Hurra, schon wieder ein Gesundheitsthema im Jahr 2020! Ja, sorry dafür, aber immerhin dieses Mal eines, bei dem ihr aktiv helfen und wirklich etwas Gutes tun könnt! Denn auch in diesem Jahr findet vom 26.10. bis 08.11. wieder der vom Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland organisierte „Vampire Cup“ statt, bei dem die Universitäten darum konkurrieren, möglichst viele Blutspender*innen zu akquirieren. Also stattet den Vampir*innen in der Blutspende doch mal einen Besuch ab und gönnt euch von den 20€ einen fetten Kürbis voller Süßigkeiten!
Um Halloween herum trennt sich die esoterische Spreu vom rationalen Weizen – die einen gruseln sich beim Gedanken an Geister und Monster, während es den anderen Angst und Bange wird, wenn sie einen Blick auf die Internetseite der Greifswalder Blutspende werfen. Dort müssen sie nämlich feststellen, dass die Spendeampel, wie bereits vor einem guten Monat, noch immer auf Rot steht und daher einige Eingriffe nicht wie geplant durchgeführt werden können. Um dem Mangel an Blutkonserven entgegenzuwirken, rief der Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) 2015 den landesweiten „Vampire Cup“ ins untote Leben, der seitdem schon viel Gutes bewirken konnte. Auch in diesem Jahr wird der Wettstreit um die größte Anzahl an Blutspenden wieder stattfinden, wenn auch natürlich unter etwas anderen Vorzeichen als in den Vorjahren: Wenn ihr zwischen dem 26.10. und 08.11. Vollblut, Plasma oder Thrombozyten spendet und vor Ort das Teilnahmeformular ausfüllt, fließt euer Blut mit in die Wettbewerbswertung ein. Dabei ist es egal, ob ihr Pharmazie oder etwas anderes studiert oder gar keine Studierenden seid, alle Spender*innen können am Wettbewerb teilnehmen. Anders als sonst müsst ihr dieses Jahr jedoch vorher telefonisch (03834-86 5478) einen Termin bei der Blutspende vereinbaren. Das ist zwar etwas unflexibler, hat jedoch den großen Vorteil, dass euch lange Wartezeiten erspart bleiben. Auch wenn ihr während der Spende selbst leider einen Mund-Nasen-Schutz tragen müsst, gibt es zur Stärkung hinterher wie gewohnt etwas zu essen und den beliebten Eistee! Und last but not least: Natürlich gibt es auch weiterhin Bares auf die Kralle der spendebereiten Werwölf*innen und sonstigen Halloween-Monster, 20€ pro Vollblut- und 25€ pro Plasmaspende.
Übrigens: Der Vampire Cup hat seine Ursprünge eigentlich außerhalb Deutschlands, nämlich bereits im Jahr 2006 in Australien, und wurde im großen Rahmen 2012 von der International Pharmaceutical Students‘ Federation (IPSF) aus der Blutstaufe gehoben. Heute kämpfen die Fachschaften innerhalb Deutschlands um die meisten Spenden, aber auch die nationalen Verbände aus 14 Ländern konkurrieren untereinander um die spendierfreudigsten Venen. In Deutschland hat sich in den letzten Jahren die Fachschaft aus Bonn als das Gegenteil von blutigen Anfänger*innen erwiesen und konnte regelmäßig den Sieg verbuchen. Mit 607 Spenden im Jahr 2018 lagen sie schon recht deutlich vor den Greifswalder Ergebnissen von 160 bis 200 Spenden in den letzten Jahren. ABER: Hochgerechnet auf die Einwohnerzahl (Bonn gut 300.000 vs. Greifswald knapp 60.000) liegt Greifswald eindeutig vor den Bonner Blutspendezahlen. Angespornt von den Erfolgen der letzten Jahre, haben es sich die Greifswalder Pharmaziestudierenden daher dieses Mal zum Ziel gesetzt, die 200 Spenden zu knacken und lassen sich deshalb auch selbst für den guten Zweck fleißig anzapfen! Die genauen Regeln für den Sieg in diesem Wettbewerb sind übrigens erstaunlich kompliziert, weshalb hier nicht weiter darauf eingegangen werden soll. Wer sich intensiver zu diesem Thema informieren möchte, kann dies entweder auf der Website des BPhD oder auf der Seite der IPSF tun.
