von Felix Kremser | 25.10.2010

Werden Scully und Mulder (Anke Krüger und Sven Müggendorf) die paranormalen Geschehnisse an der Anglistik aufdecken können?
Auf unerklärliche Weise verschwinden an der Greifswalder Universität Studierende. Ein Fall für Scully (Anke Krüger) und Mulder (Sven Müggenburg). Es riecht nach Verschwörung, Manipulation und Korruption. Wer wissen möchte, inwiefern es den beiden gelingt, die rätselhaften Vorfälle aufzuklären, der muss diesen Dienstag, den 26. Oktober, um 20 oder 21 Uhr in die Kiste und sich „NoX News: The Truth Is Out There“ selbst anschauen. Der Film wurde im letzten Sommersemester unter der Leitung von Dr. Annette Brauer von circa 25 Studierenden der Anglistik und Amerikanistik gedreht. Einen Vorgeschmack gibt der Trailer.
Vor der Premiere am Dienstag sprach der webMoritz mit der Leiterin Dr. Annette Brauer und den studentischen Darstellern Mike Lange, Sven Müggenburg und Christoph Müller über die Entstehung des Films.
webMoritz: Wie ist denn jetzt nach den abgeschlossenen Dreharbeiten euer Gefühl für den Film?
Sven Müggenberg: Etwas komisch, weil wir die Szenen immer einzeln gedreht haben und somit immer nur über unsere Szenen etwas wissen. Nach Beendigung der Dreharbeiten haben wir nichts mehr vom fertigen Film gesehen. Wir wissen also auch noch nicht, wie der Film geworden ist, sondern haben nur unsere Szenen im Kopf und vertrauen auf Frau Bauers fachliche Kompetenzen.
Mike Lange: Frau Brauer ist bisher die Einzige, die weiß, wie der Film geworden ist und wir anderen sind schon wahnsinnig gespannt.
Anette Brauer: Ja das stimmt. Während meine Studierenden im August fleißig an ihren Hausarbeiten geschrieben haben, habe ich den Film auf knapp zwanzig Minuten zusammengeschnitten und bin jetzt natürlich unheimlich gespannt, wie sie den Film aufnehmen werden.
webMoritz: Das Schneiden haben komplett Sie übernommen, und wie liefen die anderen Prozesse, beispielsweise Drehbuchkonzeption und Einführung in die Kameratechnik?
Brauer: Am Anfang stand die Idee, etwas zu Conspiracy und den X-Files zu machen. Für die Entwicklung der Story haben wir gemeinsam Ideen gesammelt und dann die Studierenden in verschiedene Gruppen eingeteilt, so dass diese jeweils für einen Teil der Story verantwortlich waren.
Christoph Müller: Ja, wir hatten zunächst einen Entwurf angefertigt, in den verschiedene Ideen eingearbeitet wurden, die uns einfielen.
Brauer: Es war ein wirklich kreativer Prozess und ganz offen im Ausgang. Einige Ideen der Studierenden waren ganz schnell Teil der Story und andere brauchten etwas länger und mehrere Überzeugungsversuche.
Mike: Ich sage nur: „das“ Z-Wort… – alle lachen –
webMoritz: Vorkenntnisse waren ja nicht erforderlich für das Mitwirken beim Projekt, wie gestaltete sich also die Einführung in die technischen Aspekte?
Christoph: Ich persönlich bin schon seit Jahren ein großer Film-Fan. Ich liebe es, Filme zu schauen und mich mit ihnen zu beschäftigen, daher war für mich sofort klar, als ich von diesem Projekt gelesen habe, dass ich da mitmache.
Brauer: Ich hab’ ja keine Filmwissenschaften studiert. Wir sind alle Autodidakten. Diesmal wollten wir zum Beispiels das Arbeiten mit einer Green-Screen ausprobieren.

(v.l.n.r.) Sven Müggendorf, Dr. Annette Brauer, Mike Lange und Christoph Müller.
Christoph: Na ja, man muss aber auch sagen, dass es sich dabei nur um einen kleinen Green Screen handelt und keinen großen aus Hollywood, wo die Schauspieler immer sagen, dass das für sie eine besondere Herausforderung darstellt.
