von Archiv | 20.10.2006
Napoleon Dynamite ist ein Geek. Ein Außenseiter par excellence. An jeder Schule ist solch eine Person anzutreffen. Schon der Name der Hauptfigur ist außergewöhnlich desintegrierend. Assoziationen sind aber fehl am Platz. Der Schüler hat es nicht leicht im Leben: sein Bruder kann nichts, hält sich aber für etwas Besseres. Sein Onkel ist ein schmieriger Vertretertyp und trampelt auf seinem Neffen herum. Bis auf den mexikanischen Mitschüler Pedro hat Napoleon keine Freunde. Auch das XX-Geschlecht ist ihm unfreundlich gesinnt.
Was kann dieser Junge eigentlich? Nicht viel: Napoleon beherrscht die Zeichensprache, ist Mitglied im Verband der zukünftigen Bauern Amerikas und spielt Swingball. Mit seinem unkontrolliert krausem Haarschopf, braunem Anzug und offenem Mund kann Napoleon Dynamite nur belächelt werden. Die Eigenschaft, seine Sicht der Welt, manche mögen unberechtigter Weise behaupten, er lügt, auszusprechen, macht die Figur sympathisch.
Insgesamt 91 Minuten lang werden episodenhaft die Abenteuer des Napoleon Dynamite auf DVD gezeigt. Zwei Jahre nach der Uraufführung ist der US-amerikanische Kinofilm endlich in Deutschland zu bestaunen. Was Director Jared Hess mit so geringem Budget auf die Beine stellte, ist erstaunlich. Die unzähligen Ideen und grandiosen Figuren, die überall auftauchenden Ausstattungsperlen im Vorder- und Hintergrund lassen von einer glorreichen Zukunft des Filmemachers träumen. Das Bonusmaterial der deutschen DVD-Veröffentlichung ist üblicher Bestandteil: ein kurzes Making-Of, der Trailer und geschnittene Szenen sind vorhanden. Als Schmankerl für Filmgeeks sollte der Abspann geschaut werden. Bis zum Ende des Kinofilms ist für gute Laune und ungewöhnlichen Schwank gesorgt.
Geschrieben von Björn Buß
von Archiv | 20.10.2006
Der Popkomm-Bericht
Vom 20. bis zum 22.September gaben sich auf der Popkomm in Berlin Musiker, Manager und wer sonst noch alles, im entferntesten Sinne, was mit Musik zu tun hat, die Klinke in die Hand.
Ein Berliner Radiosender verloste Tickets, die sonst satte 145 Euro kosten, an Musiker, die vorhaben ihre Demotapes unter die Leute zu bringen. Mit ein wenig Glück ist es also geschehen, Bringo Klud, der Hobbymusiker schlechthin, und ich als Pseudomanagerin, sind also auf die Popkomm gekommen. Mit tollem „Trade Visitor“-Bändchen gehörten wir nun dazu. Dazugehören heißt in diesem Falle, man bekommt eine Tasche umsonst, die man sich mit Samplern aus aller Welt voll packen kann, man kann sich überall in die modernsten Sitzgelegenheiten setzen, so viel Bier und Softdrinks trinken, wie man nur kann und überhaupt die ganze Zeit total cool und lässig dabei aussehen. Wem das alles nicht reicht, der kann sich diverse Kongressdiskussionen anhören, warum zum Beispiel die Arctic Monkeys so erfolgreich sind und das, obwohl sie nicht zusammengecastet sind.
Man kann es nehmen, wie man will, wir haben unsere selbst zusammengebastelten Bringo-Demotapes unter die Leute gebracht und somit war die Mission erfolgreich. Viel interessanter als die ganze Wichtigtuerei und das Business war das Festival-Programm am Abend und dank des tollen Bändchens standen uns alle Türen der Clubs und Konzertsäle offen. Rockmiezen aus den Niederlanden, Heavy Metal, Jazz, Pop, Electro und das alles in einer Nacht. Hat sich also doch gelohnt, wer weiß, möglicherweise verhandelt Bringo Klud nächstes Jahr mit den Toplabels um einen Vertrag, wobei er natürlich total lässig aussieht, versteht sich ja von selbst.
