Queeres Leben an der Uni Greifswald – könnte besser sein

Queeres Leben an der Uni Greifswald – könnte besser sein

Fehlende Anlaufstellen und Repräsentation, Schwierigkeiten bei Namensänderungen und Diskriminationserfahrungen erschweren queeren Studierenden in Greifswald das Studium, wie das Ergebnis einer Umfrage aus dem letzten Jahr zeigt.

So queer sind die Studierenden der Uni Greifswald

Die Gender Trouble AG und der AStA haben vom 21.07. bis 07.08.2023 im Auftrag des Studierendenparlaments eine Umfrage innerhalb der Studierendenschaft zum “queeren Leben im universitären Raum” durchgeführt.

Die Befragung soll unter anderem die jetzige Situation zu Lehrinhalten mit Bezug auf Diversität und Vielfalt in den verschiedenen Studiengängen abdecken sowie etwaige Diskriminierungserfahrungen. Außerdem soll spezifisch darauf eingegangen werden, inwiefern INTA* (intergeschlechtlich, nicht-binär, trans*ident und agender) Studierende die Möglichkeit erhalten, die gewünschten Pronomen und Namen im universitären Raum zu nutzen. Auch der Zugang und die Inklusivität des Hochschulsports sollen bewertet werden.

Beschluss des StuPas vom 5.06.2023

An der Befragung nahmen nur 187 Studierende teil, obwohl sie sogar im AStA-Newsletter (23.07.2023) beworben wurde. Bei 10.298 Studierenden, die im Wintersemester 2023/24 eingeschrieben waren, erscheint diese Zahl unwahrscheinlich gering, auch wenn sie explizit nur an “alle Personen, die […] sich als Teil der LGBTQ+-Community identifizieren” gerichtet war. Doch selbst wenn die Umfrage nicht repräsentativ für alle queere Studierenden sein mag, schafft sie doch einen Überblick über die Situation vieler queerer Studierenden und zeigt, dass sie deren Belange ernstnimmt. Weiterhin konnten die Teilnehmenden Lob und Verbesserungsvorschläge einbringen und so ihre Stimmen hörbar machen. Die Ergebnisse der Umfrage findet ihr hier.

Ein Fünftel hat Diskriminierungserfahrungen gemacht

21,4%, also 40 Studierende, berichten von Diskriminierungserfahrungen im universitären Kontext aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität. Davon gaben 11,8% an, beschimpft oder lächerlich gemacht worden zu sein, 9,6% wurden ignoriert oder ausgegrenzt, 6,4% wurden sexuell belästigt oder beleidigt. Keiner der teilnehmenden Personen wurde körperliche Gewalt angedroht oder angetan, doch sollte klar sein, dass jeder Fall von Diskriminierung ein No-Go ist.

Der Campus und Lehrveranstaltungen sind nicht immer ein Safe-Space für queere Studierende; 19 Personen gaben an, die Diskriminierung auf dem Campus und 14 Personen in Lehrveranstaltungen erlebt zu haben. In den meisten Fällen (21 Mal) ging die Diskriminierung von Kommiliton*innen aus, in 19 Fällen von Dozierenden und wissenschaftlichem Personal.

Umfrage Queeres Leben an der Universität Greifswald, S. 5

Für die Referentin der Zentralen Gleichstellungsbeauftragten, Alisa Otte, waren diese Diskriminierungsfälle nichts Unerwartetes:

Die Ergebnisse an sich sind für mich wenig überraschend. Insbesondere die Aussagen zu Diskriminierungserfahrungen waren in diesen Formen leider erwartbar, da queere Lebensrealitäten auch an der Universität durch strukturelle Diskriminierung beeinflusst sind. Ein Aspekt ist mir noch einmal besonders ins Auge gefallen: Die Tatsache, dass Diskriminierungen in Lehrveranstaltungen stattfinden, also in Situationen, in denen Studierende besonders abhängig von Dozierenden, Tutor*innen oder Sportkursleiter*innen sind. Diskriminierendes Verhalten ist insbesondere in diesen Räumen inakzeptabel und widerspricht u.a. dem Leitbild Lehre der Universität Greifswald.

Alisa Otte, Referentin der zentralen Gleichstellungsbeauftragen, am 12.06.2024 auf Anfrage des webmoritz.

Fehlende Anlaufstellen? – Nein, fehlende Sichtbarkeit

Von den 40 Personen, die angaben aufgrund ihrer sexuellen und/oder romantischen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität diskriminiert worden zu sein, haben sich 36 Personen (also 90%) an keine Anlaufstelle gewendet. Die Betroffenen gaben als Grund dafür fehlendes Vertrauen in die Anlaufstellen (“Das bringt sowieso nichts” und “Angst, nicht ernst genommen zu werden”) und fehlendes Wissen über Anlaufstellen an.

