Unser erstes Mal Fortnite

Unser erstes Mal Fortnite

Wie sind zwei Leseratten an einen Controller geraten, fragt ihr euch? Ganz ehrlich, wir hätten uns auch nie in dieser Situation vermutet, aber dann fanden wir uns plötzlich genau dort wieder – Controller in der Hand, Fokus auf dem Bildschirm mit dem Willen, so lange wie möglich durchzuhalten. Doch wie kam es überhaupt dazu, dass wir uns für den webmoritz. in die wunderbare Welt der Videospiele verirrt haben? Fangen wir von vorne an.

Von Hannah van Gerpen und Vanessa Finsel

Es war einmal während einer Redaktionssitzung…

Während einer relativ normalen Redaktionssitzung merkten unsere werten Redaktionsmitglieder, dass wir beide mit dem Begriff „Fortnite-Tänze“ so gar nichts anfangen konnten und auch nicht wirklich wussten, was in Fortnite eigentlich passiert. Daraufhin entfachte eine hitzige Diskussion darüber, ob Fortnite oder Sims das bessere Videospiel ist – ganz ehrlich, wir haben beide das letzte Mal mit 17 oder noch früher Sims gespielt, aber das tut nichts zur Sache. Lange Rede kurzer Sinn, wie können wir so vehement Sims verteidigen, wenn wir beide keinerlei aktuelle Gaming Erfahrungen haben? Unsere Computerspiel-Erfahrungen bis dahin basierten auf Sims, Mario Kart und Bibi-und-Tina-Spielen. Die einzige Lösung? Selber ausprobieren und eigene Erfahrungen machen! Also haben wir uns kurzerhand das Spiel samt Equipment von unseren professionellen Gamer-Redaktions-Buddies ausgeliehen und schon ging es ans Eingemachte. An dieser Stelle ein riesen Dankeschön an unseren Chefredakteur, ohne dessen Tipps wir ewig gebraucht hätten auszutüfteln, was all die verschiedenen Knöpfe auf dem Controller eigentlich bedeuten.. aber tbh was war x nochmal?! Wir hätten es nie von diesem komischen Bus geschafft…

Hannah: Das ist aber nicht vergleichbar mit dem Bibi-und-Tina-Spiel.

Von Pömpeln, Sternenhimmeln und Blumenwiesen

Und plötzlich ging das Spiel los…also wirklich plötzlich, wir haben nämlich beide nicht mitbekommen, wie und wann das Ganze von unserem Buddy aka Chefredakteur gestartet wurde. Die ganze Situation war eine absolute Reizüberflutung. Der erste Ort, an dem man landet, nennt sich Lobby und man weiß gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Wir haben da eine tanzende Banane gesehen!? Es war von allem ein wenig zu viel: zu viele Farben, zu viele Figuren, zu viele Tänze – was ist eigentlich der Sinn hinter diesen Tänzen? 
Man verbringt aber nicht allzu viel Zeit dort bevor das Spiel losgeht, was irgendwie auch ein bisschen blöd ist, weil man dadurch richtig wenig Zeit zum Üben hat. 
Auf einmal ist man dann in einem fliegenden Bus, von dem man runterspringen muss, damit man auf die Insel kommt, auf der das Spiel stattfindet. Alleine da runter zu kommen gestaltete sich anfangs schwierig – man muss ja erstmal die richtige Taste am Controller finden…
Auf der Insel, man mag es nicht glauben, ist es um einiges entspannter – jedenfalls wenn man, wie wir, die anderen Mitspieler*innen eher meidet und einfach mal die Natur genießt. Wir müssen zugeben, die Landschaft in dem Spiel ist echt schön. Es gibt sehr viele Blumen und wir haben sogar ein Huhn gesehen – leider ist es vor uns weggelaufen.
Aufgrund unserer Steuerungsprobleme – man muss Gucken und Laufen nämlich unabhängig voneinander steuern, was sich  für uns als kleine Schwierigkeit herausstellte – haben wir des Öfteren auch mal in den Himmel geblickt und konnten einen sehr ästhetischen Sternenhimmel betrachten.

Hannah: Oh, da sind Pflanzen!

Nessa: Das ist voll das schöne Panorama.

Für einige der Waffen haben wir zu Beginn unsere eigenen Bezeichnungen entwickelt. So heißt beispielsweise die Haftgranate bei uns Pömpel, denn sind wir mal ganz ehrlich, das Ding sieht auch aus wie ein Pömpel…Wir wissen allerdings nicht wirklich, was es kann, weil wir es nie benutzt haben.

Hannah: Jetzt habe ich einen Pömpel. 

Jan-Niklas: Das sind Granaten.

Zwischendurch waren wir auch immer mal wieder im Besitz von irgendwelchen Tränken, die aussahen wie Feentränke. Als unser Fortnite-Buddy seine Runde gespielt hat, haben wir dann gelernt, dass diese die Schutzschilde aufladen und auch wie man sie zu sich nehmen kann.

Nessa: Was machst du denn jetzt? 

Jan-Niklas: Mein Schild aufladen. 

*Nessa und Hannah komplett fasziniert und überfordert mit den Skills.*

Allgemein müssen wir anmerken, dass uns vieles einfach nicht gezeigt wurde, weil uns das angeblich überfordert hätte. Wir durften nicht mal wissen, wie man das Radio im Auto anmacht. Wo sind wir denn hier? In der Fahrschule? Also wenn etwas in dem Spiel gut bei uns funktioniert hat, dann war es Autofahren, weil das war nicht so viel anders als bei Mario Kart … nur die Berge sind wir nicht hochgekommen.

Die Hunger Games der Videospiele

Gleich am Anfang haben wir festgestellt, dass uns das ganze Spiel sehr an „Die Tribute von Panem“ erinnert. Eine bestimmte Anzahl von Menschen landet in einer Arena, ohne irgendwas bei sich zu haben, und wer zuletzt noch lebt hat gewonnen – ziemlich offensichtlich, oder? Allerdings machen die Leute in Fortnite das Ganze freiwillig, während die Tribute der Hungerspiele durch die diktatorische Regierung Panems dazu gezwungen werden.

Hannah: Das ist ja wie die Hunger Games hier.

Jan-Niklas: Das sind die Hunger Games.

Hannah: Damit kann ich umgehen.

Im weiteren Verlauf des Spielens haben wir dann immer wieder – sehr zur Verwirrung unseres Fortnite-Buddys – starke Vergleiche zu der Buchreihe gezogen. Um in dem Spiel zu überleben, braucht man (angeblich) viele Waffen – Spoiler: Man kann auch ohne sehr weit kommen. Naja, auf jeden Fall findet man die Waffen in den Häusern und sollte deshalb in deren Nähe landen, wurde uns gesagt. Dass sich diese ganze Situation aber zu einer Füllhorn-Situation entwickelt, haben wir nicht geahnt. Haymitch hatte schon Recht, als er Peeta und Katniss sagte, sie sollten das Füllhorn meiden. Das ist absolut gefährlich, an jeder Ecke steht jemand, der dich umbringen will. Ganz ehrlich, da ist es entspannter, erstmal irgendwo abseits zu landen und nach Waffen zu suchen, wenn der ganze Trubel vorbei ist. Die liegen später eh überall rum.

Außerdem ist die Arena in Fortnite wie auch die Arena der Hungerspiele von einer Art unsichtbaren Grenze umgeben. Wenn man diese übertritt, stirbt man. Während eben jene in „Die Tribute von Panem“ sich allerdings zum einen für Haymitch während seiner Spiele und für den Beginn der Rebellion gegen das Capitol als hilfreich erwiesen hat, war sie in Fortnite doch eher nervig. Weil das Ding immer weiter zusammengeschrumpft ist, haben wir es nicht geschafft, uns das Schiff anzugucken oder Motorrad zu fahren …

Unsere Stärken und Schwächen

Wie schon erwähnt, hatten wir leider kaum Zeit zu üben, bevor wir in das Spiel wortwörtlich gefallen sind. Man verbringt nämlich nur ungefähr eine Minute in der Lobby (wenn überhaupt) und müsste, um üben zu können, in der Zeit eine Waffe suchen, dann auch noch alles mit der Steuerung hinbekommen, und das Zielen meistern. Wirklich anfängerfreundlich ist das nicht … Aber wir haben immerhin die Steine zum Wackeln gebracht, als wir gegen die Hauswand geschossen haben – fanden wir super.

Jan-Niklas: Das ist die Lobby, da kannst du niemanden töten. 

