Schleudertrauma im Kettenkarussell – Jens Friebe „Abändern“

Jens Friebe ist kein Ordnungsamtsmitarbeiter und auch kein neues Signing auf Kompakt, wo schließlich jeder Namen von Sportlehrern trägt: Paape, Mayer und Funke.

Jens Friebe ist der Dandy aus Lüdenscheid, der Mitte der 90er aus der Provinz in den Kölner Pop-Melting-Pott floh. In seiner Band „Parka“ sang er: „Ich lass mir nie mehr von Tiefsinn den Tag versauen, ab heute gibts nur noch Autos und schnelle Frauen“. In Arztpraxis-Illustrierten nennt man das „Augenzwinkern“. (mehr …)

»Sarrazins Buch ist vor allem rückschrittig« – Richard David Precht im Interview

Am 4. November hielt der Philosoph Richard David Precht im Alfred-Krupp-Kolleg einen Vortrag. Danach sprach er mit moritz über Moral, Parteienverdrossenheit und Thilo Sarrazin.

Richard David Precht, 46 im Krupp-Kolleg zum Gespräch

moritz Herr Precht, Sie haben soeben im Greifswalder Krupp Kolleg einen Vortrag zum Thema „Moral und Verantwortung in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft“ gehalten. Damit befassen Sie sich auch in Ihrem Buch „Die Kunst, kein Egoist zu sein“. Was hat Sie veranlasst, dieses Buch zu verfassen?
Richard David Precht Nun, es gab verschiedene Gründe für mich, mich mit dieser Thematik zu beschäftigen. Die Finanzkrise war sicherlich einer der ausschlaggebenden Punkte, aber nicht der einzige. Ich habe in der Vergangenheit bemerkt, dass derzeit eine nie da gewesene Diskrepanz zwischen der Wirtschaftlichkeit Deutschlands und der Zufriedenheit der Bevölkerung herrscht. Trotz des Aufschwungs, den Deutschland gerade erlebt, ist die Bevölkerung nicht glücklicher oder zufriedener. Die Zufriedenheit der Bevölkerung ist seit den Sechzigern konstant. Das waren unter anderem Faktoren, die ich als interessant empfand und mit denen ich mich unter philosophischem Gesichtspunkt auseinandersetzen wollte. Vielleicht auch, um zu zeigen, dass sich derzeit eine Veränderung in der Gesellschaft, aber auch im politischen Denken der Menschen vollzieht.

moritz Diese Veränderung haben Sie in Ihrem Vortrag sinngemäß als „Transformation der politischen Gesellschaft“ bezeichnet. Wo genau sehen Sie einen Bedarf zur Transformation?
Precht Ich sehe ganz deutlich, dass, entgegen vieler Behauptungen, die Menschen in Deutschland nicht der „Politikverdrossenheit“ erlegen sind, vielmehr ist es eine Parteienverdrossenheit, die sich eingestellt hat. Um dies zu ändern muss der Mittelstand wieder gestärkt werden, denn er ist die politisch meinungsbildende Schicht. Die Menschen müssen bei politischen Entscheidungen sozusagen früher abgeholt und dann auch mitgenommen werden. Entscheidungen über die Köpfe der Bevölkerung hinweg zu fällen kann nicht der Sinn und Zweck der Politik sein. Zudem ist es meiner Meinung nach notwendig, die Kommunen und auch die Bundesländer von einigen Aufgaben zu befreien. Wie ich in meinem Vortrag erwähnte, es sehnen sich alle beispielsweise nach einer einheitlichen Bildungsreform. Diese scheitert jedoch an der Tatsache, dass Bildung immer noch Ländersache ist. Als Fazit könnte man sagen, dass wir derzeit ein nahezu historisches Umdenken unserer politischen Gesellschaft erleben, welches wir als Chance sehen und dementsprechend nutzen sollten. (mehr …)

Schlaflos im Hörsaal – Die 24-Stunden-Vorlesung

Zum neunten Mal lud der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) zur 24-Stunden-Vorlesung. Neben Brüsten und „Phraseologismen“ lockte auch die Zukunft der Universität zahlreiche Besucher ins Audimax-Gebäude.

