von moritz.magazin | 01.04.2012
Der Arndt ist tot!
Liebe Leserinnen und Leser, liebe Trauernde,
Das Sommersemester steht vor der Tür. Das allseits bekannte Spektakel in der Stadt beginnt wieder mit der Rückkehr der Studenten.
Auch moritz ist zurück und berichtet pünktlich zum Semesterbeginn über die finanziellen Probleme des Hochschulsports. Dabei nehmen wir das Bootshaus und dessen Zustand besonders unter die Lupe. Ferner erwartet euch Leser eine aufdeckende Reise durch die Historie der bisher eher unbekannten Ländereien der Universität. Zudem zeigen wir euch, wie und wo ihr die letzten Paar Handschuhe nähen oder euch bereits mit sommerlicher Kleidung eindecken könnt.
Daraus folgt: In Greifswald ist alles beim Alten!
Doch der Schein trügt. Obschon bekannter und stets wiederkehrender Phänomene, hat moritz eine tragische und demnach folgenreiche Nachricht zu verkünden: Der Arndt des Monats ist tot! Im Mai 2006 geboren, begleitete er uns über sechs Jahre hinweg und gewährte uns einen tiefgehenden und oftmals erschreckenden Einblick in die Gedankenwelt. Eingeleitet wurde er damals mit den Worten: „Der Name ‚Ernst-Moritz-Arndt-Universität‘ ist den einen ein Dorn im Auge, den anderen eine Ehre. Als großer Staatsmann, der die Freiheit von der Leibeigenschaft bedeutend vorangebracht habe, sei er ein ehrenvoller Namensgeber für unsere Universität. da es jedoch auch eine andere Seite von Herrn Arndt gibt, die selbst über das hinausgeht, was in national gesinnten Kreisen jener Zeit üblich war, wollen wir das Thema ein weiteres Mal aufgreifen.“
Ein unbeschriebenes Blatt war er nun wirklich nicht. Der Eindruck, er habe es faustdick hinter den Ohren, entstand bereits als er noch in den Kinderschuhen steckte. Der demzufolge oftmals und durchaus berechtigt kritisierte Arndt des Monats offenbarte sich innerhalb der letzten Jahre als wahrer Überlebenskünstler. Von klein auf unterhielt und schockierte er ein jeden mit seinen Meinungsäußerungen. Ebenso die Debatte um den Namenspatron der Universität Greifswald im Jahr 2010 konnte ihm nicht zu Leibe rücken. Nun ist der Arndt des Monats an Altersschwäche verstorben. Es ist an der Zeit Abschied zu nehmen und ihn zu Grabe zu tragen. Unser Mitgefühl gilt all seinen Angehörigen.
Folglich lässt sich sagen: In Greifswald ist doch nicht alles beim Alten! moritz reicht allen Trauernden ein Taschentuch und bedankt sich sowohl für die Anteilnahme als auch für die herzlichen Beileidsbekundungen eurerseits.
Wir wünschen euch einen guten Start in das neue Semester.
Natascha Gieseler
Das komplette Heft als pdf könnt ihr hier herunterladen, ausgewählte Artikel auch direkt online lesen und kommentieren.
von moritz.magazin | 01.04.2012
Eine der reichsten Universitäten Deutschlands. Auf den ersten Blick eine Beschreibung, die man unserer Alma Mater gar nicht zutraut. Doch die Ländereien und der gleichzeitige Notgroschen haben zahlreiche Bauprojekte ermöglicht.
Wolfgang von Diest
Die Universität Greifswald verlor im Laufe der Geschichte viele ihrer Besitztümer, doch noch heute kann sie 8 700 Hektar Wald- und Ackerflächen, sowie zahlreiche Immobilien ihr Eigen nennen. Genug um mit dem erwirtschafteten Gewinn, neben dem steuerfinanzierten Haushalt, einen zweiten sogenannten Körperschaftshaushalt aufzustellen.
Doch wie wurde unsere Universität zur Gutsherrin? Mit Gründung der Alma Mater Gryphiswaldensis im Jahre 1456 wurden ihr bereits großzügige Ländereien zu eigen. Der Großteil ihres Besitzes war jedoch Teil einer Schenkung des Pommernherzogs Bogislaw XIV. Dieser war Patron der hohen Schule und damit der Universität finanziell verpflichtet. So war er nicht nur zuständig für die Einberufung von Rektoren, sondern auch maßgeblich für ihre Bezahlung.