Es gibt an der Uni Greifswald verschiedene Anlaufstellen bei solchen Fällen der Diskriminierung: das Büro der zentrale Gleichstellungsbeauftragen (GSB) und die Gleichstellungsbeauftragten der verschiedenen Fakultäten, den Antidiskriminierungsbeauftragten Michael Schöner, sowie peer-to-peer Angebote wie die Gender Trouble AG, FSRs und das AStA-Referat für Soziales und Gleichstellung. Doch es fehlt der Überblick und die Sichtbarkeit:

Es existieren keine universitären Websites, auf denen gebündelt alle wichtigen Themen für queere Studierende stehen (so wie es zum Beispiel für Studierende mit Kind oder internationale Studierende der Fall ist). Auch auf dem Studportal findet man zwar die Anlaufstellen, aber keine näheren Infos. Das wollen wir ändern! Es wird momentan geplant, eine queere Seite auf der AStA-Website zu etablieren sowie eine Seite für die GTAG.

Hanna Schifter, ehemalige AStA-Referentin für Soziales und Gleichstellung am 15.06.2024 auf Anfrage des webmoritz.

Inzwischen gibt es diese Seite im Studierendenportal, zur Zeit wird da nur die Gender Trouble AG vorgestellt, allerdings ist davon auszugehen, dass auch andere Organisationen folgen.

Im Rahmen des Queeren Informations- und Aktionsmonats gab es am 4. Juni eine Art queeren Markt der Möglichkeiten, bei dem sich universitäre und unabhängige Anlaufstellen und Kulturträger den Studierenden vorstellen und sich gegenseitig vernetzen konnten. In der darauffolgenden StuPa-Sitzung (hier der Ticker, das Thema wurde bei TOP4 angesprochen) wurde die Möglichkeit diese Veranstaltung in Zukunft zu wiederholen in den Raum geworfen und vom AStA benickt, sodass es sie zukünftig möglicherweise jedes Semester geben könnte.

Ein weiterer Vorschlag zur Förderung der Sichtbarkeit ist die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle, eine Art “Queer*beauftagte*r, die sich speziell mit LGBTQ*-Themen befasst und offen kommuniziert wird, genau wie andere Beauftragte und Interessenvertreter*innen der Universität. Doch wenngleich Gleichstellungsbeauftragte, AStA und GTAG dies für eine gute und wichtige Idee halten, ist unklar, ob die Etablierung einer neuen Stelle dafür umsetzbar ist. Ein erster Anfang wäre laut Hanna Schifter, der ehemaligen AStA-Referentin für Soziales und Gleichstellung, sich in den bestehenden Positionen besser zur Beratung queerer Studierender aufzustellen.

Forderung nach queeren Lehrinhalten

Die Gender Trouble AG sieht fehlende Sichtbarkeit von queeren Angeboten und Inhalten auch in den Lehrplänen:

Dass es queeren Angeboten an Sichtbarkeit fehlt, wird deutlich, wenn man selbst bewusst danach sucht, sei es online oder in Universitätsgebäuden. So werden zum Beispiel Studierende nicht aktiv informiert, wie die Uni mit queeren Themen umgeht und welche Ansprechpersonen es gibt. Und in Studiengängen, in denen es wirklich unverzichtbar wäre, fehlt es an entsprechendem Lehrstoff zum Thema Queerness

Die Gender Trouble AG am 07.06.2024 auf Anfrage des webmoritz.

Neben mehr Sichtbarkeit von und durch Beratungsangebote wünschten sich die Teilnehmenden auch mehr Beschäftigung mit queerem Leben in ihren Fächern: 111 von 187 Teilnehmende gaben an, dass das Thema Queerness keine Rolle in ihren Lehrinhalten spielt, 60% davon wünschen sich das aber. Die Art der Inhalte, die laut Teilnehmenden behandelt werden soll, unterscheidet sich nach den Studiengängen: in den medizinischen Fächern sollten diversere Verhütungsmethoden und sexuell übertragbare Krankheit thematisiert werden, sowie gendersensitive Anamnese und Beratung, wobei letzteres auch für die Psychologie relevant ist, genau wie gender-affirming healthcare.

In den Biowissenschaften wünschen sich Teilnehmende die Beleuchtung von Geschlechtsvarianten außerhalb des binären, die auch im Lehrplan verankert sein sollte. In den Rechtswissenschaften könne Fokus auf vorhandene und noch fehlende Gesetze zum Schutz queerer Personen gelegt werden, in den Geschichtswissenschaften könne man queere Lebensrealitäten mehr in den Fokus rücken und wie in den Literaturwissenschaften Texte von und über queere Personen lesen. Studierende der Bildungswissenschaften wünschten sich außerdem Veranstaltungen zum Umgang mit queeren Schüler*innen.

Um diesen Forderungen nachzukommen, wurde in der Vollversammlung am 18. Juni bereits der Antrag “Mehr queere Lehrinhalte in Vorlesungen und Seminaren” gestellt und angenommen. Inwiefern die Forderungen des Antrag durchgesetzt werden können, wird sich zeigen.

