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Seit einem Monat gibt es einen ?Umsonstladen? in Greifswald

Ein Geschäft, in dem man Waren bekommt, ohne dafür zu bezahlen? Dieser Traum ist am 19. November in Greifswald wahr geworden. An diesem Tag hat in der Wolgaster Straße 2 der ?Umsonstladen? eröffnet.

?Ein Laden, in den Menschen die Dinge bringen, die sie nicht mehr brauchen und sich das mitnehmen, was sie brauchen können?, so fasst Markus Fugmann die Idee des Umsonstladens zusammen. Und das Konzept des Einunddreißigjährigen geht schon bei der Eröffnung auf.
Menschen jeden Alters drängen sich auf den 35 Quadratmetern und bringen Kisten mit Büchern, Haushaltsgeräte oder sogar Musikinstrumente vorbei. ?Alle Dinge müssen funktionstüchtig sein, denn wir haben keine Möglichkeit, sie zu reparieren?, erklärt Markus eine wichtige Regel des Ladens. Die beiden anderen: Jeder darf pro Tag nur drei Dinge mitnehmen und wird um eine Spende gebeten. ?Wir müssen schließlich die Miete bezahlen.? Man darf übrigens auch Dinge mitnehmen, ohne etwas da zu lassen.
Ansonsten bietet der Umsonstladen jede Menge Freiraum. ?Jeder soll sich mit seinen Ideen einbringen und kann sich hier ausprobieren.? Dies ist den Initiatoren wichtig. Die Belohnung für die bisher sechs ehrenamtlichen Mitarbeiter lässt sich in drei Worten zusammenfassen: Spaß an Begegnungen. Einen praktischen Aspekt gibt es aber doch noch: ?Jeder Mitarbeiter besitzt ein Vorrecht auf die gebrachten Waren.?
Die Idee des Umsonstladens ist übrigens nicht neu. ?Ich bin in Hamburg darauf aufmerksam geworden. Dort ist ein Netzwerk gegenseitiger Hilfe entstanden.? Dies strebt die Gruppe auch für Greifswald an. Dabei kann jeder mithelfen, der Interesse hat.


Der Umsonstladen hat geöffnet dienstags von 12 bis 15 Uhr sowie freitags von 15 bis 18 Uhr.
Wer Lust hat, sich im Umsonstladen zu engagieren, erreicht Markus Fugmann unter markus.fugmann@gmx.de.

Tür nach Polen

moritz-Redakteure Kosa und Tremmel waren ein Wochenende in der Nachbarmetropole Szczecin (Stettin) zum Sightseeing, Shopping und Clubbing.

Magnet der Großstadt. Bedingungslos wirkt diese Kraft auf Menschen in Orten ohne Straßenbahn, gleich einem Naturgesetz: „Willste wat erleben, muss’de inne große Stadt.“ Stichworte: Sightseeing, Shopping, Clubbing. Uns Greifswalder würde es demzufolge ins nahe Stettin ziehen, oder?

Die polnische Grenzmetropole ist mit 420.000 Einwohnern etwas größer als Rostock. Die Trams der Stettiner Verkehrsbetriebe transportieren jedoch selten einen Greifswalder in Großstadtlaune. Es scheint, der deutsche Teil der Provinzbevölkerung meidet sein natürliches Oberzentrum.

Wir machen uns auf den Weg, um zu schauen, was die ehemalige Pommernhauptstadt ihren Umlandbewohnern bieten kann. Das Mecklenburg-Vorpommern-Ticket soll uns nach Szczecin Glowny bringen. Bevor wir jedoch im Stettiner Hauptbahnhof einrollen, müssen wir auf die DB-Bummelbahn dorthin warten. Nicht irgendwo. In Pasewalk. Neunzig Minuten lang. Eine Zeitspanne, die das Wort „umsteigen“ in seiner Bedeutung arg strapaziert. Die Fahrt Greifswald – Stettin dauert etwas mehr als drei Stunden.
Wir machen unseren Stadtrundgang. Suchen die Innenstadt und finden sie nicht. Lange Einkaufsboulevards mit Patisserien, Friseuren und Modeboutiquen lassen uns stets vergeblich hoffen, dass der Stadtkern um die Ecke ist. Doch um die Ecke wartet die nächste Ladenmeile. Die Sehenswürdigkeiten, das Schloss der Pommernherzöge, der gotische Dom, die Oderterrassen, sie alle liegen weit auseinander. Die im Krieg völlig zerstörte Altstadt ist in weiten Teilen eine Baustelle. Dazwischen Wohngebiete, Autotrassen, unaufregende Ladenzeilen. Stettin kommt nicht auf den Punkt. Wir grübeln jetzt ernsthaft, wie man die Stadt noch als Reiseziel verkaufen kann.
Bingo: „Bigos!“ Stettin ist doch das Tor zu Polen. Beschreiben wir, was polnisch ist. Fremdheitswahrnehmungen.

