von Archiv | 23.01.2006
Mit den weißen „Lost-in-translation“-Hausschuhen schlurfte ich über den Flur des Hostels. Unweigerlich wurde ich mit Lewis konfrontiert. „Good morning!“, I said, äh, sagte ich. Schwer atmend erwiderte er den Gruß. Der korpulente Herr von circa 35 Jahren saß vor einem Wirrwarr aus Klamotten und anderen Utensilien, das er versuchte in seinen Koffer zu verstauen.
Als ich aus dem Bad zurück zum Zimmer ging, war ihm dieses Wunder fast gelungen, jedoch machte er einen aufgelösten Eindruck. „You are leaving today?”, fragte ich. „Yes, man. But I can’t find my battery charger.“ Er verwies auf das „iPod“-Gerät, das offenbar multifunktional war und teuer aussah. „Maybe it’s between all your things“, versuchte ich ihn zu beruhigen. Die Unruhe in seinem Wesen ließ auch nicht nach, als er einsah, dass das Teil momentan nicht auffindbar war.
„OK. Come on! Let’s go up to take breakfast!” sprach er mit offenbar chronischem Bewegungsdrang. „Just one moment!“ beruhigte ich ihn. Ich ging leise in mein Zimmer, um die beiden asiatisch-stämmigen Kalifornier und den Brasilianer nicht aufzuwecken, zog meine Schuhe an, nahm die „Keycard“ aus dem Kulturbeutel und folgte ihm die alte Treppe des historistischen Gebäudes hinauf zu Rezeption und Frühstücksraum.
Als wir uns mit Brötchen, Marmelade und Latte Macchiato aus einem Automaten, an dem der Kaffee um diese Zeit „for free“ war, eingedeckt hatten, nahmen wir in einem Raum Platz, wo auf einem Fernseher permanent MTV lief. „You come from America?“ fragte ich ihn. „Right, man. From New York.“
„How did you like Rome?“ Ich befand mich seit vier Tagen in der “Ewigen Stadt” und wollte nun erfahren, welchen Eindruck sie auf einen Bewohner der Neuen Welt machte. „Too much history, man. Too much history.” Sein unruhiger Blick richtete sich auf eine Wand des Raumes. „What does this mean? I was there, but tell me, man. You know it.” Vor uns war eine mittelmäßige Adaption des berühmten Details aus den Fresken der Sixtinischen Kapelle von Michelangelo. „It’s just the moment, when God gives the life to Adam.” Vor meinen Augen ließ ich den vorangegangenen Tag Revue passieren, wo ich mit verrenktem Hals die unzähligen Details dieser „Kapelle“ betrachtete, die in unseren Breiten etliche Kirchen in den Schatten stellen würde, hier aber im Verhältnis zum hypertrophen Petersdom wie „rangeklatscht“ wirkt.
„You know a lot, man. – But I don’t like Rome. Too much history, man. Too much history.” Ich meinte seine Einstellung etwas nachvollziehen zu können. Die Zahl der Kirchen, die ich mir in diesen wenigen Tagen ansah, kann ich auch heute nicht klar definieren. „Yes, it was also for me a lot. I have just focussed on the Christian art. You know the big churches from the emperor Constantine…” – „Constantine? Was it a good guy or a bad guy?” – “Oh…” Ich musste überlegen, wie ich ihm antworten sollte. „It was a good guy“, sagte ich dann. Es machte wohl wenig Sinn, ihm zu erklären versuchen, dass so ein pauschal-dualistisches Urteil eigentlich nicht zu fällen war, sondern dass es immer erst aus der historischen Nachbetrachtung entsteht. So hatte der als „böser Antichrist“ verschrieene Kaiser Diokletian wesentliche Reformen durchgesetzt, die Konstantin in vielen Teilen übernahm. Die Ausmaße der von ihm gestifteten Thermenanlage, deren Reste hier „gleich um die Ecke“ lagen, sind heute noch beeindruckend.
In diesem Moment wurde mir jedoch klar, dass all dies für Lewis kaum nachvollziehbar war. Wie sollte er erkennen, dass die barocke Kirche „Santa Maria degli Angeli“ in ihrer heutigen Form erst über 1000 Jahre später in die spätrömische Badehalle eingebaut wurde? War ihm bewusst, dass Julius Caesar das Kolosseum nie gesehen hat? War für ihn Kaiser Nero eine ebenso historische Gestalt wie Sir Peter Ustinov?