Geschrieben von Maria-Silva Villbrandt
von Archiv | 20.10.2006
Ein strahlendschöner Tag. Im AKW Grafenrheinfeld hat es einen schweren Unfall gegeben. Die in der Nähe lebende 16-jährige Hannah (Paula Kalenberg) steht ganz alleine da. Einen Vater gibt es nicht, die Mutter hat sich leider in der Nähe des Atomkraftwerkes aufgehalten. Vom gerade gewonnenen Freund muss sie sich im Chaos zunächst trennen.Gemeinsam mit ihrem kleinen Bruder flieht sie nach Bad Hersfeld, von wo aus sie evakuiert werden soll.
Der Weg ist beschwerlich und das Ziel beinahe erreicht, da verliert Hannah das einzige, was ihr noch geblieben ist: den Bruder. Für sie ist alles vorbei. Die Wolke kommt. Kraftlos setzt sie sich dem todbringenden Regen aus.
Schnitt. Es wird dunkel. Der Film könnte zu Ende sein. Doch Hannah überlebt und als Elmar (Franz Dinda), ihr verlorener Freund, sie ausfindig macht, kann ein neues Leben beginnen. Aber nichts ist mehr, wie es war. Deutschland im Ausnahmezustand. Dritte Welt im Herzen Europas.
Das Packende des Filmes ist auch dem Umstand zu verdanken, dass Musik meist sparsam verwendet wird. An ihrer Stelle läuft im Hintergrund der Szenen permanent ein Sekundärmedium. In Form der uns gut bekannten Tagesschau und Radionachrichten werden permanent die aktuellsten Fakten zur Katastrophe geliefert in Kontrast zu den satten Farben einer Teenie-Komödie.
Anlässlich des Tschernobyl-Jahrestages verfilmte Gregor Schnitzler Gudrun Pausewangs Buch „Die Wolke“. Vieles wurde nach der Vorlage umgesetzt, manches anders. Das im Film gemeinte AKW aber wird so auch schon von Pausewang genannt und bezieht sich auf ein bayerisches Kraftwerk.
Das hier ist die abgedrehte Inszenierung des Tages X in der BRD. Chaos, Flucht, Grauen und Tod – 2006 in Deutschland. Es ist ein verdammt gutes Gefühl, nach dem Abspann „aufzuwachen“ und zu wissen, dass alles gut ist – noch.
Geschrieben von Uta-Caecilia Nabert
von Archiv | 20.10.2006
Dmitri Schostakowitsch zum 100. Geburtstag
Jubiläen und Gedenktage können lästig sein, haben aber auch ihr Gutes. Nicht selten bieten erst sie Anlass, auf Spezielles zu verweisen, Versäumtes nachzuholen oder gar neue Erkenntnisse zu präsentieren. Für die Musik sind sie willkommene Gelegenheit, die beklagenswerte Reduzierung eines eigentlich riesigen kompositorischen Fundus auf weniges Bekannte und sogenanntes „Beliebtes“ zu durchbrechen und damit, die meist höchst unvollständigen, schiefen und nicht selten falschen Bilder von Musik, ihrer Geschichte und ihrer Protagonisten angemessen zu korrigieren.
Für das Jahr 2006 betrifft das neben Mozart, Schumann und anderen vor allem den 100. Geburtstag des sowjetrussischen Komponisten Dmitri Schostakowitsch (1906-1975). Nicht, dass man ihn – übrigens weltweit – je zu wenig gespielt oder seinem Werk die verdiente publizistische, wie wissenschaftliche Aufmerksamkeit versagt hätte: Das Problem lag und liegt teils noch in der jahrzehntelang aus politischen und ästhetischen Gründen konträr geführten Diskussion darüber, wie persönliches Verhalten und Musik des Sowjetbürgers Schostakowitsch denn eigentlich zu werten seien. Für den damaligen Osten war die Einordnung zumindest offiziell ebenso klar, wie seinerzeit für den Westen: hier der bewusst und freiwillig sich an neuen gesellschaftlichen Idealen orientierende sozialistische Künstler und Staatsbürger, dort der, vor der Macht eingeknickte, ihr dienende und damit sich selbst und die wahre zeitgenössische (also westliche) Kunst verratende Staatskomponist. Eines war so falsch wie das andere. Dabei ist unumstritten, dass sich Schostakowitsch immer als ein politisch denkender und handelnder Mensch verstand. Sein Verhältnis zu Staat, Gesellschaft und Funktion von Kunst war allerdings immer bestimmt von den ästhetischen und ethischen Prinzipien unverhandelbarer humanistischer Gesinnung. Und dies auch in jenen Zeiten, als die diktatorischen Verhältnisse in der Sowjetunion Stalins und danach zu scheinbar kompromisslerischer Überlebenshaltung zwagen und damit Anlass zu gravierende Verunsicherungen hinsichtlich seiner wahren persönlichen und künstlerischen Haltung gaben.
