Streamingdienst der Stadtbibliothek – Das Herausstechen aus der Masse

Streamingdienst der Stadtbibliothek – Das Herausstechen aus der Masse

Netflix, Amazon Prime, Disney Plus, Hulu, HBO Max, RTL+, Youtube premium, Joyn Plus, Sky, Apple TV+… . Streaming regiert die Abendunterhaltung wie Oasis den Wunsch nach Vereinigung, Take That den Wunsch nach Trennung, „We don’t talk about“ Bruno das Herz von Kindern und das Lineal die Kurvendiskussion (wegen ruler…). So stellt sich doch die Frage, worin sich die einzelnen Anbieter noch unterscheiden? Exklusivtitel und Eigenproduktionen locken, jedoch erscheint der berühmte Markt übersättigt durch das Vollgestopfte, mit animierten Sitcoms von super spritzig verrückten Familien, Reality TV über die wirklich wahre Liebe und Filme von und mit Timothée Chalamet und Ryan Reynolds. Bibliotheken des Landes haben dagegen einen Anbieter vorzuweisen, bei dem nun auch die Stadtbibliothek Greifswald Mitglied ist, welcher die Frage mit einem einzigartigen Angebot in ein ganz neues Licht rückt.

Was ist es?

Die Stadtbibliothek Greifswald hat seit dem 15. Dezember das Streamingportal filmfriend in ihr Angebot aufgenommen. Dabei handelt es sich um eine Plattform für Bibliotheken in ganz Deutschland, die Filme zeigt, die sonst selten bei klassischen Streaminganbietern gefunden werden können.
Die Stadtbibliothek schreibt selbst:
Angemeldete Nutzer*innen der Stadtbibliothek können das Filmstreamingportal filmfriend kostenfrei nutzen und damit über 3.000 Filme online schauen. Die Anmeldung erfolgt mit Benutzernummer (auf dem Leserausweis) und Passwort der Stadtbibliothek. Das filmfriend-Angebot umfasst vor allem deutsche und europäische Titel, Arthouse-Fime, Filmklassiker, Kurzfilme, Serien und Dokumentarfilme sowie eine große Filmauswahl für Kinder und Jugendliche.

Was kann es?

Was der Plattform von vornherein zu Gute kommt, ohne das weitere Angebot zu betrachten, ist der unschlagbare Preis. Kostenfrei ohne versteckte Nebenkosten für Bibliotheksmitglieder kann sich wirklich sehen lassen. Interessierte ohne Mitgliedschaft können diese für einen jährlichen Tarif von 15€ (10€ für Studierende) abschließen und dabei auch noch von den physischen Qualitäten der Stadtbibliothek profitieren. Diese stehen im Verhältnis zu monatlichen Beiträgen von meist 8-15€ der klassischen Anbieter, die aufgrund der Andersartigkeit des Angebots aber auch schwer zu vergleichen sind.

Das wichtigeste Herausstellungsmerkmal von Filmfriend lässt sich im Filmangebot ausmachen. Nur um es mal so zu sagen: es gibt vermutlich eine ganze Sammlung von Filmen aus jedem Land Europas, wenn nicht der ganzen Erde, die in irgendeiner Art prämiert wurden. Die Spanne läuft vom dänischen Königshaus zu einem rumänischen Mädchen, das seine Familie nicht mag hin zu einem Pferd aus Finnland. Dazu kommen eine raue Anzahl an Buchverfilmungen, was bei einem Dienst der Bibliothek vermutlich nicht besonders überraschend, aber auch dementsprechend umfangreich ist. Dokumentationen, die in dieser Anzahl und Qualität wohl nur in der zu guten Arte Mediathek gefunden werden können. Trotzdem sind aber auch viele Fernseh- und Kinofilme verfügbar. So gibt es wohl jeden Film mit Daniel Brühl, dem deutschen Bradley Cooper, Lars Eidinger, dem deutschen Neil Patrick Harris und Mads Mikkelsen, dem dänischen Daniel Brühl. „The King’s Speech“ hat nicht umsonst vier Oscars gewonnen, „Die Königin und der Leibarzt“ fesselt emotional und „Submarine“ muss nicht nur aufgrund der Vertonung von Alex Turner zu den besten Coming of Age Dramen gehören. Zu alldem kommt das angesprochene Unterscheidungsmerkmal: Filmfriend weist Filme auf, die in dieser Anzahl wohl nirgends zu finden sind. Als Beispiel dafür gibt es eine ganze Sammlung von in der DDR verbotenen Filmen, die zum Teil erst nach der Wiedervereinigung aus übriggebliebenen Resten zusammengesetzt und hier digital verfügbar gemacht wurden. „Die Russen kommen“ von 1968 zeigt, wie Jugendliche des Nationalsozialismus in der Endzeit des 2. Weltkriegs zwischen Glaube an den Endsieg und völliger Verzweiflung als letzte Verteidigung in den Krieg ziehen mussten. Wenn wir schon bei so aktuell anklingenden Themen sind, muss auch für das Drama „Donbass“, welches den seit 2014 anhaltenden Konflikt in der Ukraine dokumentiert, eine Empfehlung ausgesprochen werden.