Ich frage mich, ob bei ihm überhaupt ein derartiges chronologisches Bewusstsein existierte, wie es hierzulande vermittelt werden soll. Waren für ihn die Hollywoodbilder nur Schlaglichter in einem unförmigen Nebelwald, der als „ancient times“ abgetan wurde? Waren sie Exempla für einen moralisierenden Geschichtsentwurf, wie er beispielsweise in der Frühen Neuzeit ausgeprägt war?
Bei der Greifswalder Fachtagung „Wahre Geschichte – Geschichte als Ware“ am zweiten Januarwochenende 2006 wurde mir jedoch vor Augen geführt, dass selbst im Elfenbeinturm des Historikers die Grenze zwischen der abstrakten wissenschaftlichen Erkenntnis und den vermeintlich als klar fiktiv abgetanen Bildern verschwimmt. Sollte diese vermeintliche Rationalität nichts weiter als der „intellektuelle Hochmut“ des zephirgleichen Williams von Baskeville bei Umberto Eco sein, der auch für unsereinen in Personalunion mit Sir Sean Connery tritt?
Jedenfalls kam es dem wenig konzentrationsfreudigen Lewis in den Sinn, vor seiner Abreise nach Madrid einen Internet-Zugang zu suchen. „Just go to the Termini station. There is an internet pool in the big hall.” – “OK, man. Let’s go there.” – “Oh, not so fast. Let me eat my breakfast. We meet there in half an hour, OK?” – “All right, man.” Da war er auch schon verschwunden.
Geschrieben von Arvid Hansmann
von Archiv | 23.01.2006
Mathias Brodkorb und Thomas Schattschneider im Gespräch über Reformzwänge an den Unis, Studiengebühren und Regionalentwicklung
Mathias Brodkorb (28) ist hochschulpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern. Von 1997 bis 2005 studierte er mit Unterbrechungen Philosophie und Altgriechisch an der Universität Rostock. Am 9. Dezember 2005 traf er in der moritz-Redaktion mit dem Greifswalder AStA-Vorsitzenden Thomas Schattschneider (23) zusammen, um mit ihm ein Streitgespräch über die geplanten Reformen im Hochschulbereich zu führen. Sie einigten sich auf das studentische „Du“.
moritz: Mathias, du hast vor kurzem gesagt, die angestrebten Reformen im Bildungsbereich seien eine strategisch richtige Entscheidung im Sinne der Hochschulen. Wie meinst du das?
Mathias Brodkorb: Ich glaube, dass man auch die Hochschulen an der Entwicklung der Landesfinanzen beteiligen muss. Deshalb ist es wichtig und richtig, die Weichen einmal konsequent zu stellen und den Hochschulen dann die Möglichkeit zu geben, sich in Ruhe zu entwickeln.
Thomas Schattschneider: Im Kern kann ich zustimmen. Wir können nicht jedes Jahr wieder in den Kürzungsstrudel geraten. Insofern ist eine verbindliche Entscheidung sinnvoll. Entscheidend ist nur, wer für neue Strukturen sorgt: Die Hochschulen oder der Landtag mit einer Änderung des Landshochschulgesetzes.
Brodkorb: Bei der Frage muss man aber auch mal zurückdenken, wie der Prozess verlaufen ist. Vor einem Jahr haben die Universitäten den Versuch gemacht, sich zu einigen. Erst als dies gescheitert ist, hat der Bildungsminister versucht, eine Einigung herbeizuführen – ebenfalls erfolglos. Erst dann kam die LHG-Änderung ins Spiel. Irgendwie muss es schließlich ein Ergebnis geben. Viel entscheidender ist jedoch die Frage, ob man eine Koordinierung unter den Hochschulen im Land für nötig hält oder nicht.
Schattschneider: Die Frage ist, ob es eine Regelung per Gesetz geben muss oder ob sich dies nicht auch mit Zielvereinbarungen umsetzen lässt. Rechtlich ist dies ohne weiteres möglich.
Brodkorb: Ich hätte es besser gefunden, wenn die Hochschulen im Frühjahr einen Kompromiss gefunden hätten. Jeder vernünftige Mensch muss für eine Hochschulautonomie sein, die den Beteiligten die Regelung wissenschaftsinterner Angelegenheiten überlässt. Kein Mensch kann alles überblicken, doch solange Hochschulen öffentlich finanziert werden, hat das Land auch die Pflicht, in gewissem Umfang Einfluss zu nehmen.
