von Archiv | 16.01.2008
Mit großem Trara stellte Germanist Walter Erhart sein jüngstes
Arndt-Buch vor – und hat dennoch nichts Neues zu sagen
Ernst Moritz Arndt? Wer ist das eigentlich? Dass das eigentlich kaum ein Student weiß, geschweige denn diesem Mann irgendeine Bedeutung zuweist, das förderte eine Umfrage schon vor neun Jahren zutage. Daran hat sich offenbar nicht viel geändert; lediglich ein kleiner, eingeschworener Zirkel beschäftigt sich heute noch mit ihm.
Arndt wurde 1769 auf Rügen geboren, studierte in Greifswald und hielt hier später Vorlesungen. 1806 verließ er Greifswald gen Westen – eine Angewohnheit, die sich unter einigen seiner professoralen Nachfolger erhalten hat. Arndt wusste mit seiner Zeit nicht viel anzufangen, Französische Revolution und Aufklärung verwirrten ihn, er begann zu pöbeln und zu poltern, gegen Juden, Franzosen, die Obrigkeit. Arndt war Antisemit und Antijudaist, das ließ er in seine Idee eines deutschen Nationalismus mit einfließen. Schließlich meinte er noch, die Irrungen seiner Zeit in einer apokalyptischen Geschichtskonstruktion aufzulösen.
Das sind alles Allgemeinplätze einer ernst zu nehmenden, geisteswissenschaftlich-historischen Wissenschaft, und genau deswegen ist Arndt das, was er heute ist: beinahe bedeutungslos. Beinahe deshalb, weil man an ihm den Beginn des höchst schwierigen deutschen Nationalismus betrachten kann. Aber diese Bedeutungslosigkeit konnte man in Greifswald noch nie gut verkraften: Denn schließlich ist die Uni nach Arndt benannt. Und wenn der bedeutungslos ist, dann ist es am Ende auch die Uni?
Nazis und Kommunisten
Wie dem auch sei, interessant ist, dass es ausgerechnet 1933 den Nazis nahe stehende Kreise waren, die der Uni nahe legten, sich nach Arndt zu benennen. Die Namens-urkunde unterschrieb Hermann Göring höchstpersönlich, damals preußischer Ministerpräsident. Der Name überlebte das Kriegsende recht unbeschadet, jedenfalls wurde er 1954 wieder offiziell eingesetzt, diesmal mit sozialistischer Begründung. Und sei es nicht schon genug, dass der Name zwei Diktaturen überlebt hat, so wurde er 1990, mit Beginn der demokratischen Bundesrepublik, auch nicht abgeschafft.
Erst acht Jahre später ging die Diskussion los, da war ein kritischer Artikel in der ZEIT erschienen, der die berechtigte Frage aufwarf, wie eine Uni in einer demokratischen Gesellschaft einen solchen Namen haben könne. Denn dieser Name hat ja eine Bedeutung und sagt etwas über das Selbstverständnis dieser Uni aus. Doch die Diskussion erstarb schnell, erst 2001 konnte man sich durchringen, ein wissenschaftliches Kolloquium zu Arndt zu organisieren.
Was dort passierte, kann man im Nachhinein nur noch als Tragödie bezeichnen, wenn es nicht alles so peinlich wäre. Die wenigen Arndt-Skeptiker sahen sich einer Armada aus Arndt-Befürwortern und Arndt-Zerredern gegenüber, die vor Gepöbel und Gepolter bis hin zur anonymen Diffamierung und Morddrohung nicht zurückschreckten. Nischenblätter wie die Pommersche Zeitung oder das Ostpreußenplatt meldeten sich zu Wort, sogar ein Artikel in der Jungen Freiheit, augenscheinlich Sprachrohr der Neuen Rechten, erschien. Ein Streit über Rechts, die Mitte und Links, über Ossis und Wessis entbrannte. Und niemand erkannte, dass hier ein ganz anderes Problem besteht, nämlich dass dieser symbolhafte Name die Demokratiefähigkeit der Uni an sich in Frage stellt und mehr ein politisches Bewusstseinsproblem denn alles andere ist.