Filmfriend hat nicht diese Eigenproduktion, die zur teuersten Serie aller Zeiten werden kann. Aber vermutlich macht das die ganze Plattform zu etwas besonderem, dass sie ein kleines Stück weg vom Kommerz kommt und die Welt so zeigt, wie sie eben ist. Wenig Hollywood Bling Bling dafür mehr echte Emotionen, echte Menschen, echtes Leben. Das Fazit kann daher nur eine absolute Empfehlung an alle Mitglieder der Bibliothek sein, einfach mal reinzuschauen, sowie der Überzeugungspunkt für alle, die an einer Mitgliedschaft noch zweifeln.

Beitragsbild von Glenn Carsten-Peters auf unsplash.com

Mimimi-Mittwoch: Ins Kino gehen

Mimimi-Mittwoch: Ins Kino gehen

Wut, Hass, Zorn: All diese Gefühle verbindet man so manches Mal mit seinen Mitmenschen. Genau für solche Momente ist diese Kolumne da. Wann immer wir uns mal gepflegt über Leute auslassen wollen oder uns auch generell mal der Schuh drückt, lest ihr das hier.

Ins Kino gehen – wenn 200 Leute dabei zusehen, wie Kate Winslet einfach keinen Platz auf ihrer Tür machen möchte und die Romantik trotzdem nicht versinkt. Das Kino ist wohl der Ort, an dem die meisten menschlichen Zustände parallel nebeneinander auftreten können. Manche schauen den Film und lieben es, manche schauen den Film und hassen es, manche schauen den Film und empfinden gar nichts, manche schauen den Film nicht und schlafen, manche schauen Schindlers Liste nicht und machen drei Stunden lang dabei rum und manche wollen den Film eigentlich schauen und sind dann so abgelenkt von der wilden Haarfarbe der Person drei Reihen weiter vorne leicht links (ist das rot, ist das grün, was soll das sein?). Das Kino ist also ein Ort, an dem man sich gerne etwas stoßen kann. Daher ist es an der Zeit aufzuzeigen, wo die Probleme des Kinos liegen und welche cleveren Ideen es geben kann, damit die Unterhaltung auf 21 mal 12 Metern trotzdem für die Zukunft gesichert ist.

Aber fangen wir ganz vorne an. Denn bereits an der Kinokasse treten die ersten elementaren Probleme auf. Man muss es einfach mal so drastisch formulieren: Wer hat damit angefangen, die Snacktheke zum extremsten Ausläufer des Kapitalismus zu machen? Denn für ein kleines Popcorn soll es wohl zum guten Umgang gehören, sein Erstgeborenes an den*die 15-jährige*n Aushelfende*n zu opfern. Der Materialwert eines Produktes, welches aus Zucker (dazu kommen wir gleich noch) und Maiskörnern besteht, kann sich wohl nicht darauf belaufen, dass Snackfreund*innen dafür Teile des Bernsteinzimmers eintauschen müssen. So wird sich das Kino in seinem Überlegenheitskomplex bestimmt in sein vergoldetes Fäustchen lachen.
Über die Kinopreise selbst muss wohl nicht mehr viel gesagt werden, wenn man sich für einen Film mit Überlänge auch einen Monat eines beliebigen Streaminganbieters leisten kann, bei dem mitunter die Filme schon während der Kinolaufzeit verfügbar sind. Es lässt sich jedoch darüber streiten, ob Zuhause schauen und ins Kino gehen das gleiche Erlebnis bietet.