Sven: Zumal wir die Anweisungen für die Special Effects wie ganz normale Regieanweisungen verstanden haben. Es war also keine wirkliche Umstellung für uns, darauf zu reagieren.
Mike: Einige Szenen erforderten eine Choreografie und mussten oft geprobt und mehrfach gedreht werden. Wenn dann noch viel Bewegung dazukam, konnte man ganz schön ins Schwitzen kommen.
Brauer: „Das“ Z-Wort…
webMoritz: Wie gestalteten sich eigentlich die Dreharbeiten, insbesondere die Organisation und Zuverlässigkeit?
Christoph: Dank der modernen Technik verlief das eigentlich alles reibungslos per Handy und E-Mail.
Brauer: Man konnte ja ganz problemlos noch in der Nacht eine Mail schicken…
Mike: …und die wir dann natürlich auch in der Nacht gelesen haben –alle lachen-
Brauer: Und die Termine wurden an unsere anderen Lehrveranstaltungen angepasst. So haben wir eben auch mal am Wochenende gedreht, einmal sogar fast 14 Stunden, nicht Sven?
Sven: Das war am Ende des Tages schon anstrengend, aber da man dann so in der Sache drin war, empfand ich das nicht als so anstrengend und es hat sogar Spaß gemacht, zumal uns Frau Brauer auch immer mit Essen und Erfrischungen versorgt hat.
webMoritz: Auf der Homepage des Filmes ist zu lesen, dass das erste Videoprojekt bereits 2007 mit einer Hommage an „Star Trek“ begann. Wie kam es damals dazu?
Brauer: Die Idee entstand nach der universitätsweiten Ringvorlesung zum Thema Star Trek. Nur wollten wir irgendwann nicht mehr alles ausschließlich rezeptiv behandeln, sondern selbst aktiv werden. Unter den Trekkies waren Hobbyfilmer und so riefen wir dieses Projekt ins Leben. Ja, und da wir unheimlich viel Spaß beim Drehen hatten und unser Star Trek-Film so gut angekommen ist, wurde das Projekt fortgesetzt. Ich finde, wir werden von Mal zu Mal besser.
webMoritz: Und es wird auch nächstes Semester weiter geführt?
Brauer: Oh ja, wir werden sogar von der Anglistik/Amerikanistik gefördert, das heißt, dass wir wohl eine zweite Kamera und sogar einen Schneidecomputer bekommen, womit endlich die Studierenden wirklich in das Schneiden einbezogen werden können. Zusätzlich bekommen wir noch Unterstützung von Conny Loder (Anm. d. Red.: Dozentin für Englische Literatur am Institut für Anglistik), die bereits Schauspielerfahrung hat. Es wird also großes Kino beim nächsten Mal. -lacht-
Mike: Außerdem zeigen schon einige Leute, die beim aktuellen Projekt mitgewirkt haben, reges Interesse, im Sommer auch wieder einzusteigen.
webMoritz: Ebenfalls ist zu lesen, dass es in „No X News“ um das mysteriöse Verschwinden von Studierenden an der Anglistik gehen wird. Vor dem Hintergrund der Verlagerung der anglistisch-amerikanistischen Fachbibliothek in die Universitätsbibliothek während der Semesterferien und den aktuellen Vorkommnissen im Historischen Institut, erhält der Film auf diese Weise sogar hochschulpolitischen Bezug.
Mike: Wir haben uns halt mit Dingen beschäftigt, die unser Studium betreffen.
Brauer: Dass die Bibliothek in der Realität verschwand, hätten wir uns nicht einmal träumen lassen. Für uns ist das Institut ja mittlerweile Alltag, das heißt, wir nehmen es gar nicht mehr so wahr wie Außenstehende. Beim Filmen brauchten wir kaum was ändern, um eine gruselige Atmosphäre zu schaffen… -lacht-
Christoph: Ja, man musste nur genauer hinschauen, dann hat man immer schon etwas gefunden.
Sven: Es zeigt ja auch, dass eben für die Geisteswissenschaften nicht so viel getan wird oder investiert wird, wie es eigentlich sein sollte. Vor allem, wenn man den Vergleich zur Medizinischen Fakultät sieht.
