Ernst Moritz Arndt bleibt die Gretchenfrage für die Demokratiefähigkeit der Greifswalder Uni – Ein Kommentar

Sage mir, wie du zu Arndt stehst – und ich sage dir, wie du zur Demokratie stehst!

Doch die Greifswalder Frage aller Fragen wird kaum noch gestellt, sie unterliegt fast einem Frageverbot. Und wenn man dann doch mal eine Antwort bekommt, gibt es drei Varianten. Erstens gibt es einige wenige aufrechte Demokraten, die Arndt zu Recht schleunigst aus dem Namen der Uni verbannen wollen. Dann gibt es eine große Mehrheit, die mit Arndt überhaupt nichts anzufangen weiß. Und dann gibt es noch eine kleine, aber unheimlich mächtige Gruppe von Arndt-Befürwortern und historischen Zerredern, wozu sicherlich auch Walter Erhart und der Uni-Archivar Dirk Alvermann zählen. Ihre Penetranz ist unerträglich und sie sprengten das Kolloquium 2001 mit ihrer gebetsmühlenhaften Feststellung, Arndt sei ja innerlich so zerrissen und man könne ihn ja gar nicht wissenschaftlich fassen. Dass ihre Unfähigkeit viel weniger mit Arndt als vielmehr mit ihrer miserablen Wissenschaftlichkeit zu tun hat, das kam bis heute wohl keinem in den Sinn. Selbstreflexion zählt nicht zu den wissenschaftlichen Tugenden, die sie für nötig erachten.

Dabei ist das historisch-politische Urteil über Arndt eigentlich klar, jedenfalls in der ernst zu nehmenden Wissenschaft. Er war ein geistig umnachteter Mensch, der seine Zeit nicht richtig zu deuten wusste, aber trotzdem unbedingt etwas zu sagen haben wollte. Daher sein Antijudaismus und Antisemitismus. Die Arndt-Befürworter müssen sich fragen lassen, wieso sie diese Dinge nicht zur Kenntnis genommen haben. Schon 2001 förderte sie Professor Walter Rothholz zutage, einer der wenigen Geisteswissenschaftler der Greifswalder Uni.

Doch um die Politikwissenschaft und auch das Politikverständnis ist es hier äußerst schlecht bestellt. Neuerdings meint der Politikprofessor Hubertus Buchstein gar, sich herausnehmen zu können, Studenten aus Vorlesungen zu schmeißen. Dass die im Saal Zurückgebliebenen darüber johlen und lachen, zeigt wiederum, dass Buchstein die Studenten hat, die er verdient. Daneben haben er und seine Kollegen sich durch hochschulpolitisch äußerst geschicktes Taktieren und Ausbooten Anderer das Überleben im Kürzungssturm gesichert. Es wird Zeit, dass mal jemand auf den Tisch haut und fragt, ob und wie solche Leute eigentlich gute Wissenschaft vermitteln wollen.

Denn Politik und auch Wissenschaft haben viel weniger mit Systemen, Statistiken oder Zahlen zu tun – sondern mit Menschen. Mit Menschen wie du und ich, die ihre Wünsche und Hoffnungen aber auch ihre Unergründlichkeit, Mißtrauen und Abgunst haben. Letztere beiden sind an der Greifswalder Uni bedingt durch zwei Diktaturen völlig außer Kontrolle geraten, das kann man an allen möglichen Stellen beobachten. Und letztere waren eben auch bei Arndt etwas in Unordnung geraten; das ist, so könnte man sagen, der Vergleichspunkt mit dem Jetzt. In gewissem Sinne trägt die Uni ihren Namen schon zu Recht. Dieser Zustand ist aber unhaltbar und wird großen gesellschaftlichen Schaden verursachen, wenn er nicht schleunigst angepackt wird.
Da wäre zum Beispiel der Rektor, ein Psychologie-Professor mit großer Selbstüberzeugung und kleinem Körperbau. Nach welchen Zielen er Politik macht, weiß man nicht so recht. Nur einmal outete er sich, und das zur Landtagswahl 2006. Da bekam er es offenbar so mit der Angst vor der NPD zu tun, dass er seine Uni per Rundmail aufforderte, doch bitte wählen zu gehen. Die Begründung liest sich wie das Wahlprogramm der CDU oder ein Fünfjahresplan der SED: Die „erkämpfte“ Demokratie müsse verteidigt werden, hieß es da, es seien „schöne Landschaften“, „prächtig restaurierte Städte“ und „anerkannte Hochschulen“ entstanden. Und man müsse für Toleranz, Freiheit und Weltoffenheit eintreten. Die Frage ist, ob der politisch-psychologische Manipulator Westermann überhaupt weiß, wovon er
da redet.

Seinem und seiner Kompagnons Treiben mehr oder weniger stillschweigend zugeguckt haben AStA und StuPa, wo sich seit langem dieselben Gesichter abwechseln. Viel politisches Vertrauen in der Studierendenschaft haben beide Institutionen nicht mehr. Daran sind die studentischen Politiker aber selbst Schuld, auch wenn sie das immer theatralisch ganz weit von sich weisen. Es wurde haufenweise unser Geld verpulvert, das Parlament und der AStA wurden ohne ernsthafte Begründung erweitert. Beide versinken schon seit längerem in einer überbordenen Bürokratie. Der Selbstdarstellung wird gefrönt, Protokolle und Zahlen sind wichtiger als Menschen. Egoismus pur also. Und da ist es nicht weiter verwunderlich, dass dem Wahlleiter der gerade durchgeführten StuPa-Wahl nichts Besseres einfiel, als Ernst Moritz Arndt auf das Cover des Wahl-moritz zu setzen, wohl aus Unkenntnis. Dabei stünde es AStA und StuPa mehr als gut zu Gesicht, sich mal deutlich von Arndt zu distanzieren.

Demokratie hat viel mit der eigenen Persönlichkeit, der Fähigkeit zur Selbstreflexion und echtem Verständnis seiner Mitmenschen zu tun, das muss man vielen hier mal hinter die Ohren schreiben. Sie fällt auch nicht vom Himmel, sondern sie muss jeden Tag neu erkämpft werden. Wohin frönender Egoismus und Ellenbogenmentalität sonst führen, kann man ja seit gut einem Jahr im Schweriner Landtag oder im Greifswalder Umland beobachten. So könnte es unversehens passieren, dass sich die NPD-Landtagsfraktion mal bei Westermann zum Fototermin anmeldet, weil sie Arndt ja so gut fänden und er ja offenbar auch. Wie würde unser aller Rektor wohl reagieren?

Geschrieben von Ulrich Kötter