Bei der Vollversammlung wurde auch der Antrag “FLINTA* Toiletten jetzt!” gestellt, der nicht nur die Forderung nach genderneutralen Toiletten aufnimmt, sondern darüberhinaus Toiletten insbesondere für FLINTA*-Personen fordert. Die Debatte dazu war hitzig, unter anderem auch deswegen, weil möglicherweise nicht allen Diskutierenden bewusst war, dass bereits auf der Vollversammlung im Wintersemester 2022/23 beschlossen wurde, Unisex-Toiletten in allen Universitätsgebäuden einzurichten. Anhand der Tatsache, dass auch dies eine häufige Forderung in der Umfrage war, kann man ablesen, dass es dort noch Handlungsbedarf gibt.

Wie steht es um queeres Leben an anderen Universitäten?

An der LMU München wurde im Frühjahr 2020 eine ähnliche Umfrage zu queerem Leben im universitären Raum durchgeführt, die sich aber nur auf die Wahrnehmung der Universität und auf mögliche Diskriminierungserfahrungen fokussiert hat. Bei der Münchner Umfrage gaben 38% der 629 Teilnehmenden an, Diskriminierung im universitären Raum erlebt zu haben, 5 Teilnehmenden wurde Gewalt angedroht und eine Person wurde sogar körperlich angegriffen. Da sieht es in Greifswald um einiges besser aus, wobei sich die Frage nach der Dunkelziffer aufdrängt.

Auch bei der Münchner Umfrage gaben ein Großteil der Teilnehmenden an, sich nicht an die universitären oder studentischen Anlaufstellen gewandt zu haben, wie in Greifswald. Jedoch liegen die Gründe in München nicht (nur) bei fehlender Sichtbarkeit dieser Angebote, sodass die Empfehlungen, die am Ende der Auswertung ausgesprochen werden, sich weniger auf Sichtbarkeit beziehen. Eher geht es dort um die Relevanz geschlechtergerechter und -neutraler Sprache, von Anti-Diskriminierungskonzepten und Diversitätsförderung. Es kommt auch der Vorschlag auf, Angestellten der Universität Fortbildungen zu geschlechtlicher und sexueller Vielfalt und Antidiskriminierung anzubieten; die Auswertung der Greifswalder Umfrage macht diesen Vorschlag auch.

Was machen wir jetzt damit?

Die Umfrage ist ein erster wichtiger Schritt dahin, unsere Universität besser für alle – insbesondere queere Studierende – zu machen.

Die Ergebnisse sind wichtiges Material für alle Stellen der Universität, die sich mit Chancengerechtigkeit befassen und sie zu einem geschützten Ort für alle machen wollen.

Alisa Otte, Referentin der zentralen Gleichstellungsbeauftragten auf Anfrage des webmoritz am 12.06.2024

Die Umfrage selbst macht im Fazit einige Vorschläge für Maßnahmen, die ein inklusiveres und sichereres Campusleben für queere Studierende schaffen sollen:

  • Stärkere öffentliche Positionierung der Universität gegen Diskriminierung und für Diversität, Akzeptanz und Inklusion
  • Ausbau von Anlaufstellen und Unterstützungsangeboten für queere Studierende
  • Einführung geschlechtsneutraler Toiletten und die Ausstattung aller Toiletten mit Menstruationsprodukten
  • Die Möglichkeit einer einfachen Namensänderung auch für Moodle und E-Mailadressen
  • eine Anpassung bzw. Erweiterung der Lehrinhalte in Bezug auf das Thema Queerness in der Bildung, Medizin, Literatur, Geschichte, etc.
  • Sensibilisierung und Weiterbildung von Lehrenden, Forschenden und Mitarbeitenden zu LGBTQIA+-Themen

Einige der Punkte wurden und werden bereits angegangen. So sind Namensänderungen bereits länger möglich, wenn auch nur hochschulintern, sodass auf dem Abschlusszeugnis möglicherweise noch der Deadname steht. Mehr dazu erfahrt ihr auf der Seite der Gleichstellungsbeauftragten. Die Einführung geschlechtsneutraler Toiletten ist ebenfalls bereits von der Studierendenschaft beschlossen, sowie das Bemühen um Erweiterung der Lehrinhalte. AStA, GTAG und Gleichstellungsbüro arbeiten gerade an einem Maßnahmenkatalog, der sich laut Hanna zunächst auf Sensibilisierung der Lehrenden fokussiert. Weiterhin soll wie oben beschrieben die Sichtbarkeit von Angeboten für queere Studierende verbessert werden; Initiativen wie der Queere Aktions- und Informationsmonat setzen bereits ein starkes Zeichen, aber persönlich hätte ich mir gewünscht, dass dieses Zeichen auch von der Universität selbst, zum Beispiel durch Hissen der Pride-Flagge an den Universitätsgebäuden, gekommen wäre.