Mike: Meine damalige Englischlehrerin erzählte mir, dass das Institut schon zu ihrer Studienzeit hier heruntergekommen wirkte – Und sie unterrichtete bereits an meiner Schule, als meine Mutter dort noch Schülerin war…
webMoritz: Wie verlief in diesem Zusammenhang der Kartenvorverkauf? Wurden nur Karten an Studierende der Anglistik verkauft, oder fanden sich auch Interessenten von anderen Instituten?
Brauer: Zunächst muss man sagen, dass wir den Vorverkauf für die Hälfte der vorhandenen Premierekarten dieses Jahr nur eingerichtet haben, weil wir letztes Mal einfach überwältigt waren von dem Ansturm an der Abendkasse.
Christoph: Viele Karten werden auch von unseren Freunden und Bekannten gekauft, die halt einfach kommen, weil man selbst in dem Film zu sehen ist. Und von denen sind natürlich nicht alle aus der Anglistik.
webMoritz: Könntet ihr vielleicht noch mit wenigen Worten beschreiben, was den Zuschauer erwarten wird?
Mike: Verschwörungstheorien rund ums Studium.
Sven: Ein hochbrisantes Thema eingebettet in Popkultur.
Christoph: Nachrichten einmal anders.
Sven: Expect the unexpected.
Brauer: Genau!
webMoritz: Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei der Premiere.
Das Interview führte Felix Kremser.
Foto: Felix Kremser, Poster der Veranstalter
von Torsten Heil | 18.10.2010

Der Höchstsatz beträgt nicht mehr wie bislang 648 Euro, sondern 670 Euro monatlich.
„Das BAföG ist das Herzstück der staatlichen Studienfinanzierung in Deutschland. Bund und Länder müssen das BAföG stärken und es konsequent weiterentwickeln. Stipendien und Studienkredite spielen im Vergleich zum BAföG nur eine marginale Rolle. Deshalb begrüßen wir auch, dass im Vermittlungsverfahren zum 23. BAföG-Änderungsgesetz nun eine Einigung in Aussicht steht.“ Das sagte Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks (DSW), in Greifswald. Dort veranstaltet das DSW das Jahrestreffen der BAföG-Expertinnen und -Experten aus den Studentenwerken.
Durchschnittlicher monatlicher BAföG-Förderungsbetrag liegt bei 413 Euro
„Die Studentenwerke stehen bereit, dass die 23. BAföG-Novelle ein Erfolg wird“, betont Meyer auf der Heyde. „Die Studentenwerke werden alles dafür tun, dass die nun endlich beschlossenen Verbesserungen beim BAföG rasch bei den Studierenden ankommen.“
Nach der aktuellen, 19. DSW-Sozialerhebung, für die im Sommer 2009 mehr als 16.000 Studierende befragt wurden, erhalten 23 Prozent der Studierenden Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG. Die Quote der BAföG-Geförderten ist unter den Bachelor-Studierenden mit 34 Prozent deutlich höher. Ein Stipendium erhalten derzeit 3 Prozent der Studierenden, auf einen Studienkredit greifen fünf Prozent der Studierenden zurück. Der durchschnittliche monatliche BAföG-Förderungsbetrag liegt bei 413 Euro, in Greifswald sogar nur bei 387 Euro. Das sind 50 Euro mehr als noch im Sommer 2006, als die 18. Sozialerhebung lief. „Allerdings bewegt sich die Quote der BAföG-geförderten Studierenden 2009 auf dem gleichen Niveau wie 2006“, erläutert Meyer auf der Heyde weiter.
BAföG: Wie gehts weiter?