Wir: Aber man kann die Steine zum Zittern bringen.

Erstmal ins Spiel gefallen, haben wir, wie gesagt, aufgrund unserer Koordinationsschwierigkeiten sehr viel Boden und Himmel gesehen. Nicht, dass wir uns beschweren würden, die Atmosphäre dort war sehr schön.

Nessa, während sie in den Himmel schaut: Oh, es ist Vollmond.

Und was sollen wir sagen, Zielen und Schießen gehört jetzt auch nicht so zu unseren Stärken. Wenn wir tatsächlich mal eine*n Gegner*in eliminiert haben, war das eher aus Zufall und wir waren selbst sehr überrascht. Das ist aber auch nicht oft passiert. In den zwei Stunden die wir gespielt haben, haben wir beide jeweils eine*n Gegenspieler*in umgebracht. Die meiste Zeit haben wir, wie unser Fortnite-Buddy es vermutlich beschreiben würde, Spaziergänge unternommen. Ab und zu haben wir uns auch in Büschen versteckt. Leider konnte man nicht auf Bäume klettern, sonst hätten wir sicher auch dort Schutz gesucht – ganz im Katniss-Style. Konfrontationen mit anderen haben wir generell versucht zu vermeiden.

Nessa, während sie von einem*er Gegner*in wegläuft: Ich will niemanden umbringen.

Unsere Taktik hat sich als gar nicht mal so schlecht herausgestellt, möchten wir anmerken. Wir haben insgesamt acht Runden gespielt und sind dreimal in den Top Ten gelandet. Einmal waren wir sogar Platz 2. Im Vergleich dazu hat unser Mentor mit Spielerfahrung es nur auf Platz 17 geschafft.

Er würde jetzt dagegen argumentieren, dass er das Spiel im Gegensatz zu uns “richtig” gespielt hätte, weil er ja auch Leute umgebracht hat und ganz viel auf den Knien herumgerutscht ist – das kann nicht gut für die Hosen sein … Aber wenn wir mal ganz ehrlich sind, haben wir das Spielsystem – es ist relativ simpel – durchschaut und Hopps genommen und dadurch so abgeräumt. Wer sind hier also die besseren Spieler*innen?

Nessa: Läufst du jetzt dahin, wo die schießen? 

Jan-Niklas: Ja wieso? 

Nessa: Das würde ich ja nicht machen.

Lehre aus dem Spiel

Nun fragen wir uns natürlich, was die Lehre des Spiels ist – ja richtig gehört, die Lehre. Wir haben uns schon während des Spiels eine zusammengereimt. So, als müssten wir eine Fabel analysieren.
Da wir das Spiel eher von hinten aufgekrempelt und unkonventionell gespielt haben. aber trotzdem durchaus erfolgreich waren, können wir sagen: Der offensichtlichste und meist gewählte Weg ist nicht immer der beste. Haymitch würde uns applaudieren. Wir haben uns geweigert, auf andere zu schießen, und uns in chaotische unübersichtliche Situationen zu bringen, nur weil es das Spiel so will. Wir haben die Ruhe in den unentdeckten Ecken genossen, haben unserem inneren Abenteurer und Kind die freie Hand gegeben. Auch wenn dies in diesem Kontext sehr hoch gegriffen ist: Mut zur Lücke, Leute, Mut zur Lücke. Unkonventionell ans Ziel war unser Motto, beziehungsweise war uns das Ziel am Anfang ja so gar nicht klar – was uns die Freiheit gegeben hat, die Welt der Videospiele ganz ohne Druck zu entdecken. 

Nessa: Ich glaube wird sind hier gerade in ’ner schwierigen Situation, Hannah. Er (Jan-Niklas) bringt die Steine zum wackeln.

Allerdings wurden wir neben unserer „good things come to those who wait“-Mentalität auch des Öfteren mit dem Problem konfrontiert, dass die anderen Spieler*innen so gar nicht auf unserer Schiene mitgefahren sind. Das hat uns dazu gebracht, eine paranoide „trust no one“-Mentalität an den Tag zu legen. Schade eigentlich, die Natur in Fortnite lädt fast zum Online-Picknicken ein. Warum nicht auch einfach mal ein Kaffeekränzchen mit anderen Spieler*innen halten, die man sonst nicht getroffen hätte? Zum Beispiel im Winter, wenn niemand vor die Tür will.

Um zum Punkt zu kommen: Baut eure eigenen Spielregeln, sowohl online als auch im echten Leben – was ist schon dabei, solange niemand verletzt wird? Nehmt euch Zeit, auch die kleinen Dinge zu sehen und erfreut euch über Blumenwiesen, eine sternenklare Nacht, den Mond und Hühner. Lasst euch von eurem Umfeld nicht zu sehr stressen und vereinnahmen. Wir kennen alle Situationen, in denen man nur noch die Abgaben sehen kann und von Abgabe zu Abgabe hetzt (lebt). Lasst euch auf Neues ein und behaltet ein offenes Mindset. Geht die Sachen auch einfach mal anders an. Krempelt die Dinge von hinten auf und nicht von vorn. Wir brauchen alle einen inneren Haymitch, der uns anfeuert, wenn wir mal unkonventionell, anders, oder etwas kindlich verspielter an eine Sache herangehen. Lasst euren inneren Haymitch frei, bringt die Steine zum Wackeln und die Bananen zum Tanzen.

Unsere Doppelklick-Karriere

Am Ende kann man sagen, dass wir trotz aller Überforderungen viel Spaß beim Spielen hatten. Würden wir das Spiel nochmal spielen? Alleine vermutlich eher nicht, und das liegt nicht nur an dem fehlenden Equipment. Dadurch, dass sich im Endeffekt immer und immer wieder der gleiche Spielverlauf wiederholt, ist es schon ein wenig langweilig. Für uns ist es nicht ganz nachvollziehbar, wie man das stundenlang spielen kann – da lesen wir in der Zeit lieber Bücher oder schauen Filme. Wir wären aber immer wieder offen, es mit Freund*innen zu spielen für Spaß und Kicherattacken. Aber sind wir mal ganz ehrlich, die hat man auch ohne Videospiele.
Das Laufen und Erkunden der Welt hat uns im Allgemeinen sehr gefallen. Vielleicht ist Fortnite einfach nur noch nicht das richtige Spiel für uns. Wir sind offen dafür, die wunderbare Welt der Videospiele weiter zu erkunden und finden: Der richtige Ort dafür ist die GamesCom. Dort könnten wir nicht nur neue Spiele austesten, sondern hätten gleich mehr als einen Experten um uns herum, die unsere vielen Fragen beantworten könnten… Was passiert nochmal beim Doppelklick?

Beitragsbild: Jan-Niklas Heil

Golf ohne Schläger, Ball und Loch, aber mit Korb?

Golf ohne Schläger, Ball und Loch, aber mit Korb?

Frisbee-Golf ist gemeinhin eher als Disc-Golf bekannt und hat sich nach nur ein paar Würfen zu unserem Lieblingsscheibenwurfsport entwickelt. Zwar ist das Wort Scheibenwurfsport ein Gebilde meiner Fantasie, der Spaß, den wir dabei hatten allerdings nicht. Und dennoch ist Frisbee-Golf für uns gleichzeitig sehr schnell sehr berüchtigt geworden und der Sport hat uns seine gefährlichen Seiten gezeigt.

Aber warum eigentlich Frisbee-Golf und nicht Disc-Golf? Meine erste Berührungen mit dem Sport hatte ich tatsächlich nicht im Park sondern in der wunderschönen, sonnigen Welt von Wii-Sports Ressort. Neben dem klassischen Golf konnte man hier auch die Golfkurse im Sinne des Disc-Golfs mit unterschiedlichen Frisbees ablegen. Zentral für diese Erfahrung ist, dass die deutsche Version von Wii-Sports Ressort (fairerweise aus dem Japanischen übersetzt) die Disziplin als Frisbee-Golf und nicht als Disc-Golf bezeichnet. Dieser Name hat sich in mein Hirn gebrannt und auch in meinem Umfeld etabliert.

Was ist so falsch an der Bezeichnung Frisbee-Golf? Tatsächlich beschreibt Frisbee ein explizites Produkt des Spielzeugproduzenten Wham-O. Für Disc-Golf werden allerdings andere Scheiben verwendet als typischen Frisbees. Disc-Golf Scheiben sind in der Regel flacher und auch kleiner. Aufgrund dieser Eigenart zieht die Disc-Golf Community diese Bezeichnung vor. Es beschreibt die Sportart einfach präziser.