Als nächstes folgt unvermeidbar auch die Frage, warum die Kinospaßunterdrückenden ihren lieben Bürger*innen die Ideologie aufzwingen müssen, dass Popcorn süß zu sein hat. Wozu haben Menschen Jahrhunderte lang Kriege um Salz geführt, um dann nicht dessen volles Potenzial auszuschöpfen? Daher würde ich es mir von ganzem Herzen wünschen, rein salziges oder gemischtes Popcorn nicht nur in wenigen Ausläufern der großen Ketten zu sehen, sondern in jedem Kino des Landes. Zudem ist es langsam mal an der Zeit, neue Snackideen einzuführen, um die verstaubte Tüte M&M’s aus dem Regal zu vertreiben. Mein Vorschlag dazu wäre, die Modern Bowl noch einmal umzudenken und eine umso postmodernere Snackbowl daraus zu machen. Die gemischte Tüte in Zeiten von Metaspace.

Angekommen im viel zu weichen Sitz beginnt das Leinwanderlebnis mit einer angenehmen halben Stunde Werbung. Das wäre auch absolut in Ordnung, würde sich das Kino über die Werbung ausreichend finanzieren, sodass Ticket- und Snackpreise verträglich wären. Ist aber — wie besprochen — wohl nicht so. Daher ich gehe nicht ins Kino um einen Film zu sehen, der kommt natürlich auch, aber später, viel später. Nein, ich gehe ins Kino um Werbung zu schauen. Und so sehe ich: „Ooh der neue Lambogotti Fasterossa, ooh der neue Keili, das ist ja toll, uuuund Eispause.“

Auf den Film selbst hat das Kino natürlich keinen Einfluss. Dennoch schaffen sie es, mit der Erfindung der sogenannten Sneak Previews oder Sneak Peaks, bei denen man nie weiß, welchen Film es zu sehen gibt, künstlich Spannung zu erzeugen. An diesem Konzept kann trotzdem noch weitergearbeitet werden. So wäre es beispielsweise möglich, den Anfang von einem Film und dann das Ende von einem anderen Film zu zeigen. Dann könnten Zuschauer*innen erst den Anfang von Sinn und Sinnlichkeit sehen und dann das Ende von Saw. So hat wirklich niemand Spaß.

Zudem hat das Kino leider auch die Eigenschaft, dass dort von Zeit zu Zeit andere Menschen anzutreffen sind. Über Menschen braucht man eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Aber wer ins Kino geht, um ein Gespräch zu führen, der ist fehl am Platz. Man geht doch auch nicht ins Schwimmbad, um Tennis zu spielen, oder auf ein KIZ Konzert, um gute Musik zu hören.

Zum Schluss muss noch einmal eine Frage gestellt werden: 3D ist doch wirklich nicht so das Ding, oder? Dabei meine ich, es hat gut angefangen und man konnte fliegende Gummibärchen im All fangen. Doch im Film war es schon immer eine Enttäuschung, die niemand wirklich vermissen würde. Dabei ist das Potenzial von mehr Dimensionen durchaus da. Aber wo sind die versprochenen Dimensionen 4 bis 17? Wo sind sie? Obwohl es doch so viele Ideen für ein immersiveres Erlebnis geben würde: Geruch, Wasser tropft von der Decke, bunte Lichteffekte oder deine Versagensangst schreit dich an, weil du alles falsch machst.