Herbstzeit ist Pilzzeit. Und Sonntag ist Pilzsammeltag, manchmal auch unfreiwillig, wenn am Samstag Abend beim Late-Night-Shopping das Fach mit den Kulturchampignons bereits von den umtriebigen Greifswalder Kulturhungrigen leergesammelt worden war. Wie ihr trotzdem nicht unter eurem knurrendem Magen leiden müsst, lest ihr hier.
Vorab der Hinweis, dass man auf keinen Fall Pilze essen sollte, bei denen man sich nicht absolut sicher ist, ob sie genießbar sind! Falls das doch einmal passieren und es euch anschließend schlecht gehen sollte, ist umgehend ärztlicher Rat einzuholen und/oder der Giftnotruf zu konsultieren (dann ist es gut, wenn man für die Bestimmung noch einen Rest der Pilze zur Hand hat). Damit es aber gar nicht erst so weit kommt, hat das Landesgesundheitsamt die Pilzberatung ins Leben gerufen, auf deren Angebote ich weiter unten noch näher eingehen werde. Hier werdet ihr von Fachkundigen in die faszinierende Welt der Pilze eingeführt, die so vielfältig ist, dass die Namen bald knapp wurden und einige der Arten so heißen, als wäre eine sehr wütende Person durch den Wald gelaufen und hätte wahllos mit kreativen Beleidigungen um sich geworfen: “Filziger Milchling, Klapperschwamm, Vorhautzieher und Ziegenlippe!” (sind das alles echte Pilznamen oder habe ich mir davon etwas ausgedacht? Auflösung unten.) Die Ziegenlippe zumindest gibt es tatsächlich und sie ist sogar in unserer Region zu finden. Und wo Ziegenlippen sind, können Böcke nicht weit sein. Allen voran der gemeine Holzbock, die häufigste Zeckenart in Deutschland, die in bis zu 30% der Fälle den Erreger der Lyme-Borreliose in sich trägt. Schützt euch also so gut wie möglich, außer ihr habt Bock auf Antibiotika-Schlucken. (Während ich das hier schreibe, jucken mich zwei Zeckenbisse vom vergangenen Wochenende.)
So, sind jetzt alle ausreichend desillusioniert und mit Zeckenschutz eingesprüht? Dann kann es wohl losgehen: Ihr habt ein paar Leute gefragt, ob sie Lust haben mitzukommen, stattdessen wegen des „regnerischen Wetters“ zunächst einen Korb (das It-Piece der Pilzsaison, unbedingt mitnehmen!) bekommen, dann aber doch jemanden zum Mitkommen überreden können und jetzt geht es ab aufs Rad! Aber wohin eigentlich? Pilze wachsen im Wald, so weit so gut, aber wo genau denn? Und was wollt ihr überhaupt sammeln? Grundsätzlich gilt erfreulicherweise, dass in praktisch allen Wäldern in der Greifswalder Umgebung auch Speisepilze wachsen. Wer trotzdem nicht auf gut Glück losziehen möchte, kann ganz klassisch zu einem Pilzatlanten greifen oder sich wie ich eine der diversen Pilzbestimmungs-Apps herunterladen. Ich habe mich für die „Pilze App“ aus dem Play-Store entschieden und inzwischen auch die Vollversion erworben (3,99 €). Die Anwendung bietet unter anderem eine Funktion, mit der man sich anzeigen lassen kann, welche Pilze zuletzt in der Umgebung gefunden wurden. Südlich von Greifswald waren das zum Beispiel Steinpilze und Gold-Röhrlinge. Die App beinhaltet außerdem einen “Pilzführer”, in dem aktuell 212 Arten aufgeführt sind. Mit diesem geballten Wissen seid ihr jetzt also wirklich gewappnet und fahrt los in den Wald eurer Wahl. Bei mir war das in letzter Zeit Ludwigsburg, weil man das Pilzesammeln so mit einem Strandspaziergang verbinden kann. Im nachfolgenden GIF seht ihr übrigens einen regionaltypischen Lubminer (Atom-)Pilz, der für den Geschmack der Allgemeinheit allerdings eher ungenießbar ist (überspitzte Darstellung):