Schattschneider: Vielleicht sollten wir mal über die Praktikabilität von gemeinsamen Fachbereichen sprechen, wie sie der Vorschlag zur Änderung des Landeshochschulgesetzes vorsieht. Dies hätte in Mecklenburg-Vorpommern zur Folge, dass Studenten zwischen Rostock und Greifswald pendeln.
Brodkorb: Es kommt natürlich vor, dass Dozenten aus Rostock in Greifswald unterrichten oder umgekehrt. Hierin sehe ich auch wichtige Kooperationspotenziale, wie sie von den Theologen schon lange ausgeschöpft werden. Für Studenten kann ich mir das aber nicht sinnvoll vorstellen. Und man kann sicher auch bezweifeln, dass sich solche Fachbereiche von oben verordnen lassen.
moritz: Ende November hat die Landesregierung eine Erklärung herausgegeben, in der sie sagt, der Umstrukturierungsprozess im Hochschulbereich sei ein Erfordernis der Haushaltskonsolidierung. Darf bei der Bildung gespart werden?
Brodkorb: Wenn 50 Schüler von zwei Lehrern betreut werden und eine Lehrerstelle gestrichen wird, dann ist das inakzeptabel. Wenn sich aber die Zahl der Schüler halbiert, können auch die Lehrerstellen halbiert werden, ohne dass sich die Bildungssituation verschlechtert. Ein echter Abbau an Bildungsleistung findet dann gar nicht statt, sondern es handelt sich um eine Strukturanpassung. Zwar ist dieser Zusammenhang bei Hochschulen durch die Mobilität der Studierenden sehr viel komplizierter, aber auch hier gilt letztlich: Entscheidend ist, wie viel Geld pro Student ausgegeben wird oder wie viel Studenten auf einen Hochschullehrer kommen.
moritz: Aber zurzeit steigt die Zahl der Studierenden, was ja auch ein erklärtes Ziel der Bundesregierung ist.
Brodkorb: Da hat die Bundesregierung auch Recht. In Westdeutschland wird die Anzahl der jungen Menschen im studierfähigen Alter bis 2020 steigen, bei uns wird sie sich jedoch halbieren. Wir können nicht auf Dauer als finanzschwaches Land für die anderen Bundesländer das Studium ihrer Abiturienten bezahlen. Wir haben eine Halbierung der Zahl potenzieller Studierender, reduzieren die Finanzierung aber „nur“ um 18 Prozent.
moritz: Wäre es für das Land denn nicht attraktiv, Studenten aus anderen Bundesländern anzuziehen?
Brodkorb: Ja, aber langfristig nur dann, wenn wir kostendeckende Studiengebühren von 10.000 Euro pro Jahr hätten. Das will ich nicht.
Schattschneider: Ich denke, dass es doch attraktiv wäre. Sicher hängt es von den angebotenen Studiengängen ab, doch sollten über den Länderfinanzausgleich und die Steuervolumina der Hinzugezogenen sowie den erzeugten Umsatz so viele Mittel in des Land fließen, dass es volkswirtschaftlich durchaus lukrativ sein kann – und dies auch ohne Studiengebühren!
Brodkorb: Erstens gleicht der Länder-finanzausgleich leider nur etwa 2.300 Euro der Kosten aus. Zweitens frage ich mich, ob diese Ökonomisierungsdebatte bei Wissenschaft wirklich angemessen ist – gerade wenn sie von Studieren-denvertretern geführt wird.
Schattschneider: Das tue ich gar nicht! Viele Städte arbeiten so, dass sie junge Menschen an ihre Universität holen und das mitgebrachte Geld in die Region fließt.
Brodkorb: Dagegen habe ich auch nichts. Aber wenn man das konsequent ge-stalten wollte, müsste man alle teuren Studiengänge wie Medizin oder Naturwissenschaften abschaffen und nur noch Betriebswirte und Juristen ausbilden. Das kann doch keine ernsthafte Option sein! Wir müssen eine auch inhaltlich ausgeglichene Entwicklung erreichen. Das muss die Hochschulpolitik leisten.
Schattschneider: Die übergreifende Frage lautet: Sind Hochschulen nicht entscheidende Standortfaktoren?