Jetzt, sechs Jahre nach dieser Farce und anderthalb Jahre nach dem Unijubiläum 2006, erscheint also ein neuer Arndt-Sammelband, verfasst vom ehemaligen Greifswalder Germanistik-Professor Walter Erhart.
Die Gäste der Buchvorstellung im Antiquariat Rose am 12. Dezember: Ein illustrer Kreis aus älteren Herrschaften, meist gut gekleidet, auch einige bekannte Gesichter aus der Germanistik oder dem Historischen Institut, einige Studenten, auffallend gut gekleidet, vielleicht Burschenschaftler. Vor ihnen am Pult Professor Walter Erhart, ein eher kleiner Mann, glatzköpfig, mit Brille. Er redet im Plauderton, blättert ab und zu in dem grünen Buch, das vor ihm liegt.
Erhart erzählt eine Geschichte, wie er ins stockkonservative Kansas in den USA gekommen sei und dort eine Insel der Liberalität entdeckt habe, die Universität von Lawrence, Kansas. Dort habe man großes Interesse am deutschen Nationalismus und vor allem an Arndt gehabt, und man habe es überhaupt nicht nachvollziehen können, warum über den in Deutschland gestritten wird oder er dort gänzlich unbekannt ist. Nun waren aber, das ist der eigentliche Grund für Erharts Besuch in Lawrence, Briefe von Arndt aufgetaucht, und zwar genau 21 Briefe an seinen in die USA ausgewanderten Sohn. Damit war Erharts wissenschaftliche Neugier geweckt, er trommelte ein paar Germanisten und Historiker zusammen, trieb das nötige Geld für eine Tagung auf und hielt selbige in den USA ab. Das Ergebnis ist der vorliegende Sammelband.
Vater und Sohn
Arndts Sohn, Hartmuth Arndt, ein geplagter Bauer aus Pommern, versuchte seinerzeit sein Glück in der Neuen Welt und ließ sich schließlich in Kansas nieder. Erhart reiste heutzutage durch die Gegend; seine Augen leuchten wie die eines Kindes, als er berichtet, wie er mit einem Kollegen den halbverwitterten Grabstein Hartmuth Arndts irgendwo auf einem Acker in Kansas entdeckte. „Eine wissenschaftliche Sensation!“, strahlt Erhart und setzt seine Brille ab.
Zum Schluss der Buchvorstellung liest er noch aus den Briefen Arndts vor. Arndt redete seinen Sohn mit „Lieber Muth!“ an und verabschiedete sich mit „Dein ältester Freund“, er hielt ihn zum Bibellesen an und exerzierte ihm Schönschrift vor. Erhart schmunzelt, zupft an seiner Brille. Ach ja, Arndt habe seinem Sohn mal das Geld streichen wollen, das er ihm monatlich zusandte, als der nicht so wollte wie er. „Du bringst mich noch ins Grab!“, schrieb Arndt. Er habe eben mit seinem „ungebildeten Sohn“ kommuniziert, meint Erhart verschmitzt. Das Publikum lacht und grinst in sich hinein.
Die Fragerunde beginnt. Uli Rose will wissen, wie die Leseerfahrungen der Arndt-Arbeitsgruppe in Lawrence waren. „Da kam viel Unterschiedliches raus“, meint Erhart, „Arndt hat ja ein so breites Oeuvre.“ Andererseits sei es nicht so hitzig gewesen wie hier und es wäre ja auch sehr schwierig, Arndt als ein einheitliches Bild zu begreifen – die vielen Rollen Arndts.
Eine Frau meldet sich. Sie erzählt, sie habe ihr ganzes Leben mit Arndt verbracht – doch wer das nun war, das habe sie nie begriffen. Bis sie neulich eine Biographie gelesen habe. „Tut Arndt in seine Zeit!“, fordert sie in die Runde.