Aber was genau macht man bei Disc-Golf? Das Spiel ähnelt in seinem Aufbau sehr stark klassischem Golf. Es gibt in der Regel 9, manchmal auch 18 einzelne „Löcher“, die nacheinander bespielt werden. Von einem gemeinsamen Abwurfpunkt werfen alle Mitspieler*innen ihre Disk, mit dem Ziel in so wenig Würfen wie möglich das Ziel zu erreichen. Das Ziel ist beim Disc-Golf allerdings kein Loch im Boden, sondern ein im Boden befestigter Korb. Mit einem Basketballkorb hat dieser jedoch wenig gemein. Vielmehr könnte er von weitem mit einem futuristischen Mülleimer verwechselt werden. Die Disk soll sich in den Ketten dieser Körbe verfangen und somit aufgefangen werden. Wenn das gelingt, hat man quasi eingelocht, um beim Golf-Jargon zu bleiben.

Auch gibt es – ähnlich wie beim Golf – eine Vorgabe, wie viele Würfe man brauchen sollte – das sogenannte Par. Wer mehr Würfe als diese Vorgabe braucht, bekommt zusätzliche Punkte. Wer weniger Würfe braucht, erhält Minuspunkte. Dabei ist es das Ziel mit möglichst wenig Punkten aus dem Spiel zu gehen. Sehr gute Spieler*innen sind in der Lage regelmäßig unter Par zu werfen und können somit sogar einen negativen Endstand haben.

Und wie kann man das spielen? Tatsächlich hier in Greifswald. Es gibt im Stadtpark Greifswald einen Kurs aus 9 Körber quer durch den Stadtpark (direkt hinter der Schwimmhalle). Dieser ist zu jeder Zeit öffentlich zugänglich und in der Nutzung kostenlos. Ihr benötigt lediglich eigene Disks (irgendeine Frisbee tut´s aber für den Anfang genauso gut). Auch gibt es am Startpunkt dieser Anlage ein Schild, auf dem alle wichtigen Tipps und Regeln draufstehen und auch die Pare für die jeweiligen Körbe. Wir geben den Tipp auch die Sicherheitshinweise nicht zu sehr zu unterschätzen.

Nachdem wir also als Gruppe aus 7 Menschen bestehend das Schild ausreichend studiert haben, ging es auch schon los. Schnell haben wir festgestellt, dass eigentlich niemand von uns so recht gut in dem Spiel ist. Für die ersten Löcher mit je einem Par von 3 haben wir zwischen 5-8 Würfen gebraucht. Macht aber nix, da schnell wieder geworfen werden kann. Generell wirft immer die Person, die noch am weitesten vom Korb entfernt ist, sodass alle zum einem ähnlichen Zeitpunkt einlochen. Langweilig war es zumindest nicht.

Ist das schon alles? Klingt ja einfach. Ist es auch. Was wir als Gruppe unterschätzt haben war einerseits der Wind, der uns das eine oder andere Mal einen Strich durch die Rechnung gemacht hat und andererseits der Wassergraben, der für Korb 1 und dann für Korb 3 nochmal überwunden werden muss. Man kann diesen auch umgehen, wir haben uns aber für die abenteuerliche Variante entschieden. Drei Körbe und zwei nasse Füße später haben wir uns jeweils so langsam eine Wurftechnik erarbeitet und auch in die richtige Richtung zu werfen hat meist ganz gut geklappt.

Triggerwarnung: Der folgende Abschnitt befasst sich mit Blut und Verletzungen

Zumindest die meiste Zeit, denn gerade wenn man beim ersten Wurf versucht besonders weit zu werfen leidet die Genauigkeit meist ein wenig darunter. Das mussten auch wir feststellen, nachdem eine Mitspielerin einer anderen aus nächster Distanz die Disk an den Kopf wirft, was in einer Platzwunde an der Augenbraue geendet hat. Auf einmal ergibt die Regel, dass alle hinter der werfenden Person stehen sollen sehr viel mehr Sinn. Aber zu spät. Das Spiel war damit erst einmal beendet, da wir auf dem Weg in die Notaufnahme waren. Alle Beteiligten geht es gut und der Vorfall hat uns trotz Schock nicht aus der Ruhe bringen können.

Auf jeden Fall hatten wir alle trotz des kleinen Unfalls einen riesen Spaß und werden die Partie bald beenden. Gerade bei dem mittlerweile endlich mal einladenden Wetter in Greifswald lohnt sich ein Besuch der Anlage auf jeden Fall und Frisbee-Golf erhält unsere uneingeschränkte Empfehlung. Wer weiß, vielleicht löst ja Frisbee-Golf Spike-Ball aus deutschen Parks ab und wird zur neuen Trendsportart im Jahr 2024. Ich hoffe es zumindest sehr.

Titel- und Beitragsbilder: Adrian Siegler

moritz.mikrokosmos: Was sind unsere Lieblingsspiele?

moritz.mikrokosmos: Was sind unsere Lieblingsspiele?

Diese Woche startet eine ganz neue Reihe auf dem webmoritz: Der moritz.mirkokosmos. Die Idee ist, dass wir eine Woche lang (oder auch länger) über ein großes Thema (dieses Mal: Spiele) aus verschiedensten Blickwinkeln berichten. Diese Woche sind Spiele an der Reihe. Was das bedeutet erfahrt ihr im Verlauf der Woche. Auf jeden Fall werden wir nicht nur über Mensch ärgere dich nicht berichten. Seid gespannt!

Dieser Artikel soll als Auftakt für die Reihe dienen. Daher haben wir uns gedacht: „es gibt doch keine bessere Idee als unsere persönlichen Lieblingsspiele vorzustellen.“ Darunter fallen allerdings nicht nur Spiele, die wir mit Abstand ab häufigsten gespielt haben oder mit denen wir regelmäßig den meisten Spaß hatte, sondern auch solche, mit denen wir persönliche Erfahrungen und Erlebnisse verbinden, die uns in Erinnerung geblieben sind.

Der absolute Klassiker

Erinnert ihr euch noch als ich sagte, dass wir nicht nur über Mensch ärgere dich nicht erzählen wollten. Richtig! Wir erklären euch nämlich, was ihr machen könnt, wenn ihr weder über Spielbrett, Spielfiguren noch über Würfel verfügt, dafür aber ein normales Kartenspiel dabei habt. Mau-Mau ist die Mutter aller Kartenspiele und auch die einfachste. Alle verfügen über gleichviele Karten und spielen nacheinander eine Karte, die entweder farblich oder der Form her zur Vorherigen passen. Wer nicht spielen kann, nimmt eine Karte auf. Viele Menschen spielen es mit leicht angepassten Regeln oder erfinden einige. Dennoch ist Mau-Mau wahrscheinlich das einfachste Kartenspiel, was man mit Menschen spielen kann, die noch nie eine Spielkarte in der Hand hatten. Unsere Redakteurin hat folgende Erfahrungen mit Mau-Mau:

„Mau-Mau haben meine Großeltern mir beigebracht, als ich noch im Kindergarten war und wir haben das dann immer gespielt, wenn ich bei ihnen übernachtet habe. Unsere Partien dauerten immer recht lange, da wir erst aufgehört haben, wenn der/die Erste zehn Siege erspielt hat – wer nicht mal fünf geschafft hat, steckte in der Loserzone fest. Das Spiel verbinde ich mit warmen Sommerabenden mit meinen Großeltern im Garten und deshalb wird es trotz seiner Einfachheit immer mein Lieblingsspiel sein.“

webmoritz-Redakteurin

Outdoor-Schach

Als nächstes folgt ein moderner Klassiker der familiären Gartenspiele. Wikinger-Schach – international eher als Kubb bekannt – erfreut es sich vor allem in den letzten Jahr(zenten) großer Beliebtheit. Das Schöne. Mehr als ein Set an entsprechenden Holzfiguren braucht es nicht. Anschließend räumt man – etwas weniger taktisch als herkömmliches Schach – die Figuren der*des Gegner*in von der Spielfläche. Einziges Manko: man braucht ein wenig mehr Platz für den Aufbau (Indoor wird es oft schwierig).