Er sagt: „Die BAföG-Erhöhung von 2008 greift, greift aber auch nicht. Es gibt zwar mehr Geld für die Geförderten, aber es werden nicht mehr Studierende gefördert. Gerade deshalb ist nun die Erhöhung der Bedarfssätze und Elternfreibeträge zum Herbst 2010 zwingend erforderlich.“
DSW-Generalsekretär weiter: „Wir hätten uns allerdings eine deutlich höhere Steigerung der Elternfreibeträge als die vorgesehenen drei Prozent gewünscht. Dies wäre ein Signal insbesondere an die Studienberechtigten gewesen, die bisher kein BAföG erhalten, deren Eltern aber zu wenig verdienen, um das Studium ihrer Kinder zu finanzieren.“ Vier Fünftel der rund 500.000 Studierenden, die BAföG erhalten, könnten ohne das BAföG nicht studieren. Bei den geförderten Studierenden aus einkommensschwächeren, bildungsfernen Familien sind sogar 86 Prozent überzeugt, ohne die staatliche Förderung nicht studieren zu können.
„Der Problembereich ist die mittlere und untere Mittelschicht. Die Stellschraube ist der Elternfreibetrag. Wenn man also die Studierendenqoute erhöhen will, dass ist das Instrument“, erklärte Meyer auf der Heyde.

Mehr Studenten sollen vom BAföG-Beschluss profitieren.
Höchstsatz klettert von 648 Euro auf 670 Euro
Der Bundesrat hat unter der Leitung von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) der Bafög-Erhöhung am Freitag zugestimmt. Das lange Gezerre um die Finanzierung zwischen Bund und Ländern mutete zum Schluss auch seltsam an. Schließlich betonen dieselben Akteure stets die hohe Bedeutung von Bildung und Forschung für den Standort Deutschland. Damit ist die Erhöhung der Ausbildungsbeihilfe unter Dach und Fach. Der Satz für Studierende steigt um zwei Prozent, das sind 13 Euro im Monat, die Einkommensfreibeträge um drei Prozent. Damit klettert der Höchstsatz von 648 Euro auf 670 Euro. Die Altersgrenze für die Förderung von Masterstudiengängen liegt künftig bei 35 Jahren.
Wer trägt denn nun die Kosten?
Das Gesetz soll rückwirkend zum 1. Oktober 2010 in Kraft treten. Damit erweitere sich der Kreis der Bafög-Empfänger um 50.000 bis 60.000 Studierende, sagte Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Die Kosten der Erhöhung, rund 500 Millionen Euro, tragen zu zwei Drittel der Bund und zu einem Drittel die Länder.
Kommentar von Torsten Heil
Die BAföG-Erhöhung ist endlich durch. Dass jetzt im Schnitt die Ausbildungshilfe für Studierende um 13 Euro im Monat erhöht wird, ist besser als nichts. Applaus sollten die Bildungspolitiker der Länder jedoch nicht erwarten. Der Zuschlag ist mager und dürfte durch die steigenden Lebenshaltungskosten aufgebraucht werden. Selbst der BAföG-Höchstsatz reicht gerade für ein sparsames Leben aus. Mehrausgaben für Bücher, Computer und Software ist nicht drin. Deshalb müssen nicht wenige Studenten weiterhin nebenher jobben – im Unterschied zu den Gleichaltrigen, deren Eltern tiefer in die Tasche greifen können. Die viel beschworene Chancengleichheit ist ein Wunschbild – und wird es vorerst auch bleiben. Die Folgen sind bekannt: Das „Mittelschichtsloch“ wird bleiben. Die Studierendenqoute wird sich nicht erhöhen. Etliche Kinder aus Arbeiterfamilien fangen aus Angst vor den Kosten erst gar keine Akademikerkarriere an. Zudem: Die Doppelbelastung Job und Uni führt vergleichsweise oft zum Studienabbruch. Leistung muss sich wieder lohnen, lautet das Credo der schwarz-gelben Koalition – Nicht immer ganz einfach in der Bildungspolitik. Trotzdem ein begrüßenswerter Leitgedanke bürgerlicher Politik. Doch vernünftige Stipendien und Förderprogramme sind immer noch Mangelware.