Eine zweite Frau meldet sich, redet sich in Rage. Wie man denn so schlecht über Arndt reden könne, der habe schließlich die Leibeigenschaft in Pommern abgeschafft. „Also jeder Student, der den zu kritisieren wagt, der soll erstmal die Lebensleistung von ihm vollbringen!“
Schließlich meldet sich noch Uni-Archivar Dirk Alvermann. Der moritz, poltert er, sei sehr unredlich, wenn er immer diese Arndt-Zitate veröffentliche. Und dann versucht Alvermann zu begründen, dass so etwas ja keinen wissenschaftlichen Ansprüchen genüge, und verweist dabei irgendwo auf Scientology. „Aber nicht dass dann im moritz steht, ich sei Scientologe!“, sagt er.
Bleibt das Buch. Wer es ausleihen will, muss es erst vorbestellen und darf es dann in der Alten UB einsehen. Es kommt aus dem „Giftschrank“, der extra verschlossen ist; ähnlich wird auch mit Hitlers „Mein Kampf“ verfahren. Kopien sind nicht erwünscht, teilte eine freundlich-energische Bibliothekarin moritz mit, man könne hier ja auch nicht jedes andere Buch kopieren. Und telefonieren müsse sie auch noch mal deswegen, geschlagene zehn Minuten wurden es. Und nein nein, mit Arndt habe das absolut gar nichts zu tun.
Naivität und Arroganz?
Der Sammelband liefert wenig Neues und kommt fast naiv daher. An dem von Erhart und seinem Mitherausgeber Arne Koch beschworenen Gedächtnisschwund scheint nicht nur die deutsche Gesellschaft sondern auch die Wissenschaft zu leiden. Das Urteil ist hart, aber angesichts des undeutlichen Selbstverständnisses der Autoren angemessen. Was wollen die Autoren eigentlich? Das sagen sie nicht genau und das ist in diesem Fall ein unentschuldbares Versäumnis. Außer dass sie die Debatte durch einen herbei geredeten „Inter-Nationalismus“ entkrampfen wollen, bleibt nicht viel. Man hat den Eindruck, sie wollen die Arndt-Debatte aus Angst gar nicht eröffnen oder sie einfach weiter in die Länge ziehen. Dazu kommt zum Teil haarsträubendes Unwissen über wissenschaftliche Allgemeinplätze aus der Religionssoziologie und -philosophie sowie der Politischen Wissenschaft. Mit Politik wollen die Autoren nichts zu tun haben.
Dennoch beschwören sie ihren multi-disziplinären Ansatz, als wären Germanisten und Historiker ausreichend, um dem Phänomen Arndt gerecht zu werden. Und sie wagen viel, räsonieren in ihren Aufsätzen über Nation und Nationalismus, über Zeitgeist, über „Quellen und Motive“ des Handelns Arndts. Und dass es ja endlich mal Zeit wäre, diesen „wahrlich Epoche machenden Autor“ neu zu entdecken. Was von dem Buch bleibt, ist ein fader Nachgeschmack wissenschaftlicher Selbstüberschätzung, gepaart mit vornehmer Zurückhaltung im Urteil.
Insofern mag es ganz gut sein, wenn der Arndt-Sammelband wieder in den Katakomben der Alten UB hinter Schloss und Riegel verschwindet. Da scheint er ganz gut aufgehoben.
Geschrieben von Ulrich Kötter
von Archiv | 16.01.2008
Ernst Moritz Arndt bleibt die Gretchenfrage für die Demokratiefähigkeit der Greifswalder Uni – Ein Kommentar
Sage mir, wie du zu Arndt stehst – und ich sage dir, wie du zur Demokratie stehst!