Somit bleibt uns nichts anderes übrig, als begeistert festzustellen, dass ein Film ins Kino kommt, den man unbedingt sehen muss, es dann zu vergessen und drei Wochen später festzustellen, dass es den Film schon bei Disney+ gibt.

Beitragsbild von Geoffrey Moffett auf unsplash.com
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Adweb.kalender 15. Fensterchen: Das große Worst of Last Christmas

Adweb.kalender 15. Fensterchen: Das große Worst of Last Christmas

Alle Jahre wieder weihnachtet es auch beim webmoritz.! Hier wird Weihnachtsmusik gedudelt, werden Plätzchen gebacken und Geschichten der vergangenen, diesjährigen und zukünftigen Weihnacht unter flackernden Lichterketten geraunt. Einen Teil dieser besinnlichen Stimmung möchten wir wieder in unserem Adweb.kalender mit euch teilen. Hinter dem 15. Fensterchen erwartet euch: Das große Worst of Last Christmas.

Listen – wenn „weiß ich doch, habe ich im Kopf“ nicht mehr ausreicht. Auch der Weihnachtsmann braucht seine Liste, um wie unser Aschenbrödel die guten Erbsen im Töpfchen des wilden Geschenkespaß von den unartigen Linsen, die nur die Rute verdient haben, zu trennen.
Listen scheinen allgemein im spätesten der zwölf Monate eine erheblich größere Rolle zu spielen, als im Rest des Jahres.
Die drei beliebtesten Corona-Mutationen 2021, Galileo Big Picture: 50 Bilder von Dingen, von denen man irgendwie schon mal gehört hat, aber sich nicht mehr so richtig daran erinnern konnte oder Die 10: Promis, die auch schon mal Weihnachten gefeiert haben, sind wohl nur einige Beispiele für Listen, die es im Dezember noch geben wird. So ist auch diesem Artikel die Aufgabe aufgebunden worden eine Liste von bahnbrechender Bedeutung zu verfassen. Dabei geht es aber nicht um irgendeine Banalität, sondern um das Weihnachtslied schlechthin, dem Weihnachtsmann sein Rudolph, den Mandeln ihr Brand, dem Wein ihr Glüh, dem Michael sein George: Last Christmas.
Deshalb kommt hier die offizielle webmoritz.-lizensierte Liste der schlechtesten oder eher interessantesten Last Christmas Covers und Remixes.

Platz 4: Crazy Frog

Man muss schon sagen, Crazy Frog hat sich zum Klassiker der Bewegung etabliert, die man ohne schlechtes gewissen als Dorf Techno bezeichnen kann. Mit seinen Versionen von Songs wie Popcorn oder Axel F hat er sich in viele Herzen der 2000er gering ting tingt und gewam bam bamt. So ist der auch die Interpretation von Last Christmas durch seine ikonischen Ausgüsse der akustischen Natur geprägt. Begleitet wird die wirklich recht süße Version von einer weiblichen Stimme, die für meinen Geschmack einen zu großen Anteil des Liedes beschallt. Dazu muss jedoch gesagt werden, dass sie das „Happy Christmas“ einem wunderbar schaurig in Ohr flüstert. Enttäuschend ist nur, dass die emotionale Wiederholung der letzten Strophe fehlt, die besonders dem Original seine mitreißende Stimmung verleiht.

Platz 3: Wise guys, A. Hürth

Auch wenn diese deutsche Interpretation wohl eher aus dem Regal „mit Absicht Trash“ stammt, darf sie in keiner Last Christmas Liste fehlen. Der klassische a-cappella-Gesang der Wise Guys wird gekoppelt an den feinsinnigen und grazilen Sprechgesang von A. Hürth. „Kann immer noch nicht glauben, dass du das getan hast, Ich hätt‘ mir fast ’ne Weinachtskugel verpasst“ ist solch eine ausdrucksstarke Dichtung, dass einem die Dramatik der Situation praktisch vor die Füße gelegt wird. Die Einrufe von Herz Herz und Schmerz Schmerz in den lehren Zählzeiten bringen die volle Spannung auch in das Sägewerk Bad Segeberg.