Bei meiner Recherche nach Umfragen zu queerem Leben an anderen Universitäten habe ich erfahren, dass Umfragen in denen queere Studierende direkt sagen können, inwiefern sie sich im universitären Raum diskriminiert fühlen und welche Maßnahmen sie sich wünschen um ihr Studium angenehmer zu machen, sehr selten sind. Und deshalb möchte ich mich, genau wie unsere Rektorin, bei AStA, Gender Trouble AG und Gleichstellungsbüro und bei allen Teilnehmenden an der Umfrage dafür bedanken, die Sichtbarkeit von queeren Studierenden und ihren Anliegen zu steigern:

Ich bin der Studierendenschaft und insbesondere dem AStA sehr dankbar dafür, dass das ehrenamtliche Engagement der Studierenden dem queeren Leben an der Universität mehr Sichtbarkeit verleiht. Gerade diese Studie zeigt, wie wichtig das hochschulpolitische Engagement der Studierenden für eine tolerante, vielfältige und bunte Universität ist. Die Ergebnisse zeigen uns aber auch, dass wir als gesamte Universität weiter daran arbeiten müssen, unsere Forschungs- und Lernräume vor jeglichen Formen der Diskriminierung zu schützen.

Prof. Dr. Katharina Riedel, Rektorin der Universität Greifswald auf Anfrage des webmoritz am 07.06.2024

Beitragsbild: Prideflaggen im Büro der zentralen Gleichstellungsbeauftragten


Zur Autorin

Juni ist Queerer Informations- und Aktionsmonat!

Juni ist Queerer Informations- und Aktionsmonat!

Am Samstag hat der Pride Month begonnen, und somit auch der erste Greifswalder Queere Informations- und Aktionsmonat. Es gibt Parties, Filmabende, Vorträge, einen Trans*-Thementag der Unimedizin, Aktionen und jede Menge Informationen.

Queeres Leben in Greifswald

Am Dienstag, den 4. Juni, fand bereits die Auftaktveranstaltung statt. Auf einer Art queerem Mini-Markt der Möglichkeiten haben sich verschiedene Organisationen und Anlaufstellen für queere Personen (v.a. Studierende) vorgestellt, außerdem wurden die Ergebnisse der Umfrage zu queerem Leben an der Universität Greifswald vorgestellt. (Dazu kommt aber auch noch ein separater Artikel.) Diese erste Veranstaltung lieferte Antworten auf Fragen wie “Wo finde ich Hilfe?” und “Wo kann ich mich engagieren?”.

Doch falls ihr diese Veranstaltung verpasst habt, keine Sorge, es gibt noch viele weitere Veranstaltungen, sowohl aus dem wissenschaftlichen als auch aus dem kulturellen Bereich. Zu den nichtwissenschaftliche Veranstaltungen gehört der Gender Trouble AG Stammtisch am Freitag, den 07. Juni ab 18 Uhr in ELP3, SR 1.03, der Filmabend zum Film “Pride” in der Kiste an Donnerstag, dem 13. Juni, Einlass 19:30, der FLINTA* Selbstverteidigungskurs am Samstag, den 15. Juni (hier ist der Anmeldungslink), der Alternative Pride am Sonntag, den 23. Juni, und schließlich die 25 Jahre Gender Trouble AG Jubiläumsparty am Samstag, den 29. Juni im C9.

Vorträge zu Queerness und Gender

Beginnend am Mittwoch, den 5. Juni (18:00, Ernst-Lohmeyer Platz 3, Seminarraum 1.06) gibt es jede Woche mindestens einen Vortrag zu queeren Themen oder Gender. Bei dem ersten Vortrag von Carolin Müller-Spitzer und Samira Ochs geht es um “Gender-inklusive Sprache im Deutschen: Linguistischer Hintergrund, empirische Studien, aktuelle Diskurse”, und Laura Strelow erklärt, wie es mit geschlechtergerechter Sprache an der Uni Greifswald aussieht. Spannendes zum Thema Gender gibt es übrigens auch bei der 24h-Vorlesung am 7./8. Juni (und ein bisschen was Queeres ist bestimmt auch mit dabei, vor allem wenn’s um Vampire geht.)

In der nächsten Woche gibt es gleich zwei Vorträge: “Queer und (Anti-)Kapitalismus”, Vortrag und Diskussion zum Thema des Buches von Heinz-Jürgen Voß und Salih Alexander Wolter am Montag, den 10. Juni ab 19 Uhr im Ernst-Lohmeyer Platz 6, Hörsaal 3 und “’There and Back Again’: West German queer activism in a transatlantic perspective” von Dr. Sébastien Tremblay am Dienstag, den 11. Juni ab 18:00 im ELP 3, SR 1.06.

Am Mittwoch, den 19. Juni ab 19:00 hält Prof. Dr. Kathrin Horn (Anglistik) einen Vortrag zu „Camp – Kommerz und Kritik in Queeren Medien“ im ELP 6, HS 1, und am Tag darauf gibt es um 20 Uhr im ELP 6, HS 1einen Vortrag mit dem vielversprechenden Titel “Trangender Marxism”, allerdings noch ohne Vortragende*n.

In der letzten Juniwoche gibt es noch einen Workshop von Innawa Bouba zum Thema: “Diversity und Vielfalt: Fassade oder tatsächliche Realität” am Mittwoch, den 26. Juni um 18 Uhr im ELP 3, SR 1.06, und einen Vortrag über Sexualität und Kolonialismus von Prof. Dr. María do Mar Castro Varela mit dem Titel “Heteronormativität als Zivilisationsprojekt?” am Donnerstag, den 27. Juni um 18 Uhr im ELP 6 HS 1.