Doch die Greifswalder Frage aller Fragen wird kaum noch gestellt, sie unterliegt fast einem Frageverbot. Und wenn man dann doch mal eine Antwort bekommt, gibt es drei Varianten. Erstens gibt es einige wenige aufrechte Demokraten, die Arndt zu Recht schleunigst aus dem Namen der Uni verbannen wollen. Dann gibt es eine große Mehrheit, die mit Arndt überhaupt nichts anzufangen weiß. Und dann gibt es noch eine kleine, aber unheimlich mächtige Gruppe von Arndt-Befürwortern und historischen Zerredern, wozu sicherlich auch Walter Erhart und der Uni-Archivar Dirk Alvermann zählen. Ihre Penetranz ist unerträglich und sie sprengten das Kolloquium 2001 mit ihrer gebetsmühlenhaften Feststellung, Arndt sei ja innerlich so zerrissen und man könne ihn ja gar nicht wissenschaftlich fassen. Dass ihre Unfähigkeit viel weniger mit Arndt als vielmehr mit ihrer miserablen Wissenschaftlichkeit zu tun hat, das kam bis heute wohl keinem in den Sinn. Selbstreflexion zählt nicht zu den wissenschaftlichen Tugenden, die sie für nötig erachten.
Dabei ist das historisch-politische Urteil über Arndt eigentlich klar, jedenfalls in der ernst zu nehmenden Wissenschaft. Er war ein geistig umnachteter Mensch, der seine Zeit nicht richtig zu deuten wusste, aber trotzdem unbedingt etwas zu sagen haben wollte. Daher sein Antijudaismus und Antisemitismus. Die Arndt-Befürworter müssen sich fragen lassen, wieso sie diese Dinge nicht zur Kenntnis genommen haben. Schon 2001 förderte sie Professor Walter Rothholz zutage, einer der wenigen Geisteswissenschaftler der Greifswalder Uni.
Doch um die Politikwissenschaft und auch das Politikverständnis ist es hier äußerst schlecht bestellt. Neuerdings meint der Politikprofessor Hubertus Buchstein gar, sich herausnehmen zu können, Studenten aus Vorlesungen zu schmeißen. Dass die im Saal Zurückgebliebenen darüber johlen und lachen, zeigt wiederum, dass Buchstein die Studenten hat, die er verdient. Daneben haben er und seine Kollegen sich durch hochschulpolitisch äußerst geschicktes Taktieren und Ausbooten Anderer das Überleben im Kürzungssturm gesichert. Es wird Zeit, dass mal jemand auf den Tisch haut und fragt, ob und wie solche Leute eigentlich gute Wissenschaft vermitteln wollen.
Denn Politik und auch Wissenschaft haben viel weniger mit Systemen, Statistiken oder Zahlen zu tun – sondern mit Menschen. Mit Menschen wie du und ich, die ihre Wünsche und Hoffnungen aber auch ihre Unergründlichkeit, Mißtrauen und Abgunst haben. Letztere beiden sind an der Greifswalder Uni bedingt durch zwei Diktaturen völlig außer Kontrolle geraten, das kann man an allen möglichen Stellen beobachten. Und letztere waren eben auch bei Arndt etwas in Unordnung geraten; das ist, so könnte man sagen, der Vergleichspunkt mit dem Jetzt. In gewissem Sinne trägt die Uni ihren Namen schon zu Recht. Dieser Zustand ist aber unhaltbar und wird großen gesellschaftlichen Schaden verursachen, wenn er nicht schleunigst angepackt wird.
Da wäre zum Beispiel der Rektor, ein Psychologie-Professor mit großer Selbstüberzeugung und kleinem Körperbau. Nach welchen Zielen er Politik macht, weiß man nicht so recht. Nur einmal outete er sich, und das zur Landtagswahl 2006. Da bekam er es offenbar so mit der Angst vor der NPD zu tun, dass er seine Uni per Rundmail aufforderte, doch bitte wählen zu gehen. Die Begründung liest sich wie das Wahlprogramm der CDU oder ein Fünfjahresplan der SED: Die „erkämpfte“ Demokratie müsse verteidigt werden, hieß es da, es seien „schöne Landschaften“, „prächtig restaurierte Städte“ und „anerkannte Hochschulen“ entstanden. Und man müsse für Toleranz, Freiheit und Weltoffenheit eintreten. Die Frage ist, ob der politisch-psychologische Manipulator Westermann überhaupt weiß, wovon er
da redet.