Eine Stadt bekommt Farbe

Zuerst: Kioske. Das sind kleine Hütten aus Holz oder Metall. Manchmal sind sie begehbar, meistens aber hockt ein Mütterchen hinter einem klappbaren Glasfensterchen. Hier bekommst du alles, was du schnell brauchst. Äpfel und Apfelplundertaschen, Rasierklingen und Nelken, Gazeta Wyborcza, Telefonkarten und Zigaretten. Die Kioske stehen an jeder Straßenecke. Noch in der weit entlegensten Plattenbausiedlung stehen gleich mehrere nebeneinander. Ein Metzger, ein Schreibwarenhändler, ein Friseur und ein stinknormaler Zeitungskiosk. Dieser Budenzauber wird durch rudimentären Straßenverkauf ergänzt: Bauern veräußern Zwiebeln und Kartoffeln aus der Pappkiste. Vor den großen Supermärkten stehen junge Verkäufer an einem Thekenwägelchen mit Sonnenschirm und bauen dir einen Hot Dog zusammen: Brötchen, Wurst, Weißkraut, Paprikaschnitzel und Senf.
Stettiner Fassaden. Der Zahn der Zeit nagt am Putz der Gründerzeithäuser. Aus den bröckligen Simsritzen wachsen Pappel- und Akazientriebe über die gusseisernen Balkone. Ihr Grün konkurriert mit dem Grau der Kabelbäume von Radio- und TV-Antennen. Vor 15 Jahren kamen kontinuierlich schwarze, weiße und graue Satellitenschüsseln dazu. An den Hausaufgängen pappen Werbeschilder für Tanz-, Fahr- und Sprachschulen. Mit der Reklame kam die bunte Farbe zurück. Sollten wir ausschließlich die Farbe der Stadtgebäude bestimmen, müsste ein passender Farbname erst erfunden werden. Nein, grau ist es nicht. Keine Plattenbauwüsten. Die Szenerie der Bürgerhäuser hat ihren eigenen Charme und eine Farbe, die entstünde, wenn Steine rosten könnten. Verwittertes Fassaden-Rot, -Gelb und -Weiß; im Schulmalkasten hieße eine solche Farbe vielleicht „Kombinat“.

Menschen zwischen Eleganz und Protz

Die Menschen. Farbe auch hier. Frauen schminken sich akzentuierter als bei uns daheim. Der Kleidungsstil ist wohltuend anders: adrette Kostüme, Röcke bis kurz über die Knie, Stiefel bis kurz darunter. Damit wir uns nicht falsch verstehen: das Outfit der Damen ist elegant und geschmackvoll. Dann gibt es Damen um die 40. Ab diesem Alter scheinen sich Pelzmäntel gesteigerter Beliebtheit zu erfreuen. Zwischen Eleganz und Protz schleicht feminine Neutralität: Nonnen, junge und alte, in schwarzer, grauer und weißer Ordenstracht unter schlichtem Kopftuch.
Bei den Jungs sind Kurzhaarschnitte bis hin zur Glatze recht en vogue. Ansonsten bleibt ihr Äußeres eher unauffällig. Wir sehen viele alte Leute, deren Kleiderordnung sich seit 25 Jahren wenig geändert zu haben scheint. Das schaut in etwa so aus wie beim jährlichen Rosa-Luxemburg-Gedenkmarsch in Berlin, Reihe eins.