Wenn ihr im Wald angekommen seid, wird es Zeit, den Spruch vom Facebook-Titelbild eurer verrückten Großtante in die Tat umzusetzen und die ausgetretenen Pfade zu verlassen, um die Pilzreviere zu finden. Bei klassischem Herbstwetter solltet ihr dann bereits nach einigen Metern vielerorts Pilze finden können. Falls nicht, verliert trotzdem nicht den Mut und sucht einfach weiter, irgendwann findet ihr sie! Wenn man dann vor dem ersten Pilz steht, merkt man, dass man absolut keine Ahnung hat. Irgendwie sieht der ja schön aus und lecker auch, außerdem duftet er gut. Also muss er giftig sein, oder? Grundsätzlich ist für Laien die Faustregel hilfreich, sich an Röhrenpilzen (und nicht an Lamellenpilzen) zu orientieren. Ein großer Teil der Röhrenpilze ist essbar. Aber wir sind ja nicht unvorbereitet gekommen und haben moderne Technik zur Hand. Die Bestimmung in meiner App kann über zwei verschiedene Wege durchgeführt werden. Die erste Option ist die manuelle Eingrenzung. Dafür muss ich den Fruchtkörper beschreiben, die Umgebung in der ich mich befinde, die Größe des Pilzes und das Aussehen des Hymenophor (Sporengebers). Meist bleiben dann etwa 5 bis 10 Pilzarten übrig. Schon mal ein großer Fortschritt gegenüber 212, aber auch mit relativ viel Arbeit verbunden. Also lieber Option 2, die App erkennt den Pilz mithilfe der Kamera automatisch. Sobald die Analyse fertig ist, schallt aus dem Handy ein “Hallelujah!” im Chor durch die Bäume. Naja, wie man in den Wald hineinruft… Aber was bedeutet das jetzt? Lustigerweise: Überhaupt nichts. Auch wenn ihr gerade einen Fliegenpilz gescannt habt, habt ihr den Engelschor geweckt. Will er euch etwa zu sich rufen? Also lieber Ton aus und die Waldeinsamkeit fernab der Greifswalder Bluetooth-Boxen genießen. Auch in der automatischen Analyse werden euch meist etwa 5 Arten vorgeschlagen. Letztlich läuft es also erneut auf das eigene Auge hinaus, aber wenn die App bei einem Pilz nur essbare Optionen vorschlägt, hatte ich bisher auch noch keinen giftigen dabei. Wenn ihr glaubt, einen Pilz erkannt zu haben, könnt ihr ihn in der App im „Pilztagebuch“ markieren. Und wenn ihr euch dann so sicher seid oder er euch einfach so gut gefällt, dass ihr ihn mitnehmen wollt, solltet ihr versuchen, ihn möglichst schonend zu lösen. Am besten gelingt das mit einem Messer. Ohne Messer dreht man ihn am Stiel heraus, auf diese Weise kann der Pilz wieder nachwachsen. Eure gesammelte Beute solltet ihr in einem Korb transportieren. Das sieht nicht nur sehr romantisch aus, sondern verhindert durch die gute Belüftung auch, dass sie matschig oder gar schimmelig (hmm, lecker, Pilz mit extra Pilz!) wird.
Wenn der Korb immer voller und der Magen gleichzeitig leerer wird, kommt irgendwann der Punkt, an dem die Stimmung umschlägt und man sich wieder auf den Heimweg macht. Die Entscheidung, ob die Pilze im Topf, der Pfanne, im Backofen, auf dem Grill oder eben doch im Müll (weil ungenießbar) landen, sollte man allerdings wie oben beschrieben auf keinen Fall dem knurrenden Bauch überlassen. Deshalb sollte für Laien den Abschluss eines erfolgreichen Sammeltages immer der Besuch bei der Pilzberatung bilden. Mecklenburg-Vorpommern ist das einzige Bundesland, das eine gesetzlich geregelte Pilzberatung mit amtlichen Lehrgängen ins Leben gerufen hat, und entsprechend gut ausgebaut ist die Beratungsstruktur hier erfreulicherweise auch. In Greifswald bieten Ehrenamtliche jeden Samstag und Sonntag im Oktober von 16-17 Uhr im Pavillon direkt rechts am Eingang des Arboretums eine fachkundige Beratung an. Hier erfahrt ihr von Expert*innen, was ihr gesammelt habt und dabei werden euch oft genug Überraschungen (auch im positiven Sinne!) erwarten. Außerdem erzählen euch die Berater*innen gerne mehr über eure Funde und geben Tipps für die Bestimmung und auch für die Pilzsuche selbst. Und wenn ihr einmal unter der Woche Heißhunger auf frische Pilze entwickeln solltet, stehen euch in Greifswald drei zusätzliche Pilzberater*innen nach telefonischer Absprache mit fachkundigem Rat zur Seite. Die Liste mit den Kontaktdaten und weitere Informationen zur Pilzberatung in Mecklenburg-Vorpommern findet ihr hier. Nach dem Besuch bei der Pilzberatung fühlt man sich meistens (weil im Vergleich zu den Expert*innen) noch unwissender als vorher und ist vielleicht auch ein bisschen traurig, eventuell einen Teil der Pilze wegwerfen zu müssen, hat aber viel Neues gelernt und kann sich nun auf eine bekömmliche und leckere selbst gesammelte Mahlzeit freuen! In diesem Sinne:
Viel Spaß beim Sammeln und guten Appetit!