Seinem und seiner Kompagnons Treiben mehr oder weniger stillschweigend zugeguckt haben AStA und StuPa, wo sich seit langem dieselben Gesichter abwechseln. Viel politisches Vertrauen in der Studierendenschaft haben beide Institutionen nicht mehr. Daran sind die studentischen Politiker aber selbst Schuld, auch wenn sie das immer theatralisch ganz weit von sich weisen. Es wurde haufenweise unser Geld verpulvert, das Parlament und der AStA wurden ohne ernsthafte Begründung erweitert. Beide versinken schon seit längerem in einer überbordenen Bürokratie. Der Selbstdarstellung wird gefrönt, Protokolle und Zahlen sind wichtiger als Menschen. Egoismus pur also. Und da ist es nicht weiter verwunderlich, dass dem Wahlleiter der gerade durchgeführten StuPa-Wahl nichts Besseres einfiel, als Ernst Moritz Arndt auf das Cover des Wahl-moritz zu setzen, wohl aus Unkenntnis. Dabei stünde es AStA und StuPa mehr als gut zu Gesicht, sich mal deutlich von Arndt zu distanzieren.
Demokratie hat viel mit der eigenen Persönlichkeit, der Fähigkeit zur Selbstreflexion und echtem Verständnis seiner Mitmenschen zu tun, das muss man vielen hier mal hinter die Ohren schreiben. Sie fällt auch nicht vom Himmel, sondern sie muss jeden Tag neu erkämpft werden. Wohin frönender Egoismus und Ellenbogenmentalität sonst führen, kann man ja seit gut einem Jahr im Schweriner Landtag oder im Greifswalder Umland beobachten. So könnte es unversehens passieren, dass sich die NPD-Landtagsfraktion mal bei Westermann zum Fototermin anmeldet, weil sie Arndt ja so gut fänden und er ja offenbar auch. Wie würde unser aller Rektor wohl reagieren?
Geschrieben von Ulrich Kötter
von Archiv | 16.01.2008
Über die Zukunft der Lehramtsausbildung in Greifswald
Zurück in die Schule. Das gilt in der Regel für alle Studenten, die sich für einen Lehramtsabschluss entschieden haben. Deutschlandweit erfreut sich die Ausbildung zum Lehrer wachsender Beliebtheit. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes waren im Wintersemester 2006/07 über 208.000 junge Akademiker in einem Lehramtsstudiengang eingeschrieben. Auch in Greifswald ist das Berufsziel des Paukers für viele sehr attraktiv.
„Im Moment gibt es an der Uni Greifswald insgesamt 1698 Studierende, die ein Lehramtsstudium absolvieren“, sagt Bernd Ebert mit Blick auf die aktuellen Zahlen. Der Kommissarische Referatsleiter des Studierendensekretariats weist auf die lange Tradition des Lehramtes in Greifswald hin. „Schon in DDR-Zeiten ist diese Ausbildung in Greifswald angeboten worden.“
Doch wie hoch stehen die Chancen, dass auch in Zukunft Lehrer in Greifswald ausgebildet werden können? „Das ist schwer einzuschätzen“, sagt Dr. Monika Hädelt. Die Dezernatsleiterin für studentische und internationale Angelegenheiten wartet auf die ausstehende Entscheidung. „Wann der endgültige Entschluss getroffen wird, steht noch in den Sternen.“
Unkonkrete Planspiele
Die Zielvereinbarungen für die Universitätslandschaft Mecklenburg-Vorpommerns sehen ursprünglich eine grundlegende Umstrukturierung vor. Angedacht war das Staatsexamen durch ein Bachelor/Master-Modell zu ersetzen. „Die Idee ist damals gewesen die Bachelor-Ausbildung in Greifswald und die Möglichkeit der Masterabschlüsse in Rostock zu konzentrieren“, erklärt Thomas Schattschneider. Der AStA-Vorsitzende spricht über Pläne, die seit langem auf eine Umsetzung warten. „Konkret steht noch nichts fest.“ Inzwischen hat das Land die Weiterführung des Staatsexamens beschlossen. Die Zielvereinbarungen scheinen hinfällig. „Sicher ist in jedem Fall, dass das Land dringend gut ausgebildete Lehrer braucht“, sagt Schattschneider. Bisher schätzt er die Lehrerausbildung in Greifswald als recht gut ein. „Zwar verfügen nicht alle Fächer über Fachdidaktiken, aber insgesamt befindet sich das Lehramtsstudium auf einem hohen Niveau.“ Pläne, der Didaktik innerhalb des Lehramtsstudienganges mehr Raum einzuräumen existieren, sind jedoch noch nicht spruchreif.