In der Zeit um den 30-jährigen Krieg kamen die Herzöge ihren Verpflichtungen jedoch nur schleppend nach. So wuchsen die Forderungen der Universität auf 4 000 Gulden an. Den angehäuften Schuldenberg vor Augen, erinnerte man sich der Säkularisierung des Klosters Eldena, dessen Ländereien sich die Fürsten nach der Reformation einverleibten. Am 28. März 1634 überließ man das fürstliche Amt Eldena der Universität per Schenkungsurkunde. Der Herzog behielt sich allerdings Rechte, wie die Steuererhebung für die Ländereien, vor. Denn neben Wäldern, Äckern und Wiesen erhielt die Universität zahlreiche Dörfer wie Schönenwalde, Newenkirchen oder Wyke. Insgesamt besaß die Universität 14 500 Hektar, eine Fläche fast dreimal so groß wie das damalige Greifswald. Ziel der Schenkung war, dass die Universität sich aus den Liegenschaften selbst finanzieren kann, was nach Tilgung aller Schulden bis Ende des 19. Jahrhunderts der Fall war.
Mit der Bodenreform in der ehemaligen DDR wurde das Land Volkseigentum und im Zuge der Flüchtlingswelle großflächig aufgesiedelt. Während private Großgrundbesitzer und Kriegsverbrecher enteignet wurden, stellten Gemeinden, Kirchen und die Universität das Land entschädigungslos zur Verfügung. Durch diesen rechtlichen Unterschied war es nach der Wende möglich, Rückübertragungsanträge zu stellen. (mehr …)
von moritz.magazin | 01.04.2012
Weltweit haben fast eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser. Seit sieben Jahren setzt sich Viva con Agua im Rahmen der Welthungerhilfe für diese Problematik ein. Nun haben auch einige Greifswalder Wasser geleckt.
Die Flaschen von VcA
Zu dem Buchstabendschungel der Abkürzungen in unserer Hansestadt ist eine neue hinzugekommen. Neben GreiMUN, HKS und AStA gesellt sich nun auch VcA. Viva con Agua (VcA) ist eine Bewegung des Hamburger Fußballvereins St. Pauli, die durch lustige Aktionen versucht, Geld zu sammeln um in Entwicklungsländern Wasser- und Hygieneprojekte verwirklichen zu können. Zusätzlich wollen die Mitglieder ein Bewusstsein für die steigende Wasserproblematik schaffen.
VcA setzt sich seit Mai 2005 für alle Wasserprojekte der Welthungerhilfe ein und lässt sämtliche Einnahmen dem großen Partner als Spende zukommen. Der 28-jährige Medizinstudent und Begründer der Greifswalder Regionalcrew Hannes Schuler, kam auf die Idee, dieses innovative Projekt nun auch bei uns zu verwirklichen. Regionalcrew bedeutet, dass die Greifswalder weitestgehend unabhängig von der Kopforganisation arbeiten und eigenständig Aktionen rund um das Thema Wasserarmut organisieren. Es begann 2011 mit einem Flohmarktstand in der Fleischervorstadt unter dem Motto „Krempel und Co für H₂O“ und hat sich mittlerweile zu einer Gruppe von ungefähr zehn festen Mitgliedern entwickelt. Hannes erklärt: „Ich hab an dem Tag zig E-Mail-Adressen gesammelt und aufgrund dieses E-Mail-Verteilers kam es dann zum ersten Plenum.“ Mitmachen kann jeder, der Lust hat. Ob jung, ob alt, Zugezogener oder Original-Greifswalder, es sind alle herzlich willkommen.
Jährlich begeht die UN-Water als Sonderausschuss der Vereinten Nationen für das Erreichen der Millennium-Entwicklungsziele am 22. März den Weltwassertag, um auf die steigende Wasserarmut der Weltbevölkerung aufmerksam zu machen. In diesem Jahr gibt es überall auf der Erde große Aktionen zu dem Thema: „Die Welt ist durstig, weil wir hungrig sind“. Im Rahmen dieses Tages wird die ganze Welt und vor allem die Industrienationen dafür sensibilisiert, dass täglich Menschen an Wasserarmut sterben, während die großen Fabriken mehrere Millionen Kubikmeter von dem kühlen Nass verwenden um die stetig wachsende Nahrungsmittelindustrie zu sättigen. (mehr …)
von moritz.magazin | 01.04.2012
Bis zum Wintersemester soll in Greifswald das Lehramtsstudium modularisiert sein. Die Institute müssen bei der Erstellung der Studien- und Prüfungsordnungen mit späten Vorgaben vom Bildungsministerium und hohem Zeitdruck kämpfen.