Bigos, Bordell und Benzin

Deutsche Menschen treffen wir auch. Stets an exponiertem Ort fallen sie uns ins Ohr. Zum Beispiel im „Best Restaurant“ Colorado, einem Panoramacaférestaurant, dass gleich einem hölzernen Krähennest an der Oderterrasse über den Anlegestellen für Kreuzfahrtdampfer hängt. Hier sitzen die deutsche Bigos- und die Bordellfraktion an getrennten Tischen. Rentnerpärchen auf Polen- oder Heimatentdeckungstour. Männerkegelvereine auf Erlebnisfahrt. Wir haben keine Chance, unser Küchenpolnisch zu testen. Die Bedienung spricht fließend Deutsch, die Speisekarte ist dreisprachig ausgewiesen. Gleiches Bild im Cafe 22, einem Panoramacafe auf der 22. Etage. In den unteren Etagen dieses „Wolkenkratzers“ wütet der Einkaufstrubel. Shopping in Stettin hat hier sein Zentrum, im Galaxy. Die riesige Mall bietet alles: Boutiquen, Hypermarkt, Eiscafés und sogar eine 15 Meter hohe Kletterwand für Alpinisten. Der riesige Supermarkt einer französischen Kette steht seinen Filialbauten im Mutterland in nichts nach. Es sei hier nur die riesige Frischfischtheke auf Eis erwähnt. Das Angebot ist erschlagend. An den endlosen Regalen für Bier und Wodka treffen wir wieder auf Deutsche. Quasi die dritte Kohorte, die Benzin- und Butterfraktion. Der Service ist beeindruckend. Jede Abteilung hat zwei junge Menschen, die Probierhäppchen parat halten und die Kundschaft beraten. Es kann in Stettin für junge Leute nicht sehr schwer sein, einen Nebenjob zu finden. Shopping in Stettin bietet ein Kontrastprogramm. Einerseits das bonusmeilenverdächtige Herumschieben des Einkaufswagens durch die Hallen der Einkaufstempel, andererseits die anheimelnde Atmosphäre über den Ladentheken der kleinen Geschäfte und Kioske.
Am Abend treffen wir uns mit polnischen Freunden zum Programmpunkt Clubbing. Wir haben uns einen ungünstigen Tag ausgesucht. Es ist Samstag vor dem ersten Advent. Clubs sind zahlreich, aber heute besonders überfüllt. In den beliebtesten Gewölbekellerdiskos sind alle Tische reserviert. Das junge Polen trifft sich heute offiziell ein letztes Mal zum Trinken und Tanzen, denn es gehört zum guten Ton in der Adventszeit, die Füße still zu halten. Jedenfalls offiziell und mit Augenzwinkern. Wir schaffen es, im Patio einen Tisch zu ergattern. Zwar hätten wir lieber das Rocker oder Pinokio unsicher gemacht, aber noch um zwei Uhr warten dort Menschentrauben auf Einlass. Die unerhörten Eintrittspreise können nicht schrecken. Etwa 10 Euro verlangt an diesem Karnevalssamstag das Rocker. Im Patio zahlen wir nur ein Viertel und steigen in den Keller hinab. Das gemütliche Ambiente, so erfahren wir, ist recht typisch. Es gibt mehrere Mauersteinkavernen, die miteinander verbunden sind. Ein Tresenraum, Räume mit langen Tafeln und Sitzbänken und schließlich das Tanzgewölbe. Gut, dass man nicht Tanzen muss, denn House Musik gehört zu unseren off-limits. Im Übrigen die beliebteste und häufigste Stilrichtung in Stettiner Clubs. Das nächste Mal, beschwören uns die Freunde, gehen wir ins Rocker.

Das nächste Mal wird alles besser

Jetzt sollen wir von Stettin erzählen, ob es uns gefallen hat. Unsere Höflichkeit hat Grenzen. Trotzdem bleibt die Gastfreundschaft der Freunde herzlich: „Kommt im Januar wieder, wenn Schnee liegt.“ Ein Skihang mit Schlepplift und Schneekanonen liegt am Stadtrand. „Und im Sommer müsst ihr auch kommen. Dann sind die Bäume grün und wir gehen in die Biergärten. Oder wir fahren mit dem Segelboot auf den Dabie-See hinaus, gleich hinter der Stadt, und campen wild auf einer der Inseln. Lagerfeuer und polnische Gitarrenmusik inklusive.“
Wenn das so ist, sagen wir am nächsten Morgen, wollen wir gern wiederkommen. Doch zunächst müssen wir in unsere Provinz zurück. Diesmal mit dem Wochenendticket in drei Stunden über Angermünde.