Foto: Torsten Heil (DSW-Unterlagen),Archiv/ Studentenwerk (Logo Studentenwerk), Archiv/ Moritz-Magazin (Geld, Warteschlange)
von Oliver Wunder | 16.10.2010
Staubig. Wenn ich mit nur einem Adjektiv beschreiben müsste, wie Kenia so ist, würde ich nicht lange nachdenken und staubig wählen, auch wenn ein Wort alleine nie ein Land beschreiben kann. In Kenia gibt es den Staub in mindestens zwei verschiedenen Farben. Im fruchtbaren Hochland dominiert rot. In der Savanne grau. Wenn es regnet, wird der Staub innerhalb von Minuten klebrig und rutschig. Unter den Schuhen sammelt sich dann zentimeterdick der Matsch. Ansonsten ziehen sich schon nach wenigen Tagen ohne Regen große Trockenrisse durch den Boden. Schnell ist der Staub überall. In den Lungen, auf der Haut, an allen Kleidungsstücken.

Eröffnungsfeier des 13th World Scout Moot
Wenn man von Afrika redet, ist damit meist Subsahara-Afrika gemeint. Wenige Menschen haben hiermit positive Assoziationen. Zu viele Bilder und Berichte von Bürgerkriegen, Elend, Hungersnöten, Armut, Korruption und Gewalt sind aus dieser Region per Nachrichten in unsere gemütlichen Wohnzimmer transportiert worden. Auf der anderen Seite wurde uns immer wieder die großartige Schönheit der Natur und die einfache Lebensweise der Stämme gezeigt. Erzählt man dann seinen Freunden oder der Familie von einem bevorstehenden Aufenthalt in Kenia, dann wird man mit diesen Vorurteilen und geschürten Ängsten konfrontiert. „Was hat dich denn geritten, so ein Wagnis einzugehen?“ Der Grund für meinen Aufenthalt in Kenia war ein Zeltlager und sicher etwas Abenteuerlust. Außerdem fand ich, dass Backpacking die beste Möglichkeit bot, Kenia zu erkunden.
Vom 27. Juli bis 7. August 2010 fand mit dem 13th World Scout Moot in Kenia das erste internationale Großevent für Jugendliche auf dem afrikanischen Kontinent statt. Ungefähr alle vier Jahre findet diese Veranstaltung der Weltpfadfinderorganisation WOSM an einem anderen Ort der Erde statt. Das letzte Moot fand 2004 in Taiwan statt. Nach Kenia kamen dieses Jahr circa 1.800 Menschen aus 67 Ländern.
Wir waren mit 55 deutschen Teilnehmenden vor Ort, von denen ich die 21 Teilnehmenden meines Verbandes, dem Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP) e.V., betreute und die komplette Teilnahme organisierte. Das beinhaltete die Vorbereitung, ein Vortreffen, Absprachen mit den anderen beiden deutschen Subkontingenten und in der Gruppe der deutschsprachigen Kontingente, Kommunikation mit den Ausrichtern und Teilnehmenden, Planung der An-/Abreise, und dann auf dem Moot die täglichen Besprechungen aller Kontingentsleitungen. Also sehr viel Aufwand. Erst nach dem Moot begann für mich der entspanntere Teil meines Keniaurlaubs ohne viel Verantwortung und Arbeit.
Maschinengewehre trennen Reichtum und Armut

Internationaler Nachmittag auf dem 13th World Scout Moot
In international gemischten Gruppen zu je 10 Personen verbrachten die Teilnehmenden die 12 Tage des Zeltlagers. Junge Menschen von allen Kontinenten der Erde, verbunden durch die Idee der vor kurzem 100 gewordenen Pfadfinderbewegung. Das war schon eine ganz besondere Erfahrung, fast zwei Wochen mit so verschiedenen Menschen die meiste Zeit zusammen zu verbringen und ihre Kultur zu erleben. Orte und Zeit gab es dafür reichlich, zum Beispiel beim gemeinsamen Zubereiten und Kochen des Abendessens. Dabei prallten oft Welten aufeinander. Während die Teilnehmenden aus reicheren Ländern das Fleisch akribisch von Knochen, Sehnen und Fett trennten, kochten sich viele Teilnehmenden aus Kenia und anderen afrikanischen Ländern aus genau diesen Zutaten ihre Mahlzeit. Viel krasser war allerdings der Zusammenstoß zwischen den Welten am Beispiel des zentralen Zeltplatz und der direkten Nachbarschaft.
