundgebung aus.

“Diese Scheiß-Nazis!”

Die Neonazis, darunter auch Udo Pastörs, konnten ungehindert durch die Stadt marschieren und in der Südstadt eine Kundgebung abhalten. Ferner wurden die Bürgerinnen und Bürger von der Stadt dazu aufgefordert, ihre Häuser nicht zu verlassen, Fenster und Türen geschlossen zu halten und so den Nazis “die kalte Schulter” zu zeigen. Und so war an diesem Tag außer rund 250 Polizisten, 200 Neonazis, vereinzelte Touristen und Passanten in Anklams Straßen kaum jemand zu sehen. Im Umfeld der Demontration hielten sich kleinere Gruppen von Neonazis auf, vermutlich um eventuelle Aktivitäten von Antifaschistinnen und Antifaschisten zu beobachten. Wenngleich sich die Neonazis – abgesehen von “Freiheit statt BRD” und “Für den nationalen Sozialismus”-Parolen – ruhig verhielten, wurden die angereisten Nazigegner von der Polizei gewarnt, “nicht vor den Nazis herum zu springen.”

Das am Vortag von der Stadt Anklam am Steintor aufgehangene Protestplakat “Kein Ort für Neonazis in Anklam” wurde in der Nacht zum Samstag von Neonazis mit Farbbeuteln beworfen. “Diese Scheiß Nazis” kommentierte erregt ein vorübergehender Anklamer die Aktion. Ein ebenfalls vor dem Rathaus aufgehangenes Banner dieser Art wurde von den Faschisten entfernt. Die Neonazis kündigten zudem an, künftig an jedem Wochenende im September ein Kinderfest veranstalten zu wollen und hätten dies bereits angemeldet.

Friedensgebet gegen Nazis und Jungbürgerversammlung

Um 12 Uhr fand in der Marienkirche ein halbstündiges ökumenisches Friedensgebet statt, um dennoch ein Zeichen gegen den Neonaziaufmarsch zu setzen.  Die rund 50 Kirchenbesucher sangen mehrere Friedenslieder und beteten für den Frieden in Anklam. In dem Gebet äußerten sie die Hoffnung, dass “die Polizisten und Einsatzkräfte das Richtige tun  und der Versuchung der Macht widerstehen und Frieden suchen werden.”

Von der Stadt Anklam wurde am Nachmittag die zweite Jungbürgerversammlung unter Beteiligung von CDU, SPD, Initiative für Anklam und der Partei Die Linke. ausgerichtet. Die Veranstaltung diente dem Ziel, die Jugendpartizipation in der Stadt zu steigern. Anklams Bürgermeister Michael Galander kam somit mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch. Dieser war angesichts der Fragen teilweise überrascht. Es ging nicht nur um “Bolzplätze” und die Sanierung von historischen Gebäuden, sondern auch um die vielen Baustellen. Die Ansiedlung von McDonalds war für die meisten Jugendlichen von besonderer Wichtigkeit. Der Neonazi-Aufmarsch vom Vormittag wurde von keinem der Anwesenden thematisiert. Dennoch distanzierte sich Galander indirekt von der NPD, indem er den Jugendlichen erklärte, wie viele “demokratische Parteien” im Stadtrat säßen, mit denen er als Bürgermeister zusammen arbeite. Die NPD fiel nicht darunter.

Im Gespräch mit dem webMoritz äußerte Galander, dass künftig wesentlich stärker gegen Nazis vorgegangen werden soll. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt fühlten sich in den vergangen Jahren von der Kommunalpolitik vernachlässigt, was die NPD ausnutzte. Dem wolle man nun durch Aktionen wie eben beispielsweise dem Jungbürgerforum begegnen. Man wolle viel stärker den Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern suchen. “Nazis haben in Anklam nichts verloren. Erst wenn der letzte Nazi aus Anklam weg ist, geht es wieder aufwärts mit der Stadt”, so der 40-Jährige weiter. Daher werde es die Stadt auch nicht hinnehmen, dass die NPD jedes Wochenende im September ein Kinderfest in Anklam veranstaltet und kündigte Widerstand dagegen an. Auf einen Aufruf, an der von der Antifa angekündigten Gegendemo teilzunehmen, verzichtete der Bürgermeister, da er befürchtete, dass sich unter den nach Anklam anreisenden Demonstrantinnen und Demonstranten linke Gewalttäter befänden. Er wollte sich nicht hinter eine Demonstration stellen, bei der es seiner Meinung nach möglicherweise zu Ausschreitungen gekommen wäre.