„Meine Familie und ich haben, seit ich klein war, jeden Sommer Wikinger-Schach gespielt. Wir haben einen großen Garten, wo wir drei oder vier Partien hintereinander gespielt haben, oder am Strand der Ostsee. Auch, wenn es jedes Mal dieselben kleinen Streitigkeiten gab („steht der König auch wirklich in der Mitte?“, „so darf man nicht werfen, das gilt nicht!!“, „die Mannschaften müssen auch mal tauschen!“), war und ist es immer noch ein Riesenspaß. Ich vebinde damit sonnige Tage, zusammen Lachen und den Klang von Hölzern, die aufeinandertreffen.“

webmoritz-Redakteurin

Der Spaß liegt in der Gemeinschaft

Was bisher aufgefallen sein sollte ist die Tatsache, dass wir anscheinend unsere Spiele nicht gerne alleine spielen, sondern mit anderen. Das ist nicht zwangsläufig der Fall. Sehr viele Spiele kann man (auch) alleine spielen. Man denke an unzählige Videospiele oder auch analoge Spiele, die alleine spielbar (oder umsetzbar) sind wie etwa Jonglieren oder Geocaching. Was aber wahrscheinlich am meisten Spaß beim Spielen bringt ist der gemeinsame Aspekt. Ähnlich beschreibt es auch unser Redakteur, der sich nicht so ganz auf ein Spiel einigen konnte:

„Mich auf ein einzelnes Lieblingsspiel festzulegen ist nicht ganz so einfach, weil es da wirklich eine Menge spaßiger und verschiedener Spiele gibt. Wenn ich mich auf ein paar Spiele festlegen müsste, dann wären es mit Sicherheit solche Spiele, die man in Gemeinsamkeit genießen kann, wie unter anderem UNO oder Lügen. Wobei der Spaß bei diesen Spielen auch sehr oft der Schadenfreude geschuldet ist. Jedenfalls waren UNO oder Lügen unter anderem Spiele, die wir in der Schule immer während der Mittagspause in wirklich sehr großen Runden miteinander gespielt haben. Dabei ist es eigentlich immer zu lustigen Momenten oder Ereignissen gekommen, weshalb ich diese Spiele auch gerne als Lieblingsspiele betiteln kann.“

webmoritz-Redakteur

Was kommt noch?

Gute Frage! In den nächsten Tagen werden euch weitere moritz.mikrokosmos Artikel zum Thema Spiele erwarten. Jedoch soll es dabei nicht nur um die Spieleklassiker gehen, die uns so einfallen und im Alltag regelmäßig bereichern, sondern auch skurrile Games, Spiele, die ihr online, offline, digital oder analog spielen könnt oder auch „Spiele“ die mit dem klassischen Zeitvertreib gar nicht so viel zu tun haben. Bleibt auf jeden Fall gespannt für diese Woche. Wir haben uns noch ein paar Ideen einfallen lassen. Außerdem dürft ihr uns gerne verraten was eure Lieblingsspiele sind und was ihr damit verbindet.

Beitragsbild: Eak K. auf Pixabay

Filmrezension: The Zone of Interest

Filmrezension: The Zone of Interest

Triggerwarnung: In diesem Artikel wird über die schweren Kriegsverbrechen im Konzentrationslager Auschwitz während des zweiten Weltkrieges gesprochen.

Die Schrecken hinter den Mauern der Konzentrationslager während des Zweiten Weltkrieges sind jedem bekannt. Der Horror, den die Gefangenen dort tagtäglich durch die Hand der Nazis durchleben mussten. Der oscarprämierte Film „The Zone of Interest“ spielt direkt vor den Mauern des Konzentrationslagers in Auschwitz und zeigt den Alltag der Familie des KZ-Kommandanten Höß.

Der Film des britischen Regisseurs Jonathan Glazer, welcher auch das Drehbuch geschrieben, hat, wurde bereits 2023 bei den Filmfestspielen in Cannes uraufgeführt. Im deutschsprachigen Raum startete der Film am 29. Februar 2024 in den Kinos. Es handelt sich bei dem Projekt um eine internationale Koproduktion zwischen dem Vereinigten Königreich, den USA und Polen. Die Hauptrollen übernahmen die beiden deutschen Schauspieler*innen Christian Friedel und Sandra Hüller.
Gedreht wurde an den Originalschauplätzen in Auschwitz. Das Haus der Familie Höß wurde für den Dreh nachgebildet und innerhalb des Hauses wurden mehrere versteckte Kameras eingebaut, was es ermöglichte, dass die Schauspieler*innen sich ohne Filmteam frei in den Räumen bewegen konnten. Es wurde außerdem während der Dreharbeiten kein künstliches Licht verwendet, damit die Szenerie nicht zu ästhetisch wirkt. 

Trailer

Die Familie Höß

Der Film begleitet die Familie Höß in ihrem alltäglichen Leben direkt neben dem Konzentrationslager Auschwitz, wie es auch wirklich stattgefunden haben könnte, denn die Charaktere im Film basieren auf historischen Personen. Der Familienvater Rudolf Höß baute 1940 im Auftrag Heinrich Himmlers das Konzentrationslager Auschwitz auf, welches aufgrund der vielen Gefangenen, die dorthin gebracht wurden, immer wieder vergrößert wurde. Täglich kamen Züge mit neuen Gefangenen aus ganz Europa. In den folgenden Jahren organisierte Höß den Massenmord der Gefangenen in den Gaskammern. Bis 1943 war er Kommandant des Konzentrationslagers. Dann wurde er abberufen und als Leiter der für die Konzentrationslager zuständigen Amtsgruppe D im SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt eingesetzt. Bereits ein Jahr später wurde er wieder nach Auschwitz zurückbeordert, um die Leitung der Massenermordung der ungarischen Juden zu übernehmen. Insgesamt starben in Auschwitz und den dazugehörigen Außenlagern mindestens 1,1 Millionen Menschen. 

Das Grundstück der Familie Höß grenzte an die Außenmauer des Konzentrationslagers. Eine künstlich geschaffene Idylle mit Blumenbeeten, einem Gartenhaus und Pool direkt neben dem Horror. Während ihr Mann tagsüber im Lager arbeitete, kümmerte sich Hedwig Höß um den Garten der Familie, befehligte ihre Bediensteten und die Gefangenen, die für die Familie arbeiteten, und zog ihre fünf Kinder auf. Machten die Gefangenen, die für die Familie arbeiteten, einen Fehler, mussten sie den Tod befürchten. In der filmischen Umsetzung droht Hedwig einem Mädchen beispielsweise damit, dass, wenn sie es wollte, ihr Mann Rudolf die Asche des Mädchen über die Felder von Babice verteilen würde. Tatsächlich wurde die Asche aus den Krematorien als Dünger für die Pflanzen im Garten der Familie benutzt.

„Rudolf nennt mich die Königin von Auschwitz.“

Hedwig Höß (gespielt von Sandra Hüller) zu ihrer Mutter (gespielt von Imogen Kogge)

Bereits zu Beginn des Films überreicht ein Häftling der Hausherrin einen Beutel mit Kleidung, darin befinden sich mehrere Stücke von denen sich die Mädchen im Hause jeweils eines aussuchen dürfen. Währenddessen geht Hedwig in das elterliche Schlafzimmer und probiert dort einen Pelzmantel an. In dessen Tasche findet sie außerdem einen Lippenstift, den sie ausprobiert, aber dann sofort wieder abwischt. Bei all dieser Kleidung handelt es sich um die ehemaligen Besitztümer von Gefangenen.

„Die Kinder der Familie und die Ehefrau trugen Kleider von Menschen, die ihr Mann und Vater vergast hatte.“

Historikerin Raphaela Schmitz (2019)

Die Familie lebte bis 1944 neben dem Lager, bis Rudolf Höß endgültig von seinem Posten dort entbunden wurde. 1945 floh die Familie nach Flensburg und Rudolf Höß verschaffte sich dort unter falschem Namen Arbeit, bis er ein Jahr später verhaftet wurde. Aufgrund seiner Kriegsverbrechen wurde Höß 1947 auf dem Gelände des Stammlagers in Auschwitz hingerichtet. Hedwig sagte als Zeugin bei den Frankfurter Auschwitzprozessen aus und gab sich dabei vor allem unwissend.

Die Idylle vor Augen, den Schrecken im Ohr

Durch die besondere Drehweise mit versteckten Kameras gibt es keinen Charakter, der besonders im Vordergrund steht oder dem die Kamera folgt. Die Zuschauenden versetzt dies in eine unbeteiligte Beobachtungsperspektive einer besonderen Art. Es ist, als würde man vom Nachbarhaus aus das Geschehen auf dem Grundstück der Familie Höß beobachten. Dadurch wird eine Distanz zu den Familienmitgliedern aufgebaut und eine persönliche Bindung könnte gar nicht erst entstehen. 