Der Zeltplatz lag nämlich am Rande Nairobis. Genau 300 Meter neben dem zweitgrößten Slum Afrikas, Kibera. Ein kleiner Streifen Wald, ein Zaun und mit Maschinengewehren bewaffnete Sicherheitskräfte trennten den Platz vom Elend. Geschätzte 1.000.000 Menschen leben hier in ärmlichsten Verhältnissen und auf der anderen Seite des Zauns, campierten die „reichen“ Eliten und warfen überflüssige Lebensmittel einfach weg.

Blick über die Wellblechdächer von Kibera
Kibera wurde auch als ein Ursprung potenzieller Bedrohung für uns angesehen. Als am 4. August das kenianische Wahlvolk über eine neue Verfassung abstimmte, wurden die Sicherheitsvorkehrungen drastisch erhöht und keiner durfte den Lagerplatz verlassen. Bei der Präsidentenwahl Ende 2007 gab es bis März 2008 Ausschreitungen auf Grund von Wahlbetrug und ethnischen Spannungen. Dabei kamen mindestens 1.500 Menschen um. Zwar verteilten sich die Ausschreitungen über das ganze Land, doch in Kibera lag ein Schwerpunkt. Zum Glück war das Votum für die neue Verfassung eindeutig und es kam zu keinem Zwischenfall. Trotzdem war besonders an diesem Tag die Stimmung im Camp etwas angespannt.
Ansonsten war das Verhältnis zu den Menschen in Kibera gut. Einige der Teilnehmenden führten soziale Projekte durch und gingen beispielsweise an Schulen und betätigten sich dort handwerklich. Allerdings waren manche dieser „Community Services“ genannten Programmpunkte recht schlecht organisiert, so gab es z.B. für 50 Personen nur drei Pinsel zum Streichen der Wände. „Hakuna Matata?“ Na ja, von wegen kein Problem. Diese organisatorischen Lücken wurden dann aber schnell durch die Spontaneität der Teilnehmenden gefüllt.
Workshops über Frieden, Gender, Umweltschutz und Gesundheit
Neben dem Community Services gab es noch andere zentrale Programmpunkte. Im „Global Development Village“ wurden Workshops zu den Oberthemen Frieden, Gender, Umweltschutz und Gesundheit durchgeführt. Zu Beginn des Moots wurden die Teilnehmenden drei Tage lang in drei verschiedenen „Expedition Centers“ aufgeteilt, um das Land besser kennenzulernen. Das schweißte sowohl die Subcamps als auch die Kleingruppen zusammen.

Matatu Busstation in Naivasha
Nach dem Moot begann dann der individuelle Teil des Urlaubs. 10 Tage waren wir nur zu sechst unterwegs und bewegten uns wie die Einheimischen per öffentlichen Kleinbussen, den Matatus von einer Stadt zu anderen. Teilweise zählte unser Matatu 23 Insassen, davon der Fahrer, der „Schaffner“ (steht an der Tür und treibt den Fahrpreis ein), drei kleine Kinder, die auf dem Schoss ihrer Mutter saßen, sowie uns sechs Mzungus (=weißer Mann auf Swahili) inklusive Gepäck. Sitzplätze hatte der Minibus allerdings nur 13.
Als Unterkünfte nutzten wir unsere Zelte auf Campingplätzen oder billige Hotelzimmer, in denen man teilweise die ganze Nacht durch von der Band nebenan wach gehalten wurde. Überhaupt lief ständig und überall laut Musik. Shakiras WM-Song „Waka Waka This time for Africa“ hat sich zu einem ganz speziellen Sommerhit für die Kenianer entwickelt. Sobald irgendwo Musik lief, war auch Shakiras Ode an Afrika dabei. Ansonsten lief viel Reggae, Dancehall und etwas Rap. Teilweise stand ein DJ an der Straße vor einem Geschäft und legte dort live auf.
Vogelparadies und schnaubende Flusspferde

Natronsee Lake Elmenteita im Rift Valley
Unsere Nachtour hatte zwei Schwerpunkte, das Rift Valley als Teil des Großen Afrikanischen Grabenbruchs mit erloschenen Vulkanen, Natronseen und hunderten verschiedener Vogelarten und als zweites die Masai Mara, das bekannteste Wildschutzgebiet Kenias. Größere Stationen waren durchwegs Städte, die mit „n“ begannen: Naivasha, Nyanhururu, Nakuru, Narok und Nairobi.