Platz 2: Gummibär

Ich bin ein Gummibär – Das ist wohl das letzte, was Thomas Gottschalk gesagt hat, nachdem man ihn gefragt hat, warum er immer wieder kommt. Der Song des Interpreten Gummibär lädt dagegen zu einen lockeren Right Step, Left Step ein. Spacige Sounds lassen einen das Gefühl haben, dass es sogar im Weltall einen Weihnachtsmann gibt, der durch den Space-Kamin die Space-Geschenke bringt. So entdeckt man, dass sich dies auch in der musikalischen Interpretation wieder findet, während man vorbei an einen Stylophone durch das Autotune Wonderland wandert.
So träumt man in diesem etwas anderen Sound von weißen Weihnachten im Weltall, bis der Fade Out einsetzt.

Platz 1: Alvin & the real Chipmunks

Alvin, Simon, Theodore – Die drei Tenöre einer auditiv manipulierten Welt. Auch sie liefern ein emotionales Stück Musikgeschichte ab. Die drei Streifenhörnchen kombinieren ihre Stimmen in unnachahmlicher Weise, in einer Tonlage, die im Farbspektrum dem infraroten Licht in der Wellenlänge keinen Schritt weichen müsste. Die Klänge der Kleinnager tanzen wunderbar umeinander herum und vertonen so auch einen Großteil der Instrumente. So kann ich mir vorstellen, dass besonders ältere Menschen, deren Hörspanne nicht mehr allzu groß ist, nur einen dumpfen Disco-Rhythmus und keine der Höhen wahrnehmen können. Für alle, die trotzdem Teil des Klangerlebnisses sind, brennt sich das Stück ein wie Kinder, die zu Weihnachten doch bitte noch Jingle Bells auf der Blockflöte für Oma und Opa spielen sollen. Der verdiente 1. Platz geht somit an die Chipmunks.

Beitragsbild: Julia Schlichtkrull 
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Adweb.kalender 7. Fensterchen: Lasst es mit den Weihnachtsfilmen, Netflix!

Adweb.kalender 7. Fensterchen: Lasst es mit den Weihnachtsfilmen, Netflix!

Alle Jahre wieder weihnachtet es auch beim webmoritz.! Hier wird Weihnachtsmusik gedudelt, werden Plätzchen gebacken und Geschichten der vergangenen, diesjährigen und zukünftigen Weihnacht unter flackernden Lichterketten geraunt. Einen Teil dieser besinnlichen Stimmung möchten wir wieder in unserem Adweb.kalender mit euch teilen. Hinter dem 7. Fensterchen erwartet euch:  Lasst es mit den Weihnachtsfilmen, Netflix!

You better watch out
You better not cry
You better not pout
I’m telling you why
Another horrifying Netflix Weihnachtsfilm is coming to your Endgerät

Es ist wieder mal diese Zeit des Jahres: Weihnachten. Es gibt wohl keinen kontroversen Diskurs darüber, dass Weihnachten neben den tollen Themen wie Familie, Liebe und Frieden auch seine schlechten, eisigen Seiten mit sich bringt. Eine Seite davon, über die der*die aufgeweckte Medienkonsument*in jährlich stolpert, ist eine Reihe an neuen Weihnachtsfilmen, die Jesus‘ Geburtstag neu erfinden oder zumindest mit ihrem eigenen, süßen Charme versehen wollen. Genauso tut es auch die allseits beliebte „Kommt-ja-sonst-nix“-Maschine Netflix jedes Jahr. Bislang hatten sie es für mich mit dem 2019 erschienenen, bis jetzt warum auch immer noch nicht zum Weihnachtsklassiker gewordenen „A knight bevor Christmas“ geschafft, dem König Trash die Krone aufzusetzen. Dabei handelt es sich nicht etwa um das bekannte Meisterwerk von Tim Burton, sondern um die geniale Idee, einen Ritter urplötzlich durch irgendeine mysteriöse alte Dame in das moderne Weihnachten 2019 zu teleportieren.  Der Rest des Films besteht darin, dass der edle Ritter bei „High School Musical“-Star Vanessa Hudges einzieht und irgendwelche Aufgaben erledigen muss. Das ist aber auch egal, weil es ist Weihnachten und daher geht es nur darum, die große Liebe zu finden, auch wenn diese in Form von einem Mann kommt, der bis vor ein paar Tagen noch geglaubt hat, dass Magie die Welt zusammen hält. Er hat wohl zu viel „Master of the Universe“ gesehen. Schade, dass das im 21. Jahrhundert nicht mehr der Fall ist, sondern die Kraft der Menschen einzig daher kommt, „bis baldrian“, „Tschüsseldorf“ oder „bis Danni Lowinski“ zu sagen.