Eine kleine Anekdote, die zeigt, wie einfach es sein kann, die Studienstruktur hunderter Studenten zu verändern: Im letzten Semester wurde das Zulassungsgespräch zum Hauptstudium für die Lehramtsstudenten in der Anglistik/Amerikanistik ausgesetzt. Ein Student klagte dagegen, da das Zulassungsgespräch in der Prüfungsordnung gar nicht vorgesehen ist. Mit der Aussetzung beziehungsweise kurzzeitigen Abschaffung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es wieder eingeführt werden könnte. Das sorgte bei den Englischstudenten für Ärger und Verwirrung: Wer das Gespräch schon absolviert hatte, ärgerte sich, dass den künftigen Studenten die Prüfungsleistung erspart bleiben sollte; die niedrigeren Semester fragten sich, was das jetzt für sie bedeutete. Dann wurde die alte Prüfung kurzerhand als Orientierungsgespräch wieder eingeführt und fand im März zum ersten Mal statt.
Ob das Orientierungsgespräch für die Lehramtsstudenten, die im kommenden Wintersemester anfangen werden, beibehalten wird, ist ungewiss. Allerdings werden sie auch zu ganz anderen Bedingungen studieren, denn die Lehramtsstudiengänge werden zurzeit modularisiert. Bis zum Wintersemester 2012/2013 soll die Umstrukturierung beendet sein, so schreibt es das neue Lehrerbildungsgesetz vor, das am 1. August 2011 in Kraft trat (moritz Magazin 93). Für die Umsetzung sind viele Änderungen nötig, für die die Akteure aber wenig Zeit vom Land bekommen haben. Unter anderem müssen die Studien- und Prüfungsordnungen ganz neu erarbeitet werden, denn der neue Studienaufbau ist in Deutschland einzigartig: Das Greifswalder Lehramtsstudium der Zukunft untergliedert sich wie die Bachelor- und Masterstudiengänge in Module, die Abschlussprüfungen bleiben jedoch weiterhin Staatsprüfungen. (mehr …)
von moritz.magazin | 01.04.2012
Zum Wintersemester ändert sich das Lehramtsstudium in Mecklenburg-Vorpommern. Diese Gelegenheit wird ergriffen um auch die Bachelor- und Masterstudiengänge zu reformieren. Insbesondere die General Studies werden neu eingekleidet.
Im Wintersemester 1999 ging es los – in einem Modellversuch bot die Universität Greifswald erstmals Bachelorstudiengänge an. Der so genannte Bologna-Prozess hatte die Ostsee erreicht. Das Angebot der Bachelorstudiengänge hat sich in den vergangenen zwölf Jahren beinahe erschöpfend ausgedehnt – genauso wie die Liste der Änderungen und Anpassungen seitdem. Die Bologna-Kritik ist Jahre nach den Bildungsstreiks längst zur Floskel geworden, doch hinter den Kulissen wurde fleißig gebastelt.
Ende des Jahres geht es in Mecklenburg-Vorpommern in die nächste Runde. Dank akkumulierter hochschulpolitischer Gremienarbeit wird bald die neue Rahmenprüfungsordnung (RPO) verabschiedet, welche vor allem den Bacheloranwärtern der Philosophischen Fakultät ab dem kommenden Wintersemester das Studium erleichtern soll. Jeder, der sich dann einschreibt, studiert unter den neuen Bedingungen. Die anderen Bologna-Studiengänge sind ebenfalls betroffen, allerdings nicht mit so grundlegenden Änderungen konfrontiert.
Der Ausgangspunkt für die Reform lag im vergangenen Sommer: Am 4. Juli verabschiedete die damalige große Koalition das lange angekündigte Lehrerbildungsgesetz, das eine Reformierung des Lehramtsstudiums bis zum Wintersemester 2012/13 vorsieht (Seite 20).
Der Gesetzgeber fordert – die Verantwortlichen der Uni murren, sehen aber auch die Chance und wollen neben dem Lehramt gleich noch die Bachelor- und Masterstudiengänge sowie General Studies reformieren. „Richtigen Veränderungsdruck haben wir in der Philosophischen Fakultät deshalb, weil wir in den Fächern, die sowohl Lehrer als auch andere ausbilden, keine unabgestimmten Ordnungen haben können. Das wäre ein einziges Chaos. Wir müssen beide Studiengänge ganz genau koordinieren, weil wir uns das auch von den Kapazitäten her anders gar nicht leisten könnten“, erklärt Prorektor Professor Michael Herbst.
Die Koordinierung der beiden Fächer wurde dazu genutzt, seit Langem gärende Kritik der Studierenden aufzunehmen. Abgesehen von individuell zum Teil umfangreichen Reformprozessen einzelner Fächer wurde vor allem das Konzept der General Studies überarbeitet. Dieses ominöse „dritte Fach“, für das sich die Studierenden der Zweifach-Bachelor „ja gar nicht eingeschrieben haben“, dieser Gegenstand unzähliger Beschwerden ist nun auf dem Weg der Besserung.