Fotos: Fotografen sind der Redaktion bekannt.

Hinweis der Redaktion: Der Artikel wurde noch um eine weitere Information ergänzt, die beim Erstellen des Textes einzubauen versäumt wurde.

“Atommüll spazieren zu fahren, ist keine Lösung!”

Mit gelben Attrappen von Atomkanistern, breiten Bannern, Megafon, Strahlenschutzanzügen und Tröten setzte sich am 28. Juli ein Demonstrationszug vom Karl-Marx-Platz in Richtung Innenstadt in Bewegung. Das Motto war – wie bereits in den voran gegangenen Veranstaltungen – “Atomausstieg jetzt!”. Es wurde damit vorerst zum letzten Mal gegen den geplanten Castor-Transport nach Lubmin protestiert. Die Organisatoren kündigten bereits weitere Proteste im Herbst an, wenn der Zug in das Zwischenlager in der Nähe des Seebades rollt.

An dem Demonstrationszug nahmen etwa 20 Menschen, vier Polizeiautos und ein Hund teil. Ursprünglich war noch mehr Polizei da, die ist jedoch aufgrund der geringen Teilnehmerzahl am Karl-Marx-Platz geblieben. Die Marschroute verlief über die Bahnhofstraße, Stephanistraße zur Europakreuzung. Von dort aus ging es weiter bis zum Humboldt-Forum. Hier war dann auch der erste Zwischenhalt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fielen auf Kommando des Alarmsignals eines Megafons tot um. Es wurde eine Nuklearkatastrophe imitiert. Damit wiesen die Demonstranten auf die Gefahren der Atomenergie mit der Forderung der sofortigen Abschaltung sämtlicher Atomkraftwerke hin. Sie warben für den Protest im Oktober und forderten vorbei gehende Passanten dazu auf, sich in den Protestzug einzureihen.

Demonstranten erhalten wenig Zuspruch aus der Bevölkerung

Diese reagierten jedoch eher abweisend gegenüber den Aktivisten. “Die haben früher deswegen alle einmal Arbeit gehabt”, meinte eine am Rand der Demonstration stehende Passantin ihrer Bekannten gegenüber. Andere am Straßenrand Stehende schüttelten einfach nur den Kopf ob der vorüber ziehenden Demonstrantinnen und Demonstranten. Die scheinbar positiven Erinnerungen an das Kernkraftwerk, welches einstmals 11.000 Menschen Lohn und Brot gab, sind in vielen Köpfen der Greifswalder noch wach.

Anschließend zog die Gruppe über den Schuhhagen weiter zum Markt. Unterwegs wurden Informationsflyer zum nahenden Castor-Transport an Passanten verteilt. Auf einer am Markt stattfindenden Abschlusskundgebung wurde erneut darauf hingewiesen, dass es gegenwärtig kein Endlager gäbe.  “Niemand kann sagen, ob die Castoren überhaupt 40 Jahre halten. Es gibt keine Modellrechnungen, Experimente, wie lange Atommüll in einem Salzstock sicher gelagert werden kann”, kritisierte eine Demonstrantin den Umgang der Politik mit der Atomenergie.  “Mit diesem Spazierenfahren von Atommüll wird eine Entsorgung suggeriert, die immer noch ungeklärt bleibt” meint Sören Gaedke in einer Pressemitteilung des Rostocker Anti-Atom-Netzwerkes.