Der schwierige Weg
Schostakowitsch begann mental und kompositorisch in der Tradition der großen russischen Musik des 19. Jahrhunderts. Seine ersten, schon unverkennbar genialen Kompositionen reflektierten diese nationale Bindung – und deren Aufgehen in einer neuen, sich nach der Revolution von 1917 schnell etablierenden und in der 1. Sinfonie (1923/25) erstmals auf sehr individuelle Weise umgesetzten modernen Tonsprache. Ungeachtet vieler schwierigen persönlichen Verhältnisse folgte er nun fast radikal, immer aber mit dem Blick auf ein neues, revolutionäres Publikum, einer seinerzeit offensichtlich schlüssigen und von großer vaterländischer Begeisterung getragenen proletarischen Kunstbewegung. 1926 entsteht die umstürzlerische und ursprünglich „Revolution“ betitelte 1. Klaviersonate, 1927 die 2. („Sinfonische Widmung an den Oktober“) und 1929 die 3 Sinfonie („1. Mai-Sinfonie“), Werke von eindeutig politisch intendierter Haltung. Dazwischen liegt die Komposition der beißendenGesellschaftssatire „Die Nase“, eine Oper nach Gogol. Die Ende der 20er Jahre verstärkt einsetzende parteistaatliche Reglementierung und die dann mit aller Härte durchgesetzte Kanalisierung auf den vehement von allen Künstlern geforderten „Sozialistischen Realismus“ machte Schostakowitsch das weitere Verfolgen dieses an unkonventionelle neue kompositorische Techniken und Ausdrucksmittel gebundenen Weges allerdings unmöglich.
Die Oper „Lady Macbeth von Mzensk“ (nach Leskow) wurde nach ersten großen öffentlichen Erfolgen ein Opfer ideologischer Engstirnigkeit und verboten, die gewaltige 4. Sinfonie („mein Credo“, 1936) gar nicht erst aufgeführt. Härteste offizielle Kritik an seinem insgesamt vorgeblich zu wenig „volksverbundenen“ Schaffen, vor allem aber der lebensgefährliche und für Schostakowitschs Berufsleben nicht folgenlose Vorwurf formalistischer, volksfeindlicher Gesinnung, veranlassten den weiterhin außerordentlich produktiven Komponisten nun zu einer Musiksprache, deren scheinbar so vordergründige wie pointiert und mit bewusster Ambivalenz in Frage gestellte Nachgiebigkeit („Einsicht“!) – siehe oben – die eine Seite zu höchsten Ehrungen mit Staatspreisen veranlasste, die andere aber vom politisch motivierten und damit würdelosen Rückfall in stilistisch längst überholte Epochen sprechen ließ.