Themen Tag Trans* der Unimedizin

Am Freitag, den 28. und Samstag, den 29. Juni bietet die Universitätmedizin im C_DAT-Center der Universitätsmedizin Seminarraum 1&2 Vorträge zu verschiedenen Aspekten rund um Trans*ness in der Medizin an, mit den Vorträgen „Expert by experience“ (Freitag, 16 Uhr, Daniel Masch), „Trans*affirmative medizinische Begleitung – Bedarfe und Perspektiven“ (Samstag, 12:30 Uhr, Dr. Martin Viehweger) und “Trans* Chirurgie” (Samstag, 14:30 Uhr, Prof. Dr. Markus Küntscher).

Viel Spaß diesen Monat und happy Pride! 🏳️‍🌈🏳️‍⚧️🥳

Beitragsbild: AStA Uni Greifswald, Gender Trouble AG, Gleichstellung Uni Greifswald


Zur Person der*des Autor*in

Dies Academicus 2024 – Uni Greifswald feiert Gründungstag

Dies Academicus 2024 – Uni Greifswald feiert Gründungstag

Beim Dies Academicus am Mittwoch, den 29.05., gibt es wie letztes Jahr viele Möglichkeiten die Gründung unserer Alma Mater zu feiern – unter anderem mit feierlichen Preisverleihungen, Musik, Vorträgen und Führungen durch die Teile der Universität, die sonst verschlossen bleiben. Außerdem gab es Gerüchte über eine Hüpfburg und Freibier…

Am 29. Mai 1456 erhielt die Universität Greifswald ihre Gründungsurkunde (deren Text ihr übrigens auf dem Rubenowplatz nachlesen könnt), und um diese Gründung zu feiern findet seit 2023 jährlich am 29. Mai der Dies Academicus statt. Bei dieser akademischen Jahresfeier werden verschiedene Preise verliehen, es gibt einen Festvortrag und ein vielfältiges Kulturprogramm, gestalten von den Mitgliedern der Universität. Die hochschulöffentliche Feier findet am Campus Loefflerstraße statt und beginnt um 14 Uhr. Wie letztes Jahr finden an diesem Tag ab 12 Uhr keine Lehrveranstaltungen mehr statt. Neben Getränken und Snacks wird auch Kinderbetreuung angeboten.

Neben den Veranstaltungen auf und an dem Campus Loefflerstraße gibt es auch Führungen durch die historischen Räume der Universität, die Alte Universitätsbibliothek, die Gustaf-Dalman- Sammlung, das Zoologische Museum und die Sternwarte auf dem Historischen Campus. Für diese kann man sich hier kostenlos anmelden.

Die Eröffnung, die Verleihung der Preise und der Festvortrag finden im Hörsaal 2 im neuen Hörsaalgebäude ELP 6 statt, das Fest mit den Angeboten der verschiedenen Mitgliedern der Universität findet draußen auf dem Campus Loefflerstraße statt und die Afterparty mit Profs am DJ-Pult findet im C9 statt.

Hier das komplette Programm:

14:00 – 15:30 Eröffnung des Dies Academicus durch die Rektorin
Verleihung der Lehrpreise der Universität
Verleihung des DAAD-Preises für Studierende
Verleihung des Nachhaltigkeitspreises
musikalische Begleitung durch Lege & Lena und Immanuel Musäus (Zink)

15:30 Eröffnung des Universitätsfests mit Kaffee und Kuchen durch die Rektorin

16:00-17:00 Festvortrag von Kilian Heck und Christian von Savigny: „Caspar David Friedrich interdisziplinär, oder was Physik und Kunstgeschichte voneinander lernen können“, moderiert von Elisabeth Ansel

ab 17:00 Buntes Kulturprogramm, gestaltet von den Mitgliedern der Universität
u.a. mit der Bigband, Prof. Dr. Michael Lalks Vorlesung “Feuer und Flamme” und Angeboten durch die verschiedenen FSR

ab 21:00 Afterparty mit Professor*innen an den Turntables (Nicole Endlich, Uwe Bornscheuer, John Rock und Eckhard Schumacher)

Beitragsbild: Universität Greifswald

Einführung des Semestertickets in Greifswald?

Einführung des Semestertickets in Greifswald?

Ob auf Flyern, Postern, in Vorlesungen oder auf Instagram, inzwischen sollten alle von der Urabstimmung zum Semesterticket an unserer Uni erfahren haben. Dieser Beitrag ergänzt die Fakten, die ihr im Studierendenportal findet, um Hintergrundwissen, wie ihr es auch bei den Online-Infoveranstaltungen (nächste Chance: Montag, 18 Uhr) erfahren könnt.

Was bedeutet Semesterticket?