Brodkorb: Natürlich. Greifswald ohne Uni kann sich niemand vorstellen. Doch kann ich die Struktur einer Hochschule nicht allein davon abhängig machen. Was die Geisteswissenschaften angeht, finde ich die Position von Rektor Westermann hoch plausibel. In kaum einem Bereich geht die Anzahl der Studenten und die der Absolventen so sehr auseinander. Dabei geht es keinesfalls immer nur um Geld. Bei den Geisteswissenschaften war die Auslastung in Greifswald 2002 nur halb so groß wie in Rostock. Bei keiner anderen „Doppelung“ gibt es diese extremen Unterschiede.
Schattschneider: Es geht aktuell aber nicht um eine Qualitätsverbesserungsoffensive des Landes, sondern um die Exekution von Kürzungen. Es ist für mich bedenklich, die Absolventenquote durch Streichungen verbessern zu wollen. Weder breite Vernetzung in Forschung noch Kombinationsfähigkeit in Lehre werden die Folge sein. Ist es also logisch für Greifswald bei den Geisteswissenschaften nur noch auf Baltistik und Slawistik zu setzen?
Brodkorb: Eine politisch und ökonomisch globalisierte Welt braucht kulturelle Vermittlung. Das wird häufig unterschätzt. Wenn die Geisteswissenschaften ihre Effizienz steigern, können sie ihre Bedeutung gerade in Zeiten der Globalisierung auch stärken.
Schattschneider: Eine solche Einstellung ist ein kulturelles Armutszeugnis für unser Land!
Brodkorb: Ich denke, unser Hauptproblem ist derzeit nicht die mangelnde spirituelle Fitness. Unsere Probleme liegen vor allem in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt. Germanisten und Philosophen allein können Mecklenburg-Vorpommern nicht voranbringen.
Geschrieben von Kai Doering
von Archiv | 23.01.2006
Warum die Regierung die LHG-Änderung gegen alle Widerstände durchpeitscht
Nachdem Bildungsminister Hans-Robert Metelmann Ende Juni letzten Jahres seinen Entwurf zur Änderung des Landeshochschulgesetzes (LHG) vorstellte, kochen die Gemüter an den Hochschulen und in den Städten hoch, während sich Metelmann und die Regierungskoalition im Tal der Selbstzufriedenen wähnen.
Metelmann und seine Mitarbeiter im Bildungsministerium wollen zukünftig selbst entscheiden, welche Fächer an den Hochschulen geschlossen und geöffnet oder gar zwischen zwei Hochschulen aufgeteilt werden sollen. Dieses soll still und heimlich am Landtag vorbei per Verordnung geschehen. Metelmann begründete seinen Vorstoß in der Landtagsdebatte am 5. Oktober 2005 damit, dass „die Hochschulen ihre organisatorischen Fragen nicht aus eigenen Kräften lösen könnten“. Wie die Hochschulen das vollbringen sollten, nachdem ihnen der im jetzigen LHG vorgezeichnete Weg systematisch verbaut wurde, verschweigt der Minister lieber.
Dabei hatte 2002 mit der lang umkämpften Neufassung des LHG alles so gut ausgesehen: Mehr Autonomie für die Hochschulen und endlich Schluss mit willkürlichen Entscheidungen des Bildungsministeriums. Die Hochschulen fingen – wie im neuen LHG vorgesehen – an, Hochschulentwicklungspläne zu schreiben, unter der Maßgabe, dass bis 2020 im Land 180 Stellen zu streichen seien. Kaum war die Tinte der Pläne trocken, enthüllte das Land die nächsten Kürzungsvorhaben: Binnen vier Jahren erhöhte sich die Zahl der zu kürzenden Stellen bis Ende Januar 2005 auf 600. Darauf konnten die Entwicklungspläne nicht mehr eingehen. Zu den Eckwerten kam es dann gar nicht mehr.
Inzwischen weigert sich das Finanzministerium, solche Eckwerte über 2007 hinaus zu vereinbaren, enthielten sie doch konkrete finanzielle Zusagen beim Hochschulbau, die wiederum auf die vermutete Zahl der Studierenden schließen ließen. Wenn sich Rektor Rainer Westermann nun rühmt, endlich kurz vor dem Abschluss einer Zielvereinbarung mit dem Ministerium zu stehen, muss das hinterfragt werden: Diese kann ohne Eckwerte über das Jahr 2007 hinaus schnell verpuffen, denn die Landesregierung geht bekanntlich von sinkenden Studierendenzahlen aus und hat nach der LHG-Änderung ein wirksames Mittel in der Hand, Personalkürzungen durchzusetzen. Mehr als unwahrscheinlich ist die gegenüber Westermann gemachte Zusage, eine Zielvereinbarung rette ihn vor ministeriellen Verordnungen.