Einem möglichen Wegfall der Greifswalder Lehramtsstudiengänge steht Schattschneider kritisch gegenüber. „Im Falle eines Verlustes der Lehramtsausbildung würden schon allein die Institute der Philosophie und Geschichte mehr als die Hälfte ihrer Studierenden verlieren.“
Sicher ist die Unsicherheit
Der Leiter des Lehrerprüfungsamtes würde indes eine Weiterführung der Lehramtsausbildung sehr begrüßen. „Über die Zukunft kann ich mich leider nicht äußern. Das wäre Kaffeesatzleserei“, sagt Professor Uwe Feiste. „Ich empfinde es schon als traurig genug, dass die meisten Lehramtsstudiengänge an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät auslaufen.“ Während die Zahlen der Lehramtsprüfungen in Greifswald ansteigen, nehmen die Kombinationsmöglichkeiten der Studienfächer im Rahmen eines Lehramtsstudienganges ab. Die Liste der Fächer, die geschlossen werden, ist lang. Informatik, Mathematik, Physik und Latein können beispielsweise bald schon nicht mehr von zukünftigen Lehrern studiert werden. „Die Situation ist angespannt, aber für mich in Ordnung“, sagt Franziska Weber. Die Lehramtsstudentin ist in den auslaufenden Studiengängen Latein und Mathematik eingeschrieben. Folgen der Schließung bleiben der 23-Jährigen nicht verborgen. „An den Instituten sind immer weniger Studenten und Dozenten. Vor allem in der Mathematik kommt hinzu, dass die Dozenten sehr alt sind, teilweise sogar aus dem Ruhestand geholt werden.“ Das Studienangebot ist eingeschränkt. „Danach muss ich mich richten. Manche Seminare werden letztmalig angeboten. Die Regelstudienzeit werde ich aber trotzdem einhalten können“, sagt die Studentin im 7. Semester.
Unikatfächer in Greifswald
„Ich würde die Zukunft der Lehramtsausbildung in Greifswald als relativ sicher einschätzen“, sagt Professor Matthias Schneider. Der Dekan der Philosophischen Fakultät begreift vor allem die Unikatfächer als Chance der Greifswalder Universität. „Die Pläne des Landes sahen vor, die Lehramtsausbildung in Rostock zu konzentrieren. Aber Kunst und Slawistik werden bisher nur in Greifswald angeboten“, sagt Schneider. Das soll möglichst auch in naher Zukunft so bleiben. „Die Lehrämter gehören in die Fakultät, wenn auch in kleineren Zahlen.“
Um die Lehrerbildung ins Zentrum zu rücken, wird in den kommenden Monaten ein Institut für Bildungswissenschaften geschaffen. „Es ist ein Versuch, die Lehramtsstudienorganisation zu verbessern“, sagt Schneider. In Rostock wurde unlängst ein Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung gegründet. Ziel des Bereiches Lehrerbildung ist es zum einen, die Lehramtsausbildung über die Fakultäten hinweg besser zu koordinieren und inhaltlich abzustimmen. Zum anderen sollen innovative Konzepte zu einer besseren Verzahnung von Theorie und Praxis entwickelt und in die Ausbildung eingebracht werden. Im Bereich der Bildungsforschung sollen die in diesem Bereich tätigen Wissenschaftler besser zusammengeführt werden. Unter anderem wird angestrebt, Ergebnisse der Bildungsforschung unmittelbar auch in die Ausbildung der Lehramtsstudierenden einfließen sowie über Fortbildungsveranstaltungen auch aktiven Lehrerinnen und Lehrern zu Gute kommen zu lassen. Ähnliche Ziele wird auch das Institut für Bildungswissenschaften in Greifswald verfolgen. Ein Zeichen, das für die Zukunft der Lehramtsausbildung in der Hansestadt spricht? Ja, nein, vielleicht.