Am Rande der Kundgebung plädierte ein Passant gegen eine komplette Umstellung auf erneuerbare Energien, andererseits für einen Energiemix. “Ich habe nichts gegen erneuerbare Energien, aber man muss aufpassen, dass nicht alles mit Windrädern zugepflastert wird. Ich befürchte, dass dann unsere Strände mit zerhäxelten Vögeln voll liegen. Vor einem Jahr stand in der Zeitung, dass ein Adler in Wolgast durch ein Windrad drauf gegangen ist”, teilte der Bürger seine Sorgen gegenüber einem Aktivisten und dem webMoritz mit.

Die Demonstration fand als Abschluss der Baltic-Sea-Tour statt, die in Greifswald mehrere Tage Station machte. Seit 21. Juni reist sie in neun Länder entlang der Ostsee, das nach Angaben der Veranstalter das am meisten radioaktiv verseuchte Meer der Welt ist. Mit diversen Informationsveranstaltungen und Aktionen möchte sie die Bevölkerung dafür sensibilisieren.

Kommentar von Marco Wagner

Die Protesttage gegen den nahenden Castor-Transport sind zu Ende gegangen. Eines hat sich bereits jetzt gezeigt. Greifswald/ Lubmin ist nicht das Wendland. Die Bürgerinnen und Bürger verbinden mit der Atomenergie überwiegend Positives. Hier weckt das Wort Atomenergie Erinnerungen an blühende Zeiten der Stadt Greifswald.

Im Nahe gelegenen Atomkraftwerk arbeiteten einstmals 11.000 Menschen. Angesichts der heutigen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftssituation in der Region wünschen sich viele Menschen hier diese Zeiten zurück. Das Kernkraftwerk steht in Greifswald und Umgebung nicht für Umweltverschmutzung durch nukleare Strahlung, es steht für gut bezahlte Arbeit, für Wohlstand in der ehemaligen DDR, für Aufschwung einer ganzen Region. Auch die Tatsache, dass es das Kernkraftwerk in Lubmin war, das in dem Katastrophenwinter 1978/ 79 das Einzige war, das im Ostseeraum die Bevölkerung noch mit Strom versorgte, sind den meisten noch fest in Erinnerung geblieben. Alleine dies dürften die Gründe sein, weshalb sie sich der Gefahren, die von der Atomenergie ausgehen, nicht bewusst sind oder nicht bewusst werden wollen.

Dessen müssen sich die Aktivisten bewusst sein, wenn sie – ganz im Gegensatz zum Wendland – auf wenig Akzeptanz oder Ablehnung gegenüber der Bevölkerung stoßen. Und dennoch kann nur dazu geraten werden, weiterhin auf die Gefahren der Atomenergie aufmerksam zu machen.

Fotos: Marco Wagner

Anti-Atom-Protest vor CDU-Zentrale

Viel Krach verursachten etwa 15 Aktivisten am Montag Mittag auf dem Marktplatz, als sie mit Pfeifen, Tröten und Trommeln für die sofortige Abschaltung der Atomkraftwerke demonstrierten. “Die CDU trägt die Hauptverantwortung für die Energiepolitik”, machte Daniel Daedlow deutlich und damit auch dem heimischen CDU-Bundestagsabgeordneten Matthias Lietz. “Die Entsorgung des Atommülls ist ungeklärt. Es gibt keine Lösung”, so der 31-jährige Rostocker weiter, der sich dort in der Initiative Umweltschutz engagiert.

Mit ihrer Aktion demonstrierten die Atomkraftgegner auch gegen die geplanten Castor-Transporte in das Zwischenlager nach Lubmin, das ein anderes Gesicht als ein Zwischenlager habe.  “Was passiert mit dem Atommüll nach dem Zwischenlager”, fragte Daedlow und machte damit erneut auf die ungeklärte Entsorgung aufmerksam. Die Atomkraft sei keine Brückentechnologie.

Werden in 20 Jahren wieder Atomkraftwerke in Deutschland gebaut?