Nach den ermüdenden Hochschuldebatten im vergangenen Jahr sorgte die erste Lesung zur LHG-Änderung im Schweriner Landtag am fünften Oktober 2005 für einen Eklat, nahm doch der CDU-Abgeordnete Eckhard Rehberg das Wort „Ermächtigungsgesetz“ in den Mund. SPD und PDS zeigten sich dagegen fest entschlossen, die LHG-Novelle vorzunehmen.
Das Gesetz wurde in die Ausschüsse überwiesen, die Anhörung des Bildungsausschusses am 8. Dezember entpuppte sich als Alibi-Veranstaltung. Die über 40 geladenen Rektoren, Kanzler, Senats- und AStA-Vorsitzenden sowie gesellschaftlichen Vertreter sprachen sich einhellig gegen den Gesetzentwurf aus. Die Abgeordneten der Regierungskoalition, Mathias Brodkorb (SPD) und Andreas Bluhm (PDS) blieben ungerührt.
Auf der darauffolgenden Sitzung des Bildungsausschusses am 12. Januar ließen sich die Koalitionäre dann aber doch auf Änderungen ein: Es sollen Fristen gesetzt werden, bis zu denen die Hochschelentwicklungspläne, Eckwerte und schließlich Zielvereinbarungen ausgehandelt sind. Falls der modus operandi scheitert, kann Metelmann den Hochschulen immer noch per „Zielverordnung“ diktieren, was sie öffnen und zu schließen hätten. Diese Zielvereinbarungen müssen aber durch den Landtag, der seine eigene Entmachtung langsam zu begreifen scheint.
Geschrieben von Ulrich Kötter
von Archiv | 23.01.2006
Interview mit Dr. Gerhard Bartels, fraktionsloser Landtagsabgeordneter der Linkspartei und Hochschulexperte
moritz: Wird die Änderung des Landeshochschulgesetzes (LHG) am 25. oder 26. Januar vom Landtag verabschiedet werden?
Dr. Gerhard Bartels: Ich gehe davon aus – sowohl die Eile als auch der Diskussionsverlauf sprechen dafür.
Wie bewerten Sie die Anhörung der Rektoren im Bildungsausschuss am 11. Dezember des vergangenen Jahres?
Ich habe im Laufe der letzten 11 Jahre schon viele Anhörungen erlebt, aber eine so einmütige und drastische Ablehnung eines Gesetzentwurfes eigentlich nie.
Wird die Koalition die Anhörung ernst nehmen?
Sie hat auf der Sitzung des Bildungsausschusses am 12. Januar eine Änderung beschlossen, steht aber weiterhin unter dem Druck der Regierung: In deren Personalkonzept für das Jahr 2004 steht bei den Einsparkonzepten zu den Hochschulen eine Fußnote: Eine Änderung des LHG sei notwendig, um das Personalkonzept durchzusetzen. Dabei sei auf die Regelung des alten LHG zurückzugreifen, dass das Ministerium nach Anhörung der Hochschulen über Öffnungen und Schlies-sungen entscheidet. Für die Streichung eben dieses Satzes haben wir bei der Neufassung des LHG vor vier Jahren erbittert und erfolgreich gestritten!
Bildungsminister Metelmann denkt über Spitzenforschung in M-V nach. Sind das realistische Konzepte für die Hochschulen?
Für die vielbeschworene Effizienz braucht es erstmal eine bestimmte Grundausstattung. Eine Universität faktisch ohne Philosophische Fakultät, wie es hier in Greifswald geplant ist, taugt dafür nicht.
Was kommt auf Greifswald nach der LHG-Änderung zu?
Es wird wohl das Konzept von Bildungsminister Metelmann durchgesetzt, was beispielsweise das Ende der Anglistik bedeutet. Das Ministerium hat dann alle Freiheiten, so etwas durchzusetzen: Jegliche Hochschulautonomie ist ad acta gelegt.
Rostocks Rektor Hans-Jürgen Wendel spricht von „Notstandsgesetzgebung“. Wer hat diesen Notstand verursacht?