5. Sinfonie (1937), 1. Streichquartett (1938) und Klavierquintett (1940) sind dafür beredte – und konträr eingeschätzte Belege. Der Große Vaterländische Krieg veränderte die Situation. Für die 7. Sinfonie („Leningrader“, 1941) erhielt Schostakowitsch einen seiner vielen Stalinpreise – und weltweite Anerkennung. Die 8. Sinfonie (auch „Stalingrader“ genannt, 1943), machte weniger Furore und wurde dann, wie auch die nach dem Krieg entstandene 9. Sinfonie (1945) von höchster Stelle aus heftig kritisiert. Stalins Angst vor einer durch den Krieg „aufgeweichten“ Haltung gegenüber den westlichen Koalitionspartnern entlud sich dann zwischen 1946 und 1948 in den beispiellosen Kampagnen gegen nahezu alle Künstlerverbände und namhaften Künstler aller Genres. Schostakowitsch wurde erneut zum „Volksfeind“ gestempelt und als ein dem l ́art pour l ́art – Verhalten des Westens verfallener „Formalist“ gebrandmarkt. Er „rehabilitierte“ sich ambivalent, wie schon 1936 etwa mit dem Oratorium „Das Lied von den Wäldern“ (1950) und diversen patriotischen Filmmusiken (Stalinpreise!). Nach Stalins Tod entspannte sich auch für Künstler die kulturpolitische Lage, ohne dass etwa für Schostakowitsch die grundsätzlichen Probleme seiner Positionierung im sowjetischen Musikleben entfallen wären: Offizielle dogmatische Sichten haben ihm etwa mit der 13. („Babi Jar“, nach Jewtuschenko, 1962) und 14. Sinfonie („Sinfonie des Todes“, 1969) noch lange Schwierigkeiten gemacht. Andererseits musste er sich nun für das, was er komponierte und wie er komponierte nicht mehr rechtfertigen. Der späte Schostakowitsch war unantastbar, auch wenn das Verständnis für seine Musik höheren Orts mangelhaft blieb.
Neue Erkenntnisse – neue Sichten
Das Rätsel Schostakowitsch – von vielen lange gar nicht als solches wahrgenommen und nur von wenigen mehr erahnt, als wirklich entschlüsselt – beginnt sich erst allmählich aufzuklären. Dokumente unterschiedlichster Provenienz und Gewichtigkeit gestatten heute, nach der Perestroika und ihren Folgejahren, viele teils völlig neue Sichten auf Schostakowitsch, sein Leben und sein Werk. Übertreibungen, Eitelkeiten mancher Autoren sowie diverse Fahrlässigkeiten im Umgang mit Fakten abgerechnet, ist das gegenwärtige Schostakowitsch-Bild mit früheren, vor allem östlichen, nicht mehr vergleichbar; aber auch westliche Autoren dürften sich hinsichtlich einer natürlich anders gearteten, aber nicht weniger eindimensionalen Sicht zu gravierenden Korrekturen veranlasst gesehen haben. Auslöser war für beide Seiten das Erscheinen der von Solomon Wolkow besorgten „Memoiren“ Schostakowitschs (London 1979, Hamburg 1979). Das Buch stellte den bisherigen Kenntnisstand völlig auf den Kopf. Die einen hielten es für eine komplette Fälschung, andere schworen auf seinen Wahrheitsgehalt. Der Streit ist bis heute nicht endgültig entschieden, zumal sich der Herausgeber hinsichtlich vieler Fragen, etwa auch der eines Originalmanuskripts, bislang bedeckt hält. In russische Sprache ist das Buch übrigens noch immer nicht erschienen. Diverse Recherchen, seriöse wissenschaftliche Untersuchungen und Hinzuziehen weiteren dokumentarischen Materials (Erinnerungsliteratur) lassen die Schlussfolgerung wahrscheinlich erscheinen, dass vieles von dem, was im Buch steht, so gewesen sein beziehungsweise der Komponist so gesagt haben könnte; das Ganze als authentisches Dokument zu betrachten, dazu aber fehle die schlüssige Veranlassung. Bleibt also die Musik selbst und die Erkenntnis, nur in ihr die entscheidenden Schlüssel zum Verständnis finden zu können.