Für Kritik sorgte Bodo Müller aus Potthagen: “In 20 Jahren werden wieder Atomkraftwerke gebaut werden”. Erneuerbarer Energien brächten nicht den notwendigen Nutzen, so der Greifswalder Bürger weiter. Er wünscht sich eine Erhöhung des heutigen Anteils der Kernenergie von 30 auf künftig 60 Prozent. Zustimmung erhielt  Roland Oesker, der schon vor 30 Jahren gegen die Atomkraft gekämpft habe. Es sei “traurig, dass man sich noch heute gegen die Atommafia einsetzen muss”, so der 60-jährige Remscheider.

Der Protest fand vor der CDU-Zentrale statt, weil die CDU-geführte Bundesregierung die Laufzeiten der Kernkraftwerke verlängern will, ist sich aber nicht einig, um wie viele Jahre. Lietz konnte die Unterschriften gegen dieses Vorhaben nicht persönlich entgegennehmen, da sich die Geschäftsstelle sich im Urlaub befindet.

Fotos: David Vössing

Neue Castoren für Lubmin: Protest formiert sich

Zur Zeit ist vorgesehen, dass bis spätestens zum Jahresende zwei Castortransporte, einer mit vier Behältern aus dem französischen Caderache und einer mit fünf Behältern aus Karlsruhe im Lubminer Bahnhof ankommen, um im dortigen Zwischenlager Nord (ZLN) eingelagert zu werden. Die vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) erteilte Genehmigung für diesen Transport läuft am 31.12. diesen Jahres aus. Konkrete Transporttermine müssen nach Auflagen des BfS mit den Innenministerien der vom Transport berührten Länder abgestimmt werden. Daher ist auch noch nicht bekannt, wann die Castoren ankommen und eingelagert werden.

Anschließend sollen sie nach Angaben der Pressestelle der Energiewerke Nord (EWN) in ein geplantes Bundesendlager transportiert werden. Als Endlager ist seit einiger Zeit das Bergwerk in Gorleben im Gespräch.

Protesttage gegen Atomenergie

Gegen den Castor-Transport formiert sich ein breites Protestbündnis

Derweil formiert sich nach Angaben einer Pressemitteilung des Rostocker Anti-Atom Netzwerkes Protest gegen die Transporte. So wollen lokale Gruppen “vielfältigen Protest” gegen die Zwischenlagerung in Lubmin organisieren. Im Rahmen dieser Aktionen macht die “Baltic Sea Tour” in Greifswald halt, um sich mit anderen Atomkraftgegnern aus Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland und anderen Staaten des Ostseeraumes zu vernetzen. Das Vernetzungstreffen findet am Samstag dem 24. Juli um 19 Uhr im Klex statt. Die “Baltic Sea Tour” ist ein Projekt von Atomkraftgegnern, die in verschiedene Orte und Staaten entlang der Ostsee fahren und durch Informationsveranstaltungen auf die radioaktive Verseuchung der Ostsee aufmerksam machen. Die Ostsee ist nach Angaben der Veranstalter eines der am meisten verseuchten Gewässer.

Des weiteren wolle man gegen weitere Atommülltransporte sowie für einen sofortigen Ausstieg aus der Kernenergie demonstrieren. Herzstück der Protesttage wird eine Demo gegen die Castor-Transporte am Sonntag dem 25. Juli in Lubmin sein. Vom alten Bahnhof aus wird sich um 12 Uhr ein Demonstrationszug zum Zentrallager Nord bewegen. Anschließend findet eine Abschlusskundgebung statt. Die Anreise nach Lubmin erfolgt entweder ab 11 Uhr mit dem Bus vom Busbahnhof in Greifswald aus, oder aber mit dem Fahrrad. Hierfür wird eine Fahrraddemo organisiert, die um 10 Uhr von der Europakreuzung nach Lubmin aufbricht.

Das Programm wird am Montag mit einem um 19 Uhr im Klex stattfindenden Vortrag zur Endlagerproblematik fortgesetzt. Mit einer am Mittwoch stattfindenden Demonstration durch die Greifswalder Innenstadt werden die Aktionstage ihren Abschluss finden. Der Demonstrationszug beginnt um 10 Uhr am Karl-Marx-Platz.