Das Dekanat der Philosophischen Fakultät
„Die Fächer sind jetzt aufgewertet und von 63 auf 70 Leistungspunkte erhöht worden – das finde ich auch wichtig“, erklärt der Studiendekan der Philosophischen Fakultät Professor Patrick Donges im Gespräch. Der Anteil der General Studies an den 180 ECTS-Punkten (European Credit Transfer System) des Bachelors wurde von 40 auf 30 reduziert. Das war notwendig, da bei einem Zweifach-Bachelor die eigentliche Fachkompetenz ohnehin schon dadurch leidet, dass man zwei verschiedene Fächer in einem kurzen Zeitraum studiert. Vereinzelt berichteten Studenten auch von Problemen bei der Bewerbung zum Master-Studium, da sie die erforderlichen ECTS-Punkte im entsprechenden Fach nicht erreichen konnten. Neben dem Anteil ist aber auch die interne Flexibilität aufgewertet worden. „Wir wollten das Angebot verbreitern, so dass mehr Wahlmöglichkeit besteht“, erklärt Herbst. Auch werde die Regelung geändert, dass man nur blockweise in den ersten und letzten beiden Semestern General Studies macht. Des Weiteren sollen sich die Prüfungen in General Studies nicht mehr so negativ auf die Gesamtnote auswirken können. „Wir wollten mehr Module nur noch mit bestanden beziehungsweise nicht bestanden bewerten. Das sind alles kleine, aber für den Studierenden letztendlich auswirkungsreiche Veränderungen, die jetzt in der neuen Rahmenprüfungsordnung verankert sind.“
Auch die Zusammensetzung der Endnote wurde überdacht. Die nunmehr so genannte „modulübergreifende Prüfung“ wird einen geringeren Einfluss auf die Endnote haben, dafür wurde der Anteil der Bachelor-Abschlussarbeit hieran gleich verdoppelt.
All diese Änderungen der RPO bilden für die Ausgestaltung der Studiengänge nur einen Ankerpunkt. Das, was den Studierenden am Ende betrifft, sind die Fachprüfungsordnungen. Diese werden maßgeblich von den Instituten gestaltet und an den Anforderungen der Fächer orientiert, wobei sie sich an gewisse, in der RPO festgelegte Kriterien halten müssen. Ob hier verursachte Probleme mit der Reform zum Wintersemester 2012/13 behoben wurden, hängt zum größten Teil davon ab, inwiefern die institutsinternen Strukturen mit dem knapp bemessenen Zeitrahmen für die Änderungen zurecht gekommen sind. Laut Studiendekan Donges fand im November ein Vernetzungstreffen statt, seitdem die Institute Bescheid wussten. Ende März sollen die fertig ausgearbeiteten Ordnungen dann verabschiedet werden. Der Zeitdruck stieß auf umfangreiche Kritik: „Ich weiß, ich habe mich bei den Kolleginnen und Kollegen nicht sehr beliebt gemacht, aber ich musste als Studiendekan auf Ende März bestehen, damit wir Bachelor und Lehramt rechtzeitig fertig bekommen“, erklärt Donges.
Betrachtet man jedoch den Stand der Dinge zum Redaktionsschluss, bleibt Grund zum Optimismus, dass die Universität den Zeitplan einhalten kann. Die Frage bleibt, ob alle Institute es geschafft haben, grundlegende Probleme ihrer Studienkonzeption mit der Reform zu überwinden, oder ob nur die notwendigsten Anpassungen an die neue RPO getätigt wurden. Womöglich beginnt für viele erneut das bolognatypische Try-and-Error-Prinzip, aus dem kontinuierlich neue Prüfungsordnungen entstehen.
Um diesen Lernprozess zu verbessern, hat die Universität durch einen vom Bund ausgeschriebenen Wettbewerb Gelder für das Projekt „interStudies“ eingeworben. Vom Sommersemester 2012 bis Ende 2016 werden hier mehrere Stellen geschaffen, die insbesondere zur Verbesserung fächer- und fakultätsübergreifender Studiengänge gedacht sind. Greifswald arrangiert sich also langsam aber kontinuierlich mit der Bologna-Reform. Am Ende bleibt keine Grundsatzfrage, sondern die nach dem Gestaltungswillen aller Beteiligten.
Ein Bericht von Daniel Focke und Patrice Wangen mit einer Grafik von Patrice Wangen und einem Foto von Johannes Köpcke