Am Lake Naivasha hatten wir eine nächtliche unheimliche Begegnung mit Flusspferden. Zwei besonders verrückte aus meiner Gruppe meinten, Hippos wären gar nicht so gefährlich wie ihr Ruf und die Warnungen vor ihnen. Als sie dann aber im Dunkeln das wütende Schnauben eines Flusspferdes hörten, liefen sie doch ziemlich schnell. Immerhin sollen die Dickhäuter für die meisten Todesfälle durch Wildtiere in Afrika verantwortlich sein.
Besonders unheimlich empfand ich es, an einer zentralen Busstation aus dem Matatu auszusteigen und von Klebestoff schnüffelnden Kindern umgeben zu sein. Ein Mzungu erregt aber in Kenia überall Aufsehen und wird anstrengend umworben, doch irgendein Produkt zu erwerben.
20°C im Winter

Gnus in der Masai Mara
Nur soviel zum Wetter: es war Winter. Das hiess, im 1.650 Meter hochgelegenen Nairobi war es tagsüber etwas über 20°C warm und nachts mit um die 10°C sehr kalt. Die ersten Nächte gab es leichte Niederschläge. In meinem „Expedition Center“ am Mt. Kenya nahe Nyeri war es auch bis in den späten vormittag nass-kühl. Wenn dann aber die Sonne durch die Wolken brach, wurde es schlagartig heiß. Das Rift Valley und die Masai Mara dagegen entsprachen schon den klimatischen Vorstellungen von Afrika. Dort war es um die 25°C und fast immer trocken.
Die Masai Mara ist wohl die bekannteste Region Kenias. Im TV ist sie immer wieder zu sehen, wenn es um die Gnuwanderung aus der Serengeti in Tansania nach Norden geht. Über 1,4 Millionen Gnus, hunderttausende Zebras, Antilopen, Gazellen und in deren Gefolge Löwen, Geparden, Leoparden, Hyänen und andere Raubtiere ziehen Ende Juli/Anfang August über den Fluss Mara nach Kenia, um dort in der dann fruchtbaren Savanne zu leben. Ab Oktober geht es wieder zurück nach Süden. Diese weltweit größte Säugetierwanderung an Land ist ein Schauspiel sondergleichen. Jährlich lockt es tausende Touristen an und ist damit einer der größten Devisenbringer der kenianischen Tourismuswirtschaft. Auch wir folgten dem Ruf der Wildnis und verfielen dann dem Zauber, als wir dort zwei Tage unserer Nachtour auf Safari waren.
Überwältigende Tierwelt

Löwin in der Masai Mara
So viele Tiere, vor allem so viele Säugetiere, gibt es sonst nur selten zu sehen. Es ist einfach überwältigend, wenn man in das „Game Reserve“ reinfährt und nach wenigen Minuten die ersten gigantischen Gnuherden sieht. Abgenagte Kadaver zeigten deutliche Spuren der nächtlichen Jagd der Raubkatzen. Hier erfüllte Kenia das Klischee von Afrika, wie es uns „Jenseits von Afrika“ oder etliche Tierdokus im TV eingetrichtert haben. An einigen Stellen im Park sammelten sich die Safariautos. Dort gab es dann immer etwas besonderes zu sehen. Meistens vollgefressene Löwen beim Schlafen.
Als ich am letzten Tag der Reise im Safaribus auf der Straße Richtung Nairobi saß, wirbelte dieser auf der unasphaltierten Piste viel Staub auf. Durch das offene Fenster war sowohl mein T-Shirt als auch mein Arm ganz rot-braun geworden. Auch das spätere mehrfache Waschen zu Hause in Greifswald brachte keinen Erfolg. Das T-Shirt bleibt weiterhin staubig. Ein Teil von Afrika klebt für immer an mir.
Fotos: Oliver Wunder // Mehr Fotos gibt es auf dem privaten Blog des Autoren.