Auflösung: Die oben erwähnten Pilzsorten gibt es tatsächlich alle und noch viele weitere mit ebenso schönen Namen, von denen Ulrich Roski (selbst mit 70er Pilz auf dem Kopf) einige in seinem Lied „Des Pudels Kern“ humorvoll besingt.
Titelbild: adege auf Pixabay Beitragsbilder: Lilli Lipka und Philipp Schweikhard
Wer schon einmal als Patient*in “in die Röhre“ musste und danach einen Blick auf die radiologischen Aufnahmen geworfen hat, wird sich vermutlich gefragt haben, wie man auf den komplexen Bildern überhaupt irgendetwas erkennen können soll. Und manchmal ist es selbst für erfahrene Radiolog*innen schwer, die richtige Diagnose zu stellen. Künstliche Intelligenz verspricht Unterstützung dort, wo das menschliche Auge nicht mehr weiter weiß und könnte in gar nicht mehr allzu ferner Zukunft auch einzelne Aufgaben in der Medizin gänzlich übernehmen. Wie das technisch funktioniert, wie der weitere Weg aussehen könnte und auch was das überhaupt für uns als Patient*innen, Ärzt*innen und Gesellschaft im Ganzen bedeutet, soll in dieser Vortragsreihe für alle verständlich besprochen werden. Den Anfang machen Herr Prof. Kaderali vom Institut für Bioinformatik und Frau Dr. Kromrey von der Radiologie der Universitätsmedizin Greifswald.
“KI in der Medizin – Einführung” – Prof. Kaderali, Institut für Bioinformatik der UMG “KI zur Verbesserung der Bildqualität in der Leber-MRT” – Dr. Kromrey, Institut für Diagnostische Radiologie und Neuroradiologie der UMG Montag, 12.10.2020, 10:00 Uhr
Zum Hintergrund der Veranstaltungsreihe:
Die Radiologie wird am 8. November diesen Jahres 125 Jahre alt. An diesem Tag im Jahr 1895 entdeckte Wilhelm Conrad Röntgen die nach ihm benannte Strahlung und legte damit den Grundstein für ein diagnostisches Fachgebiet, das seither aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken ist.
Seit der Entdeckung der Röntgenstrahlung hat sich einiges getan: In den 1940er Jahren wurde das radiologische Repertoire um den Ultraschall ergänzt, weitere wichtige Meilensteine waren die Entwicklung der Computed Tomography (CT) sowie der Magnetresonanztomografie (“MRT”) in den 1970er Jahren. Das CT wurde übrigens gänzlich unkonventionell entwickelt: Der Elektrotechniker Sir Hounsfield der Plattenfirma EMI, die damals aufgrund des enormen wirtschaftlichen Erfolgs der Beatles eine ordentliche Summe Geld zur freien Verfügung hatte, durfte sein Arbeitsfeld ganz nach seinem Interesse wählen, erfand das CT und gewann schließlich sogar den Nobelpreis für Medizin. Viele dieser Neuerungen wären ohne die parallele Entwicklung im IT-Bereich nicht möglich gewesen und so zählt die Radiologie mit ihren knackigen 125 Jahren definitiv zu den “Digital Natives” der Medizin. Kein Wunder also, dass das Institut für Diagnostische Radiologie und Neuroradiologie der Universitätsmedizin Greifswald heute ausschließlich digital arbeitet. Das liegt auch daran, dass mithilfe von Fördergeldern der Euroregion POMERANIA und in Kooperation mit der Pommerschen Medizinischen Universität Stettin seit inzwischen fast 20 Jahren ein grenzübergreifendes Telemedizin-Netzwerk geschaffen werden konnte.