Somit befinden wir uns in einer neuen Saison der Festlichkeiten. Auch dieses Jahr wurde sich wieder nicht nur am Titel von Weihnachtsklassikern inspiriert. In „Lovehard“ spielen „Vampire Diaries“-Vampir (würde ich mal sagen, hab ich nicht gesehen) Nina Dobrev und Jimmy O. Yang, der neben Steve Carell und John Melkovich in Netflix‘ „Space Force“ zu sehen war (hab ich gesehen, war so „naja“), die Hauptrollen. Es fällt auf, dass es sich beim Titel um ein Kompositum aus „Love Actually“ („Tatsächlich… Liebe“) und „Die Hard“ („Stirb Langsam“) handelt. Zwei Filme die wohl zu den meistgeliebten, meistgehassten aber auch auf jeden Fall meistgesehenen Weihnachtsfilmen gehören. Spielen die Titel in der Geschichte eine große Rolle? Ja, sie kommen durchaus in entscheidenden Szenen vor. Ist es clever, die gleiche Schriftart wie die Originale zu verwenden? Ja, auch das muss gesagt werden, da so es wohl durchaus öfter dazu kommen wird, dass Nutzer*innen versehentlich auf den Film klicken und die Winterträgheit sie wohl auch zum Weiterschauen zwingt.

Worum geht es? Ich würde hier eine Spoilerwarnung aussprechen, aber im Prinzip erspar‘ ich euch nur die Zeit, dir ihr für diesen Film verschwenden würdet, also bitte, gern geschehen, frohe Weihnachten. Der Basisplott besteht darin, dass Hauptcharakter Natalie beruflich journalistisch von ihren verheerend schlechten Flirt „Altert“ (das Tinder der Flirty Birdys) Dates berichtet. Diese wenig einfallsreiche „Sex and the City“-eske Grundprämisse führt sie dazu, das Datingleben an den Nagel zu hängen. Nur aber, bis ihr eine neue Begegnung in der App aus heiterem Himmel den wohlmöglich perfekten Typen in die vorweihnachtliche Anstrengung zaubert. Sofort kommunizieren sie natürlich ihre tiefsten Gefühle (was man auch sonst mit Fremden macht) und er kennt alles, wofür sie tiefgreifende Empfindungen besitzt. Sie konkurrieren darüber, ob „Love Actually“ oder „Die Hard“ der bessere Weihnachtfilm ist und er kennt auch noch zufällig das Gedichtband, welches die kürzlich verstorbene Mutter Natalie immer vorgelesen hat. Quelle Surprise. Das wird begleitet mit Filmsequenzen, in denen anscheinend die Realitäten beider Personen verschmelzen und beide nebeneinander sitzen oder sich gegenseitig in den Schlaf säuseln. Dabei kommt jedoch die gewisse Würze ins Spiel, denn er wohnt in irgendeinem Dorf am anderen Ende des Landes. Was macht sie? Ja na klar, sie reist zu Weihnachten als Überraschung zu ihm, was soll schon schiefgehen?
Nun, sie wird gecatfished. Nochmal Quelle Surprise. Hot guy (der Name ist wirklich egal) ist gar nicht in echt hot guy. Schade, dafür hat sie aber Glück, dass hot guy trotzdem in der Stadt wohnt. So schließen Catfish Guy und Natalie einen Deal, dass sie über Weihnachten seine Freundin spielt und er ihr dafür hilft, an hot guy heranzukommen. Nun ist es nur noch ein egales Hochdramatisiere und Zugespitze der Situation, weil Catfish guy einen einfach nur gemeinen und egozentrischen Bruder hat und Natalie und Catfish Guy sich aus Versehen verloben, weil die Familie sich doch so freut. Hot guy macht gerne Sachen draußen, Natalie macht eigentlich gar nichts gern, und Catfish guy stellt gerne Kerzen her, die nach toten Familienangehörigen riechen. Am Ende zieht sie die ikonische „Love Actually“ Andrew Lincoln oder doch Boris Johnson Nummer mit den beschrifteten Schildern durch, da sie erkannt hat, dass doch eigentlich sie Catfish Guy liebt. Ende.