Wir haben den Einnahmenrückgang in Deutschland mit der Steuerreform 2001 selbst verschuldet. Sich hier im Land die Haushaltskonsolidierung einseitig als oberstes Ziel von Politik zu setzen, halte ich für Unsinn. Die Regierung hat kein Konzept für die langfristige Entwicklung des Landes. Wir müssen jetzt Strukturen schaffen, die uns auch nach dem Ende der Solidarpaktmittel Einnahmen garantieren – und das geht nur über Hochtechnologie im Umfeld der Hochschulen.
Geschrieben von Ullrich Kötter
von Archiv | 23.01.2006
Die Universität hat eine neue Internetseite
Am 13. Dezember 2005 um 16 Uhr war es so weit – Die neue Homepage der Universität Greifswald war fertig und ging online! Damit hat sich die Uni zum diesjährigen 550. Jubiläum selbst ein längst überfälliges Geburtstagsgeschenk gemacht. Sicherlich ist die Seite bei der Handhabung noch ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber dennoch kann sie sich sehen lassen.
Lange genug gedauert hat es ja: Seit fast zehn Jahren wurde die Internetseite vom Layout her nicht modernisiert und mitunter ein wenig stiefmütterlich behandelt. Aber als sich im Herbst 2004 eigens dafür eine universitätsinterne Kommission gründete, kam endlich frischer Wind und neue Energie in die zum Teil festgefahrene Angelegenheit.
Die vorangegangene Bemühungen, eine neue Internetseite zu gestalten, versandeten aufgrund von Unstimmigkeiten zwischen Rektorat und dem inzwischen entlassenen Leiter der Pressestelle, Dr. Edmund von Pechmann. Erst die Kommission schaffte es innerhalb eines halben Jahres, die Ausschreibung zu tätigen und den Auftrag zur Neugestaltung der Uni-Homepage zu vergeben. Dabei machte es sich die Kommission nicht leicht. Die Bewerber mussten mehrere Runden durchlaufen bis eine Berliner Firma letztendlich den Zuschlag bekam.
Nach weiteren sechs Monaten kann sich das Ergebnis vom 13. Dezember 2005 sehen lassen: Klarheit und Moderne bestimmen das Design der neuen „Visitenkarte“ und vergessen dennoch die Tradition nicht. Bilder aus dem universitären Leben erhöhen den Wiedererkennungswert und frischen die Seiten optisch auf.
Auch das Motto „Universität der kurzen Wege“ wurde bei der Gestaltung der neuen Internetseite umgesetzt. Mit wenigen Klicks findet man die gesuchten Inhalte – so die Theorie. Jedoch gab es bereits in den ersten Tagen einige kritische Stimmen, die zu Recht bemängelten, dass sich vor allem die Fakultäts- und Institutsseiten nur schwer finden lassen. Obwohl Kommissionsmitglied Stefan Hatz dies schnell beseitigte, indem er der Rubrik „Schnelleinstieg“ den Link „Fakultäten“ hinzufügte, ist die Verlinkung zu den entsprechenden Seiten immer noch mangelhaft. Von einigen Instituten sind nur Fragmente der eigenen Seiten zu finden. Schade auch, dass das Design von Uni- und Instituts-Homepages nicht einheitlich gestaltet ist. Dabei wäre jetzt die Chance dazu gewesen. Doch muss man den einzelnen Fachbereichen ihre Freiheit der persönlichen Gestaltung ihrer Seiten zugestehen.
„Die neue Homepage ist ein wesentlicher Fortschritt – sowohl vom Design als auch von der Funktionalität her“, so Rektor Westermann im Gespräch mit dem moritz. Das neue Content-Management-System ist darauf angelegt, dass die Mitarbeiter ihren Bereich selbständig weiterentwickeln und aktualisieren können. Somit kann die Internetseite unabhängig von Externen gepflegt und gewartet werden.
Die nächste Aufgabe ist die Erstellung einer englischen Version, die leider noch auf sich warten lässt. „Das stimmt, aber alles kostet Zeit und Geld. Und wenn man kein Geld hat, kostet es mehr Zeit“, so Westermann. Dennoch soll eine Übersetzung der Homepage keine Vision bleiben und wenn alles klappt wie geplant, wird es die englische Homepage bis zum Uni-Jubiläum geben. Es schweben sogar Ideen durch die Köpfe der Verantwortlichen, die Hauptseiten auch in die Sprachen der Nachbarländer zu übersetzen.
Geschrieben von Verena Lilge