Geschrieben von Robert Tremmel

Arvids Kolumne: „Das Volk, das im Finstern wandelt“

Last Christmas I gave you my heart …“ – „Ich kann es nicht mehr hören! Dieser Weihnachtsmarkt macht einen noch fertig! Was soll dieser ganze Rummel überhaupt? Weihnachten ist doch das Fest der Liebe und der Besinnlichkeit…

Ja, genau! Das ist es, worauf es beim Weihnachtsfest ankommt. Dafür kann man doch locker auf den ganzen Ramsch und Kommerz verzichten. Und eigentlich auch auf die Geschichte, angefangen beim Weihnachtsmann. Der ist doch eh‘ nur ein PR-Produkt von CocaCola. Letztendlich auch die Sache mit dem Christkind. Das ist eigentlich nur ein Mythos, der durch die Kirche immer weiter tradiert worden ist. Ob nun die Maria eine Jungfrau war oder ob Ochs und Esel im Stall gestanden haben, das ist doch für das Fest an sich nicht von Belang. Moment! Die Weihnachtsgeschichte – ein Mythos? Nichts weiter als ein Konstrukt – ohne Anspruch auf Echtheit?
Wieso Echtheit? Was unterscheidet die phantastische Welt von „Narnia“, die sich hinter einem alten englischen Wandschrank auftut, von den aramäischen Dialogen im Mel-Gibson-Film „Die Passion Christi“? Es ist der Glaube! Der Glaube an eine Wissenschaft: die der Geschichte.
Wir haben uns ein Rezeptionsverhalten angewöhnt, das zwischen Termini wie „Fantasy“ oder „Historiendrama“ differenziert. Auch wenn man sich bewusst ist, dass ein Kinofilm immer einen Großteil an Fiktion, also an menschlicher Phantasie enthält, wird dennoch das, was „historische“ Quellen aufzeigen, mit anderen Augen gesehen. Es ist der Glaube an eine objektive Wahrheit, die sich auf eine der Vernunft entspringende Wissenschaft stützt.
Man mag den Interpretationsgehalt antiker oder mittelalterlicher Überlieferungen noch akzeptieren, doch dem, „was die Leute noch selbst erlebt haben“, glaubt man. Ich glaube meiner Oma, dass sie 1945, als sie auf einem überfüllten dänischen Transportschiff aus Hinterpommern floh, nach der tagelangen Reise im Hafen von Wismar vom Kapitän in die Speisekammer mitgenommen wurde, um sich etwas für den weiteren Weg mitzunehmen. Ich kann nicht wissen, ob es wirklich ein Stück Butter war, das sie in ihrer Bescheidenheit auswählte, aber ich glaube es.
Nun mag diese platte Differenzierung von Glauben und Wissen nicht dem Mysterium der „Fleischwerdung Gottes in Jesu Christi“ gerecht werden. Wenn zum einen der Zweifel am Wahrheitsgehalt der Wissenschaft zunimmt und zum anderen der Lebensbezug mythischer Stoffe zu elitär-allegorischen Schatten verkommt, ist die Sinnkrise perfekt.
Wird der partielle Waffenstillstand von 1914, wie er im Film „Merry Christmas“ thematisiert wird, bald von einigen Kreisen als „europäisches Gedankenspiel“ angesehen und wird es bald Leute geben, deren Oma ihnen felsenfest versichert, dass sie im Jahre 1932 „King Kong“ hat wirklich am Empire State Building hochklettern sehen?
Wer dies nun als Gedankenspielerei der Geisteswissenschaft abtut, die er von der Naturwissenschaft zu unterscheiden weiß, dem sei beispielsweise bewusst gemacht, dass sich deren Ergebnisse zwar in der universellen Sprache der Zahlen fassen lassen, aber der Mensch sich noch vom Computer unterscheidet, indem er nicht in Zahlen spricht. Um die vermeintlich objektiven Ergebnisse der Forschung kommunizierbar zu machen, brauchen wir eine menschliche Sprache und eine Sprache ist immer durch Abstraktionen und Allegorien gekennzeichnet, die jeder durchaus subjektiv interpretiert. Ob nun der mathematische Begriff der Ellipse mit einem „Eirund“ identisch ist, liegt im Ermessen des Betrachters.
Es liegt also an uns allen, sich in diesen Tagen wieder einmal klar zu machen, dass es Dinge gibt, die sich der Vorstellung eines rationalen Wissenschaftsbegriffs entziehen und zugleich weit mehr als ein „mythisches Hirngespinst“ sind. Und um diese Dinge lebendig zu halten ist die Ruhe und Besinnlichkeit der Weihnachtszeit ein Gut, das es zu wahren gilt. Vielleicht sind Schneechaos und Stromausfall zu den einzigen ultimativen Mitteln geworden, die freundschaftliche oder familiäre Gemeinschaft zu provozieren.
Wenn man dann den väterlichen Erzählungen lauscht, ist es nebensächlich, ob damals im Winter ’78/’79 der NVA-Major wirklich in überheblicher Feldherrnmanier in dem Dorf Alt Käbelich (zwischen Neubrandenburg und Woldegk) ankam, um nur wenig später ebenso in den Schneemassen zu scheitern, wie es die zuvor taten, die seinem Genius aus dem Weg zu gehen hatten. Dass ein sowjetischer Panzer noch bis zum Frühjahr in einem heute so unscheinbaren Straßengraben festgesessen haben soll, ist letztendlich nur Beiwerk, wenn man erfährt, dass sich unter diesen Umständen meine Eltern kennen lernten.
So wird man vielleicht einer zukünftigen Filialgeneration von dem lauten und bunten Rummel sowie dem Duft von Schmalzkuchen und gebrannten Mandeln erzählen können, den es „damals“ auf dem Weihnachtsmarkt gab. Und der Aussage, dass Gott in Jesus Christus Mensch geworden ist, tut auch der Gedanke nicht Abbruch, dass die Geburt in Bethlehem nur zur Erfüllung alttestamentlicher Prophetie gedacht ist und dass die „drei Weisen aus dem Morgenland“ ihre Geschenke zunächst einem gewissen Brian überbrachten.