Es gibt im gesamten Film nur sehr wenige Szenen, die im Lager direkt spielen. Die Gewalt und der Horror, die sich innerhalb der Mauern des Konzentrationslagers in Auschwitz abspielen, werden nie direkt gezeigt, aber man kann sie den ganzen Film über hören. Man hört die Schüsse hinter der Mauer, während Hedwig ihrem Baby die Blumen im Garten zeigt. Man hört die Schreie der Insassen, während Hedwig sich im Gartenstuhl sonnt. Man hört das Brüllen der Wärter, während die Kinder im Garten spielen. Der Film spielt mit der Vorstellungskraft der Zuschauer*innen. Ohne den Horror direkt auf der Leinwand zu verbildlichen, werden durch die Sounds und die Filmmusik die Schrecken hinter der Mauer verdeutlicht. Diese kontrastreiche Umsetzung, in der Kinderlachen und Schüsse zeitgleich aus den Lautsprechern kommen, erschafft eine sehr bedrückende Atmosphäre. Man kann gar nicht glauben, dass das wirklich Realität war. Dass Menschen wirklich eine solch grauenhafte Ignoranz an den Tag gelegt haben und Augen und Ohren vor dem verschlossen haben, was neben ihnen geschah. 

Und plötzlich wird die Leinwand rot. Ein maschineller Sound erfüllt den Saal. Das Dröhnen wird immer lauter. Schreie vermengen sich mit den industriellen Klängen. Und dann Ruhe… Die Macher*innen des Films schaffen es auch hier durch den bloßen Einsatz von Klängen, die Schrecken von Auschwitz in den Köpfen der Zuschauer*innen hervorzurufen. Die Hintergrundgeräusche haben die wohl größte Macht im Film, denn vor allem in ihnen steckt der geschichtliche Hintergrund des Filmes. Die Geschichte, die hinter den Mauern passiert ist, die Hedwig mit Wein zuwachsen lassen will, damit man sie nicht mehr so sieht. 

Hinter der Mauer

Auch wenn sich das Gezeigte zum Großteil vor den Mauern des Konzentrationslagers abspielt, wird dennoch auch bildlich offenbart, was vor sich geht. So sieht man den Dampf der ankommenden Züge, die neue Gefangene ins Lager bringen. Man sieht die Rauchschwaden der Verbrennungsöfen. Sieht wie die Asche aus den Krematorien von einem Häftling als Dünger über die Erdbeerpflanzen verteilt wird und wie ein anderer das Blut von den Schuhen von Rudolf Höß abwäscht, nachdem dieser aus dem Lager nach Hause kommt.
In einer Szene wird Höß von anderen Männern die Funktionsweise eines Verbrennungsofens erklärt. Dabei wird von eben jenen Vertretern hervorgehoben, dass dieser besonders gut sei, da er im Dauerbetrieb eingesetzt werden könne. 
Als er einmal mit seinen Kindern im Fluss schwimmen ist, bemerkt er ein Knochenstück im Wasser, welches von den Krematorien stammt. Daraufhin sieht man, wie die Kinder von Hedwig und den Bediensteten schnell sauber gemacht werden.
Doch für Hedwig ist es ihr Traumzuhause, welches sie nicht einmal verlassen will, als ihr Mann für einige Zeit nach Oranienburg versetzt wird. 

Der Film macht deutlich, dass die Anwohner rund um die Lager gewusst haben müssen, was dort vor sich ging. Es wird gezeigt, wie Frauen die Fenster schließen und die Wäsche reinholen, wenn die Brennöfen im Krematorium laufen. Hedwigs Mutter, die zu Besuch ist, verlässt abrupt und ohne Verabschiedung das Haus, als sie scheinbar realisiert, was dort vor sich geht. Sie hinterlässt Hedwig einen Brief, den diese wütend verbrennt und daraufhin einer jungen Gefangenen mit der Einäscherung droht. 

Am Ende des Films wird das Konzentrationslager in der heutigen Zeit von innen gezeigt. Putzfrauen reinigen die Scheiben hinter, denen sich die Schuhe der Häftlinge türmen. Sie reinigen die Fußböden, und man sieht das erste und einzige Mal das Krematorium von innen. Danach springt der Film wieder in der Zeit zurück und zeigt Rudolf Höß; der Familienvater, der seinen Töchtern zum Einschlafen Gute-Nacht-Geschichten vorliest, und der Mann, der verantwortlich ist für all die Morde in Auschwitz. 

„Monster existieren, aber sie sind zu wenige, um wirklich gefährlich zu sein. Gefährlicher sind die einfachen Männer, die bereit sind zu glauben und zu handeln, ohne Fragen zu stellen.“

Primo Levi, Holocaust-Überlebender

Das Licht im Schatten

Zwischendurch taucht im Film immer wieder ein polnisches Mädchen auf, welches nachts auf den Feldern in der Nähe des Lagers für die dort arbeitenden Insassen Obst verteilt. Sie ist im Gegensatz zu der dunklen Nacht hell erleuchtet. Ihre Figur basiert auf einer polnischen Frau namens Alexandria, die der Regisseur Jonathan Glazer getroffen hat. Sie arbeitete im Alter von 12 Jahren für den polnischen Widerstand und fuhr mit ihrem Fahrrad zum Lager, um dort Äpfel zu verteilen. Glazer hat ihr diesen Film gewidmet.

„It was her bike we used, and the dress the actor wears was her dress. Sadly, she died a few weeks after we spoke.“ 

Jonathan Glazer im Interview mit The Guardian (2023)

Mein Eindruck

Der Film ist definitiv durch die Art und Weise wie gedreht wurde, von einzigartiger Natur. Ebenso möchte ich auch die schauspielerische Leistung von Sandra Hüller (Hedwig) und Christian Friedel (Rudolf) hervorheben, die die Ignoranz, Empathielosigkeit und Gefühlsarmut ihrer Charaktere absolut überzeugend dargestellt haben. Der Film ist ein Kunstwerk, das mit Farben und Klängen erschaffen wurde und das Schreckliche abbildet.

Es ist auch gleichzeitig einer der schlimmsten Filme, die ich je gesehen habe. Ich meine damit nicht schlimm im Sinne von schlecht, sondern dass dieser Film für mich vor allem emotional sehr belastend war. Ich wurde, während ich den Film geschaut habe, sehr wütend. Am liebsten hätte ich all diesen grauenhaft ignoranten Charakteren zugerufen, dass sie aufwachen und hinhören sollen und sehen, was um sie herum geschieht. Es hat außerdem ein Gefühl der Macht- und Hilflosigkeit bei mir eingesetzt, während ich vor der Leinwand saß. Das dringende Bedürfnis, den Menschen hinter der Mauer helfen zu wollen, kam auf, obwohl ich weiß, dass das gar nicht mehr geht. 

Der Film hat mich auch nachdem ich das Kino verlassen habe, nicht losgelassen, und auch während ich diesen Artikel hier schreibe, habe ich immer noch die Schüsse und Schreie im Ohr. Es ist einer dieser Filme, über den man mit anderen reden muss, nachdem man ihn gesehen hat, und ich bin sehr dankbar, dass mir das möglich war. 
Für mich hat sich im Zuge der Recherche für diesen Artikel die Wirkung des Films noch mehr intensiviert, da sich die Bedeutung einiger Szenen erst dann für mich offenbart haben. Dementsprechend nehme ich an, dass mit dem entsprechenden Hintergrundwissen die Wirkung des Filmes noch viel härter ist.

„The Zone of Interest“ ist meiner Meinung nach einer der wichtigsten Filme dieser Zeit, denn er zeigt, wie grauenhaft es ist, das Leid um sich herum zu ignorieren. Er zeigt, dass man die Augen offen halten muss, damit man das Schlimmste verhindern kann. Und vor allem durch die Szenen mit dem polnischen Mädchen wird verdeutlicht, dass auch kleine Dinge große Auswirkungen haben können. Also haltet die Augen offen, helft wo ihr helfen könnt und engagiert euch, damit Dinge wie sie im Film gezeigt werden, nie wieder passieren. Wir können die Vergangenheit nicht mehr ändern, aber die Zukunft liegt in unseren Händen.