Den Film als Weihnachtsfilm zu deklarieren, ist an dieser Stelle durchaus ein Problem. Denn Weihnachten spielt allgemein, bis auf ein bisschen für Rentner singen und Weihnachtsbaum schmücken wirklich keine große Rolle. Daher ist es wohl auch kein Weihnachtsfilm, sondern eher ein „ich hoffe Weihnachten ist bald vorbei“-Film. Das widerspricht jedoch auch dem Handlungsmotiv von Natalie, denn eigentlich ist sie ja doch an hot guy interessiert, möchte aber trotzdem einfach wieder nach Hause. Sie ist dadurch in einem sich gegenseitig widersprechenden zeitlichen Perpetuum Mobile gefangen.
Außerdem ist zu hinterfragen, welchen kategorischen Anspruch der Film an sich hat. Ist es eine Komödie, dann ist Humor mit dem neudeutschen Cringe gleichzusetzen. Andere Ausgüsse an komödiantischem Material sind leider starke Mangelware, sodass es nur gelegentlich auch mal so etwas wie Ironie oder sogar ein Witz ins Drehbuch geschafft hat.
Genauso wird auch versucht, irgendeine Art des Mitfühlens und der Sentimentalität in den Zuschauer*innen zu erwecken. Meistens besteht das jedoch darin, dass Natalie allergische Schocks hat, oder jeder genau eine Vater oder Mutter Figur verloren hat. Das wärmt das Herz jedoch genauso auf wie eine kaputte Heizung.

So muss man schlussendlich feststellen, dass sich wohl auch Netflix‘ neue Weihachtsauslage „Lovehard“ nicht in eine Kategorie der Must Watch Weihnachtsklassiker einordnen wird. Das liegt zum einen daran, dass die Geschichte an keinem Punkt überraschend daherkommt und man immer schon die nächste Szene voraussagen kann. Zum anderen ist es auch kein komödiantisches Meisterwerk, das das Publikum trotz schlechter Geschichte an sich immer wieder zumindest zum Schmunzeln bringt. So muss der Film wohl in die immer beliebter werdende Kategorie des Trashs eingeordnet werden, sodass man sich an der schlechten Machart trotzdem auf die ein oder andere Art erfreuen kann.

Beitragsbild: Julia Schlichtkrull
Bild: Samira Rahi auf unsplash.com 

Fran Lebowitz – Anecken macht Spaß

Fran Lebowitz – Anecken macht Spaß

Humor der Spaß am Spaß haben. Humor kann in ganz verschiedenen Geschmacksrichtungen auftreten. Sanft und süß, kratzig und gemein, rau und böswillig, albern und doof. Alles gerne mit einem Hauch der Fähigkeit, anzuecken. Fran Lebowitz eckt an. Nicht nur allein durch ihre Erscheinung, sondern auch durch gewisse Einstellungen, die zuerst als undenkbar erscheinen können. Aber wer ist Fran Lebowitz überhaupt, und was macht sie so besonders?