Anlässlich der Covid-19-Pandemie wurde nun im Rahmen der POMERANIA-Förderung ein neues Projekt ins Leben gerufen, um die vorhandenen überregionalen Strukturen auch während der Krisenzeit zu stärken. Die Universitäten Greifswald und Stettin haben das zum Anlass genommen, nach der Digitalisierung der bildgebenden Verfahren nun den nächsten Schritt anzugehen und die Anwendung von künstlicher Intelligenz in der Radiologie zu erforschen. Den Auftakt dafür bilden Planungsbesprechungen und diese Vortragsreihe, die über die eigens dafür geschaffene Plattform für alle Interessierten pandemiegerecht digital zugänglich sein wird. In den Vorträgen wird es um grundlegende Prinzipien in der Nutzung von künstlicher Intelligenz gehen, es sollen aber auch ganz konkrete praktische Anwendungsmöglichkeiten präsentiert und die Bedeutung dieses komplexen Themas für uns alle als Teil des Gesundheitssystems in der Medizin der Zukunft besprochen werden.
Schaut also gerne mal rein!
Die Termine für die Vorträge sind im Abstand von etwa 3 Monaten getaktet: Montag, 12.10.2020 um 10:00 Uhr Montag, 11.01.2021 um 10:00 Uhr Montag, 15.03.2021 um 10:00 Uhr Montag, 14.06.2021 um 10:00 Uhr
Beitragsbild: Pixabay Röntgenaufnahme: Historische Aufnahme von Wilhelm Conrad Röntgen
Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns sieben Tage als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.
Normalerweise beschränkt sich mein alltäglicher Bewegungsradius auf die 2 Kilometer um meine Wohnung herum, nämlich die Wege zur Klinik und in die Innenstadt. Im Sommer fahre ich nachmittags auch mehrmals pro Woche mit dem Fahrrad an den Strand nach Wampen. Morgens musste ich bisher aber noch nie regelmäßig Strecken über 2,5 Kilometer zurücklegen und bin, was meine Ausdauer angeht, gerade nach der Corona-Lockdown-Zeit auch entsprechend untrainiert. Im Rahmen des Blockpraktikums habe ich jetzt zwei Wochen in einer hausärztlichen Praxis in Kemnitz verbracht und musste dafür täglich die 11 Kilometer zwischen der Praxis und meiner Wohnung mit dem Fahrrad absolvieren. Wie das so gelaufen ist und ob ich mir vorstellen könnte, regelmäßig morgendliche Fahrradtouren zu unternehmen, könnt ihr in dieser Folge von „umgekrempelt“ nachlesen.
Tag 1 – Sonntag
Ich habe mein postprandiales Mittagstief überwunden, die Reifen aufgepumpt, die Kette geölt und fahre die Strecke nach Kemnitz jetzt einfach mal ab, um zu gucken, wie viel Zeit ich morgen in etwa einplanen muss. Der Hinweg ist entspannt, ungefähr eine halbe Stunde bin ich unterwegs; hätte gedacht, dass es windiger sein würde. Ziemlich viele Leute tummeln sich auf dem Radweg, aber gut, es ist Sonntag Nachmittag bei bestem Wetter. Hätte ich vorher bloß mal geguckt, wo genau die Praxis in Kemnitz eigentlich liegt. Ich spreche einen Mann an – Glück gehabt, kein Touri – und er kann mir sogar weiterhelfen und den Weg zur Praxis zeigen. Umso besser: Sie liegt nah am Ortseingang! Die Erklärung für die entspannte Hinfahrt trifft mich dann auf dem Rückweg direkt in Form einer Windkante, sobald ich den Ort verlassen habe. Zurück brauche ich eine knappe Dreiviertelstunde und bin vollkommen verschwitzt, als ich zuhause ankomme. Das kann morgen früh ja heiter werden; ich bin echt kein Morgenmensch und soll um 7:45 Uhr da sein. Mal gucken, was mein Körper so zum ersten Frühsport seit Jahren sagen wird. Abends werfe ich noch einen kurzen Blick auf den Wetterbericht. Für die ganze Woche sind gut 20 °C und leichter Wind aus Südwesten angesagt. Beste Bedingungen also. Glück gehabt!