Brennstäbe von Forschungsreaktoren und Atomschiff “Otto Hahn”

Der nuklearbetriebene Frachter Otto Hahn in Hamburg. Die Brennstäbe werden nun in Lubmin zwischen gelagert.

Am 11. Juni 2010 wurde nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz der ein Jahr zuvor eingereichte Antrag zum Transport von fünf Behältern vom Typ CASTOR HAW 20/28 mit hochaktiven Glaskokillen von der Wiederaufbereitungsanlage in Karlsruhe nach Lubmin genehmigt.

Das ZLN “Rubenow” wurde ab 1992 als Zwischenlager für abgebrannte radioaktive Brennstoffe, Zwischen- und Abklinglagerung für Radioaktives Material und zur Behandlung von nuklearem Material eingerichtet. Die DDR errichtete allerdings bereits ab 1985 ein Lager für die Brennstäbe aus den Kraftwerken in Rheinsberg und Lubmin, nachdem die Sowjetunion nicht mehr bereit war, die Zwischen- beziehungsweise Endlagerung zu übernehmen. Das ZLN ist im Gegensatz zu den Standorten Gorleben und Ahaus in Bundesbesitz und ausschließlich dazu befugt, bundeseigene Brennstoffe einzulagern. So stammen die Brennstäbe, welche in den Castor-Behältern verwahrt sind, nach Angaben der Pressestelle der EWN aus deutschen Forschungsreaktoren in Karlsruhe und Geestacht sowie dem kernkraftbetriebenen Forschungsschiff “Otto Hahn”.

Nach der Ankunft in Lubmin werden die Behälter nach Angaben der EWN in der Halle acht eingelagert. In dieser dürfen maximal 80 Castor-Behälter für einen Zeitraum von maximal 40 Jahren gelagert werden.

Fotos: Wikimedia Commons (Gelbe Tonne), Wikipedia (Frachter “Otto Hahn”), Anti-Atom Initiative Greifswald (Atomkraft? Nein Danke!)

Anmerkung der Redaktion: Aufgrund von Hinweisen der Pressesprecherin der EWN (siehe unten) wurden aufgetretene Fehler im Text nachträglich korrigiert.

Wasserschlacht am Rubenowplatz

30 Grad Hitze, die Sonne lacht, das Semester ist vorbei. Da gibt es doch nichts schöneres, als einmal in das kühle Nass zu springen. Viele fahren nach Eldena, Lubmin oder anderswo an den Strand. Doch man kann sich auch mitten in der Innenstadt eine Abkühlung gönnen. So zum Beispiel am Rubenowplatz. Etwa vierzig Menschen nahmen heute an der vorerst größten Wasserschlacht in diesem Sommer in Greifswald teil. Unter den Wasserkriegern befanden sich nicht nur Studentinnen und Studenten, wenngleich sie deutlich in der Überzahl waren. Das spannende Schauspiel begann 14 Uhr. Der kleine Rabauke war natürlich auch mit dabei und sorgte für musikalische Unterhaltung. Als Waffen kamen Wasserflaschen, Wasserbomben und Einkaufsbeutel diverser Supermarktketten zum Einsatz. Das Spektakel dauerte etwa zwanzig Minuten – für einen Flashmob durchaus ziemlich lang, was bei diesen Temperaturen kein Wunder ist.

Der webMoritz war mit dabei und hat eine Fotogalerie zusammen gestellt.

Fotos und Galerie: Marco Wagner

Technisches Rathaus: Teilausschreibung „nicht ordnungsgemäß“

Frank Hardtke, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses

In der dritten Sitzung des Untersuchungsausschusses zum Technischen Rathaus berichtete Dr. Ullrich Bittner (Grüne), dass die Ausschreibung für die Elektrotechnik des Technischen Rathauses „nicht ordnungsgemäß“ gelaufen sei. Bei diesem Auftrag um etwa eine Million Euro sei nicht der günstigste Anbieter zum Zuge gekommen, sondern EIM. Dabei stützt er sich auf Hinweise, die diese These bestätigt hätten.  Er wolle sich noch mit dem unterlegenen Bieter in Verbindung setzen. Der Ausschuss setzte mehrere Arbeitsgruppen, die die einzelnen Kostensteigerungen von insgesamt über acht auf 13,8 Millionen Euro untersuchen soll.