Beitragsbild: Carlotta Silvestrini auf Pixabay

Eine Liebeserklärung an „Society of the Snow“

Eine Liebeserklärung an „Society of the Snow“

Geschichten über Katastrophen haben Menschen schon immer fasziniert. Wie überlebt man so etwas? Was würde ich tun? Kann man so was überhaupt überleben? „Society of the Snow“ nimmt sich all dieser Fragen an und bietet einen stillen, realistischen und tragischen Film der ganz anderen Art der Filmkunst.

Vielleicht gehört ihr zu denen, die von dem Unglück schon einmal gehört haben: eine uruguayische Rugby Mannschaft, die in den 70er Jahren irgendwo auf dem Weg nach Chile in den Anden abstürzt und zweieinhalb Monate in eisiger Höhe auf Rettung warten muss. Dabei sind es vor allem der Kampf gegen Hunger und Kälte, der die Lage immer hoffnungsloser macht – bis schließlich zu undenkbaren Maßnahmen gegriffen werden muss…

Ich hatte auch schon von dem recht reißerisch klingenden Ereignis gehört, mir aber nichts weiter dabei gedacht. Dann, vor ein paar Wochen, habe ich spontan auf eine Empfehlung hin ohne große Erwartungen den Film einmal angemacht – und wurde definitiv eines Besseren belehrt.

Hintergründe zum Film

Zunächst einige Eckdaten zu „Society of the Snow“ (im Original:  „La sociedad de la nieve“): Es geht in dem Biopic um die wahre Geschichte einer Rugby Mannschaft aus Uruguay, welche am 13. Oktober 1972 in den Anden abstürzt und 72 Tage überleben muss. Von den ursprünglich 45 Menschen an Bord (19 Mitglieder des „Old Christians Club rugby union Teams“, deren Freunde und Familie sowie fünf Crewmitglieder) werden schlussendlich 16 gerettet. Der spanisch produzierte Film erschien im Dezember 2023 in den Kinos und ist seit Januar bei Netflix verfügbar.

Spoiler- und Triggerwarnung!
Auch wenn die Geschichte inzwischen weltbekannt ist und die Daten überall online nachgelesen werden können, nimmt sich der Film dennoch einige stilistische Freiheiten und beinhaltet Szenen, die Spoilerpotenzial bieten könnten. Außerdem wird es um das Thema Kannibalismus gehen – bitte bedenkt das, bevor ihr weiterlest.

Absurde Normalität

Grundsätzlich stellt der Film Themen wie Freundschaft und Zusammenhalt, Glaube, Hunger und Angst in den Vordergrund. Es ist kein blutiger Hollywood-Actionschinken, sondern beschäftigt sich vielmehr mit den psychologischen und metaphysischen Aspekten des Geschehens. Der Fokus liegt dabei fast ausschließlich auf den Geschehnissen in den Anden. Wir erfahren sehr wenig von den Betroffenen vor- und hinterher, nur einige Gesprächs- und Trainingsszenen sind zu sehen, und manchmal erfolgen ganz kurze Rückblenden. Der Absturz geschieht recht zügig, ungefähr in den ersten 25 Minuten, wobei 16 Menschen bereits sterben. Dabei wird sich hier, wie auch immer wieder durch den Film hinweg, an zwei Grundsätze gehalten: simpel und schonungslos ehrlich. Es erfolgt keine bombastische Musik, keine lauten Explosionen, niemand erleidet unrealistisch anmutende Verletzungen. Doch genau das macht es so schrecklich; der Film schafft es, ein so schlimmes Thema wie das eines Flugzeugabsturzes, wobei man immer denkt: „sowas passiert nur anderen, nicht mir“, einem ganz, ganz nah zu bringen.

Den größten Teil der restlichen Zeit verbringen wir mit den Überlebenden in den Anden, beim Wrack des Flugzeugs, worin sich die Verbliebenen eine notdürftige Zuflucht vor der Eiseskälte und dem Schnee suchen. Anfangs sind sie noch zuversichtlich, dass Hilfe rasch eintreffen wird. Als jedoch nach Tagen zwar ein Helikopter über ihre Köpfe hinweg fliegt, das Flugzeug aber nicht sehen kann, da es in einer Schneise versteckt liegt, wird ihnen klar: sie sind erstmal auf sich allein gestellt. Von dort an erleben wir die Tage als genauso quälend und einsam, wie die Überlebenden es tun, verfolgen ihre verzweifelten oder zuversichtlichen Gespräche und müssen zusehen, wie die Verwundeten schreien und nach ihrer Mutter rufen.

Hunger

Im Laufe der Zeit wird die Lage immer hoffnungsloser. Weitere Menschen sterben durch Verletzungen und die eisigen nächtlichen Temperaturen (ca. -30°C bis -40°C). Durch ein Transistorradio erfahren die Überlebenden, dass die Suche erst im Frühling fortgesetzt werden wird, um die Körper zu bergen; für sie eine Nachricht, die einem Todesurteil gleicht. Ihre Körper muten vor unseren Augen immer abgemagerter an. Bärte wachsen. Die Haut verbrennt durch die Sonne, wirkt spröde und dunkel. Die Gesichter sind verhärmt, die Augenhöhlen fallen immer weiter ein. Zähne werden gelb. Die Lage spitzt sich ohne Essen immer weiter zu. Verzweifelt werden erst Schnürsenkel und das Leder der Flugzeugsitze, der eigene Schorf oder Zigaretten gegessen – bis schließlich jemand auf die Idee kommt, die toten Körper zu essen.

„There’s food out there.“

Fernando ‚Nando‘ Parrado (Agustín Pardella)

Der zunächst unvorstellbare Gedanke nistet sich immer mehr in den Köpfen ein, bis er schließlich in die Tat umgesetzt wird. Einige weigern sich zunächst, von dem Fleisch zu essen. Aber nach und nach kann niemand mehr widerstehen, und so wird diese anfangs grauenvoll anmutende Tat zur abgestumpften Gewohnheit.

Ich finde es gut, dass sich hier für eine unblutige, nicht explizite Variante entschieden wurde, denn das braucht der Film überhaupt nicht. Sünde und Vergebung werden diskutiert, denn viele der Gestrandeten sind gläubig, aber ansonsten lässt der Film das Thema sehr offen für eigene Meinungen und Schlussfolgerungen und beschränkt sich auf die Mimik in den Gesichtern. Er urteilt nicht. Später schließen die Verbliebenen sogar einen Pakt, in dem sie einander die Erlaubnis erteilen, sich essen zu dürfen, sollten sie sterben.

Diese metaphysischen Themen, gepaart mit all den anderen Ereignissen wie eine scheiternde Expedition durch die Berge wegen des schlechten Wetters, Schneestürme oder eine Lawine, die aus dem Nichts alle lebendig im Wrack begräbt und weitere acht Menschen ersticken lässt, haben mich emotional auf jeden Fall auf meine Kosten kommen lassen, und nicht zum letzten Mal habe ich mich gefragt, wie unmöglich diese ganze Geschichte eigentlich klingt.

Eine ganz andere Herangehensweise

Ich muss gestehen, dass ich nicht gedacht hätte, wie nah mir das Ganze geht. Das ist wohl vor allem auf die Technik des Regisseurs Juan Antonio Bayona zurückzuführen. Der Film sticht nämlich unter anderem dadurch hervor, dass er niemanden so wirklich in den Vordergrund stellt, mit Ausnahme des Erzählers vielleicht (zu ihm später mehr). Wie der Name verspricht, hat „Society of the Snow“ die ganze Zeit die Gemeinschaft als Ganzes im Auge. Hier geht es nicht um die Heldengeschichte einer einzelnen Person, denn alle sind Opfer des Unglücks – auf welche Weise auch immer. Und es nimmt nicht die Anteilnahme, wenn wieder jemand den Bedingungen des Berges zum Opfer fällt; im Gegenteil war ich jedes Mal sehr berührt und schockiert. Übrigens tragen alle Figuren die echten Namen der Betroffenen. Diese werden auch zusammen mit dem Alter bei jedem neuen Toten kurz eingeblendet, um ihnen Respekt zu zollen.

Generell wollten Regisseur Bayona und sein Team die Geschehnisse so real wie nur möglich darstellen. Sie recherchierten jahrelang ausgiebig, führten Interviews mit Überlebenden und Verwandten von Opfern, suchten die südamerikanischen Schauspielenden genau nach ihren echten Vorbildern aus (die meisten ohne schauspielerische Erfahrung) und drehten fast alles chronologisch, weil die Schauspieler parallel zum Geschehen bewusst Gewicht verloren.