Geschrieben von Arvid Hansmann

Theater: Die Puppen tanzen

Pünktlich zum ersten Advent präsentierte das Theater Vorpommern dieses Jahr sein Weihnachtsballett, den „Nussknacker“. Das von Tschaikowsky vertonte Märchen E. T. A. Hoffmanns gehört zu den meistaufgeführten Repertoirestücken der Welt. Vielleicht auch ein Grund, warum das Stück in der Inszenierung und Choreographie von Ralf Dörnen nach dreijähriger Pause wieder aufgenommen wurde.

Die Zuschauer konnten in einem nahezu ausverkauften Haus verfolgen, wie die kranke Klara an einem turbulenten Weihnachtsabend von ihrem Arzt, Dr. Drosselmeier, einen Nussknacker geschenkt bekommt. In den Träumen des Mädchens erwacht das Spielzeug zum Leben, rettet es vor dem garstigen Mäusekönig und seinem Gefolge und lässt für es seine Puppen zum Leben erwachen. Mit diesen feiern die beiden einen nächtlichen Ball. Am nächsten Morgen erwacht Klara mit dem hölzernen Nussknacker in ihren Armen und erinnert sich zufrieden an ein wunderbares Abenteuer im Reich der Spielzeuge.
Obwohl es sich um die zweite Wiederaufnahme des Balletts handelt, stehen nur zwei Tänzerinnen der alten Besetzung dieses Jahr mit auf der Bühne. Die übrigen zwölf Mitglieder der neuen, jungen und sehr internationalen Company wirken zum ersten Mal an der Greifswalder Inszenierung mit. Das Publikum zeigte sich begeistert von der Leistung dieses Ensembles und sah ihm kleinere Schwächen wohlwollend nach, so zum Beispiel, dass einige Passagen nicht vollkommen synchron getanzt wurden oder dass die Leichtigkeit mit der Zeit etwas nachließ und erahnbar wurde, dass hinter der Anmut des klassischen Balletts kräftezehrende Arbeit steckt.
Für eine so junge Company, die erst seit kurzer Zeit in dieser Formation zusammenarbeitet und in den letzen Wochen viele verschiedene Choreographien getanzt hat, war es auf jeden Fall eine sehr beeindruckende Leistung. Die Solisten Nao Omi (Klara) und Ion Beitia (Dr. Drosselmeier/Nussknacker) fielen mit ihrem Können besonders beim Höhepunkt des Stücks, dem technisch anspruchsvollen „Grand Pas de Deux“, auf.
Der wiederholte Szenenapplaus war Beweis genug dafür, dass die Tänzer die Zuschauer für sich gewonnen hatten. Ebenfalls mit viel Beifall bedacht wurden das philharmonische Orchester Vorpommern und sein Dirigent Koji Kawamoto, die mit einer guten Darbietung durch das Stück begleitet hatten.
Alles in allem ist der Greifswalder „Nussknacker“ eine rundum gelungene Inszenierung, die hervorragend in die Vorweihnachtszeit passt und an langen Abenden eine lohnende Alternative zum Glühweintrinken bietet.

Geschrieben von Sarah Riesner, katja Staack