22 km von 132 km absolviert.
Tag 2 – Montag
Jetzt wird es ernst! Eigentlich wollte ich mit etwas zeitlichem Puffer in meinen ersten Praktikumstag starten, aber natürlich ist es wieder nach 1 Uhr geworden, bis ich im Bett war und jetzt, nach viermaligem Snoozen, habe ich mir nur noch fix ein bisschen Müsli und Orangensaft reinziehen und Tee in den Thermosbecher gießen können. Wie warm muss ich mich eigentlich so anziehen? Draußen ist es relativ frisch. Ich entscheide mich für ein langärmeliges Shirt, eine Strickjacke und darüber die Regenjacke, man kann ja nie wissen … Und auf geht’s, inzwischen ist es schon 7:14 Uhr! Meine erste Erkenntnis: Ich hatte ganz vergessen, wie viele Schulkinder morgens die Radwege verstopfen. Aus dem Weg, ich habe es eilig! Meine Klingel hatte schon lange nicht mehr so viel zu tun. Als ich in Eldena angekommen bin, wird es lichter auf dem Radweg. Nachdem ich das Ortsschild an der Ausfahrt nach Greifswald passiert habe, habe ich den Weg ganz für mich. Ab hier ist es fast schon idyllisch, wenn man sich statt der Motorengeräusche auf der Straße links neben mir einfach das Meeresrauschen vorstellt. Auf der anderen Seite liegen abwechselnd Felder und kleine Waldstücke und die Sonne strahlt mich an. Das macht sich bald auch unter meiner Regenjacke bemerkbar, denn es wird ziemlich heiß. Ich bin aber zu spät dran, um anzuhalten und sie auszuziehen, also heißt es, die Schweißporen zusammenzukneifen und weiterzufahren. Als ich um 7:48 Uhr ankomme, bin ich wieder komplett verschwitzt, aber sonst fühle ich mich gut und kann mir ja jetzt zum Glück meine Arbeitsklamotten überziehen. Und nach dem Praxisrundgang erstmal noch eine Weile warten. Die Sprechzeiten beginnen nämlich erst um 8:30 Uhr und bis jetzt ist noch nichts los, also esse ich im Garten ein paar Weintrauben. Ab morgen darf ich zum Glück dann erst zu 8:30 Uhr kommen. Nach einem ruhigen, aber lehrreichen ersten Praktikumstag mache ich mich mittags ganz entspannt auf den Rückweg und lasse die Strecke auf mich wirken, während ich meditativ in die Pedale trete. Wirklich ein schönes Land, in dem wir hier leben!
44 km von 132 km absolviert.
Tag 3 – Dienstag
Ich bin einfach nur müde. Der zweite Morgen der Woche ist immer der schlimmste, weil die Schlafreserven vom Wochenende aufgebraucht sind. Trotzdem komme ich heute besser los und habe bei Rückenwind eine Dreiviertelstunde Zeit. Dieses Mal habe ich vor dem Aufbruch die Lüftungsreißverschlüsse an meiner Jacke aufgemacht und es ist etwas bewölkt. So fährt es sich auch bei gut 20 km/h noch sehr entspannt. Obwohl ich eigentlich kein Freund vom Radfahren mit Kopfhörern bin, werde ich mir für morgen wohl doch ein Hörspiel aufs Handy ziehen (das Mobilfunknetz auf dem Dorf ist wie erwartet grottig), irgendwie würde das gut in die Atmosphäre passen. Heute bin ich 10 Minuten zu früh da, außerdem sehr locker und gut gelaunt. Normalerweise habe ich morgens immer einen ziemlichen Durchhänger, wenn ich irgendwo hinmuss, aber die größere Distanz selbst oder das durch die Strecke bedingte Mehr an Zeit, um in Gang zu kommen, scheinen da zu helfen. Mal gucken, wie das in den nächsten Tagen so aussehen wird. Der Rückweg ist heute etwas anstrengender als gestern, weil es doch ziemlich windig ist. Aber nachmittags, so ganz ohne Druck, fährt es sich dennoch sehr angenehm.
66 km von 132 km absolviert.