Geschrieben von Grit Preibisch
von Archiv | 16.01.2008
Über die Zukunft der Lehramtsausbildung an der Greifswalder Uni wurde in der Vergangenheit oft und ausgiebig diskutiert. Die Würfel schienen endgültig gefallen. Entscheidung: Standortkonzentration an der Uni Rostock. Doch wie ernst sind diese Zielvereinbarungen noch zu nehmen?
Die Pläne sahen eine Bachelorausbildung in Greifswald und eine Masterausbildung in Rostock vor. Inzwischen hat das Land eine Weiterführung des Staatsexamens beschlossen. So schön die Gedankenspiele ehemals waren, so hinfällig sind sie durch diesen Beschluss geworden. Wohin geht der Weg? In den nächsten zehn Jahren wird die Hälfte aller Lehrer pensioniert. Lehrender Nachwuchs wird also zukünftig dringend gebraucht. Doch wer entscheidet sich in dieser angespannten Situation für einen Lehramtsstudiengang in Mecklenburg-Vorpommern? Das Hin und Her verursacht Verunsicherung. Auf allen Seiten. Bei Unimitarbeitern, bei Studierenden und bei jungen Abiturienten, die sich für ein Lehramtsstudium interessieren. Nur eine Entscheidung kann das Hickhack beenden. Eine Entscheidung, die so schnell und vor allem so durchdacht wie möglich sein sollte. Keine Schnellschüsse. Keine Halbwahrheiten. Klarheit und Planungssicherheit. Das ist es, was sich alle wünschen: viele Antworten und wenig Fragen.
Geschrieben von Grit Preibisch
von Archiv | 16.01.2008
Jedes Jahr neu verhandelt – Personalkosten, Struktur, Interna
Etwas braut sich zusammen am Horizont. Schattschneiders Seventeen rüsten sich zum Abschied. In lässiger Coolness vereint. Harmonie, die sich durch nichts trüben lässt, so soll es sein. Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) – eine große glückliche und zufriedene Familie!
Abgesehen davon, dass hier schon die Außendarstellung nicht perfekt läuft, geschweige denn überhaupt genügend von der immerhin 17-köpfigen Studentenvertretung bis zur untersten Ebene durchdringt, ist der Mythos vom perfekten Team natürlich Quatsch. Und eigentlich vollkommen egal, denn interessant ist nicht, wer mit wem, sondern wer macht was oder auch nicht.
Euros klingeln in der Referenten-Kasse
Spätestens im Mai läuft die Legislatur des momentanen AStA-Jahrgangs ab. Da wird es Zeit, die Arbeit von Vorsitz, Thomas Schattschneider, und seiner Crew einer vorläufigen Schlussbilanz zu unterziehen.
Denn: Wir zahlen jedes Semester acht Euro vom Beitrag zur Rückmeldung in den Haushalt der Studierendenschaft ein, über den das Studierendenparlament (StuPa) verfügen kann. Aus diesem Topf werden großzügig Finanzmittel für die Aufwandsentschädigung von Referenten geschöpft. Die sieben Hauptreferenten bekommen derzeit 240 Euro monatlich, die sieben Co-Referenten noch 180 Euro und die drei autonomen 150 Euro. Klar, ab und an wird ein bisschen gespart, wenn beispielsweise einer schlampig arbeitet oder zwischendurch ein studienbedingtes Praktikum absolviert. (Auch die beiden Chefredakteure von moritz bekommen eine monatliche Aufwandsentschädigung von 180 Euro, ebenso wie die Chefredaktionen von MoritzTV und moritzweb. Je 240 Euro gehen außerdem an die Geschäftsführung der moritz-Medien.)