Verpflichtendes Vermächtnis
Unter solchen Gesichtspunkten ist Schostakowitschs Gesamtwerk mit seinen diversen Orchesterstücken, 15 Sinfonien, 15 Streichquartetten, vielen weiteren Kammermusik- Klavier-, Chor -und Liedkompositionen, Kantaten, einem Oratorium, sechs Solokonzerten, Balletten, Opern, einer Operette, Musiken zu Schauspielen und über 40 Filmen ein nicht nur musikalisch eindrucksvolles und oft sehr bewegendes Zeitdokument, sondern es avancierte zwangsläufig auch – und nun erst wirklich umfassend – zum Gegenstand weiterer, sehr differenzierter Reflexion über Gestalt und Werden dieses in vielerlei Hinsicht außerordentlichen künstlerischen Vermächtnisses. Dazu gehört die Akzeptanz der Tatsache, dass eben dieses seine so originären wie individuellen Besonderheiten aus der gegebenen schwierigen gesellschaftspolitischen Situation bezog, Wer solcherart Erschließung für ein leichtes, weil nun dokumentarisch weitgehend gestütztes Unternehmen hielte, liefe schnell in die Irre. Die Semantik der Tonsprache Schostakowitschs ist so eindeutig nicht. Und so bleibt mancher Interpretationsspielraum und manche wohl nie eindeutig zu klärende Frage. Musik als klassenkämpferische Waffe, Sinfonik als öffentliches Plakat, und Kammermusik als Rückzugsgebiet ins Dissidentisch-Subjektive? Doppelbödige Funktionsbestimmungen von Satire, Ironie und Groteske? Was ist mit der vorgeblichen „Grandiosomanie“ der 4., der „sozialistischen Prägung“ der 5., der lange für gesichert geltenden programmatischen Eindeutigkeit der 7. („Leningrader“) und den Revolutionsprogrammen der 11. und 12. Sinfonie? Was bedeuteten dem Atheisten Schostakowitsch Religiosität, das Jüdische oder – speziell kompositionstechnisch – die Zwölftontechnik? Wie hielt er es mit literarischen Vorlagen und musikalischen Traditionen? Was bedeuteten ihm Gesellschaft, politische Ansichten, ethische und ästhetische Normen, Freunde und Bekannte? Warum schrieb er, der sich jeglichem Kommentar zu seinen eigenen Kompositionen verweigerte, überhaupt und so leidenschaftlich Musik? Und für wen? Solche und ähnliche Fragen sind lange nicht gestellt worden. Die weitere Suche nach Antworten ist mehr als lohnend. Das Jubiläumsjahr 2006 hat dazu bereits wichtige Beiträge geleistet.
Geschrieben von Ekkehard Ochs
von Archiv | 20.10.2006
Der alte Mann und die Demokratie. Robert A. Dahl beschäftigte sich sein wissenschaftliches Leben lang damit argumentativ Gründe für die Legitimation der besten Staatsform zu formulieren.
Minimalbedingungen kennzeichnen die Demokratie: Wirksame und gleichberechtigte Teilnahme, Aufklärung, Kontrolle und Einbeziehung des Volk (demos) und die Garantie von Grundrechten, wie dem Wahlrecht. Da dies aber nur Idealbedingungen sind, etablierte Dahl den von Aristoteles gebrauchten Begriff der Polyarchie wieder in der Politischen Wissenschaft ein und versah ihn mit neuer Bedeutung. Die US-amerikanische repräsentative Demokratie ist sein Vorreiter polyarchischer Staaten: Eckpfeiler darin sind Partizipation und Wettbewerb in einem politischen System. Dahls nicht hoch genug zu lobende Errungenschaft war die Etablierung dieser Kriterien. Der Finne Tatu Vanhanen ist nur einer der unzähligen Politikwissenschaftler die eigene Forschungen auf Dahls Konzeption aufbauten und diese weiterentwickelten.
Dahls neuestes in deutsch erschienenes 141 Seiten dünnes Werk geht zurück zu seinen wissenschaftlichen Anfängen. Der eremitierte Politikprofessor stellt darin die Frage, sind politische Gleichheit und Demokratie zwei von einander untrennbare Seiten einer Medaille. Dahl bejaht die Frage – egal ob man von beiden als Ziel oder Ideal spricht. Sowohl die der Gleichheit förderlichen menschlichen Neigungen, als auch dieser entgegengesetzte Aspekte versteht der Autor kurz und prägnant darzustellen. Abschließend zeichnet Dahl zwei Zukunftsmodelle für die amerikanische Gesellschaft auf: Eine pessimistisches Bild in dem die Ungleichheit zunimmt und eine Vision der sinkenden politischen Ungleichheit durch kulturellen Wandel. Welche sich durchsetzen wird, Dahl verweigert in dieser anschaulichen Schrift die Antwort. Zur ausführlichere Beschäftigung mit dessen Werk regt es an, wer dieses schon rezeptierte vermag neue Aspekte feststellen.
Geschrieben von Björn Buß