Tag 4 – Mittwoch
Nach dem guten Timing von gestern bin ich fahrlässig geworden und fahre diesmal wieder viel zu spät los. Heute Morgen hat es kurz vor dem Aufbruch ein bisschen geregnet und ich bin nochmal hoch und habe mir meine Regenhose übergezogen. Dumme Idee, jetzt habe ich nur noch 25 Minuten und bin schon in Eldena komplett blau, weil es aufgehört hat zu regnen und dementsprechend nun viel zu warm ist. Die Kopfhörer habe ich natürlich auch wieder nicht mitgenommen, aber da ich jetzt einen Schnitt von über 30 km/h fahren müsste, um pünktlich anzukommen, wäre ein bisschen motivierende Musik gar nicht übel – irgendwer, der mich anschreit oder so. Mit den Armen auf dem Lenker liegend zu fahren fühlt sich ein bisschen an wie in Bladerunner und sieht bestimmt auch super cool aus, wenn ich die Blicke aus dem Gegenverkehr richtig deute. Nur ungünstig, dass ich mit den Händen so nicht an die Bremsen komme. Aber egal, ich habe eh keine Zeit zum Bremsen! Als ich 5 Minuten zu spät in der Praxis ankomme, lasse ich meinen verschwitzten Körper in den Stuhl hinter dem Schreibtisch fallen, während schon die ersten Patient*innen in die Sprechzimmer strömen. Hoffentlich muss ich jetzt nicht viel reden, aber ein guter Arzt sollte ja sowieso eher zuhören, das dürfte also wohl auch für Medizinstudierenden gelten. Nach ein paar Minuten habe ich mich wieder erholt und fühle mich jetzt viel leichter und aktiver als erwartet. Mittags fahre ich nachdenklich nach Hause und trete kräftig in die Pedale, bis meine Oberschenkel anfangen zu schmerzen. Die angenehm-monotone Pedalbewegung und der graue Asphalt, der Meter für Meter unter mir vorbeizieht, helfen, meine zerstreuten Gedanken etwas zu sortieren. Heute war ich bei meiner ersten Leichenschau und es fällt mir gerade ziemlich schwer, das schöne Wetter zu genießen. Seltsam, wie weit Realität und Wahrnehmung manchmal auseinanderliegen können.
88 km von 132 km absolviert.
Tag 5 – Donnerstag
Gestern Abend war noch verdammt viel zu tun und ich habe es beim Einschlafen schon befürchtet: Migränetag. Heute früh steige ich nicht aus dem Bett und ganz sicher nicht aufs Fahrrad. Zum Glück findet die Redaktionssitzung heute Abend über Jitsi statt.
88 km von 132 km absolviert.
Tag 6 – Freitag
Heute sieht es besser aus als gestern, aber gut ist trotzdem anders. Deshalb habe ich meinen Wecker etwas früher als sonst gestellt, um möglichst gelassen in den Tag starten zu können. Mit 50 Minuten auf der Uhr und leichtem Südwestwind im Rücken fahren sich die 11 Kilometer dann auch sehr angenehm und leicht. Dank Sonnenbrille komme ich mit etwas zeitlichem Puffer und motiviert ohne Kopfschmerzen in der Praxis an. Heute ist nicht viel los, also darf ich mich etwas früher als sonst auf den Heimweg machen. „Hoch die Hände, Wochenende!“ lautet jetzt die Devise, für mich aber nicht auf dem Fahrrad – freihändiges Fahren gehört nicht wirklich zu meinen größten Stärken und ich will das Wochenende ja nicht in der Notaufnahme beginnen. Das Wetter zeigt sich heute wieder einmal von seiner besten Seite und mit dem Kopf frei fürs Wochenende habe ich Zeit, meinen Blick auf die faszinierende klassische vorpommersche Architektur der Bushaltestellen auf meinem Weg zu richten. Wie in Stein gehauene Relikte einer vergessenen Nahverkehrskultur stehen sie als Landmarken am Feldrand. Ein roter Schriftzug auf weißem Putz schmückt die Innenseite der Haltestelle in Kemnitz-Meierei: „Fotze“. Schlichte Eleganz. In Greifswald angekommen, bin ich inzwischen ziemlich hungrig und kann nur mit einiger Mühe dem Grillduft widerstehen, der so verlockend ist, dass ich der Nase nach sogar von meiner gewohnten Route abfahre, nur um mich kurz vor Burger King doch noch umzuentscheiden und mich auf den Weg zu meinem prall gefüllten Kühlschrank zu machen. Aber so kann ich heute immerhin mal wieder an meiner alten Schule vorbeifahren, die jetzt endlich ein neues Gebäude bekommen wird.