Zudem nimmt der Film sich Zeit. Es gibt mitunter sehr lange Kameraeinstellungen auf Landschaften oder Gesichter. Gerade bei ernsten Monologen über Themen, wie Tod oder das eigene Sterben, hält die Kamera sehr lange ungerührt aufs Gesicht und verleiht dem Ganzen so eine krasse Intensität.

Außerdem gibt es wenig Filmmusik; es wird viel mit den natürlichen Tönen von Bergen, Wind und Schnee gearbeitet. Oft ist es auch totenstill. Doch wenn Musik einsetzt, unterstreicht sie vor allem die unruhige und sehr hoffnungslose Lage. Komponiert wurde sie von Michael Giacchino, der u.a. den Soundtrack zu „Up“, „The Batman“ oder „The Incredibles“ anfertigte.

Die Stimmen der Toten

Numa Turcatti ist der Erzähler des Films. Durch ihn hören wir nicht nur seine, sondern auch die Gedanken des Teams immer wieder im Voice-Over. Auch hier gibt es eine Besonderheit: Numa ist eins der Opfer, welches seine Geschichte für immer in den Bergen zurücklassen wird, dessen Stimme wir jedoch bis zum Ende des Films hören. Regisseur Bayona sagt dazu, dass er denjenigen, die es nie vom Berg zurückgeschafft haben, eine Stimme geben und deren Perspektive einnehmen wollte. Numa stirbt schließlich an einer Beinwunde, die sich infiziert, als das Wetter langsam wärmer wird. Er ist der letzte Tote des Unglücks.

„There is no greater love than to give one’s life for friends.“

Numa Turcatti (Enzo Vogrincic)

Sein Tod sorgt dafür, dass zwei der Überlebenden, Roberto Canessa und Fernando Parrado, eine erneute Expedition bei besseren Wetterbedingungen (denn inzwischen werden die Tage wieder wärmer) durch die Berge machen können mit der Hoffnung, auf andere Menschen zu treffen. Zehn Tage dauert sie, und endet auch unverhofft mit der ersehnten Rettung am 22. Dezember. Die letzte Einstellung zeigt die 16 Überlebenden, die zusammen in einem großen Krankenhauszimmer warm und geborgen zusammensitzen, während Numa ihnen im Voice-Over alles Gute wünscht.

Was bleibt

Ich musste, nachdem ich den Film zu Ende geguckt hatte, noch lange darüber nachdenken. Über den Film, aber auch die Geschichte an sich, und die verrückte Willkür des Lebens. Ich habe mir sehr viele Interviews und Making-Ofs des Films angeschaut und später Interviews mit denen, die tatsächlich in den Bergen waren und heute noch leben. Ein paar von ihnen sind sogar für einige Sekunden im Film zu sehen (z. B. als Arzt oder Arbeiter am Flughafen). Was mich auf jeden Fall beeindruckt hat: wie stark alle zusammengehalten haben und füreinander da waren. Sich beistehen, gegenseitig ärgern oder Witze reißen, selbst in so einer Situation, hat etwas unglaublich Menschliches und Tröstliches. Mit einer Kamera, die den Absturz überstand, wurden sogar Fotos während der Zeit in den Bergen aufgenommen, für die die Überlebenden posten.

„Society of the Snow“ ist einer meiner liebsten Filme der letzten Jahre geworden, nicht nur wegen der fantastischen Ensembleleistung vor und hinter der Kamera, sondern weil sich getraut wurde, Dinge einfach so wie sie waren, darzustellen und darauf zu vertrauen, dass das ausreicht, um eine fesselnde Geschichte zu erzählen.

Sometimes, this story is romanticised, but it was a horrifying tragedy. We were in hell. I mean, compared to what we went through, hell was comfortable. When fate hits you it doesn’t warn you. Fate doesn’t warn you. The best day of your life and the worst day of your life dawn the same. […] so I tell people: enjoy the present. The past is gone.

Fernando ‚Nando‘ Parrado im Interview mit euronews 2022

Beitragsbild: Maitane Azurmendi auf Wikipedia Commons

Der König des Greifswalder Deutsch-Raps

Der König des Greifswalder Deutsch-Raps

Diese Ausgabe der moritz.playlist ist eine besondere. Heute geht es um jemanden, der in seiner Musik einen unvergleichbaren Bezug zu seiner Heimatstadt herstellt. Er ist der Greifswalder Deutsch-Rapper. Der König des Greifswalder Deutsch-Raps, wenn man so will und ich habe mich mit LEX177 auf ein Interview getroffen.

Wie wir den König gefunden haben

Einleitend möchte ich aber eine Geschichte erzählen. Sie beginnt an einem Donnerstag, kurz vor 19:15 Uhr. Eine Redaktionssitzung des webmoritz. steht an. Um aber die Zeit zu überbrücken und auch um ein wenig zu socializen, werden meisten lustige Videos auf YouTube geschaut. Gut, zugegeben, meist finden nur die Chefredakteure diese lustig, das ist aber ’ne andere Geschichte. Auf jeden Fall sollte ein Video mit Bezug zu Greifswald über den Beamer flimmern. Also Greifswald in die Suchleiste eingeben und der dritte Suchvorschlag war „Greifswald Rap“. Wir wurden neugierig. Und dann fanden wir ihn. Den Track „Ich bin Greifswalder“. Zugegeben; den Reupload. Wir hatten in der Gruppe direkt einen Gedanken. Ein Interview wäre mega. Als wir dann wussten, wer der Urheber dieses Meisterwerkes ist, war klar: es wird eine moritz.playlist geben.

Wie der König zu rappen begann

Wir machen eine kleine Zeitreise ans Ende der 90er. LEX177 ist zu diesem Zeitpunkt fünf oder sechs Jahre alt. Als Geschenk seiner Schwester bekommt er das Album „Flesh of my Flesh, Blood of my Blood“ von DMX in die Finger. Nach eigener Aussage habe „er nicht geschnallt, was da erzählt wurde“. Aber gerade der „Groove und die Energie dahinter“ hatten es dem kleinen Lex angetan. Bis heute zähle DMX zu seinen absoluten Lieblingsrappern. LEX177 beginnt also schon früh mit dem bloßen Hören von Rap. Die spätere Ära um die 2000er herum war der bloße Traum für ihn.

[Die] 2000er Ära mit Eminem und 50 Cent […] war die Definition von Coolness und das wollte ich sein.

LEX177

Den Entschluss gefasst, selber mit dem Rappen anzufangen, habe er, als er „Mein Block“ von Sido in die Hände bekommen hatte. Der allererste Text aus seiner Feder ging dann auch gleich um eine ominöse Stadt mit dem Greifen, weil über seinen Block zu schreiben nach seiner Aussage keinen Sinn ergeben habe.

Was soll ich erzählen? Meine Nachbarin ist 70 und bringt uns Mittagessen vorbei, ist ja totaler Quatsch, will kein Mensch hören. Also habe ich meinen ersten Text über Greifswald geschrieben. […] Dann standen da halt so Sachen drin, wie: ich treffe mich mit meinen Freunden und wir fahren BMX.

LEX177 über seinen ersten Text

Zeitlich befinden wir uns im Dezember 2005. Erste Aufnahmen machte LEX177 2007 mit einem Headset. Thematisch ging es nach seiner Aussage amerikaorientiert zu. So wusste er, dass er das darstellen wolle, was die Amerikaner darstellen.

Ich will Wert auf Klammotten legen. Schon die Frauenthemen haben, auch mit 13, 14, [..] Ketten. Alles. Hauptsächlich Amerika.

LEX177 über seine ersten Anfänge

Aber eins war ihm damals und ist ihm heute immer noch wichtig: Dass er „keinen Scheiß erzählt“. Wenn er kein Geld habe, könne er nicht rappen, dass er Geld habe, so LEX177 weiter.

So sind damals schon die Tracks vor 2007 entstanden. Mit ein paar Freunden seien sie damals durch die Stadt gelaufen, hätten Videos gedreht und ihre Texte in die Kamera gerappt, ohne Beat, nur der rohe Rap. So hätten sie am Ende ihr Album gehabt und dieses auch auf DVD verewigt. Ab 2007 wurden dann auch die ersten Songs, immer noch mit Headset aufgenommen, für 3€ in seiner Schulklasse verkauft. Ab 2008 sind dann die ersten Tracks als Free-Download erschienen. Möglich war dies, weil LEX177 sich genügend Geld für eben erwähntes Headset zusammengespart und seine Schwester ihm Magics Music Maker geschenkt hatte.

Eigentlich ist alles immer rausgekommen. Irgendwie. Ob als CD oder als Free-Download im Internet. Irgendwie kam es immer raus.