Ein Semesterticket ist ein Ticket mit dem man während des gesamten Semesters (also auch der vorlesungsfreien Zeit, sechs Monate am Stück) bestimmte Verkehrsmittel nutzen kann. Der Preis für dieses Ticket ist im Semesterbeitrag enthalten, man bezahlt also einmal und kann dann während des gesamten Semesters den ÖPNV unbegrenzt benutzen.

Das Semesterticket, das in Greifswald eingeführt werden könnte, ist eine vergünstigte Version des Deutschlandtickets, auch bekannt als 49€ Ticket. Mit diesem Ticket kann man in ganz Deutschland den öffentlichen Nah- und Regionalverkehr benutzen, also Busse, Straßenbahnen, U-Bahnen und Regionalbahnen. Für Fernverkehrszüge (IC, ICE) gelten die Tickets in der Regel nicht, allerdings soll es auch vereinzelte Strecken geben, wo man mit dem Deutschlandticket ICE fahren darf.

Es gibt in Mecklenburg-Vorpommern keine billigeren Alternativen. Allein ein Monatsticket bei den Stadtwerken Greifswald kostet 33€. Für Studierende, die außerhalb der Hansestadt wohnen, gibt es kein Angebot, Pendeln ist also ohne PKW sehr teuer und unbeliebt.

Das Semesterticket soll 60% des Deutschlandtickets kosten. Im Moment kostet dies 49€ pro Monat, das Semesterticket würde also 29,40€ kosten. Für ein Semester würde es also 176,40€ kosten. Diese 176,40€ müsste man als Teil des Semesterbeitrags vor Beginn eines neuen Semesters bezahlen. (Kleine Erinnerung, dass ihr euch bis zum 9. Februar fürs kommende Semester zurückmeldet!) Wenn der Preis des Deutschlandtickets steigt, steigt auch der Preis des Semestertickets und somit der Semesterbeitrag. 2024 soll der Preis des Deutschlandtickets konstant bleiben, aber 2025 könnte er steigen.

Der Semesterbeitrag für das Sommersemester 2024 beträgt 98€ für Studierende. Ab WS 24/25 wird es zu einer Erhöhung auf 109€ Semesterbeitrag kommen, womit wir immer noch weit unter dem Bundesdurchschnitt liegen würden. Mit Semesterticket müssten wir dann aber 285,40€ bezahlen.

Warum Urabstimmung?

Weil die Einführung eines Semesterticket einen so hohen Anstieg des Semesterbeitrages verursachen würde, haben der AStA, der Allgemeine Studierendausschuss, und das Studierendenparlament, beschlossen eine Urabstimmung durchzuführen. Bei der Urabstimmung können alle Studierenden direkt abstimmen und das Ergebnis ist bindend. (Mehr zur Urabstimmung findet ihr unter §36 der Satzung der Studierendenschaft.) Wenn also die Mehrheit der Studierendenschaft dafür stimmt, das Semesterticket anzuschaffen, sind AStA und StuPa dazu verpflichtet, die Anschaffung umzusetzen, und wenn die Studierendenschaft dagegen stimmt, wird es kein Semesterticket geben. Diese Bindung gilt so lange, bis es zu einer neuen Urabstimmung kommt.

Das Ergebnis des Urabstimmung ist allerdings nur dann bindend, wenn genug Studierende an der Abstimmung teilnehmen. Mehr als die Hälfte aller Studierenden müssten für das Ticket stimmen, damit es eingeführt werden könnte. Bei 9290 wahlberechtigten Studierenden wäre diese Mehrheit mit 4.645 Studierenden erreicht.

Wenn weniger als 4.645 Studierende für das Ticket stimmen ist die Abstimmung nicht bindend. Wenn die Abstimmung nicht bindend ist, nehmen AStA und StuPa das Ergebnis als eine Empfehlung und können selbst entscheiden, ob sie das Ticket einführen oder nicht. Wenn also insgesamt nur 2.000 Studierende abstimmen würden, davon 1.200 für das Ticket und 800 dagegen, wäre das Ergebnis nicht bindend, und AStA und StuPa könnten sich frei für oder gegen das Ticket entscheiden. (In Anbetracht der geringen Wahlbeteiligung bei den Studentischen Gremienwahlen (nur 18,1% Wahlbeteiligung bei der Wahl zum Studierendenparlament) scheint dieser Fall sehr wahrscheinlich.)

Ab wann würde es das Ticket geben? Und wäre das verpflichtend?

Bund und Länder haben die Möglichkeit eines bundesweiten Semestertickets geschaffen, es liegt nun an den Organen der Studierendenschaften diese Möglichkeit zu ergreifen und umzusetzen.
Die Einführung eines Semestertickets erfordert natürlich viel Bürokratie. Die Studierendenschaft – repräsentiert durch den AStA – müsste dafür Verträge mit den Verkehrsbetrieben schließen. Damit die Verkehrsbetriebe so ein Ticket aber überhaupt in Betracht ziehen, gibt es das Vollsolidarmodell. Das heißt, dass alle immatrikulierten Studierenden für das Ticket bezahlen, egal ob sie planen das Ticket zu nutzen oder nicht. Allerdings kann man aus gesundheitlichen Gründen oder aufgrund von Auslandsaufenthalten von der Zahlung des Ticketpreises befreit werden. (Der Hintergrund ist, dass Menschen mit Behinderungen oft bereits kostenfrei im ÖPNV mitfahren dürfen. Um sich wegen Auslandsaufenthalten befreien zu lassen, muss man i.d.R. mehr als drei Monate während des Geltungszeitraumes im Ausland verbringen.)