110 km von 132 km absolviert.
Tag 7 – Samstag
Nach einer langen Kulturnacht mache ich heute einen Ruhetag vom Fahrradfahren und schlafe aus.
110 km von 132 km absolviert.
Fazit
Die täglichen Radtouren haben sich als deutlich machbarer erwiesen, als ich es erwartet hatte. Es mag auch an der Wochenendstimmung liegen, aber ich fühle mich heute subjektiv fitter als zu Beginn der Woche und habe mehr Energie. Außerdem bin ich unter der Woche am frühen Morgen viel aktiver gewesen, als ich es sonst bin. Ich überlege, wie ich trotz meiner späten Schlafenszeiten und meiner Morgenmuffelei auch in Zukunft irgendwie Frühsport in meinen Tagesablauf einbauen könnte und freue mich schon auf die zweite Praktikumswoche. Trotzdem würde ich aus einem einfachen Grund ungerne so weit von meinem Arbeitsplatz entfernt wohnen: Im Winter dürfte es keinen großen Spaß machen, sich täglich 22 km durch Dunkelheit und Schnee zu quälen, weder mit dem Fahrrad noch mit dem Auto (oder dem Bus, haha). Und ein weiteres Gegenargument habe ich während dieser Woche bereits zu spüren bekommen: Wenn man sich körperlich einmal nicht gut fühlt, sind weite Strecken ein echtes Problem. Ich habe mein Fahrradpensum nicht ganz geschafft, aber trotzdem fühlt sich die Woche auch wegen des Radfahrens wie ein Erfolg an.
Namensgebend für diesen Basilikum-Eistee ist sowohl sein unverkennbar-verkennbares Aussehen als auch die Tatsache, dass sich dieses Getränk perfekt zum Mixen von Longdrinks eignet, die man sich hier in Greifswald nun mal standesgemäß am Museumshafen einverleibt! Außerdem gewinnt ihr durch die Frage „Möchtest du einen Schluck Ryckwasser probieren?“ kombiniert mit dem Unter-die-Nase-Halten der grünlich-bräunlichen Flüssigkeit einen hervorragenden Eis(tee)brecher, um neue Leute kennenzulernen. Also nochmal fix ab an den Hafen, winter is coming! Dieses Rezept ist zusätzlich auch perfekt für diejenigen unter euch geeignet, die wie ich leider keinen grünen Daumen besitzen und dadurch schon einigen Basilikum-Pflanzen zu ihrem vorzeitigen Ende verholfen haben:
Basi (2018-18), Silli (2018-19), Basi II (2019-19), Basi III (2019-19), Snowflake (2019-20), Silli II (2020-20) und Herbert (2020-20): Das hier ist für euch, ruhet in Frieden im Garten Eden!
Das braucht ihr für die Zubereitung von einem Liter Ryckwasser (a.k.a. Basilikum-Eistee):
5-10 getrocknete Basilikum-Blätter (je nach gewünschter Intensität)
1-2 Esslöffel Zitronen-/Limettensaft (je nach gewünschter Säure)
3-4 Esslöffel brauner Rohrzucker (je nach gewünschter Süße)
1 Liter kochendes Wasser
1 Teekanne
1 Teebeutel (Profi-Tipp: 1 Teesieb)
So geht die Zubereitung:
Die Basilikum-Blätter in den Teebeutel oder das Teesieb füllen (für intensiveren Geschmack könnt ihr die Blätter von Hand oder mit einem Mörser zerkleinern).
Die Blätter mit kochendem Wasser aufbrühen.
Den Tee je nach gewünschter Intensität bis zu 10 Minuten ziehen lassen.
Die Blätter aus dem Wasser entnehmen.
Den Zitronensaft zum Tee hinzugeben.
Den Zucker zum Tee hinzugeben.
Den Tee einige Stunden auf Zimmertemperatur abkühlen lassen.
Anschließend den Tee im Kühlschrank weiter abkühlen lassen (Überraschung!).
Den Eistee aus dem Kühlschrank holen, in ein Glas füllen und genießen!
Ihr könnt den Eistee mit den Getränken eurer Wahl mixen; bewährt haben sich z.B. Gin-Ryckwasser und Vodka-Ryckwasser, aber hier sind eurer Kreativität natürlich keine Grenzen gesetzt!