Gefüllter Hörsaal kurz vor Beginn einer Veranstaltung

Freitagabend, Auftakt für die diesjährige 24-Stunden-Vorlesung: Zu Beginn sprach in diesem Jahr Rektor Rainer Westermann über Leistungen, Perspektiven und Probleme der Universität Greifswald. Nachdem diverse Daten über die Uni geliefert wurden, referierte Westermann über das Interessante – nämlich die Kürzungen und den zukünftige Fokus der Arbeitsbereiche und Lehrangebote. Es solle eine Konzentration auf Lebenswissenschaften (Anm. d. Red.: unter anderem Biowissenschaften, Medizin, Biochemie), Physik und die kulturelle, staatliche und wirtschaftliche Interaktion im Ostseeraum geben, berichtete Westermann.

Aufschlussreich waren auch die Angaben zur prozentualen Aufteilung der Studierenden nach ihrer Herkunft – denn 29 Prozent der Studierenden in Greifswald kommen aus den alten Bundesländern, das entspricht etwa dem Wert der TU Berlin, was die Attraktivität trotz Mängel widerspiegelt. Die Anzahl der Universitätsangestellten sei in den letzten Jahren – bei gleichzeitig steigenden Studentenzahlen – stark gesunken, so gäbe es heute 35 Prozent weniger Angestellte als 1991. Mehrfach betont wurde die „wirtschaftliche Schwäche der Uni“ und dass dieses Problem unter anderem durch das „breite Spektrum an Fächern“ und durch den „hohen Bedarf an Sanierungen und Neubauten“ ausgelöst werde. (mehr …)

Historikern fällt die Decke auf den Kopf

Stücke der Decke lösten sich aus dem Mauerwerk des Historischen Instituts. Das Gebäude wurde wegen Einsturzgefahr vollständig gesperrt. Die Verantwortlichen schieben sich gegenseitig die Schuld zu.

Die neuen Räume des Historischen Institutes sind inzwischen technisch gut ausgestattet

Am 24. September brach die Raumplanung des Historischen Institutes komplett zusammen. Nachdem gut zwei Wochen vorher Teile des Deckenmaterials in der Fachbibliothek heruntergestürzt waren, wurde das Gebäude zunächst partiell und dann komplett gesperrt. Rostige Stahlträger und poröses traten deutlich hervor. Der Pressesprecher der Universität, Jan Meßerschmidt, erklärte, dass es sich bei der Sperrung um eine reine Vorsichtsmaßnahme gehandelt hätte. In der verbleibenden vorlesungsfreien Zeit konnte das Historische Institut in die Gebäude der ehemaligen Kinderklinik in der Soldmannstraße ausgelagert werden.

Während für alle Lehrveranstaltungen zu Semesterbeginn Räumlichkeiten zur Verfügung standen, mussten sich einige Mitarbeiter, darunter Dozenten und Professoren, kleine Räume in der Bahnhofstraße teilen oder standen komplett auf der Straße. Auch verblieben unverbesserte Hausarbeiten, Klausuren, Forschungsunterlagen sowie die Computer der Mitarbeiter im abgesperrten Gebäude. Gerade die unverbesserten Hausarbeiten waren für Bafög empfangende Studierende ein Problem, da diese ihre Ergebnisse zeitig einreichen mussten.

Das neue Gebäude der Historiker in der Soldmannstraße

Mittlerweile wurden für alle Mitarbeiter Räume in der alten Kinderklinik gefunden und nach einer Begutachtung durch einen Statiker konnten Akten und Computer aus dem Gebäude ausgeräumt werden. Der geschäftsführende Direktor des Historischen Institutes, Professor Thomas Stamm-Kuhlmann, erklärte, dass für die Seminare gut gesorgt sei und die neuen Büros zumindest teilweise von guter Qualität seien. Auch geht er davon aus, dass die Ergebnisse der Hausarbeiten und Klausuren jetzt „mit der üblichen Verzögerung“ bekannt gemacht werden. Auch die Studierenden haben ihre anfängliche Skepsis gegenüber den neuen Räumen größtenteils abgelegt, nur die abgelegene Lage wird weiterhin kritisiert.