Der AStA hofft, das Semesterticket zum Wintersemester 24/25 einführen zu können. In den Verhandlungen, die – wenn die Entscheidung für das Ticket ausfällt – anstehen, werden noch weitere Details geklärt werden. So könnte es theoretisch möglich sein, Kinder unter gewissen Bedingungen kostenlos mit dem Ticket mitzunehmen. Auch kann dort über die Statusgruppen, die von dem Vollsolidarmodell ausgenommen sind, verhandelt werden. So könnten zum Beispiel Studierende, die Wohngeld oder andere Leistungen empfangen, von der Zahlung befreit werden. Weiterhin könnte bei Verhandlungen die Möglichkeit auf bestimmten Strecken in ICEs zu fahren geschaffen werden.

Die Verhandlungen haben noch nicht begonnen, Verträge wurden noch nicht geschrieben. Das StuPa und der AStA warten das Ergebnis der Urabstimmung ab, um zu sehen, ob sie sich weiter mit der Umsetzung beschäftigen wollen. Die genauen Fristen, sollte es zu einer Kündigung kommen, sind auch noch nicht klar. Wahrscheinlich müsste ein Semester vorher gekündigt werden. Die Möglichkeit, über die fertigen Verträge ebenfalls in einer Urabstimmung zu entscheiden, wurde bei dem Informationstreffen am Dienstagabend auch in den Raum gestellt.

Wie kann ich das ganze beeinflussen?

Wenn euch die Anschaffung des Semestertickets am Herzen liegt – egal ob ihr dafür oder dagegen seid – nutzt die Chance der Urabstimmung! Stimmt ab und motiviert andere Studierende, abzustimmen!

Weiterhin haben alle Studierende die Möglichkeit, sich hochschulpolitisch zu engagieren. Auch wenn ihr nicht gewählt wurdet, könnt ihr den Sitzungen des Studierendenparlaments beiwohnen und eurer Stimme Gehör verschaffen. Auf dem Studierendenportal findet ihr alle Informationen zu den verschiedenen Organen der Hochschulpolitik, inklusive deren Ordnungen und die nächsten Sitzungen.

Am Montag, den 29. findet um 18 Uhr nochmal eine online-Infoveranstaltung zum Semesterticket statt, wo ihr Robert, dem AStA-Vorsitz, alle eure Fragen stellen könnt. Hier ist der Zoom-Link dazu. Ihr erreicht ihn auch per Mail unter asta_vorsitz@uni-greifswald.de.

Beitragsbild: AStA der Uni Greifswald

Adventskalender Türchen 18: Wichtel und wo sie zu finden sind

Adventskalender Türchen 18: Wichtel und wo sie zu finden sind

Wichtel gehören zu Weihnachten wie Weihnachtsbaum, Weihnachtslieder und Weihnachtsplätzchen. In diesem Beitrag könnt ihr ein wenig über Wichtel in verschiedenen Formen und Interpretationen lernen. (Aber weil ich Norden-Nerd (bzw. Nørd) bin, bezieht sich das meiste auf den Norden.)

Weihnachtswichtel als Saisonarbeiter?

Das wohl verbreitetste Bild von Wichteln ist das als Helfer des Weihnachtsmannes. Sie fabrizieren für ihn Geschenke und helfen bei der Verteilung. Die estnischen Päkapikud (sg. Päkapikk) helfen dem Weihnachtsmann (oder Jõuluvana), indem sie die Weihnachtspost einsammeln, gucken, welche Kinder gut und böse sind, und sie helfen auch beim Verteilen der Geschenke. Der Jõuluvana kommt zu den estnischen Kindern mit einem Schlitten aus Finnland – genauer gesagt aus Korvantunturi in Lappland; wenn ihr ihm Briefe schreiben wollt, müssen die an 96930 Napapiiri adressiert werden – ob er dann einheimische Elfen benutzt, oder ob die finnischen Wichtel (Tontut) in Estland unter anderem Namen arbeiten, ist nicht bekannt.

Aber was machen die Wichtel dann den Rest des Jahres? Gehen sie wie der Weihnachtsmann in einem Kinderbuchklassiker in den Urlaub? Nein, aber nicht weil der Weihnachtsmann sie nicht gut genug bezahlt, sondern weil sie meist schon eine ganzjährige Festanstellung als Haus- und Hofwichtel haben.