LEX177 auf die Frage, ob Rap erst nur eine Sache für sich war oder ob er auch gleich seine Tracks veröffentlichte.

LEX177 beginnt also, erste Tracks zu veröffentlichen. Damals noch bis zu drei Mixtapes im Jahr. Dass man so viele Songs produzieren konnte, habe daran gelegen, dass man zu einem keine hauseigenen Produzenten gehabt habe und Zeit bei den Beats sparte.

Wir hatten ja keine hauseigenen Produzenten. Das heißt: wir haben uns die Beats von den Amerikanern gerippt und haben die Instrumentals heruntergeladen oder sind extra in den MediaMarkt gelaufen und haben die Maxi Single gekauft, weil meistens das Instumental da mit drauf war.

LEX177 dazu, wie ein Track damals entstanden ist

Wie heute ein Track entsteht

Heute sei die Arbeitsweise eine ganz andere. Anfangen würde es damit, das LEX177 heute keinen fertigen Beat mehr habe, sondern LEX177 baut sich ein Sample zusammen, schreibt den Text und lässt seinen Produzenten TyZe die Magie machen und einen Beat bauen.

Dann sitzt du schonmal zwischen einer und vier Stunden an nem Beat. Aufnehmen ist immer ruckzuck. Ich bin One-Taker. Aufnehmen ist ne Sache von zehn, fünfzehn Minuten. Je nachdem, ob wir viel mit Effekten arbeiten.

LEX177 über den Prozess hin zu einem fertigen Song

Mit TyZe arbeitet LEX177 seit 2015 zusammen. Die „Geheimformel“ für ihre Zusammenarbeit auf Augenhöhe sei, dass man die Meinung des anderen gelten lasse.

Er ist viel wichtiger als ich. Also da spiel ich mich gar nicht auf. Also Rapper gibt’s wie Sand am Meer, aber [nicht] so einen Produzenten. TyZe ist schon Bombe.

LEX177 über den Stellenwert von TyZe

Neben TyZe und LEX177 ist aber noch eine weitere Person an den Tracks beteiligt. Rico Scheunemann, von 25ART, als Videograph.

Heutzutage machst du ja nicht mehr die Über-High-Budget Videos. Du versuchst halt, das Beste rauszuholen mit dem, was du hast. Wir haben einfach ne stabile Kamera und wenn auch noch das Licht stimmt und die Story hinter dem Video stimmt, kann dann gar nichts mehr schiefgehen. Du brauchst nicht viel.

LEX177 auf die Frage, warum er kein riesiges Kamerateam hat

Auch sei Rico Scheunemann „ein Genie“ und liebe das Anfertigen von Musikvideos.

Früher habe ich keinen rangelassen. Da war [es] so: „Ok, Ey film mal, aber gib mir das alles. Ich schneid‘ das“. Weil ich keinem vertraut hab. Heute ist [es] so: Rico macht das schon.

LEX177 über sein Vertrauen in die Arbeit von Rico Scheunemann

Wie der König zum König wurde

Bekannt wurde LEX177 gerade in Greifswald und Umgebung durch seinen Song „Ich bin Greifswalder“. Eine Lobenshymne auf die Hansestadt. Ein Song, der nach Meinung von LEX177 gerade aufgrund des Gemeinschaftsgefühls funktioniert habe. Damals hätten sie nicht gewusst, dass der Song so funktionieren würde.

Wir haben das Video nur gemacht, weil ich Werbung für mein Album brauchte. Weil ich mein Album angekündigt habe und ich hatte noch keine Single draußen, kein Video, nichts. Und dann saß uns die Zeit im Nacken und dann war so: Kacke, was machen wir? Das einfachste was geht ist, schnappt dir die Kamera und wir rennen durch Greifswald und filmen die Stadt. Mach den „Ich bin Greifswald“-Song, „Ich bin Greifswalder“. Und er hat gezündet.

LEX177 über die Entstehung des Videos zu „Ich bin Greifswalder“

Der breiten Masse ist LEX177 gerade aber noch unter seinem alten Namen „RohlexXx“ aus Battle-Rap Turnieren, wie dem JBB oder dem JMC bekannt. Dort trat er nicht unerfolgreich an. Auch sei die Aufmerksamkeit, die ihm durch das Publikum, welches teilweise jenseits der Million lag, später vorteilhaft für Bookings geworden.

Aufgrund der JBB-Geschichte, weil das ja auch nochmal Millionen von Klicks sind, konntest du halt auch dementsprechend die Gagen anpassen und die Anfrage war halt höher.

LEX177 über die Nachwirkungen seiner Teilnahmen

Im Verlauf der Zeit wollte LEX177 aber nicht mehr nur mit Battle-Rap in Verbindung gebracht werden. Weshalb er sich zu einem drastischen Schritt entschied. Er macht einen klaren Cut. Löscht den YouTube-Kanal und ändert seinen Namen. Aus „RohlexXx“ wurde „LEX177“.

Ich wollte irgendwann mit diesem nur Battle-Rap [aufhören]. „Du kannst nur Battle-Rap“, [damit] wollte ich nicht mehr so hardcore in Verbindung gebracht werden. Es war irgendwann so: Ey, ich hab auch andere Songs. Ich kann nicht nur die Mutter von dem und dem, ich kann nicht den ganzen Tag nur batteln, ich hab auch ein bisschen was zu erzählen und das hat aber keinen Anklang gefunden. Also dachte ich: Ok, mach ich Reset.

LEX177 über seine Beweggründe

Die Entscheidung habe er sich gut überlegt und den Gedanken des Resets schon länger gehabt, aber sich dennoch die Entscheidung nicht leicht gemacht.

Ich habe schon viel länger mit dem Gedanken gespielt, mich aber nie getraut, weil da ja auch was dran hing. Ich hab den Kanal seit 2009 gehabt, da war „Ich bin Greifswalder drauf“ mit am Ende 150.000 Klicks. Das war halt für uns das Ding, für uns hier alle. Ich weiß nicht, wie viele Abonnenten, 7.000 oder so. Damals war es halt alles krass irgendwie. Und dann war aber so: Ey, ich kann jetzt den tollsten Song der Welt hochladen und dir von meinem Herzschmerz erzählen, aber es juckt dich einfach nicht, weil ich darauf niemanden beleidige oder battle, weil ich immer nur der Battle-Rapper bin und dann hab ich die Schnauze voll gehabt.

LEX177 über die Entscheidungsfindung zum Reset

Der endgültige Cut sie bei dem ersten Release bei TyZe im Studio dann passiert. Bei der „RedCup“-EP. Da habe man dann gemerkt, dass diese nichts mehr mit RohlexXx zu tun habe.

Was man noch erwarten kann

Aktuell arbeitet LEX177 im Rahmen seiner neuen EP an einem Mammutremix eines Songs mit 19 weiteren Künstlern. Daneben laufen die Arbeiten an seinem neuen Album „Zuhause“. Und natürlich dürfen auch Liveauftritte nicht fehlen. Der nächste Auftritt findet bereits am 16.03.24 in der Kulturvilla hier in Greifswald statt.

Die Top 3 Tracks des LEX177

Abschließend wollte ich von LEX177 wissen, welche seine eigenen Track für ihn persönlich die Top 3 darstellen. Die Wahl fiel auf die Tracks „Zuhause“, „Trigger“ und „Eine Millionen“.

„Zuhause“. Ein Track, der noch nicht veröffentlich ist und als Intro des demnächst erscheinenden gleichnamigen Albums dient.

„Trigger“. Ein „Rumprollsong des Grauens“, wie LEX177 ihn selbst beschreibt. Aber dies würde auf eine lustige Art und Weise geschehen mit brutal stumpfem Humor, dem er freien Lauf gelassen habe.

„Eine Millionen“. Ein Track, den LEX177 seinen Eltern widmet und bei dem das gesamte Musikvideo ein Zusammenschnitt aus alten Videos aus seiner Kindheit sind.

Meine Eltern sind alles für mich. Natürlich muss ich den Song nehmen.

LEX177 über den Song „Eine Millionen“

Abschließend bleibt mir nur, mich bei LEX177 für das Interview zu bedanken. Also, vielen Dank! Natürlich hoffen wir auch, dass wir euch einen lokalen Künstler nähergebracht haben. Kennt ihr denn noch mehr Künstler*innen? Dann schreibt sie uns gerne in die Kommentare.

Beitragsbild: Jan-Niklas Heil