Der Kostenfaktor ist sicherlich ein nicht zu unterschätzender Aspekt für einige Studenten, sich länger als nötig im AStA aufzuhalten. Nicht erwiesen ist, dass Referenten, die ein solches Amt hauptsächlich des Geldes wegen angetreten sind, schlechter arbeiten. Doch Beispiele anderer Unis zeigen auch, dass es billiger geht. An der Freien Universität Berlin wurde die Aufwandsentschädigung 1995 abgeschafft, als Grund wird die Unverhältnismäßigkeit zwischen Personalkosten und den Ausgaben für andere studentische Projekte angegeben. Geld gibt es nur noch für die Zeit, die im Büro verbracht wird.
Klein vs. groß
An der Greifswalder Uni nehmen die Debatten um die Aufwandsentschädigung und die Struktur des AStAs zu Beginn jeder Legislatur einen immensen Raum während der StuPa-Sitzungen ein. Das führt zu Sondersitzungen, Nachtschichten und oft zur Vernachlässigung anderer wichtiger Themen. Änderungen geschehen dabei nur minimal. Kernproblem der endlosen Diskussionen ist die Anzahl der Referate. So schallt es aus den immer gleichen Ecken mit Komprimierungs- oder Erweiterungsvorschlägen. Besonders beliebt und eigentlich auch besonders aussichtslos für eine Mehrheit ist der Gedanke, das Queer-Referat abzuschaffen. Im vergangenen Jahr wurde dieses schließlich zusätzlich mit dem Aufgabenbereich der Gleichstellung legitimiert. Kandidaten mit unklarem Aufgabenbereich und wenig Außenwirkung gibt es aber. Bisher hat beispielsweise ein Referent im Bereich der Evaluation und Hochschulentwicklung nur sehr begrenzte Befugnisse, somit ist fraglich, ob dafür eine ganze Person eingesetzt werden muss.
Krasser Bruch
Die Zukunft verspricht interessant zu werden. Von den jetzigen Referenten haben sich bisher nur zwei entschlossen, eine weitere Runde im AStA zu drehen. Vielleicht kommen noch drei hinzu. Aufhören werden aber alle, die schon jetzt mehr als ein Jahr das Amt eines Referenten bekleidet haben. Damit nehmen sie einigen engagierten Hochschulpolitikern, die eben diesen Personen Machtgeilheit und Geldgier vorwerfen, die Diskussionsgrundlage. Denn der verlangte, grundlegende Wechsel wird kommen. Von allein. Das bedeutet zum einen den Verlust von Wissen und zum anderen die Chance auf frischen Wind. Nicht zu vergessen ist, dass viele der alten Hasen in ihre Ämter ohne Gegenkandidaten gewählt wurden. Magisterstudenten gibt es inzwischen immer weniger und den Bachelor- und Masterstudenten wird eingeredet, dass sie für Engagement außerhalb des Fachstudiums keine Zeit haben. Es erfordert viel Motivation, um einen großen AStA voll besetzen zu können. Das ist auch bisher nicht immer gegeben gewesen.
Schattschneiders Seventeen vereinten jede Menge altes Fallobst, aber auch einige frische Früchtchen. Ob diese zusammen funktionierten und tatsächlich etwas im Sinne der Studenten bewegten, haben wir ausgewertet. Die Zusammenfassung verschiedener Referenten erfolgte nach den Arbeitsbereichen des AStAs: administrativ, hochschulpolitisch, studienorganisatorisch und sozial.
Was wird wohl im nächsten Jahr kommen? Schattschneiders Eighteen?Geschrieben von Maria Trixa und Björn Buß