Die schwedische Bezeichung tomte, so wie die finnische Bezeichnung tonttu, lässt sich von dem Wort für Grundstück, “tomt”, ableiten. Laut nordischem Volksglaube wird jedes Grundstück von mindestens einem Wicht bewohnt. In Dänemark und Norwegen heißen die Wesen nisse, dazu später mehr. Die Wichte sind eigentlich meist gutmütig und kümmern sich um den Hof und die Tiere (wie bei Astrid Lindgrens Tomte Tummetott), sollten aber nicht verärgert werden, wenn man nicht wie Nils Holgersson enden möchte. So stellt man ihnen Heiligabend am besten auch Weihnachtsgrütze mit extra viel Butter hin, damit sie im nächsten Jahr wieder bei der Arbeit auf dem Hof mithelfen.

Julenisser (Weihnachtswichtel), gezeichnet von Wilhelm Larsen, 1890

(Wilde) Wichtel und wo sie zu finden sind

Wichtel werden beschrieben als kleine menschenartige Kreaturen mit zerfurchtem Altmännergesicht und weißem oder grauen Bart. Der Wichtel trägt meistens eine rote Zipfelmütze, eine graue Wollhose, eine Jacke und entweder Holzschuhe oder feine Schuhe mit Silberspangen. Wichtel können sich jedoch unsichtbar machen und zeigen sich also nur, wenn sie wollen.

Wenn Wichtel aber einen Bart haben, sind sie dann zwangsläufig männlich? In den vielen Geschichten, zum Beispiel den norwegischen Volksmärchen, gesammelt von Asbjørnsen und Moe, tritt der Wichtel zwar meistens in männlicher Gestalt auf, kann aber traditionell männliche und weibliche Arbeitsaufgaben gleich gut ausführen, sodass Wichtel auch jenseits der traditionellen menschlichen Geschlechterrolle gelesen werden können.

In der Neuzeit gibt es aber auch Erzählungen mit Wichtelkernfamilien bestehend aus Vater, Mutter und Kindern. Ein gute Beispiel dafür ist die Erzählung Snekker Andersen og julenissen (Schreiner Andersen und der Weihnachtswichtel) von Alf Prøysen: In der Geschichte, die jedes Jahr zu Heiligabend im norwegischen Staatsfernsehen ausgestrahlt wird, besuchen der Weihnachtswichtel und der Schreiner die Familien des jeweils anderen und erfüllen die Wünsche der Familien: die Wichtelkinder bekommen eine Schlitten, ein Puppenbett (eine Puppe braucht das Wichtelmädchen nicht, sie darf das Baby der Waldmaus benutzen) und einen Kreisel, der Wichtelopa bekommt einen Gehstock und die Wichtelfrau einen Holzlöffel.

In dieser Erzählung wohnen die Wichtel in einer Höhle im Wald, aber in der Regel wohnen Wichtel auf einem Hof, gerne auf dem Dachboden, in der Scheune oder dem Stall, oder unter diesen Gebäuden. Wilde Wichtel gibt es auch, und insgesamt sind die Wichtel eher der Domäne der Natur als der Menschenwelt zuzuordnen.

Ist der Weihnachtsmann ein Wichtel?

In Norwegen und Dänemark erfüllen die Nisse die gleiche Funktion, aber unter einem Namen, der vom heiligen Nikolaus inspiriert ist. Ursprünglich bestand die Verknüpfung zum christlichen Weihnachtsfest nur über diesen Namen, und die Wichtel wurden eher negativ dargestellt und in der Zeit der Reformation – wie der Großteil der heidnischen Folklore – als unchristlich angesehen, aber nach und nach wurde der Wichtel in die christliche Tradition integriert. Im Rahmen der nationalromantischen Bewegung (vor allem in Norwegen, aber auch in den anderen skandinavischen Ländern) wurde die folkloristische Wichtelgestalt mit christlicher und nationaler Bedeutung aufgeladen und die Verbindung zum geschenkebringenden Nikolaus forciert.

In Skandinavien heißt der Weihnachtsmann auch Julenisse (Dänemark und Norwegen) und Jultomte (Schweden), also Weihnachtswichtel. In Finnland (was nicht zu Skandinavien gehört!) heißt der Geschenkebringer Joulupukki, also Weihnachtsbock von schwedisch julbock, weil dort eine zeitlang eine alptraumerweckende Ziegengestalt auftrat.

Der Wichtel wurde auch zu einem zentralen Symbol für norwegische/nordische Kultur und Tradition sowie Mentalität aufgeladen und wurde somit auch zu einem Zeichen des politischen Widerstands: Zu Zeiten der Prohibition gab es Weihnachtskarten, auf denen Wichtel mit geschmuggelten Brandweinfässern dargestellt wurden, und während des zweiten Weltkriegs waren Weihnachtskarten mit Wichteln und Wichtelmützen durch die deutsche Besatzungsmacht verboten worden.

Gibt es in eurer WG auch einen Wichtel? Und wer bringt bei euch die Geschenke? Möchtet ihr auch Schoko-Joulupukki? Welche anderen Weihnachtswesen kennt ihr?

Beitragsbild: Laura Schirmeister
Julenisser: Humoristisk julemotiv tegnet av Wilhelm Larsen. 1890. nb.no {{nb.no|NBN:no-nb_digifoto_20171010_00161_blds_09061}}.