Das größte Problem ist derzeit die Fachbibliothek des Historischen Institutes. Die Bestände befinden sich noch großteils im gesperrten Gebäude, auf sie kann nur aufwendig per Fernleihe zugegriffen werden. Teile der Bestände wurden bereits in die Zentrale Universitätsbibliothek am Beitzplatz umgelagert. Das Historische Institut kämpft laut Stamm-Kuhlmann dafür, dass die Bibliothek als geschlossener Bestand erhalten bleibt. Ob und an welchem Ort dies der Fall sein wird, steht allerdings noch nicht fest.

Zusätzlich wird die Alte Bibliothek in der Rubenowstraße ¬– auch hier sind für die Historiker interessante Bestände eingelagert – zumindest kurzfristig nicht zur Verfügung stehen. Sie ist voraussichtlich bis zum Ende des Jahres wegen Sanierungsmaßnahmen gesperrt.

Bevor der Betrieb im Stammgebäude des Historischen Institutes in der Domstraße 9a wieder aufgenommen werden kann, muss das Gebäude grundsaniert werden. Dass das Gebäude langfristig eher saniert als abgewickelt wird, hält Stamm-Kuhlmann schon auf Grund der Lage des Gebäudes für wahrscheinlich. Die Domstraße 9a liegt an exponierter Stelle auf dem historischen Campus, den die Universität als einen zentralen Standort des Lehr- und Forschungsbetriebs erhalten will. (mehr …)

»Manche Strukturen sind kontraproduktiv « – Hartmut Lutz im Interview

Hartmut Lutz, Lehrstuhlinhaber für Amerikanistik/Kanadistik geht nach 16 Jahren in den Ruhestand. moritz sprach mit ihm über seine Erfahrungen mit der Universität, sowohl die negativen als auch die positiven.

moritz Sie gehen ab April nächsten Jahres in den Ruhestand. Haben sie sich schon etwas Bestimmtes vorgenommen?
Hartmut Lutz Die ersten Träume sind mal richtig faul zu sein. Das ist natürlich kein abendfüllendes Programm. Aber ich würde gerne Wochenenden für mich selbst haben. Ich würde auch gerne sehr viel Zeit mit meiner Frau verbringen. Seit ein paar Jahren arbeite ich an einem Buch über die Geschichte der indianischen und indigenen Literatur in Kanada, welches ich gerne fortführen würde. Ebenfalls wird die wissenschaftliche Arbeit weitergehen. Da ich Auslandsbeauftragter war, werde ich sicher auch im Rahmen des Erasmus Programms Gastdozenturen in Island und Finnland antreten. Außerdem habe ich eine Anfrage aus Stettin.

moritz Gibt es Dinge, die sie an der Universität vermissen werden?
Hartmut Lutz Was ich sicherlich vermissen werde, sind die Studierenden. Ich arbeite sehr gerne mit Studierenden zusammen. Auch einige meiner Kollegen und Kolleginnen sowie arbeitsbedingte Rituale, wie Frau Möllers Tee, werde ich vermissen. Ebenfalls fehlen werden mir die Diskussionen und die Lehre. Es ist ein Privileg mit jungen Menschen zusammenarbeiten zu können und mitzuerleben wie diese sich entwickeln. Ich sage immer, die Studierenden sind an der Uni, damit das Licht zwischen den Ohren angeknipst wird. Selbst in einer Vorlesung von über 100 Leuten sehe ich manchmal an den Reaktionen und Gesichtern – jemand fängt an nachzudenken oder hat ein Erlebnis. Und diese Momente sind die Momente, für die man als Lehrender lebt. Mein Ziel ist es, dass die Universität ein Ort ist, in dem man sich verständigen kann, in dem man Gedanken entwickeln kann, in dem man sich selbst entwickeln kann und sich austauscht.  (mehr …)