“Schwerer Unterlagenwust”

Zu Beginn bemängelten viele Ausschussmitglieder, dass es schwierig sei, sich in den Unterlagen zurecht zu finden. Ausschussvorsitzender Professor Frank Hardtke (CDU) sprach von einem „schweren Unterlagenwust“. Zudem seien diese unvollständig. So vermisste Marion Heinrich (Linke) den Treuhändervertrag zwischen Hansestadt und Baubecon. Bauderzernent Jörg Hochheim (CDU) will sich bemühen, bis zur nächsten Sitzung Ende August eine „Chronologie“ in die Akten zu bringen und verwies auf die bereits vorliegenden Gegenüberstellungen der Kosten.

Auch einzelne Gründe für die Kostensteigerungen wurden deutlich. So berichtete Projektsteuerer Franz Winkler, dass in den 8,5 Millionen nicht nach der Sanierung des Dachstuhls wegen Verkleidung einbezogen wurde, wo sich später schadstoffbelastete Hölzer ergeben hätten. Anhand eines Beispiels für Beleuchtung machte Karl-Dieter Schmidt (SPD) klar, dass nicht die tatsächlichen Kosten angesetzt wurden, „sondern auf Phantasiekosten herunter gerechnet wurde“. Peter Multhauf (Die Linke) kritisierte, dass für die „Schrottimmobilie“ Alte Post der von der Post geforderte Preis einfach bezahlt wurde.

Tatsächliche Kosten auf Phantasiekosten herunter gerechnet

Neben den Kostensteigerungen gab es Streit um erbrachte oder nicht erbrachte Leistungen zwischen Hansestadt und Baubecon, die aus dem Sanierungsvermögen 420.000 Euro  mithilfe einer gefälschten Unterschrift des Oberbürgermeisters entnommen hat. Daraufhin entließ die BauBeCon Rainer Winkler, gegen den deswegen ein Strafverfahren eingeleitet wurde. Die Stadt fordert eine Rückzahlung, welche die BauBeCon verweigert. Hochheim berichtete, dass die BauBeCon als Bauherr festgelegt wurde, die Verträge im Rahmen dessen wie Grunderwerb abschließen könne. Der von der Bürgerschaft verabschiedete Treuhandvertrag sehe vor, dass die BauBeCon selbst Planungsleistungen erbringen könne, die dann gesondert abgerechnet würden.

Projektsteuerer Franz Winkler

Auf Nachfrage von Hardtke sagte Hochheim, die Freigabe aus dem Sanierungsvermögen sei von Franz Winkler erfolgt, was dieser bestätigte. Diese seien für Architekturleistungen der BauBeCon gewesen, die durch einen freien Mitarbeiters ausgeführt worden seien, so Winkler weiter. Ekkehard Brunstein, Leiter des OB-Büros und Mitglied der Bürgerschaftskanzlei ergänzte, dass der Bauauschuss darüber informiert worden sei. Auf Nachfrage wollte Hochheim zumindest nicht öffentlich sagen, wer die Rechnungen sachlich und rechnerisch richtig abzeichne. Ein Antrag auf Nichtöffentlichkeit der Sitzung wurde mit vier zu fünf Stimmen abgelehnt.

Arbeitsgruppen für einzelne Kostensteigerungen eingesetzt

Während der Ausschusssitzung war auch Karsten Stahl als Nachfolger von Rainer Winkler anwesend. Stahl ist Diplom-Geograph und seit acht Jahren bei der BauBeCon. Die nächste Sitzung findet Ende August statt. Teilweise sollen die Arbeitsgruppen erste Ergebnisse zu den Kostensteigerungen liefern und die BauBeCon soll erste Fragen beantworten. Professor Wolfgang Joecks (SPD) bemerkte abschließend: „Wir sind zu langsam!“

Fotos: David Voessing