Fran Lebowitz ist eigentlich Schriftstellerin. Bekannter ist sie vermutlich durch ihre Auftritte in Talk- und Late Night Shows, die sich sehr an ihren humoristischen Schreibstil anhängen. Nach unerfolgreicher Schullaufbahn zieht es sie Richtung Big Apple. Seitdem ist sie eine echte New Yorkerin. Sie war Kolumnistin bei Andy Warhols Magazin Interview und schrieb zunächst auch für andere Zeitschriften, wie Changes oder Mademoiselle. 1978 erscheint ihr erstes Buch „Metropolitan Life“.
Dabei handelt es sich um eine Sammlung komödiantischer Texte, die sich insbesondere mit New York, dem Verhalten von Menschen und Kunst auseinandersetzen. Im ähnlichen Stil wird auch ihr zweites Werk, „Social Studies“, 1981 herausgebracht. Seitdem hängt sie in einer selbst benannten Schreibblockade, die bis zum heutigen Tage anhält.
Einzig 1994 erschien noch ihr Kinderbuch „Mr. Chas and Lisa Sue Meet the Pandas“. In diesem träumen pizzaliebende New Yorker Pandabären davon, nach Paris auszuwandern. Zusammen mit Martin Scorsese dreht Lebowitz 2010 eine Dokumentation über sich selbst und ihre Ansichten zu verschiedensten Themen. Ähnlich ist auch in diesem Jahr die Dokumentationsserie „Pretend It´s a City“ erschienen. Diese fängt den gesamten Charme von New York City ein und vermischt diesen mit den intelligenten und manchmal einfach nur lustigen Bemerkungen von Fran Lebowitz.

Fran Lebowitz mag keine Tiere. Zumindest nicht bei ihr. Sie geht ja auch nicht zu ihnen, warum sollten sie zu ihr kommen.

Fran Lebowitz besitzt kein Handy oder Smartphone.
Wozu auch? Jeder in ihrer Nähe hat eins.

Fran Lebowitz mag keine digitalen Taschenrechner.
Besonders bei Kindern. Kinder sollten nicht in der Lage sein 245*779 zu auszurechnen. Sowas machen Kinder nicht.

Fran Lebowitz möchte kein Gästezimmer in ihrem Apartment. Denn wenn du in New York ein Gästezimmer hast, dann hast du auch einen Gast. 

Fran Lebowitz hat Meinungen, die für manche absurd klingen können. Wie kann sie nur keine Tiere mögen. Aber immer begründet sie ihre Aussagen in ihrer eigenen charmanten und witzigen Art.
Rauchen und Rache planen sind ihre Hauptaktivitäten. Sie gehört in jedem Fall nicht zu der Kategorie: Alle sehen gleich aus. Ihre Frisur ist daher eines ihrer Markenzeichen. Dieses in Kombination mit gestreifter Hornbrille und Sakko macht sie zu einem echten Unikat. Dazu drückt sie aus, was für die meisten Einheimischen wirklich New York ist: Geldsorgen und die Suche nach einem neuen Appartement. Sie sagt selbst, dass niemand, der*die in der Stadt, die niemals schläft, lebt, sich das Leben auch leisten kann. Aber ihre Themen sind nicht unbedingt beschränkt. Sie interessiert sich einfach für manches nicht. Und das ist in Ordnung. Das hilft nur dabei, sich mehr in ihren Zynismus hineinzuversetzen. Zu sehen ist das in vielen legendären Late- Night Auftritten, besonders innerhalb der 90er-Jahre. Daher stellt dieser Auftritt in der Show Late Night With Conan O‘Brian ein sehr gutes Beispiel da.

Fran Lebowitz könnte als stehen geblieben angesehen werden. Ihre Abneigung für technische Entwicklung ist dafür wohl das erste Argument. Es ist aber auch möglich, die Sicht auf eine positive Weise zu drehen. Sieht man sie sich an, stellt man wohl fest, dass sie für sich nicht viel verpasst hat, weder an neuen Gerätschaften oder Trends, noch an hippem Sonstigen. Vielleicht kommt man sogar zu der Feststellung, dass nicht jede neue Entwicklung von allen verfolgt werden muss. Fran Lebowitz steht mit so viel Charakter genau für die Person, die sie ist. Und genau das macht sie auch so charmant, stillvoll und witzig.

Beitragsbild: Fabian Kauschke
Gif via Giphy.com